Kommt die Lebensfreude jemals wieder?

Hallo,
ich möchte hier mal meine Geschichte aufschreiben. Seit Jahren leide ich an Depressionen, habe diese zeitweise recht gut im Griff gehabt (ich bin seit 3,5 Jahren in Therapie). Vor gut 2 Jahren verschlechterte sich die Beziehung zu meinem Ehemann, die schon immer schwierig war, rapide. Meine Depression wurde schlimmer, so dass ich dann letztlich sogar mehrere Monate in stationärer und teilstationärer Behandlung verbracht habe. Kurz darauf kam es im Herbst zur Trennung. Wir haben 2 gemeinsame Kinder, 6 und 8 Jahre alt. Er zog ziemlich schnell in eine etwa 40 Minuten entfernte Stadt mit seiner neuen Partnerin zusammen. Ich war also nun alleinerziehend mit 2 Kindern. Wenige Wochen nach der Trennung verschlechterte sich der Gesundheitszustand meiner Mutter rapide. Sie litt an einer chronischen Krankheit, deren extreme Verschlechterung aber nicht absehbar war. Sie starb innerhalb weniger Tage im November. Für mich war die Zeit nach diesen beiden einschneidenden Erlebnissen wie ein Fiebertraum und rückblickend weiß ich gar nicht, wie ich diese Wochen überstanden habe. Anfang des Jahres dachte ich dann, jetzt kann es nur noch bergauf gehen. Mit meinem Ex-Mann pendelte sich eine Umgangsregelung für die Kinder ein, alle 2 Wochen Fr-So. Unterhalt wurde nach vielen Diskussionen auch erklärt. Zeitweise ging es mir besser, zeitweise weniger. Jetzt nähert sich das Jahr dem Ende zu und ich merke, dass mein Gesundheitszustand schleichend schlechter wurde. Der Alltag allein mit 2 Kindern, meinem Job, Haushalt, Terminen, Veranstaltungen schlaucht mich komplett leer. Ich habe keine hohe Belastungsgrenze mehr und laufe permanent über dieser. Das ist für mich besonders schlimm, da ich immer ein aktiver, energiegeladener Mensch war, immer Hobbys hatte, mich mit Freunden getroffen habe,... Und jetzt ist davon nichts mehr übrig. Ich fühle mich einfach nur leer, kann kaum Freude empfinden, es gibt nichts worauf ich mich freue. Ich denke es liegt nicht am Fehlen einer Partnerschaft, danach verspüre ich kein Bedürfnis. Alle um mich herum leben ihr Leben weiter. Mein Vater hat eine neue Partnerin und sie unternehmen viel miteinander. Mein Ex-Mann scheint eine stabile Beziehung zu führen, verreist sehr viel und hat eine Familienplanung mit seiner Freundin. Für alle geht es irgendwie weiter, nur nicht für mich. Ich fühle mich wie eine leere Hülle, sie irgendwie funktioniert, wenn sie muss und ansonsten ist da nichts. Keine Planung, keine Hoffnungen, einfach nur einen Tag nach dem anderen überstehen. Ich bin weiter in Therapie und meine Therapeutin bemüht sich nach Kräften, nur kann ich nichts umsetzen. Ich weiß nicht mehr, mit wem ich noch reden soll. Direkt nach Trennung und dem Tod meiner Mutter haben mir die Menschen in meinem Umfeld viel Verständnis entgegengebracht. Aber ich habe das Gefühl, nach einem Jahr sollte es auch mal gut sein. Niemand will sich ja immer und immer wieder anhören, dass es mir immer noch nicht gut geht. Ich höre immer ich bin ja noch jung (Mitte 30), ich wäre attraktiv und intelligent, bald würde ich schon einen Partner finden und so weiter und so fort. Dabei ist es doch nicht das, was will. Ich will einfach nur meine Freude am Leben wiederfinden. Wie kann ich das nur schaffen?
Der ganze Beitrag klingt schon ziemlich jammernd und voller Selbstmitleid, ohje. Bitte zerreisst mich nicht zu sehr dafür.

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Hast du es schon mal mit Antidepressiva versucht?

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Das habe ich vergessen zu erwähnen. Ich nehme seit etwa 3 Jahren Antidepressiva. Letztes Jahr wurde die Dosierung auch mehrmals angepasst. Inzwischen scheint aber auch das nicht mehr zu helfen.

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Guten Morgen OhneHoffnung,

Was könntest du tun, bis du wieder etwas Licht am Ende des Tunnels sehen kannst?

Hoffnung ist Glauben an das, was ich nicht sehe und für mich untrennbar verbunden mit einem intensiven Gefühl. Deine Gefühle sind nun leider durch deine Depressionen erkaltet und erstarrt, oft scheinst du keinen Zugang mehr zu ihnen zu haben.
Jetzt bist du soweit, du hast außer deiner Therapeutin keinen anderen Menschen mehr, der bereit ist, sich deine scheinbar endlos wiederholende Litanei anzuhören.

Ich will nicht auf mehr oder minder nutzlose praktische Ratschläge für deine Lebensführung hinaus, die hast du sicherlich schon von den verschiedensten Seiten bis zum Abwinken gehört.
Mein Vorschlag wäre, du könntest dir neben deiner Therapeutin Menschen suchen, die dich verstehen, die mit dir fühlen und die dich auf deinem steinigen Weg begleiten wollen und können.

Mir fallen da zwei Möglichkeiten ein:

Zum einen wäre da Selbsthilfegruppen für depressive Menschen:
https://depressionsliga.de/depression-was-nun/selbsthilfe/
Wobei solche Selbsthilfegruppen teilweise auch online stattfinden.

Eine andere Version wäre die Telefonseelsorge, die Tag und Nacht erreichbar ist. Die Telefonseelsorge kannst du auch anrufen, wenn deine Kinder in der Schule oder im Bett sind. Hier hört dir immer ein anderer Mensch zu.

Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du deine in dir verborgene Lebensfreude langsam wieder entdecken kannst.

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Hm - Du hast es geschafft, eine Therapie zu beginnen! Das ist für einen depressiven Menschen alles andere als selbstverständlich. Doch nun kommst Du dort nicht mehr weiter - das Leben lässt sich ja leider nicht durch eine Sitzung ändern, sondern nur durch Dich.

Hast du schon mal über einen Wechsel zur Tiefenpsychologie nachgedacht? (Es hörte sich für mich so an als ob Du Verhaltens-Therapie machst)

Vielleicht liegen die Wurzeln deiner Antriebslosigkeit noch tiefer als die - definitiv üblen - Schicksalsschläge, die du erlitten hast.

Das Leben besteht im Grunde aus dem Sammeln schöner Momente. Viele überfordern sich auch, denken, es müsste einem täglich sonnenstrahlgut gehen, alles müsste super sein, nur dann wäre alles gut. Doch letztlich ist das Leben für jeden (manchmal) scheisse. Dieses vorgelebte "oh jeah, alles supidupi, nur so ist das Leben RICHTIG" ist letztlich einfach nur BS und überfordert viele - und die mit einer depressiven Verstimmung sowieso. Dann wächst auch wieder der Druck " ja, klar, natürlich bin ICH zu blöd dafür, dass bei mir nicht alles so sorgenfrei toll ist wie bei dem "Gesunden"..." - das betrübt dann erst recht wieder.

Vielleicht hilft es dir zu denken "ja, ich bin eben down. Ich habe scheisse erlebt, das muss ich erst mal verarbeiten. Im MEINEM Tempo. Und wenn mir zwischendurch ein schönes Blümchen unterkommt, oder ein Sonnenstrahl, oder ein leckeres Essen erkenne ich es als ein solches - und vielleicht freue ich mich drüber. Und wenn nicht ist es auch ok."

Ich bin keine Therapeutin - nur hört es sich für mich so an. als ob der Druck, doch gefälligst gut drauf sein zu müssen (jetzt muss es doch mal gut sein!) noch sein Übriges dazutut, dass Du Dich mies fühlst.

Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Vielleicht die Therapie mal wechseln. Fühl dich fest gedrückt :-)

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oh jeh, lass dich mal einfach nur druecken. Um dir eine Antwort zu geben: ja, die Lebensfreude kommt irgendwann wieder! Nur wann und wie die aussieht, kann keiner vorhersagen. Kleine Lichtblicke (Weihnachtsbacken mit den kindern, schoene Lichter in der Dunkelheit, schoene Blumen)...

Aber, du einfach zwei Riesenschocks erlitten, die dich emotional, psychisch und koerperlich einfach voellig aus der Bahn geworfen haben. Wenn du eh schon nicht mehr sehr belastbar bist. Das verpackt man nicht einfach so in einem Jahr, vor allem wenn du fuer deine Kinder da sein musst.
Ein Jahr kann einem sehr lange vorkommen, ist es aber nicht, wenn einem der Boden unter den Fuessen weggezogen wurde.

Dir wurde schon vieles vorgeschlagen: wichtig ist die Medis noch mal richtig anzupassen.Kannst du eine Kur machen wo du einfach mal stehenblieben kannst und nichts musst? Um einfach deine Energiespeicher wieder aufzuladen.

Dann muss dein Mann halt fuer die Kinder sorgen, muesste er auch wenn du von nem Bus ueberfahren werden wuerdest oder einen Herzinfarkt haettest (sorry fuer die krassen Beispiele).

Wuensche dir alles Gute.

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Hallo OhneHoffnung,


du leidest unter Depressionen, hattest schwere Schicksalsschläge und bist alleinerziehend mit zwei Kindern. Jeder einzelne Punkt davon kann einem den Boden unter den Füßen weg ziehen. Bei dir kam aber alles so gut wie mit einmal. Du kämpfst dich durch. Leider zehrt dein Kampf sehr an deinen Kräften und du funktionierst nur noch. Du fühlst dich wie eine leere Hülle die irgendwie funktioniert. Ich denke so ist es auch. Du funktionierst und versuchst alles für deine Kinder zu tun. Dabei bleibst du aber auf der Strecke. Dein eigenes "Ich" gibt es so gut wie nicht mehr. Du kannst keine Freude mehr empfinden. Das zeigt in meinen Augen das du völlig überlastet bist. Du hast hier schon gute Ratschläge bekommen. Sie aber umzusetzen ist aber nicht einfach. Ich sehe noch einen weitern Punkt der sehr belastend für dich ist. Du weißt nicht mehr mit wem du reden kannst. Daher musst du alles mit dir allein ausmachen. Das kostet weitere Kraft. Oft haben wir das Gefühl das uns niemand mehr zuhören mag weil man schon gefühlt zu lange Probleme hat. Eine Bekannte von mir hat auch das Gefühl das niemand mehr ihre Probleme hören möchte und von daher versucht sie vieles mit sich allein auszumachen. Mir ist der Austausch mit ihr aber nicht zu viel. Ich bin gern für sie da. Für mich ist es sogar schlimmer wenn sie sich zurückzieht und ich nicht weiß wie es ihr geht. Vielleicht ist es in deinem Umfeld ähnlich. Vielleicht ist es nur ein Gefühl von dir und du möchtest andere schützen weil du denkst das du ihnen zu viel wirst. Hat man dir schon zu erkennen geben das du ihnen zu viel wirst?

" Nach einem Jahr sollte es auch mal gut sein." versuche dir bitte zeitlich keinen Rahmen zu setzen. Nach den Problemen die du geschliddert hast, ist ein Jahr in meinen Augen ein sehr kurzer Anschnitt. Dir geht es im Moment absolut nicht gut und du brauchst so lange Hilfe und Unterstützung bist es dir wieder gut geht, egal wie lange es dauert. Wenn du dich jemand mit deinen Sorgen und Problemen anvertraust, hat es in meinen Augen nichts mit jammern zu tun. Es ist einfach der nötige Austausch über Probleme und Gefühle die dich belasten.

Wenn du niemand hast mit dem du dich austauschen kannst und den Wunsch verspürst das du dich jemand anvertrauen möchtest kannst du mir gern eine PN schreiben.


VG blaue-Rose

Bearbeitet von blaue-rose