Wochenbettdepression - von der Seele schreiben - und Frage: kann die Hausaerztin helfen?

Hi!

Ich habe vor 12 Wochen mein erstes Kind entbunden (bin knapp 33) und, so glaube ich, eine Depression entwickelt. Ich war in den ersten 1, 2 Wochen nach der Geburt sehr emotional, ueberfordert, derealisiert, dann wurde es besser und ich die Alte.
Leider klappt nach einem guten Start seit der 6. Woche das Stillen nicht mehr, die Brüste waren ueber Nacht leer und klein, das Baby nimmt sogar mit Zufuettern weiter ab, verweigert inzwischen alles. (Keine Sorge, sind in kinderaerztlicher Behandlung.)
Habe hunderte Euros für Stillberatungen (meine Beraterin ist klasse!) gelassen, weitere körperliche Diagnosen bekommen - und ob ich ganz abstille oder es mein Koerper eh tut, ist ein ewiges Hin und Her, bei der ich aus Angst vor der Endgueltigkeit und Angst, meinem Baby zu schaden, keine Entscheidung treffen kann, wie gelaehmt bin (dabei schadet dem Baby eine psychisch labile Mutter mehr als fehlende Muttermilch, davon bin ich ueberzeugt). Alle zwei, drei Stunden abpumpen hielt ich nur zwei Wochen lang durch, das machte meine Psyche erst recht nicht mit. Brachte uebrigens auch nix. Mein Milchspendereflex ist nun seit rund einer Woche auch weg, glaube, hormonell-zyklisch bedingt und durch die Reduktion der Milchmenge.
Seit der Sache, also seit sechs Wochen nun, bin ich super emotional, seit kurzem ist nun auch noch mein riesiger Appetit weg (das kann aber auch mit der mittlerweile versiegenden Milch zusammenliegen).
Ich weine staendig, lange, manchmal grundlos, bin manchmal total derealisiert und verzweifelt und das Stillthema ist fuer mich die riesigste Sache der Welt und ich die groesste Versagerin, obwohl ich so viel getan habe. Bin dann so wuetend auf meinen Koerper und denke, ich haette kein Kind bekommen sollen, wenn ich Vorerkrankungen habe, die den besten Start mit Muttermilch nach WHO-Empfehlungen nicht ermoeglichen. Die ganzen Warnungen auf Pre-Packungen (bzw. Neocate, sollen das ausprobieren) wirken fuer mich wie ein Beschimpfen von mir subjektiven Versagerin. Triggern mich total.
Alles ist trueb und grau und ich bin einfach sooo labil und weinerlich. Mein Mann ist zum Glueck noch zu Hause und eine riesige Stuetze (fuer mich und das Baby), aber meine Aengste und mein Weinen sind belastend fuer uns alle. Ich habe mich noch nie so gefuehlt. Habe auch viel Kontakt zu Freund*innen und ihnen erzaehlt, dass ich eine schnelle Behandlung benoetige, was sie unterstuetzen (vielleicht laesst dann mein Gejammer nach :p ).
Ich habe leider keine Frauenaerztin mehr, sie betreute mich nur waehrend der Schwangerschaft und ich finde niemanden, der oder die mich aufnimmt.
Ich weiss, dass es Verhaltenstherapien bei Wochenbettdepressionen gibt, ich glaube jedoch, dass ich die Strategien bereits kenne und auch von aussen auf die Situation blicken kann. Habe grundsätzlich schon sieben Jahre Therapie auf dem Buckel (wegen einer anderen Sache) und weiss, dass sie nur langsam wirkt. Ich kenne auch die Anlaufsstellen/Selbsthilfegruppe meiner Stadt.
Meine Frage ist nun: Kann mir auch die Hausaerztin Psychopharmaka (ich habe noch nie welche genommen) verschreiben? Ich muss aus meinen Gruebeleien und meiner Panik herauskommen, und brauche akute, schnelle, kurzfristige psychische Entlastung, ich halte meinen Kopf nicht mehr aus. Soweit ich weiss, wirkt Sertralin bspw. nach 4 Wochen, das erscheint mir, wenn ich so eine Panik habe, zwar lang, aber ist trotzdem absehbar.

Bearbeitet von malguckenhier
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Ja, deine Hausärztin kann dir helfen! Geh unbedingt zu ihr.

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Danke! Heute war leider dauerbesetzt, aber am Abend muesste sie nochmal Sprechzeit haben.

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Alles Gute und ich verstehe dich sehr gut. Es gibt Abhilfe, lass nicht locker.

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Du kannst dich wie oben schon erwähnt an den Hausarzt wenden.

Es kann ( und so klingt es für mich als Laie, die selbst gerade eine Wochenbett hinter sich hat) aber auch an den Hormonen liegen, insofern kannst du dich auch an deine Gynäkologin wenden!

Vielleicht helfen dir beim stillthema auch ganz banale Sachen: Geh offen damit um und du wirst erfahren wie viele Mütter nicht gestillt haben. Schau dir ihre Kinder an! Kerngesund und quietschfidel zumeist. oder schau mal über den Tellerrand. Das hilft auch manchmal. Meine Freundin bekam gleichzeitig mit mir ein Baby mit trisomie 21. Seitdem sehe ich meine „Problemchen“ mit ganz anderen Augen.
Oder, falls du nicht Alleinerziehend bist, mache mal etwas für dich! Versuche mal zum Sport zu gehen, Kaffee zu trinken, Wellness zu machen etc. Irgendetwas Kleines, was dir Freude macht.

Das sind wie gesagt nur Tipps von mir als Laie, da ich selbst große hormonelle Probleme im Wochenbett hatte und dies als hilfreich empfand. Bei einer ernsthaften psychischen Erkrankung wird jedoch nur eine Therapie helfen.
Alles Gute!

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Danke fuer Deine liebe und unterstuetzende Antwort! Habe schon wieder Traenen in den Augen vor Ruehrung.

Das mit den gedeihenden Kindern weiss ich doch eigentlich auch! Meine Mutter konnte nach dem Kaiserschnitt mich nicht stillen, war anfangs traurig, aber meinte, es sei danach voll ok gewesen.

Aber dann sehe ich wieder die Warnhinweise auf jeder Webseite, bei jedem Milchpulverhersteller, auf der Neocate, die uns der Arzt mitgegeben hat (verzichte auch seit kurz nach der Geburt auf Kuhmilcheiweiss), dass sie Vollstillen bis zum 6. Monat und weiter stillen bis zum Ende des 2. Lebensjahres und darüber hinaus voll und ganz unterstützen und fühle mich ganz fertig. Ich will die Fakten und Studien nicht beiseite wischen (wobei der Effekt bei Geschwisterstudien ja nicht so gross ist), und weiss, dass ich die Situation nicht aendern kann. Der Wunsch, meinem Baby dieses beste zu ermoeglichen, zumal wir alle Allergien haben und das Kleine mit Denny Morgan-Falten geboren wurde, war so gross.
Es fuehlt sich an, als wuerde ich dem Baby Nutriscore E geben oder so (was ich selbst schon mal in mich reinstopfe :p ), nachdem es ueberall so ein starkes Nudging zu stillen gibt. Die Warnungen, die baby-friendly hospital initiative. Ich wuerde ja so gerne! Es ist so frustrierend zu merken, dass mein Koerper mein Baby frustriert. Gesichter laechelt es zum Glueck eh an. ;)


Heute habe ich mit einer SozPäd gesprochen, die meinte, sie habe den Eindruck, der Druck zu stillen sei "heutzutage" manchmal auch zu gross. Habe natuerlich wie auf Knopfdruck erstmal geweint. :D

Ich suche mir jeden Tag eine schoene Kleinigkeit, vor allem eine, die nichts mit meinem Triggerthema stillen zu tun hat, ja!
Heute hat mich mein Mann Broetchen holen geschickt und ich bin rausgekommen, gestern hatte ich ein gutes Gespraech mit meinem Mann, nachdem wir uns den ganzen Tag angeblafft hatten wegen meiner Stimmung und Panik (die Physiotherapeutin sagte ihm, meine Trauer haben viele Frauen :p ), und ich hatte das Erfolgserlebnis, das Bad geputzt zu haben und irgendwie mal Abstand durch Alltag zu haben, morgen oder uebermorgen (falls es morgen zu spaet wuerde) kommen Freund*innen zum Essen.

Bearbeitet von malguckenhier
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Hallo, ja, die Hausärztin kann helfen, am besten, auch wenn sie überprüft, ob Vitamin D und Eisen Blutspiegel mindestens in der Mitte des Normalwertes sind. Perfekt wäre es auch noch, wenn sie das aktive Vitamin B 12 prüft.

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Danke! Vit D und Eisen sind in Ordnung, Vit B12 könnte tatsächlich niedrig sein wegen des Lachgas während der Geburt.
Mein Hashimoto stimmt zurzeit, habe TSH und freie Werte vorige Woche testen lassen.
Habe aber anscheinend einen Hyperparathyroidismus entwickelt.

Bearbeitet von malguckenhier
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Hallo,

bei einer Autoimmunerkrankung (Hashimoto), würde ich den Vitamin D Blutspiegel am oberen Ende des Normalwertes einstellen. Du kannst Dich nach Autoimmunerkrankungen und Vitamin D informieren. Bei Hashimoto würde ich zusätzlich falls es der Arzt nicht gemacht hat, auf eine gute Selen Versorgung achten. Also nur wenn der Arzt kein Selen verschrieben hat, kann man zum Beispiel im Supermarkt Paranüsse kaufen und am Tag ein paar (zirka 3 Stk) essen. Ich bin kein Arzt und das ist keine Empfehlung

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Hallo TE,

vorweg - ich selbst habe keine Kinder und daher keine Erfahrung mit Baby Blues etc.
Ich weiß es klingt jetzt total komisch, das zu schreiben. Aber ich finde es ehrlich toll, dass du so pragmatisch bist und "verstehst", dass du jetzt erstmal einfach etwas brauchst um wieder zu dir zu finden. Dein Hausarzt kann dir auf jeden Fall helfen. Ich bekomme mein Anti Depressiva auch über den HA. Lass dir - wenn du dir eins verschreiben lässt - die erste Zeit regelmäßig Blut abnehmen um die Leberwerte zu kontrollieren. Ich ganz persönlich komme sehr gut mit Sertralin zurecht. 50 mg sollten als Start erstmal ausreichen und vielleicht kannst du in einem halben Jahr dann schon wieder komplett aufhören.

Du kannst dir ja auch noch etwas Zeit geben, mal heute deine Gefühle notieren und dann z.B. am 01.02.25 überprüfen, ob es von alleine besser geworden ist.

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Danke!
Ich nehme noch nichts (gehe heute aber eh zur Hausaerztin). Habe das Gefuehl, es ist immer 1, 2 Tage besser, dann wieder einen schlechter. Ist leider immer noch eng mit dem Stillen verbunden, die Sorgen uns nicht zunehmende Baby machen es nicht weniger praesent.