Meinung der Mutter zu wichtig. Abnabelung, was tun?

Mich beschäftigen in letzter Zeit viele Dinge, ich weiß manchmal gar nicht mehr was ich eigentlich möchte.

Ein Thema ist die Beziehung zu meiner Mutter. Meine Eltern sind geschieden, haben beide neue Partner und ich war sehr lange Single. Jetzt bin ich Anfang 30 und wohne mit meinem Freund zusammen. Ich war schon immer ein Mamakind und durch meine lange Singlezeit hatte ich auch länger und enger eine sehr nahe Beziehung zu meinen Eltern, vor allem zu meiner Mutter. Sie war meine wichtigste Bezugsperson und ist mir auch heute noch sehr wichtig und ich frage mich manchmal ob das nicht zu stark ist und ich da zu sehr abhängig bin.

Ich habe nicht das Gefühl, dass sie aktuell wirklich glücklich ist und das tut mir leid.

Ich merke, wie ich stark von ihrer Meinung beeinflusst bin. Z. B. sie sagt, ja, dein Freund ist ein lieber Kerl, und das bestärkt mich extrem. Wenn sie sagt, hm, ich hätte keine Lust so viel Sport zu machen, denke ich, mache ich zu viel?

Zu Single Zeiten hatte ich immer mal wieder den Gedanken, nie eine Beziehung führen zu können oder wollen weil ich dann nicht mehr so viel Zeit für Familie und Freunde habe. Obwohl da ja auch jeder sein Leben führt und auch meine Eltern mir sagen, dass doch alles gut ist in der Beziehung zwischen ihnen und mir.

Mein Bruder lebt seit einer Weile wieder hier in der Nähe und trotz Frau macht er wirklich oft was mit meinem Vater, meinem Vater ist das glaube ich eigentlich auch zu viel aber er sagt auch nicht nein. Komischerweise frage ich mich dann, sollte ich öfter was mit meinen Eltern machen? Sagt überhaupt noch jemand ehrlich was er wirklich denkt und will?

Ich bin generell jemand der sehr abhängig ist von der Meinung anderer und mich sehr beeinflussen lasse. Manchmal frage ich mich wie ich jemals meinen Weg gehen soll oder ob und inwiefern ich mich zu sehr beeinflussen lasse und das auch in gewisser Weise einfach mein Charakter ist und ich das zwar sehe, aber auch ändern muss.

Ich bin bereit viel für meinen Partner zu geben und mache das auch gerne. Dann frage ich mich wo der Punkt ist, ab dem man ausgenutzt wird?

Ehrlich gesagt habe ich das Gefühl seit ich mit meinem Freund zusammen bin werden mir ziemlich viele Dinge auch im Bezug auf meine eigene Persönlichkeit bewusst und das beschäftigt mich sehr. Bin gerade gar nicht mehr richtig frei und leistungsfähig.

Sind jetzt viele Gedanken und auch irgendwie durcheinander. Vielleicht helfen mir Meinungen von außen zu ein bisschen mehr Klarheit

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Hallo Entchen90,

Was willst du tun, um dich von der Meinung deiner Mutter, stellvertretend für die Meinung deines neuen Partner und von der Meinung des Rests der Menschheit abzunabeln?

Als "Mamakind" fühlst du dich immer stark von ihr abhängig und beeinflusst. Kein Wunder, dass du jetzt bereit bist, auch "viel für deinen Partner zu geben".

Du ahnst irgendwie, du rutscht von deiner Abhängigkeit von deiner Mutter in eine neue oder gar in zwei gleichzeitige unterschiedliche Abhängigkeiten, das beschäftigt dich sehr.
Für mich sind Beziehungen, auch die in der eigenen Familie, immer eine Form von gegenseitiger Abhängigkeit.
Dir wird aber immer mehr klar, bei dir hat die Beziehungswaage bei deiner Mutter einseitig zur Seite deiner Mutter ausgeschlagen. Nun ahnst du, auch bei deinem Freund bahnt sich ein ähnliches, gleich ungesundes Ungleichgewicht an.

Ich fühle aus deiner Schilderung bei dir ein geringes Selbstwertgefühl heraus, das dich seit deiner frühen Kindheit begleitet, und in dem du dich gefangen fühlst. Deshalb brauchst du oft die Meinung deiner Mutter, um dich ausrichten zu können.
Aber du bist inzwischen nicht mehr das kleine Kind, welches das Gefühl hatte, nie den Erwartungen und Ansprüchen der Mutter zu genügen. Das sich ängstlich anpassen wollte in seinem Bemühen zu gefallen.

Für mich ist es letztlich eine Lebensaufgabe, mich den (Fehl)prägungen meiner Kindheit zu stellen, sie zu erkennen, damit neu leben zu lernen und sie auch ein Stück weit zu bewältigen.
Aller Anfang ist das Nachdenken über mich selbst, woher meine eigenen Grundhaltungen kommen und wie sich mich oft fehlleiten.

Für den Anfang kann ich dir da die Lektüre oder das Hörbuch (das fand ich gut) von Stefanie Stahls Buch empfehlen: "Das Kind in dir muss Heimat finden".
Ich halte das Werk für einen schönen Einstieg in das Thema, das dich so beschäftigt. Frau Stahl würde das dein "Schattenkind" nennen.
Vielleicht kannst du danach entscheiden, welchen weiteren Weg du gehen willst und ob du evtl. eine entsprechende Therapie wagen willst.

Bearbeitet von Christoph61