Ich bin leider sehr streng erzogen worden, auch im Bezug darauf, was "sich gehört" und was "unverschämt ist" - wobei sich natürlich immer nur meine Schwester und ich dran halten mussten, keine anderen Menschen. Zum Beispiel wäre der Teufel los gewesen, wenn ich in einem fremden Haushalt (außer vielleicht bei Oma) auch nur nach einem Getränk gefragt hätte oder ob ich von den Keksen, die da stehen, welche haben darf. Das weiß man ja irgendwann, grade, wenn meine Mutter oft für uns Dinge ablehnte, die uns vom Gastgeber selbst angeboten wurden (und das OHNE dass wir jetzt demonstrativ die Kekse angestarrt oder angedeutet hätten, wie lecker die aussehen etc.
Dadurch, dass von uns auch immer (von meiner Mutter gern auch unter Einsatz von Gewalt) das Teilen mit anderen Kindern (allerdings nicht untereinander) verlangt wurde, hatte ich das jahrelang verinnerlicht, dass ich praktisch jedem von allem abgeben muss, weil sich das so gehört und auch, um überhaupt gemocht zu werden (dass ich dann öfter mal richtig ausgenutzt wurde und mich später tot ärgerte, ist ja irgendwie klar).
Inzwischen kann ich auch mal problemlos nein sagen. Allerdings ist mein Problem mitunter, dass ich mir echt unsicher bin, ob manche Dinge schon unter "Ausnutzen" fallen oder ob das bei Freunden Usus ist, dass man ohne weiteres nach gewissen Dingen fragt (auch wenn ich selbst es nie täte, wiel ich so einfach nicht erzogen wurde).
Ich hatte mir zum Beispiel aus dem Ausland Zigaretten mitbringen lassen (natürlich nicht für geschenkt), die natürlich günstiger sind als die Kippen hier. Eine Freundin von mir besorgt ihre Zigaretten in Luxemburg, wo sie zwar ganztags unterwegs ist, die Tour aber dank Deutschlandticket nichts kostet. Sie hat auch als nicht Erwerbstätige mehr Zeit als ich.Nun treffen wir uns morgen, und sie fragte mich über social media, ob ich ihr eine Schachtel Zigaretten mitbringen kann (natürlich kostenfrei, aber selbst wenn ich sie mir zum Selbstkostenpreis bezahlen lasse, sind meine früher alle, und ich muss früher wieder neue kaufen, hier oder in Luxemburg), sie sei nicht wie geplant in Luxemburg gewesen. Ich spontan, hoffe, ich denk dran. Sie: Ich erinnere dich.
Versteht mich nicht falsch: möchte jetzt nicht hören,wie dreist sie ist oder dass ich mich doof anstelle, das ist jetzt nur ein aktuelles Beispiel. Das Problem, das mich beschäftigt, liegt nämlich bei MIR. Ich bin ehrlich gesagt grad vor Wut am Kochen. Gleichzeitig kam mir eben der Gedanke, wo eigentlich die Grenze liegt. Wo wird es wirklich unverschämt und was kann man sich unter Freunden üblicherweise erlauben? Schachtel Zigaretten? Hilfe beim Umzug? Dein Auto nehmen, weil meins so viel verbraucht, und natürlich kein Spritgeld zahlen? Warten, bis der Freund sich eine Pizza kauft, fragen, ob man was abkriegt und ihm dann die Hälfte wegessen? Die Palette Red Bull sehen, fragen, ob man eins kriegen kann und dann gleich um ein zweites bitten? Zum Essen eingeladen werden und dann erwähnen, ein Kaffee nach der Mahlzeit käme jetzt total gut?
Wo zieht ihr eigentlich die Grenze, wenn ihr einen Wunsch eigentlich nicht erfüllen wollt (egal, ob ihr es ablehnt oder um des lieben Friedens Willen doch tut)? Ab wann denkt ihr einfach, tut mir leid, aber das kann oder möchte ich ich aus demunddem Grund nicht machen, und wo würdet ihr wirklich denken, das ist aber doch jetzt reichlich frech, was XY von mir verlangt?
Woran merkt man, ob man wirklich ausgenutzt wird? (mein Problem, kein Auskotz-Thread)
Hallo!
So als Faustformel kann man ja immer ein bisschen auf das Gleichgewicht schauen, also dass Hilfe und andere Nettigkeiten nicht einseitig bleiben, ohne aber streng aufzurechnen.
Ich habe z.B. auch neulich einer Freundin eine Schachtel Zigaretten geschenkt, weil sie keine dabei und ich mehrere in der Tasche hatte. Jedes Mal, wenn ich bei ihr bin, bekomme ich leckeres Essen aufgetischt, weil sie hervorragend kochen kann. Ich helfe ihrem großen Sohn gelegentlich bei den Hausaufgaben, ihr Mann hat beim Umzug meiner Schwiegermutter geholfen, ich nehme ihren kleinen Sohn demnächst mit ins Musical, sie hat meiner Tochter zur Kommunion die Haare gemacht usw.
Mein Exfreund war einer, der immer lieber genommen als gegeben hat, eiskalt und ohne schlechtes Gewissen. Hat er zum Essen eingeladen, ging es in die Pommesbude, wurde er eingeladen, bestellte er sich das größte Rumpsteak. Als er mich während meines Auslandsaufenthaltes besuchte, ich hatte dort eine Wohnung, sagte ich dummerweise zu, die Lebensmittel, die wir in der Zeit verbrauchten, allein zu bezahlen, weil er als Student knapp bei Kasse war und - angeblich - gerade eben den Flug zahlen konnte. Böser Fehler. Er kaufte die teuersten Delikatessen ein und legte mir nachher den Kassenbon hin. Ich war übrigens auch Studentin und knapp bei Kasse. Wenn wir gemeinsam unterwegs waren, fuhren wir mit meinem Auto, weil er einen Leasingwagen hatte und Kilometer sparen wollte. 🤷🏻♀️
So, um mal zwei Beispiele zu nennen.
Vielleicht kann dir deine Freundin ja beim nächsten Luxemburgbesuch auch Zigaretten mitbringen?
Also ich finde fast alle deine Beispiele recht unverschämt. Außer das mit dem Red Bull, wenn ich Gastgeber wär, da darf der Gast alles haben was da ist. Wenn es ein Geben und Nehmen ist gleicht sich vieles aus, darauf würde ich achten.
Das mit den Zigaretten verstehe ich nicht. Sie kann sie günstiger bekommen, bittet dich aber, für sie kostenlos die für dich teurere Schachtel mitzubringen?
Faustformel (wobei ich mich da auch nicht immer dran halte...): Freundlich sagen, wie es dir geht. "Ja, kann ich machen, würde ich aber ungern, weil ich gerade nicht so viel Geld habe/ weil ich das Gefühl habe, dass sich immer wieder als Einzige gefragt werde/ weil es mir einfach zu teuer/ umständlich ist".
Oder auch "okay, kann ich machen. Können wir uns die Kosten dann teilen?"
Wo ist die Grenze? Da, wo du dich unwohl fühlst.
Ich würde IMMER, egal, ob als Kind oder Erwachsene, in einem fremden Haushalt nach Getränken fragen oder welche anbieten. Das macht man ja auch, wenn Handwerker kommen!
Meist bietet man auch eine Kleinigkeit zu essen an, einige machen das aber nicht. Wenn man Hunger hat (weil man bspw. direkt von der Arbeit zu Besuch kommt etc.) kann man unter Freunden oder guten Bekannten mMn auch nach einer Stulle etc. fragen. Meist wird der Gastgeber doch irgendetwas Essbares im Hause haben. Notfalls eine Banane. Da kenne ich aber auch viele, die dir sofort einen Snackteller zubereiten würden.
Ich war noch nie in einem Haushalt, in dem es nicht für den Gast etwas zu trinken und oft auch zu essen gab. Und ich habe noch nie jemanden zu Gast gehabt, egal ob als Kind oder Erwachsene, der nicht mindestens etwas zu trinken angeboten bekommen hätte, oft auch etwas zu essen (abhängig von Tageszeit und Dauer es Besuchs).
Ausnutzen: Das kommt sehr auf das eigene Gefühl, den Freundeskreis, die eigene Brieftasche an. Kann ich mir das leisten? Sind das Peanuts oder muss ich den Rest des Monats rechnen, wenn ich jetzt hier jemandem etwas ausgebe? Dann sage das ruhig! Oder biete Alternativen an! Also, dann nehmt ihr nicht das Auto, sondern unternehmt vor Ort etwas oder geht zu Fuß. Vielleicht hat auch jeder das Deutschlandticket, dann muss man über das Auto meist gar nicht nachdenken.
Übrigens gibt es auch Menschen, die es unhöflich finden, wenn Gäste Angebotenes ablehnen!
Meine Mutter hatte übrigens so einen ganz komischen "Freundeskreis", bei dem immer ganz genau geschaut und gerechnet wurde, wer wen für wie viel Geld eingeladen hatte. Sie fand das ziemlich eigenartig. Diese Damen haben sich auch immer im Café getroffen und dann hat immer eine ausgegeben. Dabei wurde genau geschaut, wer wem für wie viel etwas ausgegeben hatte. Das war für sie mehr Erbsenzählerei als Freundschaft. Wer da bspw. kein Geld gehabt hätte, aber hätte mithalten wollen, hätte auch einfach zu sich nach Hause zu selbst gebackenem Blechkuchen und Tee einladen können.
Ich glaube dir, das das schwierig ist. Meine Erziehung war ganz anders...sich nicht ausnutzen lassen war ein ganz großes Thema, genauso wie nichts einfordern "dürfen"...man löst seine Dinge selber. Unsere Erziehung prägt uns alle extrem. Ab dem Moment, wo es dann klick macht und man merkt, das war alles nicht so okay, fängt dann erst der Prozeß an, den andere schon lange hinter sich haben. Und eigentlich fängt es auch leise mit einem Bauchgefühl an...man kann es nur noch nicht einordnen, das braucht Zeit und etwas Mut. Du bist ja schon relativ weit und möchtest da jetzt das passende Feingefühl (kann man das so nennen?) für dich selber entwickeln.
Da jetzt in meienr Erziehung die Devise "nicht ausnutzen lassen" war und das übertreiben am Ziel vorbei, arbeite ich mal deine Beispiele ab, wie ich sie einordne.
Die Zigaretten, es ist richtig, das es die "Beschafferin" ist, die da eine Scahchtel wollte, oder? Da wäre es für mich eine Selbstverständlichkeit, das ich eine Schachtel abgebe....sogar kostenlos, denn ohne sie würde ich niemals in den Genuß der billigen Zigaretten kommen. Irrelevant ist dagegen, wie sie die besorgt. Sie tut mir einen großen Gefallen, also kommt ich ihr da gerne entgegen. Eure Kommunikation darüber (du hoffst du denkst dran) und ihre Antwort finde ich daher völlig okay. Du möchtest doch diese kleine "Geschäftsbeziehung" zwischen euch aufrecht erhalten, also kann man da auch ruhig mal was "investieren".
Ich helfe nur beim Umzug (und wir sind alle viel umgezogen), wenn ich genau weiß, das die Leute auch für mich da sind und (ja, fast unverschämt), wenn die anderen die Umzüge gut vorbereiten. Das finde ich nur aus, wenn ich es austeste.....danach weiß man erst bescheid.
Das Auto, joah...nee, bzw kommt druaf an,w er mich fragt. Ein Mensch, von dem ich sonst nix im Leben habe....nö. Ein Kumpel, der mir schon so oft aus der Klemme geholfen hat....gerne, auch wenn er kein Spritgeld gibt.
Die Pizza, ich gebe gerne etwas ab, aber wer mir mein Essen zur Häfte wegschnappen will, der hat verloren. Ganz klar, NEIN.
Red Bull, hm...ich würde die zweite Dose nicht ablehnen, aber wüsste genau,d as diese Person kein zweites Mal so eine Palette bei mir zu sehen bekommt . Ausnahme, wieder Menschen, die auch sonst im Leben gerne teilen, helfen....für einen da sind.
Bei der Einladung...hm, das ist wirklich situationsabhängig, finde ich. Da kann ich keine pauschale Antwort geben. Kommt drauf an, mit wem man essen geht, ob man dafür die Lokalität wechseln will (dann würde ich mich revanchieren), evtl. gehört der Kaffee auch einfach zur Einladung dazu und die Person will nur wissen, ob man auch noch einen will und die Person hat sich nur schräg ausgedrückt...passiert, wenn man sich nicht gut kennt. Bei dir kam aber nur an, das du den zahlen sollst, oder? Ich denke, da mußt du noch lernen, weiter um die Ecke zu denken.
Ich ziehe ganz klare Grenzen, wenn jemand öfter nur zu seinem Vorteil handelt, aber ich kann da kein Schema F vorlegen. Geben udn Nehmen sollte halbwegs ausgeglichen (muß aber eben auch nicht Gleiches gegen Gleiches sein) sein, aber man sollte eben auch nicht nur aufrechnen. Ist manchmal auch ne Gratwanderung.
Ein " gesundes" Maß sieht, natürlich, bei jedem Menschen anders aus. Was für den einen Okay ist, kann für den anderen ein " no go" sein.
Ich, an deiner Stelle, würde mich von dem Gedanken lösen: " Ich sehe das alles anders durch meine Erziehung." Ja, stimmt, ist sicher so, aber DAS bist du, durch diese Erziehung. Und so solltest du als Mensch als Freundin akzeptiert werden, auch von dir selbst.
Ich selber bin da super locker, ich gebe oft und viel aus, und wenn ich dann Geld von meinen Freunden ablehne mit den Worten : " Das Universum kümmert sich schon darum." Dann ernte ich ein Lächeln und bei richtigen Freunden auch, nach einer gewissen Zeit, genau diesen Spruch.🙂
Danke, ihr Lieben! Habt mir ordentlich Stoff zum Nachdenken gegeben...
Wenn die andere Person nur über sich reden möchte, Gefallen nur verlangt aber nicht selbst macht, bei Ablehnung eines Gefallens genervt reagiert, sich nur meldet wenn sie dich braucht und sich eigentlich gar nicht so recht für dich interessiert. Ich würde hier vielleicht vorsichtig sein mit dem Ausdruck Faustregel, aber wenn man immer mehr Bedenken über eine gewisse Person bekommt, ob sie oder er nicht so jemand ist, hat man bestimmt des Öfteren damit recht.
Mir wurde beigebracht, immer zu helfen und zu geben... was ja grundsätzlich eine gute und soziale Eigenschaft ist. Wer viel halt, soll auch viel geben, hieß es immer.
Leider hatte das bei mir zu Folge, dass ich viel ausgenutzt worden bin, besonders finanziell.
Ich habe zum Beispiel kurz nach dem Studium einen gut bezahlten Job ergattern können und hatte dementsprechend mehr Geld als meine Freunde, die noch weiter studierten/noch in Ausbildung waren oder erstmal Praktika machten. Da war es für mich selbstverständlich, mal zum Essen einzuladen oder Getränkerunden zu bezahlen. Wurde auch gerne und dankend angenommen.
Tja, als die dann gute Jobs und mehr Geld (als ich) hatten, war meine Großzügigkeit vergessen, ich wurde so gut wie nie mal zurück eingeladen. Ganz hart finde ich es bei einer Freundin (eher Bekannte mittlerweile...) sie hat an einer Privatuni studiert, hatte große Studienschulden und war dementsprechend knapp bei Kasse. Dann, nach dem Master: Einstiegsgehalt um die 70.000 EUR. Nicht einmal hat sie mich zum Essen eingeladen, aber mir stolz erzählt, dass sie ihren Studienkredit in kürzester zeit abbezahlt hätte. Fand ich so mittelcool. Nunja. Jetzt, 10 Jahre später ist sie ein Big Player, verdient eine Unsumme, großes Haus, dickes Auto, Luxus-Fernreisen das ganze Paket.
Eine andere "Freundin" nimmt auch immer gerne und viel, aber mal was zurückgeben? (Und das meine ich jetzt nicht finanziell! Man kann ja auch anders danke für Unterstützung zeigen!) Nope. Die gibt mir nicht mal meine Sachen, die ich ihr geliehen habe zurück.
Ich verlasse mich voll auf mein Bauchgefühl. Ich gebe gerne und helfe gerne, wenn ich jemand einlade, wird er verwöhnt - und ich rechne nie auf. Ich brauche auch keinen finanziellen/materiellen "Ausgleich" sondern gebe auch gerne, wenn ich dafür ehrliche Freundschaft, Zuwendung, Zuhören oder ähnliches in der Richtung dafür bekomme. Ich muss den Menschen einfach gerne mögen - und gut.
Bekomme ich aber das Gefühl, dass ich ausgenutzt werden soll, sag ich das und es ist ganz schnell Schluss mit lustig.
LG Moni