Guten Morgen zusammen,
ich bin kein Menschenfreund und weiß, dass ich in vielerlei Hinsicht anders ticke. Daher versuche ich im Privaten Menschen aus dem Weg zu gehen. Allerdings kommt es immer mal wieder zu Situationen, die mich endlos auf die Palme bringen. Mein Mann kann mir nicht weiter helfen, ihn stört das Verhalten anderer auch, aber es ist von seinem Radar schnell wieder verschwunden. Aber vielleicht hat einer von euch noch einen Ansatz?
Vorweggenommen: Ich habe ausgewählte Freunde und versuche mich ansonsten sozialverträglich zu verhalten und bin dabei meiner Einschätzung nach auch strikter als andere und wenn jemand Hilfe braucht, bekommt er sie auch. Viele Dinge sind für mich normal, aber ich erwarte sie eben auch von anderen und auch wenn die allermeisten Menschen die ungeschriebenen Regeln einhalten gibt es immer die wenigen, die ihren Hund frei herumlaufen lassen, die seine Häufchen nicht wegmachen, die ihren Müll fallen lassen, in Nichtraucherzonen rauchen undundund.
Gestern kam es während einer Fahrt mit der Straßenbahn zu drei Erlebnissen, die mich gut eine halbe Stunde beschäftigt haben, weil die einzige Erklärung, die ich habe, ist, dass die Menschen egoistisch und dumm sein müssen. Das ist aber unbefriedigend. Das kann doch nicht sein?
1. Beim Einstieg gehe ich mit Kinderwagen zum dazugehören Platz. Dort steht auch eine Rollstuhlfahrererin, es war aber noch gut Platz für einen Kinderwagen. Sie sagte wir könnten nicht rein, weil sie bald aussteigen müsste. Ich habe dann gesagt, dass wir aussteigen wenn die raus muss, damit sie Platz hat und wir danach wieder einsteigen würden. So ist es hier normales Verhalten. Wieso hätte sie es am liebsten gehabt, dass wir 2 Quadratmeter Platz ungenutzt lassen, 30 Minuten auf die nächste Bahn warten sollen..? Niemand kann aus einer vollen Bahn aussteigen ohne darauf angewiesen zu sein, dass andere ihm Platz machen. Sie wirkte auch nicht wie jemand der selten Bahn fährt und war im Umgang mit der Rampe geübt.
2. Am Bahnhof, die Rollstuhlfahrerin war längst ausgestiegen, leerte sich die volle Bahn. Ich stand noch beim Kinderwagen, konnte nicht vor ind zurück, Behinderte aber auch niemanden, denn die Fahrgäste aus dem einen Arm stiegen aus. Die Personen aus dem anderen Arm mussten warten, weil ich zwar etwas im Weg stand, sie aber auch nicht an den Personen aus der anderen Richtung vorbei gekommen wären. Sobald sich der eine Arm geleert hätte, hätte ich Platz gemacht, damit die aus dem anderen Arm besser rausgekommen wären. Dazu kam es aber nicht, denn ein Mann mit Klapprad beschwerte sich schon vorher, dass wir zur Seite sollten, er könne nicht raus. Habe ihm dann gesagt ich kann momentan nicht zur Seite gehen, denn hinter mir strömen eben auch Menschen raus und dass er warten müsse bis sich der Arm geleert hat. Wieso der nicht selbst, dass die Bahn proppenvoll war und dass alle raus wollen und man sich eben beim Ausstieg nicht immer frei bewegen kann, weil eben überall Menschen sind? Es ist normal, dass man da einige Sekunden warten muss, wenn man nicht direkt am Eingang steht.
3. Die letzte Situation spielte sich dann ab, als die neuen Fahrgäste einsteigen wollten. Ein Mann mit Fahrrad steigt ein, die Bahn ist wieder etwas voll bzw. die Fahrgäste suchen ihren Platz und es ist noch etwas wuselig. Nach dem Fahrradfahrer steigt eine Frau mit Kinderwagen ein und rief laut er solle weiter gehen, sie brauche Platz. Und auch hier frage ich mich, warum sie nicht gesehen hat, dass diese Bahn voll war und der Mensch mit Fahrrad adhoc nicht woanders hingehen kann, weil aus dem zweiten Eingang auch noch Menschen kommen, die ihm den Weg versperren?
Wie kann ich es schaffen, dass mich solche Situationen nicht aufregen? Ich habe es versucht mir Erklärungen und Entscheidungen bereit zu legen, wie z.B. dass die Rollstuhlfahrerin ungeübt ist und Angst hat nicht rauszukommen, aber diesen vorauseilenden Gehorsam lehne ich auch ab, da ich denke, dass das jeder sagen können muss. Sitze ich neben einer Oma auf dem Sitz erklären die auch gerne, dass sie mehr Zeit zum Ausstieg brauchen. Das war bislang nie ein Problem, warum sollte es los für diese eine Person ein Problem sein? Es geht scheinbar nur noch darum für sich selbst Vorteile zu erhalten und der Blick für die Gesamtsituation fehlt vollständig. Muss ich das einfach so akzeptieren? Ist die Gesamtsituation wirklich schlimmer geworden oder ist es nur meine Einschätzung?
Ich habe die Situationen dieser einen Bahnfahrt, die ja nur beispielhaft sind, zum Anlass genommen mich zuhause schön einzurichten und meinen Kontakt außerhalb der Arbeit und den Kindern zu anderen Menschen einzuschränken. Dabei ist mir aufgefallen, dass dies wahrscheinlich der gesellschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre entspricht: Ich gehe nicht mehr in der Stadt einkaufen, weil ich die Menschen doof finde, dann verkleinert sich das Angebot und schon gehöre ich zu allen anderen, die sich Produkte nur liefern lassen und auch schöne Situationen wie z.B. Essen zu gehen finden weniger statt, weil ich das Gefühl habe dass eine Handvoll Menschen dafür sorgen, dass das Leben in der Öffentlichkeit unangenehm ist.
Könnt i mir helfen meine Gedanken dahingehend zu ordnen?
Misanthrop
Hi,
wenn es Dich nur ne halbe Stunde beschäftigt ist doch gut !
Ich kaue da Tage und Wochen drauf herum.
Und ich bin kein geübter Bahnfahrer. Als ich mal 3 Monate lang mit fahren mußte, war es die Hölle. Nur das viele Geld, was mich das Parken gekostet hätte, hielt mich ab, mit dem Auto zu fahren.
Aber solche Vorfälle und viele andere, der Jahrelang geübteren Bahnfahrer und die Bahn selbst, lassen mich zum Auto greifen.
Menschen an sich.........ich bin inzwischen 50 Jahre alt, und glaub manchmal nicht, was da passiert. Soviele mit Abitur, aber dumm wie 5 Meter Feldweg. Abschlüsse, Doktortitel und so selbstfremd, daß ich mich frage, wie diese Menschen überhaupt zurechtkommen. Die sitzen auf Arbeitsplätzen, wo ich mir denke, ob die alles Gehirn in der Firma gelassen haben, und nur privat so doof sind?
Wenn ich weiß, daß X und Y zu einem Treffen/Geburtstag kommen, muß mein Mann alleine gehen, ist besser für alle.
Kommen sie unangekündigt, seh ich zu, daß ich heim komme, da ich sonst ein Schleudertraume bekommen, vom Kopfschütteln, und mir noch wochenlang, deren Bullshit, im Kopf herumgeht. Ich wache Nachts auf, und lache, weil ich von denen geträumt habe...........
Also, entweder das Auto nehmen, und dort hinfahren, oder alles online bestellen.
Alles Gute
Autofahren finde ich ehrlich gesagt noch schlimmer als die Bahn. Mich stresst die Aggressivität die im Großstadtverkehr steckt total und ich fahre nur wenn es nicht anders geht.
Ich bin auch eher ein Motorradfahrer, dann Autofahrer, dann Radfahrer...............
Da bei uns "kein" brauchbarer ÖPNV gibt, bin ich es nicht gewöhnt. Man muß halt mit dem Auto, 7 km zum Bahnhof. Seit der Sperrung einer Schule, gibt es keine Parkplätze, da die Schulcontainer überall herum stehen.
Die 3 Monate, haben mich so fluchen lassen. War es 2 Tage einigermaßen, war der 3. bestimmt wieder volle Katastrophe, mit Verspätung schon am Morgen. Mittags dann Verspätung, da hätte ich noch auf der Schulung sein können, und kurz bevor der Zug kommt, mußten wir innerhalb von 4 Minuten, noch das Gleiswechseln, gerne 3 - 4 weiter...............
Andere Menschen, sparten damals schon Wasser und Deo ...................uh
Ich war im Feierabendverkehr, mit dem Motorrad in Neapel.................Italien, mit dem Motorrad, da lernt man alle Sinne einzusetzen, und jede Lücke auszunutzen...............
"Bescheuerte" Autofahrer belasten mich aber lange nicht so, wie Menschen in meiner Gegenwart
Hallo,
ich kann gut nachvollziehen, dass Dich diese und ähnliche Situationen beschäftigen. Ich kenne solche Momente auch. Mir hilft dann immer der Gedanke, dass ich bestimmt auch Dinge tue, die für andere solche Momente auslösen und dann fällt es mir leichter, darüber zu lachen oder mich darüber zu wundern.
Es gibt auch Phasen, in denen ich Menschen meide, dann ist das eben so.
War das bei Dir schon immer so?
Costanza
Ich bin auch ein bisschen so. Immer wenn mal ich mal wieder so eine typische Kopfschüttel-Aktion erlebe, schreibe ich einer Freundin "Ich hasse Menschen!" - und erzähle ihr dann die Situation (sie ist da wie ich). ABER: Ich gebe dem ganzen halt immer und immer wieder eine Chance. Denn wie du sagst, die Alternative wäre sich zu Hause einzusperren und ganz abzukapseln. Da würde ich ja verrückt werden. Lieber ertrage ich dann ab und zu solche "Doofies".
Denn es gibt ja auch das Gegenteil, schöne Situationen, wo man z.B. mal Nettigkeiten erlebt. Letztes Jahr um die Weihnachtszeit hat mich ein älterer Herr gefragt, ob ich Kinder hätte. Ich bejahte und er schenkte mir einen Lindt-Schoko-Bär den er gerade gekauft hatte - Warum auch immer. Vielleicht hatte er ihn für einen Besuch gekauft und beim hinausgehen die SMS gelesen, dass der Besuch abgesagt wurde. Keine Ahnung, aber ich fand es nett. Ich selbst habe in der Bahn einer jungen Frau mit Krücke meinen Platz angeboten, sie hat sich etwa 3 x bedankt. Man merkte, sie hatte überhaupt nicht damit gerechnet und es hatte ihr sehr viel bedeutet.
Versuche, auch an die andere Seite zu denken, vielleicht hilft das.
ah vielleicht noch zur Ergänzung, das mit dem älteren Herr war in einem Supermarkt, sonst wäre es ja ein bisschen creepy
Das stimmt. Bei allem was so an blöden Dingen passiert, habe ich mich zB. gestern total gefreut mit meinem Sohn eine Halloweentour gemacht zu haben. Da haben sich manche Leute wirklich richtig viel Mühe gegeben den Kindern eine Freude zu machen ❤️.
Seit ich im Homeoffice arbeite, geht es mir auch ganz verstärkt so, dass ich wenn irgendwas an Konflikten ist (gerade in den Öffis nicht selten), schon wieder keine Lust mehr auf Menschen habe. Ging mir gerade heute wieder so.
Erst war ich froh Mal wieder rauszukommen und dann hatte ich ganz schnell schon wieder genug davon.
Ich habe so das Gefühl, dass man da aber auch sensibler wird je weniger man mit vielen Menschen zu tun hat.
Ich glaube mich hätten alle 3 Situationen nicht aufgeregt. Mit der Rollstuhlfahrerin hätte ich Mitleid gehabt. Ein Leben im Rollstuhl muss anstrengend sein. Vielleicht hatte sie schon die Situation, dass jemand nicht ausstieg als sie raus wollte. Irgendsowas muss ja gewesen sein, wenn sie so reagiert. Lächeln und freundlich sagen, sie solle sich keine Sorgen machen, das bekäme man schon hin. Ich hätte wohl mit ihr etwas geschnackt, um die Hintergründe zu erfahren
Dem Mann mit dem Klapprad war die Enge vermutlich zu viel oder er hatte Angst die Bahn fährt ab, ehe er draußen ist. Vermutlich war er aufgeregt und besorgt. Und selbst wenn er einer von denen ist, die einfach gerne motzen, dann kam er dadurch auch nicht eher raus
Die Frau mit dem Kinderwagen hat in dem Moment nicht realisiert, dass der Mann mit Fahrrad nicht weiter kann. Ansonsten hätte sie ja kaum etwas gesagt. Auch hier reicht ein freundlicher Hinweis und dann verschwende ich keinen Gedanken mehr dran
Bedenke das jeder Mensch eine andere Wahrnehmung hat. Mich stieß kürzlich beim Einkaufen eine Frau sehr heftig. Aus Reflex entschuldigte ich mich, obwohl ich stand und sie die Schubserin war. Sie drehte sich nach meiner Entschuldigung um und meinte empört: " das will ich aber auch meinen"
Offenbar dachte sie wirklich es war mein Fehler. Ich hätte es ihr sagen können, beschloss aber keine Energie dafür zu opfern. Es ist einfach so egal und ich habe echt andere Sorgen. Es war einfach nicht wichtig und beeinflusst mein Leben nicht. Ich lege da einfach keinen Fokus drauf. Auch Autofahren regt mich eigentlich sehr selten auf. Das spart Zeit und Nerven
Halloooo
Auch ich verstehe super gut wie du dich fühlst. Mich beeinflussen solche Situationen emotional manchmal so sehr, dass ich teilweise einen ganzen Tag das Haus nicht mehr verlassen kann und Existenzen infrage stelle. Ich gebe mir immer absolute Mühe durchgehend Menschen anzulächeln und immer suuuper freundlich zu sein um Konflikten allgemein aus dem Weg zu gehen. Allerdings habe ich Borderline. Durch meine starken Stimmungsschwankungen, das erhöhte Stresspotential und die verstärkten Emotionen habe ich konstant panische Angst vor Konflikten mit anderen Menschen und hab mir dadurch eine Gesellschaftsmaske und einen Tunnelblick zugelegt. Habe angefangen Verhaltenstherapie zu machen und habe lange Zeit Therapiegruppen zum Thema "Achtsamkeit" mitgemacht um an meiner Grundeinstellung und meinem Verhalten etwas zu ändern. Das hat mir sehr geholfen um weniger gestresst zu sein und im Alltag besser klar zu kommen.
Mittlerweile tun mir die Leute dann auch einfach nur leid, wenn sie meckernd in der Bahn stehen und ich ihnen lächeln entgegen komme.