Guten Abend,
mein Partner und ich haben uns vor kurzem einer Genanalyse unterzogen, da es in seinem Familienkreis Indikationen dazu gab.
Bei mir kam nichts heraus bzw. meine Gene weisen keine Auffäligkeiten auf. Er jedoch besitzt einen Gendefekt. Er ist soweit gesund, in seiner Kindheit gab es jedoch eine verzögerte Entwicklung, die entsprechend behandelt wurde.
Aufgrund dieser Diagnose wurde uns geraten eine KiWu-Klinik aufzusuchen. Da eine natürlich herbeigeführte Schwangerschaft lediglich Risiken für das Baby mitbringen würde.
Wir sind beide noch einigermaßen jung, gehen auf die Ende 20 zu.
Beim Gendefekt meines Partners handelt es sich um eine unbalancierte Translokation zwischen p-Arm eines Chromosoms 1 und q-Arm eines Chromosoms 6.
Im Bericht steht noch:
Imbalance:
Verlust 1p36.33
Zugewinn 6q25.3-q27
Bruchpunkte in den Banden 1p36.33 und 6q25.3
Ich weiß nicht, ob das an Informationen reicht, aber wir würden gerne wissen, wie wir richtig vorgehen sollten für unseren Kinderwunsch?
Wie wahrscheinlich sind Fehlbildungen beim Baby, wenn ungewollte Schwangerschaften eintreten?
Danke vorab & Liebe Grüße
Jana
Bitte um Einschätzung durch Leu: Unbalancierte Translokation beim Mann
Hallo Jana,
deinem Mann scheint seine Translokation, obwohl unbalanciert, ja nicht viel auszumachen. Gibt es Mitglieder seiner Familie, bei denen das erwiesenermaßen anders ist oder war? Eine Chromosomenveränderung hat natürlich immer eine gewisse Bandbreite an Ausprägungsmöglichkeiten, das sieht man ja auch z.B. bei Trisomie 21.
Rein chromosomal gesehe kann dein Mann entweder seine unbalancierte Translokation genauso weitergeben, wie er sie trägt, oder er gibt sie nur teilweise weiter (nur den Zugewinn 6q25.3-q27 oder nur den Verlust 1p36.33) oder er gibt nur normale Chromosomen weiter.
Also chromosomal "schlimmer" sollte es nicht kommen, jedenfalls besteht dafür kein erhöhtes Risiko.
Ob ihr das als Anlass für eine künstliche Befruchtung nehmen wollt, die ja "betroffene" Embryonen auch nur ausselektieren kann, müsst ihr selbst entscheiden. Wenn dein Mann sich nicht als beeinträchtigt empfindet, täte ich mich an seiner Stelle schwer damit.
LG, Barbara
Vielen Dank für die so schnelle Antwort, deine Meinung hierzu bedeutet uns viel!
Tatsächlich hat mein Ehemann eine Schwester, die Trägerin des Gendefekts ist. Sie selbst hat keinerlei Auswirkungen durch diesen Gendefekt, hat jedoch einen Sohn, an welchen sie das Ganze weitergegeben hat, welcher Entwicklungsbeeinträchtigungen besitzt. In einer stärkeren Form als sie zB mein Ehemann zu seiner Kindheit hatte.
Gäbe es dieses Risiko bei uns auch, dass unser Kind stärker betroffen ist? Da du meintest, dass der Gendefekt theoretisch gesehen nicht schlimmer weitergegeben werden kann? Und was würde die Weitergabe von Zugewinn 6q25.3-q27 oder die Weitergabe des Verlusts 1p36.33 bedeuten?
Uns wurde seitens des Humangenetikers nämlich ein ziemlich düsteres mögliches Szenario dargestellt, der teilweise von fehlenden Organen und Gliedermaßen sprach…
Schlussfolgernd würdest du also auch zu einer natürlichen Schwangerschaft raten?
Lieben Dank für deine Zeit!
Liebe Grüße
Jana
Hallo Jana,
hat die Schwester denn die Translokation balanciert oder unbalanciert? Vermutlich balanciert, oder?
Sicher ist jedenfalls, dass das Spektrum der Ausprägungen mindestens die deines Mannes und die seines Neffen umfasst. Weiteres könnte man eigentlich nur mit Sicherheit sagen, wenn man noch weitere Verwandte fände, die von der unbalancierten Translokation betroffen sind. Der Vergleich mit ähnlichen Familien - falls es sie überhaupt geben sollte, wird dagegen nur begrenzt weiterhelfen, weil man wohl nie eine Familie finden wird, die exakt beide gleichen Bruchpunkte aufweist.
Insofern kann man zwar nicht widerlegen, dass eine schwerere Ausprägung als bei dem Neffen denkbar wäre. Aber das Wahrscheinlichste ist vermutlich eine Ausprägung, die zwischen der deines Mannes und der seines Neffen liegt.
Was ihr tun sollt, kann ich euch nicht raten. Aber ich gebe zu bedenken, dass man niemals alle Risiken beim Kinder bekommen ausschließen kann. Ob man es, soweit es geht, versuchen sollte und um welchen Preis, kann nur jeder für sich entscheiden.
Aber wer möglichst viele Risiken ausschließen will, müsste ein möglichst altes Kind adoptieren. Machen wir aber bei Kinderwunsch in der Regel nicht. Das zeigt, das es beim Kinder bekommen eben noch um anderes geht als um Risikominimierung. Und künstliche Befruchtung ist vermutlich auch nicht ohne Risiken.
LG, Barbara