Ich bin nicht immer empathisch und freundlich

Hi und wie ist es bei euch? Ich, 40, Mutter von Kindern Ehefrau.
Mir fällt auf, dass ich längst nicht immer empathisch bin. Außer zu alten Menschen.
Meine neuen Kolleginnen sind überaus freundlich und ich denke mir immer: wie schaffen sie das? Ernst gemeint oder aufgesetzt?
Ich bin neutral, kein Schleimer, zwar freundlich, aber durchaus reserviert. Ich muss kein Gespräch führen, nur, weil einer einen Brief abgibt. Guten Tag, danke, Tschüss.
Aber ich flöte nicht am Telefon oder im direkten Umgang herum.
Außerdem kann ich meine Gedanken schlecht bremsen. In meinem Kopf rattert es ständig: Chef hat die Haare strubbelig, Kleid der Kollegin unvorteilhaft usw. Also ich bewerte sehr oft (heimlich). Ist das normal?
Ich bin überhaupt nicht so komisch aufgewachsen eigentlich. Ich komme aus einfachen Verhältnissen. Ich weiß selbst nicht, woher ich diese Art habe.
Ich muss mich da oft selbst zügeln in Gedanken.
Hinzu kommt ein gewisses Desinteresse. Mich interessiert nicht, ob die Kollegin ein Pferd hat oder der Mann der Kollegin dieses oder jenes Hobby.
Ich erzähle auch nur auf Anfrage von mir selbst.
Ich bin eher zurückhaltend und auf die Arbeit fokussiert. Habe ein schlechtes Gewissen, länger als 5 Minuten privat zu quatschen.
Bin ich im falschen Beruf? Bin ich zu sehr desinteressiert an anderen? Wie ist das bei euch?
Hinzu kommt, dass ich im privaten Bereich oft schlechte Erfahrungen gemacht habe. Habe mich sehr engagiert. Auch für andere Kinder, habe schöne Geschenke gemacht, mir Geburtstage gemerkt etc. Und habe eher wenig zurück bekommen in der Hinsicht.
Wie man es macht, ist es verkehrt.
Wie ist es bei euch? Seid ihr stets empathisch und auf andere bedacht oder eher auf euch fokussiert?

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Ich bin von Natur aus ein introvertierter, eigenbrötlerischer Einzelgänger. Dazu geprägt von einer andauernden inneren Unruhe und früher oft auch von innerer Anspannung.
Empathie zu anderen Menschen war mir nur schwer und stark eingeschränkt möglich. Ich habe das aber nie als großen Nachteil empfunden, da ich mich fast ausschließlich auf mein Berufsleben konzentriert habe.

Auch glaube ich, dass die oft empathisch wirkenden Umgangsformen anderer Menschen nicht selten halt einfach gut gespielt und oberflächlich sind. Wenn es ernst wird merkt man schnell, dass wenig Substanz dahinter steckt.

Ich durfte aber die Erfahrung machen, dass ich Empathie zu anderen Menschen lernen kann, auch wenn das ein mühsamer und langwieriger Weg für mich ist. Es war mit eben nicht von Kindesbeinen an gegeben.

Aus mir wird aber nie eine emotionale Rampensau werden. Ich habe meine Introvertiertheit behalten und reagiere nicht vorschnell empathisch, sondern versuche erst die Situation zu sondieren.

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Hallo, eigentlich beschreibst Du mich komplett.

Ich bin auch introvertiert und merke immer mehr, wie mein Interesse an anderen Menschen schwindet. Früher habe ich immer gern zugehört, wenn die Leute viel von sich erzählten. Bin ich auch heute noch, aber wenn ich merke, das Interesse für mich nicht vorhanden ist in Gesprächen, möchte ich auch nicht mehr meine Zeit zur Verfügung stellen.

Empathisch bin ich immer sehr. Aber ich versuche, das zurückzuschrauben, weil es mir mehr schadet als nützt.

Und ich merke, wie ich mich immer und mehr meinen Mitmenschen verschließe. Ich erzähle sehr wenig von mir, auch auf Nachfrage. Das war aber schon immer so. Mich in den Vordergrund zu schieben, war auch nie meins.

Manchmal habe ich das Gefühl, die Leute erzählen, weil sie es eben gern mögen. Die zwischenmenschliche Kommunikation ist für sie sehr wichtig. Für mich gar nicht. Und mit Fremden schon mal gleich gar nicht.
Und das ist für andere eben unhöflich. Manchmal denke ich, sie können das nicht begreifen, dass es auch eine andere Sorte Mensch gibt. Zurückhaltung wird meist mit Desinteresse in Verbindung gesetzt.

Ich habe im Laufe meines Lebens genug Sprüche diesbezüglich gehört, selbst von pädagogischen „Fachkräften“.

Mein Kopf rattert permanent. Ich führe mit mir selbst Gespräche. Bei mir kommt es nicht vor, immer alles auszusprechen, was ich denke. Das ist bei vielen andersrum.

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Genau...wie man es macht, in den Augen von irgendwem macht man es immer verkehrt 😂😂
Aus dem Grund bin ich schon immer mitfühlend - aber sicher nicht bei allen Jammerern, bin gesprächig - oder auch mal nicht, bin offen, ehrlich, nie hintenrum, begeisterungsfähig bis zur Euphorie - und manches andere, was "die Welt bewegt", kann vollkommen an mir vorbeigehen.
MUSS man unbedingt das Eine oder Andere sein?
Auch ich als absolut extrovertierter Mensch habe Phasen, in denen ich mich am liebsten mal zuhause verkrieche.
Meistens merken das dann aber meine Freunde - und gucken dann schon, dass es mir wieder bessergeht.
Wenn man sich allerdings immer abkapselt, entfällt das wohl - und man vereinsamt; das ist dann aber richtig schlimm.
Empfindet man als junger Mensch nicht so, ist aber bei Älteren aber eine Katastrophe; sie werden oft verbittert und böse.
Ein freundliches Lachen für Menschen kommt fast immer zurück....schön!
LG Moni

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Ich arbeite in der Notaufnahme.

Ich hasse Rentner und Angehörige und wenn man manchmal meine wahren Gedanken wüsste - man würde sich erschrecken 🤷‍♀️
Ich bin höflich, aber distanziert. Ich bespreche nichts privates und denke mir oft meinen Teil, aber ich kann im richtigen Moment auch emphatisch sein und die Hand halten, wenn es notwendig ist. Ich bin eine gute Zuhörerin, aber muss von mir nichts erzählen.
Meine Kollegen wissen, dass ich verheiratet bin, drei Kinder habe und wo mein Mann arbeitet (große Firma hier im Umkreis und er war eben auch schon in Dienstkleidung bei mir auf Arbeit). Durch einen Unfall meines Sohnes, wissen sie auch, welche Schule er besucht und das ich einen Kater habe.
Welches Auto ich fahre, dürfte auch bekannt sein. Das war es dann aber auch. Ich muss von mir nichts preisgeben, denn alles was man über mich weiß, kann man gegen mich verwenden.
Das hat nichts mit dem falschen Beruf zu tun oder das man "verkorkst" ist oder so. Da spielen viele Dinge herein, eben auch Lebenserfahrung die man in den verschiedensten Situationen gesammelt hat.
Und ja, erst kommt mein Hintern, dann der der anderen und daran sehe ich nichts schlimmes.

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"Ich hasse Rentner und Angehörige"

Na dann hoffe ich mal für Dich, dass das nicht eines schönen Tages auf Dich zurückschlägt, noch bist Du jung .... aber bereits heute lese ich bei Dir eine Verbitterung raus, die ich nie erleben möchte.
Da ist mir meine Lebenserfahrung, das Beste aus den Menschen mitzunehmen, ehrliche Freundschaften und tolle Lebensfreude erleben zu dürfen, bei weitem lieber.
LG Moni

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Liebe Moni, ruhig ;)
Auf Arbeit gehen sie mir gerne mal tierisch auf die Nerven. Ja, da stehe ich dazu.
Und ich bin selber Angehörige, ich weiß wie das ist. Das heißt nicht, dass ich es an den Leuten auslasse. Würde ich nie. Ich schubse auch keine Rentner auf die Straße oder lasse die Angehörigen unwissend im Regen stehen.
Aber in meinem Job, wenn man mit beiden Parteien öfters zu tun hat, dann muss man öfters eine Faust in der Tasche machen. Gerade bei Angehörigen.
Und ich sehe jetzt erst, in dem Satz fehlt ein Wort. Richtig wäre gewesen: "Ich hasse MANCHMAL Rentner und Angehörige und wenn man manchmal meine wahren Gedanken wüsste - man würde sich erschrecken"
Ich bin seit 4 Uhr wach. Irgendwie bin ich nicht in der Lage vernünftige Sätze heute zu schreiben.

Bearbeitet von Rapheli
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Ich finde das eher normal. Mich interessieren meine Kollegen/innen auch nicht.. Wenn jemand aus dem Urlaub zurückkommt frage ich auch nicht nach, ob er einen schönen Urlaub hatte oder Wochenende oder was auch immer, es interessiert mich einfach nicht. Auch hasse ich Smalltalk wie die Pest und bin auch nicht gut darin. Ich würge dann meist sofort ab und gehe auf das eigentliche Thema ein oder aber ich antworte extrem einsilbig so dass die andere Person irgendwann aufhört zu fragen. Ich bin da zum arbeiten nicht um Freunde zu finden. Wenn sich eine Freundschaft ergibt weil mir die Person sympathisch ist und ich ihr auch, dann ist es was anderes.