Angst vor Behinderten

Guten Abend zusammen,
ich schäme mich für den Titel und für meine Gedanken beziehungsweise Ängste. Mir tut es sehr leid und ich fühle mich schrecklich, solche Gedanken zu haben.
Morgen findet das erste Mal Heiligabend bei uns zu Hause statt.
Eingeladen ist meine Schwiegerfamilie. Dazu gehört die schwerbehinderte Schwester meines Mannes. Sie lebt in einer Pflegeeinrichtung für Schwerbehinderte. Mein Mann kam auf die Idee sie für ein paar Stunden zu uns zu holen, da Heiligabend zum ersten Mal bei uns im neuen Haus stattfindet und unser Eingang ebenerdig liegt.
Versteht mich nicht falsch, ich hab keine Angst vor Menschen mit körperlichen Einschränkung wie zum Beispiel Rollstuhlfahrern oder ähnliches. Damit habe ich überhaupt kein Problem. Allerdings ist die Schwester schwerbehindert, d.h. sie kann sich nicht bewegen und auch nicht sprechen und ist auch geistig behindert. Das bedeutet sie sitzt die ganze Zeit in einem besonderem „Rollstuhl“ und ich schäme mich so für diese Gedanken, aber irgendwie fühle ich mich sehr unwohl. Sie kann beim besten Willen nichts dafür, dass ist mir bewusst. Allerdings sabbert sie und macht „seltsame“ Laute und ich weiß nicht was ich machen soll. Ich muss für morgen Abend viel vorbereiten und muss mich in meinem Haus bewegen können ohne mich unwohl zu fühlen. Was soll ich denn jetzt machen? Wie gehe ich mit diesen Gefühlen um? Bitte verurteilt mich nicht, ich bin mir bewusst, dass das nicht normal ist!

Viele Grüße und ein frohes Fest liebe Leser!

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Dir klar machen, dass Du durch einen Unfall oder eine Krankheit in die gleiche Situation wie die Schwester geraten könntest…und zwar jederzeit…
Jetzt einfach noch zu Ende denken, wenn jemand dann so über dich sprechen würde…
Das Leben ist nicht für alle Menschen wie im Bilderbuch, da muss man als Angehöriger dann einfach durch. Deine Schwägerin ist auch Teil der Gesellschaft. Besuche sie öfter, dann gewöhnst du dich auch an sie und musst dich nicht unwohl fühlen.

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Das ist mir durchaus bewusst. Wenn ich meine Großeltern im Pflegeheim besuche, treffe ich des Öfteren dort auf Menschen mit Demenz, dies macht mir allerdings nichts aus. Ich hab keine Ahnung, warum ich solche schrecklichen Gedanken habe. Mir bammelt es so vor Morgen. Spricht man mit ihr? Oder was wird von mir erwartet?

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Dein Mann wird dir all deine Fragen beantworten können. Warum fragst du ihn nicht?
Ansonsten siehst du, wie die anderen mit ihr umgehen und machst es ihnen nach.

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Oh, das ist traurig.

Du kannst dich doch trotzdem ganz normal in deinem Haus bewegen, wenn sie so eingeschränkt ist, wird sie den Rollstuhl auch nicht selber bedienen können, oder? Wenn sie Speichel verliert etc, dann kümmert sich jemand Anderes eben um sie. Die Laute... also mal ehrlich, meine Kinder machen manchmal nur beim Spielen wesentlich lautere und unangenehmere Laute als zB mein Pflegekind, das wäre zB echt ein sehr sehr ! kleines Übel und nicht mal der Rede wert.
Sie wird ja anscheinend auch nur paar Stunden bleiben, das würde ich mir an deiner Stelle vor Augen halten und auch, dass ihr ihr einen tollen Tag schenkt.

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Sie wird definitiv schon vor dem Besuch da sein, ich weiß nicht ob und wie ich sie begrüßen soll. Ich kann irgendwie auch in ihrer Anwesenheit auch nicht Essen. Omg ich bin schrecklich. Ich weiß gar nicht woher das kommt, normal ist das ja nicht.

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Rede mit deinem Mann drüber. Hast du sie denn schon mal überhaupt gesehen? Wirkt nämlich nicht so!
Dein Mann kann dir doch bestimmt genug über sie erzählen.
Natürlich begrüßt man solche Menschen auch! Warum denn nicht, es sind immer noch Menschen! Am Besten ganz normal mit einem Hallo x und kein großes Trara. Aber bitte rede mit deinem Mann, vielleicht kann er dich ein wenig runter holen!

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Kann es sein das deine Ängste daher rühren weil du noch keinerlei/ wenig Erfahrung und Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigungen hast?
Was sagt denn dein Mann dazu? Immerhin ist es seine Schwester und er ist den Umgang mit ihr ja vermutlich gewohnt? Insofern würde ich mit ihm offen über deine Berührungsängste sprechen und dir Tipps holen wie man mit der Schwester am besten umgeht. Darüber hinaus sind ja auch andere Familienmitglieder anwesend, welche für die Schwester da sind, insofern "musst" du ja vielleicht gar nicht so viel interagieren und kannst dich langsam "rantasten". Alles Liebe!

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Danke. Sie ist leider schon vor dem anderen Besuch da. Ich besuche regelmäßig meine Großeltern im Pflegeheim, dort sind auch Menschen mit Demenz oder so, das macht mir allerdings überhaupt nichts aus. Ich kann irgendwie vor ihr nicht Essen oder Essen zubereiten, zu dem ich mich ja auch um das Baby kümmern muss. Mein Mann wird sich um die Schwester kümmern, allerdings fühle ich mich unwohl und bin so aufgeregt. Ich traue mich nicht mit meinem Mann zu sprechen, da sowas ja nicht nett oder normal ist.

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Das ist quatsch. Es ist absolut nichts Gemeines dabei und dein Mann kennt dich ja auch nicht erst seit gestern, wenn du ihn fragst, wie du am Besten mit seiner Schwester umgehst und worauf du achten könntest.

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Ängste verschwinden wenn man sich ihnen stellt und diese Gefühle aushält. Sie verschwinden nicht durch Vermeidung.
Du wirst es ausprobieren und dann wahrscheinlich merken dass nichts großartig negatives passiert

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Naja, du wirst sie kennenlernen. Möglichst unvoreingenommen- zugegeben,das ist jetzt gerade nicht möglich.
Lass doch die Sache auf dich zu kommen.Du hörst dich noch sehr jung an, und neues Haus,da ist wahrscheinlich alles noch blitzeblank und nagelneu/chickimicki.Sie wird dir nicht deine Bude auseinander nehmen. Da müsstest du dir bei meinen „normal Kindern“ echte Sorgen machen.

Ich würde ganz offen mit deinem Freund sprechen und ihn fragen, was sinnvoll ist.

Eventuell gibt es eine Sache, wo drüber sie sich freut oder auch etwas, was sie nicht mag.

Ich denke, du kannst bestimmt auch deinem Freund sagen, das du dir unsicher bist.

Ich finde es großartig, dass deine Schwägerin dabei sein darf. Vergiss nicht, sie gehört zur Familie und selber kann es einem, den Partner oder auch später sein Kind treffen.

Dann hat man selber ein „sabberndes, komisch lautierenden Menschen, so wie du sagst, zu Hause.

Ich kenne äußerst liebevolle Personen, die leider eine Schwerstbehinderung haben .

Man muss einfach diese Situation auf einen zukommen lassen.

Majonjon

Bearbeitet von majonjon
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Ich vermute es ist die Angst vom unbekannten. Nichts falsch sagen, machen oder gucken.

Rede mit deinem Partner. Er kann dir vllt mehr von seiner Schwester erzählen so dass du den Menschen siehst und nicht die Behinderung.

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Ich finde, der beste Gesprächspartner, mit dem du diese Unterhaltung führen könntest, ist doch dein Mann. Er kann dir doch am besten sagen, wie seine Schwester ist, wie sie reagiert und wie viel sie von der Umgebung mitbekommt.

Du musst dich auch nicht schämen, dass du so empfindest. Ungewohntes ist manchmal einschüchternd und ich finde es stark, dass du immerhin offen damit umgehst. Du hast ja keine Angst vor ihr als Person, sondern ich glaube, dass du einfach unsicher bist, wie du dich verhalten sollst.

Und wenn du noch nie einen solchen Umgang hattest, dann kann ich dich auch gut verstehen. Es ist ungewohnt, man möchte niemanden auf den Schlips treten und irgendwas falsches sagen. Von daher rede doch mal mit deinem Mann darüber, damit er dir die Angst ein bisschen nehmen kann.

Bearbeitet von Kris7
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Doch, das ist nicht ungewöhnlich. Vermutlich hättest du noch nicht viel Kontakt mit ihr oder generell Menschen mit Behinderungen. Viele haben dann Scheu oder wissen nicht wie sie sich verhalten sollen.

Das ist aber Übungssache. Je mehr Kontakt du mit ihr hast, umso leichter wird es für dich. Du kannst dir ja ein paar Dinge vornehmen, zum Beispiel vorher überlegen was du zu ihr sagen könntest: Hallo Sandra, schön dass du auch unser neues Haus kennenlernst! Wir gehen jetzt ins Wohnzimmer und dann kannst du auch unseren Weihnachtsbaum anschauen.
Und auch beim Essen oder so, wenn du ihr ein Glas bringst, dass du dann bewusst sagst "Hier ist dein Glas" - sowas halt. Du siehst dann ja auch, wie ihre Familie mit ihr umgeht und was sie vielleicht mag. Auch Menschen mit schweren Behinderungen haben ja Interessen.

Du schaffst das schon. Wenn du dich nicht traust viel mit ihr zu reden, dann starte einfach mit kurzen Sätzen - Hallo Sandra, schön dass du da bist.

Es liegt an dir, deine Hemmung abzubauen, und dann wirst du dich in ihrer Gegenwart auch bald nicht mehr unwohl fühlen.

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Ich kenne deine Gefühle. In der Verwandtschaft meines Mannes gibt es einen jungen Mann, der schwerbehindert ist. Er geht und spricht... Allerdings etwa auf dem Niveau eines anderthalbjährigen.

Er rülpst und furzt am Tisch lautstark und isst unglaublich gerne Servietten. Die kaut er dann ewig, holt sie angelutscht und versabbert wieder raus und steckt sie sich dann wieder in den Mund und so weiter, bis er sie schließlich schluckt.

Ich bin jetzt einfach so ehrlich. Mir fällt in dieser Kulisse das "Weggucken" auch sehr schwer. Ich muss ständig dem Drang wiederstehen, ihm diese Servietten weg zu nehmen und ihn beim Rülpsen zurecht zu weisen 😅 dass seine Eltern ihm auch ständig Servietten hinstellen. Mir fällt das so so so schwer nix dazu zu sagen... Aber da muss ich mich einfach zusammenreißen. Sie haben es schwer, und haben mit dieser Serviettenkauerei wohl einen Weg gefunden, den jungen Mann irgendwie ruhig zu stellen. Wer bin ich, da rein zu reden. Dass er nicht am Tisch rülpsen soll, werden sie ihm wohl schon vor Jahrzehnten gesagt haben... Offensichtlich erfolglos.

Es ist schwierig. Aber die Schwester deines Mannes ist normal nie da. Gönn ihr diesen einen Tag Freude. Im Gegensatz zu ihr kannst du dich zusammenreißen. Auch wenn es schwer fällt.

Vielleicht würde es mit mehr Kontakt auch leichter fallen. Ich sehe den jungen Mann nur zwei, drei mal im Jahr, daher bin ich es einfach nicht gewohnt. Die restliche Verwandtschaft benimmt sich, als wäre der junge Mann gar nicht da....

Wie oft seht ihr denn die Schwester?

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Am besten drüber hinwegsehen, wie du es ja schon versuchst.

Nachdem meine Oma einen Schlaganfall hatte, war sie für einige Zeit in einer Rehaklinik. Was ich dort im Essenssaal von den Betroffenen für Geräusche am Tisch gehört habe, war nicht schön. Man muss sich aber bewusst machen, die können nichts dafür, denn das ist eine Folge des Schlaganfalls.
Sie können nichts dafür. Und: es kann uns allen so gehen und wird vielen so gehen. Vielleicht nicht in der massiven Form, man sagt nicht umsonst, dass man im Alter wieder zu einem Baby wird.
Nachdem ich mehrere Verwandte im Alter in verschiedenen Pflegeeinrichtungen besucht habe, schockt mich so schnell nichts mehr.
Das ist zwar nicht ganz das gleiche wie eine Behinderung, aber mittlerweile habe ich echt eine andere Sicht auf so manche Dinge und kann mit Menschen, die, sagen wir mal, geistig beeinträchtigt sind, ganz anders umgehen.

Bearbeitet von ella838