Früher Mobbingopfer - Wie kommt ihr heute klar?

Hallo,

ich würde sehr gerne wissen, ob es hier auch Mamis gibt, die es früher aus verschiedenen Gründen vielleicht nicht so leicht hatten oder Mobbing ausgesetzt waren und wie es euch hin zum erwachsenen Leben geprägt hat. Wie lebt ihr heute?

Habt ihr im Laufe des Lebens trotzdem Selbstbewusstsein entwickeln können und geht offen auf Menschen zu?

Bei mir war Mobbing leider sehr stark der Fall und ich bin dadurch bis heute ziemlich zurückhaltend und lasse Menschen schwer in mein Leben. Auch beruflich komme ich dadurch nur schwer voran.
Meint ihr, ich kann das irgendwie selbst auflösen oder muss man bei sowas durch eine Therapie?

Ich habe Mann und Kinder und bin ansich sehr glücklich. Aber sehe sie schon sehr als meinen sicheren Hafen und wie gesagt, bin ich kaum offen für Freundschaften/Bekanntschaften...selbst Small Talk fällt mir schwer.


Gibt es euch, mit ähnlichen Erfahrungen?

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Verhunzter Name, moppelig ohne Ende, eher richtig dick, scheußliches Kassengestell von Brille und furchtbar altbackene Klamotten.
Den Begriff Mobbing gab es noch nicht, ich glaube, der wurde für mich erfunden. In der 4. Klasse begann ich mich zu wehren und stopfte als erstes einen Schulfreund in der gr. Pause in einen leeren Metallmülleimer und schlug außen so lange drauf, bis mich die Lehrerin zurückriss....und der Kerl um Gnade winselte. Ab da war es besser. In der Realschule ging es zuerst weiter, aber da ich dann Klassensprecherin wurde (wollte sonst keiner machen), die Beste in Musik und im Chor war usw., verschaffte ich mir schon Ruhe und Respekt. Eigentlich ein Wunder, denn von meiner Mutter wurde ich systematisch klein gehalten - aber sie hat mich nicht kleingekriegt sondern ich wurde immer sturer. Kaum was gegessen, viel Sport - und die Pfunde schmolzen und ich war ein "Hansdampf in allen Gassen" und öfter verliebt als alle anderen "Schönen" 🤣
Endgültig "freigeschüttelt" von allem habe ich mich, als ich mit 17 ungeplant schwanger wurde. Bin ausgezogen, habe gearbeitet und mich vollkommen alleine behauptet. Meine Mutter hat getobt vor Wut.
Ich habe versucht, meinen Kindern und meiner Enkelin zu vermitteln, dass man sich wehren muss - und als Erwachsener damit abschließen muss. Man kann nicht lebenslang Beeinträchtigungen in der Kindheit nachhängen, man hat ja meist ein vollkommen neues Leben.
Es war echt nicht immer leicht und ich habe geheult genug - aber jeder Vorfall machte mich wütender und.....stärker. Mit mir nicht! Konnte ich auch später immer wieder brauchen, besonders in meiner fürchterlichen ersten Ehe.
Mein Ex bekam alles bis aufs Letzte zurück, was er mir angetan hatte.
Beruflich half mir mein Selbstbewusstsein sowieso lebenslang.
LG Moni

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Schwierig komme ich damit klar.

Ich wirke nach außen bin selbstbewusst, wenn es um die Kinder geht, bin ich auch stark. Beruflich bekommt das ganz sicher keiner mit.

Aber mein Privatleben ist sehr geprägt dadurch. Vertrauen zu anderen Menschen (außerhalb Familie) hab ich nicht. Ich glaube immer, irgendeiner will mir Böses, findet mich doof,…usw.
Ich wirke wohl arrogant (klein, nette Figur,….& seeeeeehr schüchtern). Die Schüchternheit wirkt auf andere so, als würde ich mich für was besseres halten. Das ich genau das Gegenteil von mir halte, weiß ja niemand. Teufelskreis.

Ja, doch. Mich hat das massiv geprägt.

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Hallo!

Bei mir war es mit dem Mobbing nicht ganz so schlimm, aber eine Zeitlang (7. Klasse) wurde ich ausgelacht und ausgegrenzt. Dazu kommt noch, dass ich eine sehr autoritäre Erziehung genossen habe.

Nach Außen wirke ich selbstbewusst und recht offen. Aber so gut wie niemand weiß, dass ich mich in größeren Gruppen ziemlich unsicher fühle. Außerdem habe ich ziemlich Verlustängste, was meine Freundinnen angeht. Wenn eine Freundin mal 2 Tage sich nicht meldet, bzw. nicht antwortet, fange ich sofort an zu grübeln was ich wohl falsch gemacht habe.

Wenn ich in einer Gruppe unterbrochen werde oder mir nicht zugehört wird, denke ich sofort, dass man mich nicht mag oder irgendwie komisch findet.

Ich muss bei neuen Kontakten oft über meinen Schatten springen. Oft zwinge ich mich einfach jemanden anzusprechen, obwohl ich mich dabei nicht ganz wohl fühle.

Mir sind soziale Kontakte aber sehr wichtig. Ich liebe es unter Leuten zu sein und ich finde es toll, dass ich mehrere gute Freundinnen habe.

LG

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Ich wurde früher in der Schule auch gemobbt.
Allerdings hatte ich schon immer ein starkes Selbstvertrauen, sodass es mir nichts anhaben konnte.
Somit habe ich auch jetzt im Erwachsenenalter keine Probleme damit.
Es hat mich stärker gemacht und mir reicht es, dass ich heute erfolgreicher bin als meine Mobber von früher.

Wenn du es bis jetzt nicht selber ändern konntest, dann hilft wohl nur professionelle Hilfe.

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„mir reicht es, dass ich heute erfolgreicher bin als meine Mobber von früher“

Die Genugtuung sei dir gegönnt!

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Diese Genugtuung hatte ich auch schon mehrfach bei Klassentreffen 😂😂 - und ja, Schadenfreude war/ist da auch dabei, wenn die, die immer soo stolz auf ihre dürre Figur waren und auch erwachsen auf Dickere herabblickten, heute durch ihre Runzeln fast 10 Jahre älter aussehen als die, die immer rundlicher waren und heute noch kaum Falten aufweisen 😎😅. Richtig verhärmt sehen da welche aus (sind aber nicht krank).
Karma is a bitch.

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Ich bin über fast zwei Jahre von Mitschülern und 2 Lehrern stark gemobbt worden ( 5+6 Klasse) Das Erwachsene sowas einem Kind antun können macht mich bis heute fassungslos. Mich hat es massiv geprägt. Privat und beruflich.
Vertraue eigentlich nur meiner Familie (Eltern, Mann, meinen Kinder und 2 Freundinnen (ebenfalls ehemalige Mobbingopfer)).
Ich habe beruflich nichts hinbekommen, studiert und abgebrochen, 2 mal. Es ging einfach nicht. Ich bin Hausfrau (zum Glück können wir uns das leisten) auch wenn ich eigentlich gerne später wenn die Kinder größer sind was arbeiten würde. Wäre für mich aber nur im Homeoffice möglich, da ich möglichst wenig mit Menschen zu tun haben will.
Nach außen (wenn ich funktionieren muss zb für meine Kinder) wirke ich total selbstbewusst und stark. Ist aber alles nur eine Fassade.
Habe 2 Langzeittherapien hinter mir. Leider haben diese nicht geholfen.
Ich bin traurig, da ich das scheinbar mein Leben lang mit mir rumtragen werde und trotz vieler Bemühungen es nicht loswerden kann.
Ich hatte damals als es passiert ist nicht den Mut mich umzubringen, verstehe aber jedes Mal warum Mobbingopfer das tun. Es zerstört so unglaublich viel in einem....oft unwiederbringlich.
Mein Mann, auch ein ehemaliges Mobbingopfer hat es hingegen gut überstanden und ist beruflich sehr erfolgreich und hat auch keine Probleme auf Menschen zuzugehen. Kann also auch anders gehen, aber nach meiner Erfahrung eher selten.

Bearbeitet von 260523
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Hallo,
wir hatten leider eine Mutter die morgens lieber ausgeschlafen hat, als ihre Kinder in die Schule zu schicken. So kam ich auf teilweise 250 Fehlstunden im Jahr. Trotzdem ich selten in der Schule war, zählte ich zu den besseren Schüler der Klasse - dies wiederum machte mich zum Mobbingopfer Nummer 1. Ich habe absolut keine nette Erinnerung an die gesamte Schulzeit.

Aber ich habe meinen Frieden damit geschlossen. Ich verüble es auch keinem der Mobber - sie waren "Kinder" und ich bin mir sicher, heute würden sie anders handeln. Ich habe meinen Weg privat wie beruflich gemacht, und darauf bin ich stolz!

Meiner Schwester ging es gleich wie mir. Sie wiederum hat die Zeit damals lange mitgenomnen, hat eine soziale Phobie und Angststörung entwickelt. Ist seit dem 20. Lebensjahr in Therapie - beruflich ist sie erfolgreich, privat sehr zurückgezogen und tut sich schwer Kontakte zu knüpfen bzw. aufrechtzuerhalten.

Ich finde, ob eine Therapie zur Aufarbeitung sinnnvoll ist, hängt auch vom Charakter der jeweiligen Person ab.

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Hallo Gibteseuch,

ich bin zwar meine Mami, aber ich hoffe, ich darf Dir trotzdem antworten. Bei mir ging das Mobbing bereits im Kindergarten los, in der Grundschule weiter und steigerte sich am Gymnasium so weit, dass ich sogar Suizidgedanken hatte.

Warum ich Opfer wurde? Ich weiß es bis heute nicht, ich kann nur spekulieren, und ich habe festgestellt, dass die Suche nach dem Warum sowieso nichts bringt.

Heute geht es mir gut. Es ging mir sogar sofort gut, als ich die Schule endlich verlassen konnte. Von heute auf morgen hatte ich dann plötzlich einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, an der Uni gehörte ich von Anfang an zu den "Beliebten", und das ist auch bis heute so geblieben, egal wo ich danach hingezogen bin oder wo ich gearbeitet habe.

Warum ich sofort nach Verlassen der Schule pötzlich beliebt und kein Opfer mehr war? Auch das weiß ich bis heute nicht. Ich bin mir recht sicher dass ich schon immer ein freundlicher und liebenswerter Mensch war und mich weder verstellt, noch groß "angepasst" habe. Aber auch diese Frage ist letztlich müßig.

Obwohl es mir gut geht, ist natürlich etwas zurückgeblieben. Wer so etwas erlebt hat, wird es nie vergessen, und obwohl man es ja so gerne predigt, ich kann, will und werde es auch nicht verzeihen. Wenn ich an die Herrschaften meines Abschlussjahrgangs denke, werde ich sofort wütend, und alles kommt wieder hoch. Es gab vor einigen Jahren mal "Annährungsversuche" seitens meiner Schul"kameraden".. Ich wurde zu mehreren Klassentreffen eingeladen, dazu gab es mehrere schwülstige E-Mails. Ich habe immer abgelehnt und auch mitgeteilt, dass ich nicht kontaktiert werden will. Inzwischen habe ich durch meine Heirat den Namen geändert und bin weit weggezogen. Seitdem ist endlich Ruhe.

Seltsamerweise hatte ich nie Probleme damit, anderen Menschen zu vertrauen, wobei es natürlich auf die Definition des Wortes ankommt. Ich bin aber auch oft unsicher, hinterfrage mich und suche ständig die Schuld bei mir. Aber mit den Jahren wurde es immer besser, aber es hat lange gedauert und wird mich vermutlich irgendwo immer in der hintersten Ecke meines Kopfes und meines Herzens belasten. Aber letztlich hat ja jeder sein Päckchen zu tragen. Das hier ist eben meines.

Viele Grüße
Das Gnu

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Ich wurde auch zwei Jahre lang gemobbt.
Ich war sehr schüchtern, ließ mich leicht ärgern und noch dazu boten meine Brille, Zahnspange und mein Name eine gute Vorlage.
Ich hatte aber unabhängig von der Schule noch meine Cousins und ich glaube, dass hat mir sehr geholfen. Ich wusste auch, dass das Mobbing sich nur auf sehr oberflächliche Dinge bezog, die man alle ändern kann. Nur konnte ich mich leider so schlecht wehren.
Geholfen hat mir dann tatsächlich der Kontakt zu meinem Vater. Meine Eltern waren getrennt und er konnte mit einem Kind nicht wirklich was anfangen, aber als ich ca. 12 war, suchte er mehr den Kontakt zu mir.
Ich weiß noch, wie beeindruckt ich von seiner offenen Art war. Er konnte mit jedem reden, war überall beliebt, machte lustige Witze und konnte richtig gut kontern.
Er nahm mich auch öfters zu Freunden mit und ich hab mir seine Sprüche von ihm angeschaut.
Und tatsächlich war es das, was das Mobben bei mir stoppte.
Mit ein paar guten Kontersprüchen und Humor, wurde ich immer beliebter, und mein Selbstvertrauen wuchs.
Obwohl es mir nicht leicht fiel, habe ich immer an mir gearbeitet und mich bemüht, meine kommunikativen Fähigkeiten auszubauen.
Heute geht es mir sehr gut und ich habe überhaupt keine Probleme mit mir. Wenn mich das Mobbing eines gelehrt hat, dann, dass es so gut wie nichts mit der Person zu tun hat, sondern nur auf Oberflächlichkeiten basiert.
Und es hat mich feinfühliger für meine Mitmenschen gemacht. Wenn ich bemerke, dass sich jemand schwer tut, zu sprechen, beziehe ich ihn mit ein. Gemeine Späße auf Kosten anderer, lasse ich ebenfalls nicht zu und stelle mich zur Not auch gegen eine ganze Gruppe.
Ich glaube, dass man als Mobbingopfer vor allem an seinem Selbstbewusstsein arbeiten muss und dann auch tatsächliche seine Komfortzone verlassen muss. Wenn dann die ersten Erfolgserlebnisse kommen, wird es immer leichter.

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Ich wurde in meiner Schullaufbahn 3x für längere Zeit gemobbt. Das war ca. mit 9 Jahren, 12 Jahren und 14 Jahren. Ich habe jedes Mal meinen ganzen Freundeskreis verloren und war absolut alleine in der Schule, hatte aber einige gute Onlinefreunde. Mir war klar, dass ich anders war, aber ich weiss auch, dass man mich deshalb nicht mobben dürfte. Ich war dick, hatte keinen Sinn für Mode, war ein weiblicher Computernerd und bin hochintelligent mit einem IQ von über 130.

Heute habe ich ein wundervolles soziales Netzwerk mit Ehemann, Kindern, lieben Freunden mit gemischtem beruflichen Hintergrund und bin sehr zufrieden. Ich habe einen Job, der mich völlig erfüllt, und den man mir damals als Aussenseiterin nie zugetraut hätte. An der Uni konnte ich zum ersten Mal so sein, wie ich bin, und wurde dafür auch noch gemocht anstatt gemobbt. Diese Erfahrung hat mir extrem weitergeholfen. Ich bin nicht falsch, mein Umfeld hat einfach nicht gepasst. Je älter ich werde, und je mehr ich meine Nische finde, umso besser geht es mir.

Folgen merke ich trotzdem bis heute. Smalltalk fällt mir schwer und oft glaube ich, dass andere Leute mich nicht mögen. Ich sehe schiefe Blicke, wo keine sind, und rede mir ein, dass man mich ablehnt. Zum Glück merke ich diese Denkfehler ziemlich schnell und schaffe es, sie zu überwinden. Ich bin überzeugt, dass ich ein liebenswerter und spannender Mensch bin. Mein Wert hängt nicht davon ab, wie andere mich beurteilen. Wenn jemand Smalltalk mit mir langweilig findet - okay. Wenn jemand nicht mit mir befreundet sein will - okay. Ich bin trotzdem gut so, wie ich bin. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich besser ankomme, wenn ich einfach ich selbst bin. Früher versuchte ich so zu sein, wie ich dachte, dass es von mir erwartet wird (cool, lustig, modern, was auch immer). Das funktioniert nicht, andere merken diese "Täuschungsversuche". Nun bin ich einfach ich selbst und es klappt zwischenmenschlich viel besser als früher.

Ich habe aus anderen Gründen einige Stunden Psychotherapie in Anspruch genommen, und konnte dabei viel über mich und Selbstakzeptanz lernen. Am liebsten würde ich in meine Kindheit zurückreisen und meinem früheren Ich erklären, dass wir niemandem gefallen müssen ausser uns selbst. Dass alles gut wird, dass wir Freunde und Liebe finden, und dass nichts an uns falsch ist. Wenn mich die schlimmen Gefühle doch einmal einholen, dann tue ich bildlich gesprochen genau das - umarme mein inneres kleines Kind und rede ihr gut zu. Das hilft enorm. Ich sage mir selbst all diese Dinge, die früher niemand gesagt hat, obwohl ich sie dringend gebraucht hätte.