Es ist gerade alles zu viel

Hallo,

ich möchte bei diesem Thema lieber anonym bleiben.
Ich muss mich wirklich mal ausheulen.
Es ist einfach alles zu viel im Moment.
Ich bin vor fast einem Jahr Mutter eines wundervollen Sohnes geworden. Ich wollte eigentlich 1 Jahr daheim bleiben und hab dann aber realisiert, dass ich ihn noch nicht mit einem Jahr in die Betreuung geben will. Außerdem hatte ich einfach von dem Babyjahr so gut wie nichts. Ich hab während des Jahres mein Promotionsstudium im naturwissenschaftlichen Bereich abgeschlossen. Das hieß für mich, dass ich neben der Betreuung unseres Sohnes und des Haushaltes noch fast tägl. bis in die Nacht an meiner Arbeit gesessen habe. Das war so furchtbar anstrengend und ich hab mich in dem Jahr einfach fast komplett selbst aufgegeben. Ich hab alle Hobbys aufgegeben und auch sonst nichts für mich gemacht. Ich hab einfach jeden Tag zusätzlich geackert, stundenmäßig in größerem Umfang als ein Vollzeitjob. Konzentrationsschwierigkeiten durchs Stillen und natürlich auch Phasen in denen mein Sohn nur zur Mama wollte, haben das Ganze nicht einfacher gemacht. Großeltern haben wir nicht in der Nähe. Zum Glück unterstützt mich mein Mann so gut, trotz Job mit Führungsposition. Aber naja, unsere Beziehung ist dadurch natürlich auch total auf der Strecke geblieben, wie man sich vorstellen kann. Und mein Mann geht natürlich auch am Stock... Mein Projekt ist aber jetzt so gut wie abgeschlossen und ich wollte mir jetzt noch eine schöne restliche freie Zeit mit meinem Sohn machen, bis er mit 1,5 Jahren in die Kita geht. Wollte mit ihm so viel machen, da ich in diesem ersten Jahr natürlich zu nichts gekommen bin bzgl. Kursen, Krabbelgruppe etc.. Pünktlich zur Fertigstellung meiner Arbeit, kam dann die Nachricht, dass meine Mutter eine unheilbare Krankheit hat. Das hat mir dann natürlich erstmal den Boden unter den Füßen weggerissen. Ich bin die letzten Wochen nur hin- und hergependelt, zwischen meinem Zuhause und meinen Eltern, die einige Stunden entfernt leben. Das Ganze mit super anstrengendem Kind im Schlepptau (ihr wisst schon, die anstrengende Phase um den 1. Geburtstag herum). Meine Eltern sind total überfordert mit allem, mein Vater ist selbst auch krank und kann natürlich diese Nachricht auch kaum ertragen. Ich hab versucht so stark zu sein in den letzten Wochen und ich kann einfach nicht mehr. Ich hatte auch einfach selbst nur so wenig Zeit um diese Nachricht zu verdauen. Da ich es mir einfach nicht leisten kann wie ein Kartenhaus zusammenzubrechen, sonst geht hier einfach gar nichts mehr. Die ganze Sache ist an sich schon schlimm genug, aber mein Sohn tut mir auch so unendlich leid, weil ich ihm dieses tolle halbe Jahr nicht geben kann, dass ich mir so sehr für ihn gewünscht habe und auch natürlich ein wenig für mich selbst. Naja, die Krone wird dann natürlich noch dadurch aufgesetzt, dass ich mich dann auch irgendwann bald mal um meinen weiteren beruflichen Werdegang kümmern muss. Ich bin so ausgelaugt nach dieser Promotion und ich weiß absolut nicht, wie es beruflich für mich weitergehen soll. Ich hab keine 5 Sekunden Zeit um einen klaren Gedanken zu fassen. Ich muss leider zugeben, dass ich auch nicht wirklich happy mit der ganzen Sache bin. Ich sehe mittlerweile die Promotion als großen Fehler an und hätte einfach irgendwann abbrechen sollen. Aber ich hatte einfach schon zu viel Zeit investiert. Ich hatte vor der Promotion die Möglichkeit meinen beruflichen Werdegang in eine andere Richtung zu lenken, die aus heutiger Sicht viel sinnvoller gewesen wäre. Aber ich hab mich natürlich damals nicht getraut, weil ich dachte ich wäre für diese Richtung schlichtweg nicht intelligent genug und mir würde das Talent fehlen. Stellte sich dann im Laufe der Zeit jedoch heraus, dass es genau das ist was mir am besten liegt und am meisten Spaß macht. Jetzt ist es zu spät und ich bereue das sehr. Ich bin so unzufrieden damit und fühl mich sowieso wie die größte Versagerin aller Zeiten. Wie ich mit erhobenen Hauptes diese Arbeit verteidigen soll, dass weiß ich auch noch nicht. Das wird so ein Kraftakt meine Fassade aufrecht zu erhalten. Auch dadurch, dass ich mich von meinem alten Arbeitgeber maximal unfair behandelt fühle und mein Ausscheiden aus dem Job nicht gerade die eleganteste Nummer war. Ich hab so Angst davor etwas neues anzufangen, weil ich das Gefühl habe, dass ich einfach NICHTS kann. Ich liege deshalb manchmal stundenlang nachts wach und bemitleide mich selbst. Ich verfalle häufig in so eine Art Schockstarre und gerate in völliges Gedankenkreisen wenn ich an meine berufliche Zukunft denke. Manchmal frag ich mich, ob ich nicht einfach Hausfrau bleiben soll. Aber so viele Opfer für nichts? Und die finanzielle Abhängigkeit von meinem Mann. Das macht mich ja jetzt schon ganz wahnsinnig, dass ich bald kein Elterngeld mehr bekomme.

Sorry fürs auskotzen.

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Hallo,

Da kommt ganz schön was zusammen bei dir. Es wundert wohl keinen, dass es momentan etwas zu viel ist.

Zieh deine Promotion irgendwie durch. Die Note interessiert am Ende eh niemand mehr. Der Abschluss ist erstmal wichtig.

Was spricht dagegen, dass du deine Elternzeit auf 2 oder 3 Jahre verlängerst? Sofern es finanziell nicht dringend notwendig ist, dass du dazu verdienst, würde ich die Auszeit einfach nehmen. Im Lebenslauf steht dann Elternzeit / Familienzeit. Das ist doch okay.

Kümmer dich um deine Familie und nimm dir Zeit dich neu zu sortieren und aufzustellen.

Eins nach dem anderen. Alles Gute

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Fühl dich gedrückt!

Ein schlechtes Gewissen dass dein Kind nie in einer Krabbelgruppe war musst du nicht haben. Dein Kind wird sich nie an diese Zeit erinnern und auch nichts vermissen was es nicht kennt. Außerdem ist das Leben mit Kind nicht zu Ende wenn es in die Krippe geht. Auch dann kann man zusammen eine schöne Zeit haben.

Bzgl. dem beruflichen:
Ist die Promotion damit durch oder ist die promotionsprüfung noch offen? Wenn alles durch ist. Damit abschließen und stolz Aufsicht sein was du geschafft hast. Generell hab vertrauen in dich. Vielleicht magst du mal nach dem Imposter Syndrom googeln? Kam mir spontan in den Sinn und ich fühle mich manchmal auch so und denke irgendwer muss doch bemerken dass ich den Job nicht gut mache. Aber es sieht so aus wenn ich das nur selber so empfinde. Feedback von Chef und Mitarbeitern ist durchweg positiv.
Und auch wenn ich es selber nie geglaubt habe aber auf ein paar Monate mehr oder weniger Elternzeit kommt es nicht an. Habe eine Kollegin die nach 6 Jahren wieder angefangen hat und auch sie hat in den anspruchsvollen Job zurückgefunden. Erstmal ohne Personalverantwortung aber eine seniore stelle. Also wenn ihr finanziell auf dein Gehalt verzichten könnte dann macht es. Schaut dass es eine Rentenversicherung für dich gibt in die ihr einzahlt. Und überlegt wie du nicht das Gefühl hast es ist nicht dein Geld. Denn ganz ehrlich dein Mann kann nur arbeiten weil du ihm den Rücken freihältst und meiner Meinung ist spätestens ab dem ersten Kind das gesamte Einkommen ein Familieneinkommen und das gehört euch zusammen. Ich weiß es ist ein komisches Gefühl und ich habe in den Monaten die ich nach dem Elterngeld noch zu Hause war für
mich nichts neues gekauft. Im Nachhinein dämlich und meinen Mann hätte es nicht gestört. Aber gut … man ist manchmal dämlich.

Und mit deiner Mutter ja das ist schwierig. Ist zu erwarten dass es eher kurzfristig schlechter wird oder ist das jetzt die Hammer Diagnose die verarbeitet werden muss und dann kann es noch Jahre gut gehen? Was musst du konkret machen? Wo bekommst du Unterstützung?

Bearbeitet von tigermum
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Du hast sehr viel geleistet, darauf kannst du stolz sein! Die Verteidigung ist eine Formalität, spiel da bestmöglich mit und freue dich, dass du abgeschlossen hast.
Gibt es die Möglichkeit, eine Weile mit Kind zu deinen Eltern zu gehen? Ein paar Wochen, um nicht ständig hin- und herwechsel zu müssen? Was genau sind deine Verpflichtungen den Eltern gegenüber? Kümmerst du dich jetzt um den Haushalt? Schau, dass sie nicht von dir abhängig sind und beschränke dich möglichst auf den emotionalen Support.
Nimm dir ruhig eine Auszeit nach der Promotion. Von einer längeren (mehrjährigen) beruflichen Pause würde ich dir aber dringend abraten. Nach der Promotion gilt man als Berufseinsteiger, ein Einstieg Jahre nach der Promotion ohne belastbare Erfahrung wird sehr schwierig.

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Zwischen "nur Hausfrau, da zu nichts anderes Nutze", Akademikerin der Naturwissenschaften mit Doktortitel und Naturwissenschaftlerin in der freien Wirtschaft etc. (oder was immer die andere Stelle gewesen wäre) liegen aber Welten.

Ich kenne eine Biologin, die Hundetrainerin geworden ist. Erhonenen Hauptes. Sie hat bewusst dafür im Studium gegen Ende Module bei einer Verhaltensbiologin belegt, die unter anderem mit Wölfen arbeitet.

Viele würden sagen: Dafür ein ganzes Studium? Dafür mache andere eine Fortbildung von ein paar Wochen!

Also, du stehst nicht mit nichts da!

Vielleicht wäre es aber sinnvoll, wenn du jetzt erst mal nach einem Teilzeitjob im angrenzenden Bereich suchst, der etwas entspannter ist, den du eher "nebenbei" machen könntest, bist du dich selbst etwas gefangen hast.

Und dann würde ich dir raten, zu einer oder mehreren Beratungen zu gehen. Jemanden, der dich quasi psychologisch berät. Jemandem, der mit dir die Jobmöglichkeiten durchgeht (keine Ahnung, ob das nicht sogar an der Uni möglich wäre). Jemandem, der die erzieherische Situation mit dir durchgeht.
Jemandem, der dich bezüglich deiner Eltern berät (Begleitung von Menschen mit schweren/ unheilbaren Krankheiten).

Schreibe dir alles auf, was du als hilfreich empfindest oder auch, was du nicht gleich verstehst, denn hinterher brummt einem in so einer Lage meist der Schädel und man hat die Hälfte vergessen.

Schön wäre es, wenn du jemanden hättest - Geschwister, Freundin etc. - den du regelmäßig mal anrufen dürftest, um dir die Sorgen von der Seele zu reden und wieder aufgefangen zu werden.

Ich kann nur raten: Nimm dir bewusste Freizeiten! Seien es Zeiten, in denen dein Kind von jemand anderem betreut wird oder von deinem Mann! Also ein paar Stunden oder einen Tag in der Woche oder alle zwei Wochen, in denen du NICHT erreichbar bist!
Das "darfst" du auch für deine Eltern mal sein!
Und in dieser Zeit kannst du zwar anfangs auch nur im Bett liegen oder dir eine Massage gönnen oder so, aber zunehmend solltest du dann auch bewusst etwas für dich machen, um den Kopf frei zu bekommen und mal wieder zu dir zu kommen (also: nicht nur schlafen).

Ich würde Informationen einholen (am besten Vollmacht von den Eltern und dann Arztgespräch), ob die Behandlung auch in deiner Nähe fortgeführt werden kann. Sollte Geld da sein, könnten deine Eltern vorübergehend in deine Nähe ziehen und dort betreut werden. Dafür scheint es manchmal von KH Unterbringungsmöglichkeiten zu geben. Immerhin könnten sie dann viel mehr Unterstützung bekommen als bei mehreren 100 km Entfernung.

Aber auch das: Sprich diese Möglichkeiten mit möglichst vielen Experten durch.

Deine Mutter und evtl. auch dein Vater hat evtl. Anspruch auf eine spezialisierte Psychotherapie. Jedenfalls war das bei meinem Verwandten so, der Krebs hatte. Damit länge zumindest nicht mehr 100% der Verantwortung in deiner Hand.
Informiere dich auch über Hilfen wie Taxischein mit Zuschuss der Krankenkasse. Bei ihm war es so, dass das KH das irgendwann ansprach, er dann zur Krankenkasse ging, die meinte, grundsätzlich ja, aber der Fachausschuss oder so müsse erst mal darüber beraten, das würde dauern. Er hatte dann das Glück, dass er mehrere Menschen aus dem Umfeld zur Unterstützung hatte, die mit ihm hin und her gefahren sind zwischen Krankenkasse und KH und am Ende gab es den Taxischein, nachdem das Sekretariat im KH meinte, sie würden diese Fälle kennen und man müsse nur genau dies und jenes sagen.
Er wäre von seiner Natur her so gewesen, dass er die Schultern gezuckt, den Rückzug angetreten und die ganzen Taxifahrten selbst bezahlt hätte, immerhin 70€/ Tag für einen bis zwei Tage in der Woche.
Für solche Situationen ist es dann in der Tat sinnvoll, nicht alleine als Betroffener aufzuschlagen. ABER: Oft reichen auch gute Bekannte, resolute Nachbarn etc,, die einem dabei zur Seite stehen!