Frage an -leu- reziproke balancierte Translokation, große Bruchstücke?

Hallo Babara,

ersteinmal vielen Dank, dass du in diesem Forum so viele Fragen beantwortest. Vlt kannst du auch mir weiterhelfen. Ich bin 31 Jahre alt und gerade frisch schwanger und verunsichert. Bislang hatten wir 4 biochemische Schwangerschaften und ein Windei.

Mein Partner (31) hat eine reziproke balancierte Translokation mit Karyotyp (46, t, XY (16, 19) (p11.2, p13.11). In der Familie gab es bislang keine gehäuften Fehlgeburten oder bekannte Behinderungen. Im Gegenteil. Wir sind die Einzigen mit „Problemen“, obwohl weitere Personen den gleichen Chromosomensatz vererbt bekommen haben.

Bei der humangenetischen Beratung vor einem Jahr war ich leider total überfordert. Ich habe aufgenommen, dass es sich um relativ große Bruchstücke auf wichtigen Chromosomen handelt und ein unbalancierter Embryo i.d.R. nicht lebensfähig wäre und die Schwangerschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem Abort endet.

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Sind die Bruchstücke denn groß genug, dass der Praenatest sie überhaupt detektieren kann?

2)
Ich weiß natürlich, dass die Vererbung auch sehr individuell ist. Aber kann ich hoffen, dass die Schwangerschaften in einem frühen Abort enden und bei dem Praenatest die Wahrscheinlichkeit auf einen balancierten Embryo hoch ist? In der Theorie dürfte die Wahrscheinlichkeit für einen balancierten Embryo ja nur bei 50% liegen, oder? Nach meinem Verständnis dürfte sich aber ein Großteil der unbalancierten Embryonen gar nicht so lange entwickeln. Es würde mich sehr beruhigen zu wissen, dass die Wahrscheinlichkeit höher liegt. Konnte hierzu aber leider keine Informationen finden.

Vielen Dank für deine Hilfe 🌻

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Liebe Hope,
groß genug für den Praenatest sind die Stücke auf jeden Fall. Das Fragment an Chromosom 16 ist mindestens 47 Mb groß, das Stück an Chromosom 19 mindestens 16 Mb. Also beide deutlich größer als 10 Mb.
Es gibt tatsächlich Personen, die eher dazu neigen, den balancierten oder den unbalancierten Satz in ihren Keimzellen herzustellen. Das kann im Extremfall zu Verteilungen bis zu 12-20% versus 80-90% gehen. Bei männlichen Trägern könnte man das sogar über eine sogenannte Spermien-FISH überprüfen, in Deutschland praktisch ausschließlich über dieses Labor (kostet meines Wissens rund 500 € auf Selbstzahler-Basis): https://www.fennerlabor.de/wp-content/uploads/2020/05/G_P_Sperm-FISH_SA_201905.pdf .
Falls du noch 1-2 weitere Fehlgeburten habe solltest (was ich nicht hoffe) und die Schwangerschaften immer zu früh enden, um den Embryo zu untersuchen, würde ich an deiner Stelle eine solche Spermien-FISH (die Proben kann man auch verschicken) und vom Ergebnis abhängig machen, ob ihr weitere Ursachenforschung versuchen wollt. Wenn dein Mann z.B. >50% balancierte spermien haben sollte, könnte man eure Geschichte wirklich nicht mehr gut mit seiner Translokation erklären.
Aber ich drücke dir fest die Daumen, dass diese Schwangerschaft hält und der Praenatest unauffällig ist. Hoffnung darauf kannst du ganz sicher haben.
LG, Barbara