Jahre später über s*xuelle Belästigung in der Kinderheit sprechen?

Guten Tag,

Wir sind in einer verzwickten Situation. Es wird länger. Danke an alle, die sich die Zeit zum Lesen nehmen.

Mein Mann wurde als Kind bzw Teenager von einem Priester öfters sexuell belästigt, sexuell bedrängt.
Außer mit mir hat er nie darüber gesprochen. Es war schlimm für ihn und hat seine Sexualität negativ beeinflusst.
Er hat einen großen und kleinen Bruder und er weiß nicht, ob den Brüdern etwas passiert ist. Insbesondere mit dem kleinen Bruder hat der Priester sehr viel Zeit verbracht und er hing immer merkwürdig eng an dem kleinen Bruder. Hat ständig versucht, mit dem kleinen Bruder alleine zu sein. Wir befürchten nichts gutes.
Der Priester war und ist ein sehr guter Freund von der Mutter meines Mannes. Da liegt wahrscheinlich das Kernproblem. Da deren Vater schwerer Alkoholiker war, ist der Priester fast etwas wie ein Ersatz“vater“ geworden und hat viel Zeit mit der Familie meines Mannes verbracht.

Nun zur Situation. Der kleine Bruder hat geheiratet und die Mutter hat ihn gedrängt, den besagten Priester als die trauende Person zu nehmen. Der kleine Bruder hat eingewilligt. Als es jetzt darum ging, dass der Priester die Tochter des kleinen Bruders tauft, hat der Bruder sich aber absolut verweigert, was sonst nicht seine Art ist. Er nickt sonst alles gleichgültig ab. Wir vermuten, dass ihm vielleicht auch etwas als Kind passiert ist, er aber nie darüber geredet hat. Und bei seiner Tochter ist jetzt aber anscheinend die rote Linie erreicht.
Mein Mann hätte vielleicht vor der Hochzeit etwas sagen sollen?
Jetzt kommen wir zum Dilemma. Nun wird der grosse Bruder auch bald heiraten und nimmt auf Anraten der Mutter nun auch wieder diesen Priester!!

Wir diskutieren nun… sollten wir was sagen? Damit der große Bruder doch einen anderen Priester nimmt?
Aber wenn mein Mann jetzt was sagt, dann werden der kleine Bruder und seine Frau sich wahrscheinlich furchtbar fühlen, dass dieser Mann sie getraut hat. Für die Mutter wird wahrscheinlich auch eine Welt zusammenbrechen, da sie nicht glauben kann, dass sie dieses Monster an ihre Kinder gelassen hat. Oder aber sie werden meinem Mann nicht glauben und dem Schmerz, den er dadurch erlitten hat. Was meinen Mann wahrscheinlich noch mehr verletzen würde.
Vielleicht einfach weiterschweigen? Ist es das beste für alle? Es fühlt sich so falsch an, dass dieser Priester einfach sein Leben ungestraft leben kann. Vielleicht mehr Kindern Schaden zufügt, wir wissen es ja nicht. Vielleicht war es nur ein einmaliges Vergehen bei meinem Mann?
Aber wenn wir jetzt was sagen, wird es so viel Leid aufwirbeln. Falls dem kleinen Bruder wirklich schlimmeres passiert sein sollte, dann hat er es erfolgreich verdrängt. Er würde es wahrscheinlich hassen, sich damit jetzt beschäftigen zu müssen.

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Ich unterstütze Schokofrosch und möchte noch eine Anzeige bei der Polizei vorschlagen, ggf. mit psychologischer Betreuung für deinen Mann.

Alle! die noch leben und insbesondere arbeiten, müssen aufgehalten und bestraft werden, sie haben immer noch Zugriff auf Schutzlose.

Ich wünsche euch alles Gute 🍀

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Schweigen ist keine Lösung

Gibt es ggf eine Stelle bei der Kirche, an die ihr euch wenden könnt?

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Hey!

Naja, komplett verdrängt wird er es nicht haben, sonst hätte der Priester auch die Tochter getauft.

Mein Rat wäre, zu sprechen, schweigen wäre möglicherweise falsch. Bedingung ist natürlich, dass dein Mann selbst darüber sprechen kann und es ihn nicht zusätzlich belastet.
Wenn er nach externen Gründen (pro oder contra) sucht, würde ich daran denken, dass eure Kinder oder Nichte/Neffe auch Opfer werden könnten, falls alle Betroffenen schweigen und deine Schwiegermutter Kontakt zwischen Priester und Enkeln herstellen möchte.

Liebe Grüße
Schoko

Ich würde mich an externe Stellen wenden, nicht an die Kirche. Viele Bundesländer haben Anlaufstellen eingerichtet.

Bearbeitet von schokofrosch
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Das ist wirklich eine schwierige Situation. Es tut mir leid, dass dein Mann das erleben musste und immer noch mit dem Täter konfrontiert wird.

Für mich würde schweigen nicht in Frage kommen. Ich würde deinem Mann empfehlen, sich zuerst therapeutische Unterstützung zu suchen oder eine Beratungsstelle für Opfer von sevuellem Missbrauch zu wenden. Dort kann er bestimmt auch auf dem Weg begleitet werden, es der Familie zu erzählen.
Er sollte auch auf keinen Fall schlecht fühlen, es nicht früher erzählt zu haben. Ihm ist etwas schlimmes angetan worden und er war bisher halt einfach nicht bereits dazu. Das ist Ordnung.

Ich wünsche euch alles Gute.

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Nein, nicht schweigen! Wie kann man nur so einen Mensch in der Nähe der Familie dulden, so lange Zeit???? Alles offen legen und bei der Polizei anzeigen (wo auch immer möglich). Sehr schwer, ich weiss. Aber denkt man drüber nach, wieviele andere Kinder dieses Monster missbrauchen konnte, weil dein Mann (und viele andere) geschwiegen hat!

Ich wünsche deinem Mann ganz viel Kraft und Mut! Und therapeutische Hilfe.

Bearbeitet von scharada
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"Aber denkt man drüber nach, wieviele andere Kinder dieses Monster missbrauchen konnte, weil dein Mann (und viele andere) geschwiegen hat!"

Ein Opfer von Missbrauch ist nicht schuld am Missbrauch anderer und ist auch nicht verpflichtet darüber zu reden, um andere zu schützen.

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Es war auch keine Anschuldigung.

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Würde mich definitiv an die Kirche wenden. Da gibt es extra eingerichtete Beratungsstellen. Ich habe ein Ehrenamt bei uns und hab grade eine Schulung zu dem Thema gemacht.

Bistum Trier, falls das euer Bistum ist, kannst du mir gerne privat schreiben und ich vermittle da Kontakte, wo ihr euch vertraulich und auch anonym beraten lassen könnt. Selbst, wenn’s rechtlich verjährt ist, könnte es jetzt noch Konsequenzen von der Kirche aus geben.

Ansonsten muss dein Mann entscheiden, ob er was sagen möchte (mit allen Risiken), ob er schweigt und ob er vielleicht an der Trauung einfach nicht teil nimmt und erst nach der Zeremonie dazu stößt. Aus Selbstschutz.

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Hallo Cuz,

Ich euch vom Gefühl her vorschlagen, euch an die Ansprechpartner für Missbrauch in der katholischen Kirch zu wenden, die sind je nach Bistum verschieden:

https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/microsites/Sexualisierte_Gewalt_und_Praevention/Listen/BeauftragteBistuemer-Missbrauch.pdf

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Danke für eure Antworten. Ich teile das starke Gefühl, andere Kinder womöglich noch bewahren zu können, falls der Priester noch mit Kindern arbeitet. Da wäre wohl der richtige Weg, mit der Kirche bzw. den Hilfestellen zu sprechen.

Aber was denkt ihr über die familiäre Situation? Was wenn der Bruder trotzdem den Priester zur Trauung nimmt ? Oder die Mutter es einfach nicht glauben will? Und wenn der kleine Bruder absolut dicht macht, weil er nicht daran erinnert werden möchte und sich zurückzieht?
Ich habe wirklich Angst, dass meinem Mann gesagt wird, es war doch nix und er dann damit leben muss, von deiner Familie nicht in seinem Schmerz ernst genommen zu werden… ich glaube leider, dass das wirklich ein realistisches Szenario ist :-(
In Therapie war mein Mann zum Glück und es hat ihm sehr, sehr geholfen.

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Ich würde zuallererst mit dem kleinen Bruder reden bevor ich irgendetwas anderes mache.

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Ja so haben wir uns entschieden. Mein Mann hat ihn um ein privates Gespräch gebeten .. mal sehen, ob es dazu kommt.