Den Themenstrang nutze ich heute zum ersten Mal. Es wird wahrscheinlich ein längerer Text.
Vorab zu uns. Mein Mann und ich sind seit fast 2 1/2 Jahren zusammen und seit einigen Tagen verheiratet. Wir haben einen fast 4 Monaten alten Sohn.
Letztes Jahr war turbulent. Wir erlebten eine Fehlgeburt in der 10. Woche und meine Mama erkrankte an Triple negativen Brustkrebs. Die Fehlgeburt haben wir überstanden, und meine Mama ist gesund und wartet nur noch auf die Reha. Wir dachten schlimmer geht es ja nicht mehr.
Im Januar verlobten wir uns, und auch die Schwangerschaft war alles andere als rosig und endete mit Präeklampsie und einem Kaiserschnitt bei 36+2. Der Start war holprig, aber wir kämpften uns so durch. Nebenher planten wir unsere Hochzeit.
Mein Mann wählte einen Trauzeugen aus, wo man sich von Anfang an nicht sicher war ob das gut gehen wird. Aber er ist ein langjähriger Freund und so redete ich ihm nicht rein. Jetzt im August fand sein JGA statt und sein Trauzeuge benahm sich komplett daneben. So daneben das wir ihn ausgeladen haben damit er unsere Hochzeit nicht crasht. Der Trauzeuge ist alkoholsüchtig, und inzwischen auch aggressiv. Verbal und körperlich. Und ich muss meine Familie schützen, also luden wir ihn aus.
Er trank schon die ganzen Monate exzessiv. Therapie wurde immer wieder abgebrochen. Nach dem JGA trennte sich auch seine Frau von ihm, da sie nicht mehr kann. Das verstehe ich auch absolut.
Nun ist das passiert womit irgendwie alle gerechnet haben, aber nicht so früh. Er ist tot. Einfach weg. Jetzt im Nachhinein erfuhren wir das er eine beginnende Leberzirrhose hatte. Und trotzdem trank er weiter und spielte mit seinem Leben.. In der Not trank er auch Desinfektionsmittel vor einigen Wochen. Das gab ihm den Rest..
Wir fühlen uns dreckig, da wir ihn ausgeladen haben. Aber wer in die Location pinkelt, Gläser wirft oder handgreiflich wird kann und möchte ich nicht auf meiner Hochzeit haben. Er schrieb meinem Mann noch am Wochenende. Aber er antwortete nicht, da er die Zeit mit unserem Sohn und mir verbringen wollte. Zudem waren wir auch echt erschöpft von der Hochzeitsfeier..
Wie kann man sich sowas selbst verzeihen?
Wir bekommen keine Ruhe in unser Leben
Hallo du!
Es tut mir leid, was ihr alles erlebt habt in den letzten Jahren, wie gut, dass deine Mama auf einem guten Weg ist und du und euer Baby alles gut überstanden habt!
Ihr habt echt einiges durch, da braucht es einfach Zeit und erholungsphasen, um damit klar zu kommen und wenn dann wieder so ein Hammer wie der Tod eines Freundes kommt, ist das wahnsinnig bitter und reißt vielleicht auch kaum verheilte Wunden wieder auf.
Aber eines solltet ihr euch klar machen: Ihr müsst kein schlechtes Gewissen haben oder euch dreckig oder verantwortlich für den das Ende des Freundes fühlen! Einem Süchtigen, der sich nicht helfen lassen will, kann niemand helfen!
Und es ist völlig legitim, zu einem Süchtigen, der mit seinem Verhalten Grenzen überschreitet, seinen Mitmenschen schadet oder einfach im menschlichen Miteinander nicht mehr tragbar ist auf Abstand zu gehen oder den Kontakt komplett abzubrechen, egal ob das ein Freund oder verwandter ist. Für viele Süchtige ist genau dieser Tiefpunkt, wenn alle, die ihnen wichtig sind, sich abwenden, der weckruf, um sich ihrer Probleme überhaupt erst bewusst zu werden, gegen die Sucht anzugehen und so letztendlich sich selbst zu retten.
Das ist aber allein die Verantwortung des Süchtigen, absolut niemand kann etwas etwas gegen die Sucht tun, wenn nicht der Süchtige selbst da raus will, eher geht der jetzige kaputt, der helfen will.
Der freund deines mannes wusste vermutlich sehr genau, dass er aufgrund seines alkohlmissbrauchs schon körperliche Schäden hatte, die eher früher als später zum Tod führen und hat trotzdem weiter getrunken und sich auch keine professionelle Hilfe gesucht, wie ich das verstanden habe.
Egal was ihr getan oder nicht getan hättet, es hätte absolut nichts geändert an seinem Verhalten! Er hat sich selbst zugrunde gerichtet und die Teilnahme an eurer Hochzeit oder eine Antwort von deinem mann auf seine Nachrichten hätte ihn nicht davon abgehalten oder etwas an seiner Sucht geändert.
Es ist völlig ok, um den Freund zu trauern, denn es ist einfach traurig und tragisch, wenn ein Mensch aufgrund einer suchterkrankung sein Leben verliert, aber hört auf, euch die Verantwortung für etwas aufzubürden, für das ihr nichts könnt.
Ich wünsche euch viel Kraft und dass ihr zur Ruhe kommen könnt!
LG waldfee