Liebe leu,
ich stelle meine Frage bewusst an dich als Spezialistin auf diesem Gebiet und hoffe, dass du mir weiterhelfen kannst🙏
Ich habe in meiner zweiten Schwangerschaft eine Fruchwasseruntersuchung gemacht, bei welcher sich im Rahmen der Array-Anslyse folgende Auffälligkeit ergab:
‚heterozygoter Verlust von ca. 1,5 Mb in der Region Xp22.33.‘
In der weiteren Erläuterung heißt es:
‚Im Bereich dieses Verlusts liegen folgende Gene: DHRSX, ZBED1, CD99P1, LINC00102, CD99, XG, GYG2, GYG2-AS1, ARSD, ARSD-AS1, ARSL, ARSH, ARSF, RN7SL578P, CXorf28, MXRA5, RNU6-114P, PRKX, RNU6-146P, PRKX-AS1.
Rezessive Veränderungen im ARSL-Gen (OMIM 300180) sind mit einer Chondrodysplasia punctata, brachytelephalangealer Typ (OMIM 302950) assoziiert.‘
Diese Auffälligkeit wurde bei einem Abgleich mit meinen Genen ebenfalls festgestellt, ist somit erblich bedingt. Wenn ich das richtig verstanden habe, bin ich also Anlagenträgerin für die og. Krankheit und habe diese an mein zweites Kind weitergegeben. Mir wurde erklärt, dass die Auffälligkeit mit einem X-Chromosom weitergegeben wird, sodass Mädchen dann zwar Anlagenträgerinnen sind, sich die Krankheit bei ihnen jedoch nicht äußert. Jungen dagegen erkranken zwangsläufig.
Ich habe zwei Mädchen. Bei dem zweiten Mädchen wissen wir also, dass auch sie Anlagenträgerin ist und diesen Defekt an ihre Kinder weitergeben könnte. Sollte sie irgendwann mit einem Jungen schwanger sein, würde ihr wohl eine FWU empfohlen, um zu schauen, ob sie die Auffälligkeit vererbt hat (laut Humangenetikerin liegt die W-Keit bei 50% je SS).
Bei unserer ersten Tochter wissen wir jedoch nicht, ob ich auch ihr diese Auffälligkeit vererbt habe. Nun frage ich mich, wann es Sinn macht, sie daraufhin genetisch untersuchen zu lassen. Sollte man dies zeitnah tun oder warten, bis sie erwachsen ist? Momentan ist sie 5 und die Kinderplanung ist koch weit entfernt, aber irgendwie möchte man doch Gewissheit haben.
Falls wir sie jetzt untersuchen wollen würden, weißt du, wie der Ablauf wäre? Könnte der Kinderarzt eine Überweisung zur Humangenetik ausstellen oder wie geht man da am besten vor?
Zudem konnte man mir bislang nicht viel zu der o.g. Krankheit sagen, nur dass es sich um eine milde Form handle und unklar sei, wie sie sich genau bei einem Jungen äußern würde.
Kennst du dich mit den Symptomen und Ausprägungen dieser Krankheit aus und kannst mir etwas dazu sagen?
Entschuldige bitte den langen Text, aber ich hoffe wirklich, dass du mir da weiterhelfen kannst.
Lieben Gruß,
Marie
Frage an leu- Genetische Untersuchung, wann sinnvoll?
Nenn mich einen Pessimisten, aber ich denke, in ca. 20 Jahren wird man Kinder nicht mehr „auf gut Glück“ zeugen. Bis diese Fragen relevant werden, hat deine Tochter noch viel Zeit, und dann sollte sie es vielleicht selber entscheiden dürfen, was sie über ihre Genetik wissen will und was nicht…oder?
Und in einigen Jahren ist der Gentest vielleicht auch nicht mehr so teuer und belastet das Gesundheitssystem nicht so sehr 😜
Von dem Standpunkt aus habe ich es noch gar nicht betrachtet. Meine letzte Schwangerschaft war sehr schwierig mit vielen Untersuchungen und geprägt von Ungewissheit, das würde ich meinem Kind gerne ersparen. Denn wenn schon bekannt ist, dass eine erbliche Krankheit vorhanden ist, könnte man sich später darauf einstellen. Aber ich verstehe deine Sichtweise, dass meine Tochter natürlich auch ein Recht auf Nichtwissen hat, danke dafür🙂
Hallo Marie,
du brauchst dir keinen Zeitdruck zu machen, denn das deutsche Gendiagnostikgesetz verbietet es ohnehin, Kinder auf rezessive Anlagen zu testen, die nur für ihren eigenen Kinderwunsch relevant sind. Es wird durchaus anerkannt, dass die Eltern ein berechtigtes Interesse an dieser Information haben, aber das Selbstbetimmungsrecht der Kinder (das diese in der Regel erst im Erwachsenenalter ausüben können), wird höherwertig eingeschätzt.
Informationen über die ARSE-bedingte CDP kannst du z.B. hier finden: https://www.orpha.net/consor/cgi-bin/Disease_Search.php?lng=DE&data_id=11371&Disease_Disease_Search_diseaseGroup=arse&Disease_Disease_Search_diseaseType=Gen&Krankheite(n)/Krankheitsgruppe=Chondrodysplasia-punctata--brachytelephalangealer-Typ&title=Chondrodysplasia%20punctata,%20brachytelephalangealer%20Typ&search=Disease_Search_Simple
Da die Gene STS und KAL1 nicht an der Deletion beteiligt sind, muss weder mit Ichthyose noch mit einer verzögerten Genitalentwicklung gerechnet werden.
Die Langzeitprognose gilt in der Regel als gut, die betroffenen erwachsenen Männer haben letztlich ein normale Statur. Ich könnte deshalb auch verstehen, wenn deine älere Tochter sich mit den Wissen um ihren Genstatus gar nicht belasten will. Denn was sollte die Konsequenz daraus oder aus einer Fruchtwasseruntersuchung sein?
Hättest du bei einem betroffenen Jungen irgendwelche Konsequenzen gezogen?
LG, Barbara
Liebe Barbara,
ganz lieben Dank, dass du dir die Zeit genommen und mir mit deinem fachlichen Rat geholfen hast❤️🙏
Dass das Gendiagnostikgesetz eine solche Untersuchung im Kindesalter nicht zulässt, wusste ich nicht. Damit wird das Thema erst relevant, wenn/ falls meine Tochter sich später entscheidet, ein Kind zu bekommen.
Ebenso war mir über die Krankheit nicht viel bekannt - die Humangenetikerin sprach nur von verschiedenen Ausprägungen und teilweise Fehlbildungen im Gesicht, die mit Atemschwierigkeiten etc. einhergehen können. Für mich wäre eine solche Krankheit nur dann ein Grund zum Abbruch gewesen, wenn sie mit schweren Fehlbildungen einhergehen würde, die nicht entweder die Lebensqualität des Kindes erheblich beeinträchtigen oder die Lebensfähigkeit einschränken würde. Ausgehend von deiner Einschätzung und den Infos in deinem Link ist dies bei dieser Form nicht der Fall.
Ich werde meiner Tochter die Information über die erbliche Anlage später natürlich nicht vorenthalten, aber dann wird sie selbst entscheiden können, ob sie weitere Untersuchungen in Anspruch nehmen möchte oder nicht☺️
Vielen lieben Dank nochmal dafür, dass du hier im Forum allen mit deinem Rat und deiner Einschätzung zur Seite stehst. Ich war bislang stille Mitleserin und habe gesehen, wie vielen zu schon geholfen und Mut sowie Hoffnung geschenkt hast❤️
Lieben Gruß,
Marie