Hallo,
mein Bruder hat versucht sich umzubringen, und ich weiß nicht wie ich damit klar kommen soll. Wir hatten nie ein besonders enges Verhältnis aber wenn es Hart auf Hart kam waren wir immer für einander da.
Er leidet schon sehr lange unter Depressionen, angefangen hat das alles mit der Scheidung unserer Eltern (vor fast 15 Jahren). Ob das allerdings der Grund war, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht wie schlimm es wirklich ist, denn er ist sehr in sich gekehrt, spricht nie über Gefühle, ist immer der coole. Allerdings geht im seinem Leben scheinbar schon immer alles schief, egal was er anpackt, Ausbildung abgebrochen, was neues angefange, wieder abgebrochen, diverse Jobs probiert, war aber nie was langes und immer wenn es ernst wurde und er eine tolle Chance gehabt hätte endlich sein Leben in den Griff zu bekommen hat er anscheinend solche Panik Attacken, das er alles hinschmeißt. Der einzige Mensch der vielleicht halbwegs alles weiß ist seine Freundin, mit der er schon seit über 10 Jahren zusammen ist und die auch alles mitgemacht hat.
Vor ein paar Tagen war es dann wieder so, er sollte eine neue Ausbildung beginnen, er und seine Freundin waren endlich angekommen, hatten ein schönes Haus, alles schien perfekt. Aber anscheinend konnte er schon seit Wochen nicht mehr schlafen und nach 3 Tagen auf der Arbeit rief er seine Freundin an und sagte er könne nicht auf die Arbeit er fährt wieder heim.
Das tat er auch aber anscheinend hat er dort dann beschlossen das er so nicht mehr weiterleben will. Er ist weggefahren und abends haben wir überall gesucht aber dann konnten wir nur noch abwarten.
Wir hatten Glück und er kam wieder nach Hause. Aber das was jetzt bleibt ist ein einziger Scherbenhaufen, trotz der Freude das er noch lebt ist aufeinmal alles anders.
Er ist jetzt in einer Klinik und ich denke dort ist er fürs erste gut aufgehoben und ihm wird auch geholfen damit klar zu kommen aber ich weiß nicht wie wir damit klar kommen sollen.
Ständig habe ich dieses Bild im Kopf, mein kleiner Bruder so am Ende das er keinen Ausweg sieht, ganz allein im Wald, den ganzen Tag und versucht sich umzubringen. Als ich ihn fragte ob er wirklich sterben wollte oder das nur ein Hilferuf war meinte er Nein er wollte sterben.
Wie soll ich nur damit weiterleben. Ich habe Angst das er es wieder tut und uns nur was vorspielt wenn er sagt es sei alles okay.
Wer von euch hat vielleicht auch schonmal versucht sich das Leben zu nehmen und nun gelernt wieder glücklich weiterzuleben, ich hab soviele Fragen.
Danke für eure Hilfe
versuchter Suizid
Ich habe keinerlei Erfahrungen mit Suizidversuchen, aber so ganz außenstehend kommt mir das ganze wirklich merkwürdig vor.
Woher wisst ihr, als er das Haus verließ, dass er nicht einfach nur mal durchatmen musste und den Kopf freikriegen?
"Als ich ihn fragte ob er wirklich sterben wollte oder das nur ein Hilferuf war meinte er Nein er wollte sterben."
Er hat vermeintlich viele Stunden gehabt um seinen Freitot herbeizuführen und landet am Ende im Krankenhaus und sagt Dir es ist kein Hilferuf, sondern er will sterben?!
Natürlich ist es ein Hilferuf, sonst wäre er jetzt nicht in Behandlung sondern in einer Leichenhalle.
Ist er die ganzen Jahre nicht therapiert worden und versucht sich selbst durch seine Depressionen zu manövrieren?
Dein Bruder kann keine vernünftigen Entscheidungen treffen, dann triff Du sie für ihn.
Therapie, Therapie und nochmals Therapie ist da wohl die einzige Möglichkeit.
Ggfs. muss auch die Freundin beraten werden, ihr kann es mit dem ganzen Druck der letzten Jahre nicht wirklich gut gehen. Ich vermute das sie die einzige Person ist die sein Verhalten abgepuffert hat?
Sei stark, bewahre Dir rationales Denken und lass Dich nicht in den Strudel ziehen, damit hilfst Du Niemandem.
Beste Wünsche
netty
Hallo netty
ich habe das alles erst hinterher erfahren, als er zuhause war hat er sowas wie einen Abschiedsbrief hinterlassen. Daher wusste seine Freundin was er vorhatte. Sie hat dann auch die Polizei eingeschaltet, die nach ihm gesucht hat, aber letztlich konnten wir alle nur abwarten.
So wie es aussieht war es wirklich ein ganz lauter Schrei nach Hilfe. Er sagt er ist froh das er nicht gestorben ist, aber es gibt einfach jede jede Menge zum aufarbeiten.
Doch er ist schon seit Jahren in Therapie, einmal sogar auch Stationär. Danach dachten wir echt es wäre besser aber in ihm drin sah es wohl all die Jahre anders aus. Anscheinend hat sich immer wieder was neues angestaut und an diesem Morgen ist einfach das Fass übergelaufen. Das wundert mich ja auch so - er hat sogar früh versucht die Ärztin zu erreichen aber sie hatte keine Zeit. Das ärgert mich alles so und uns wollte er warscheinlich nicht anrufen weil er sich so geschämt hat wieder als Versager dazu stehen.
Ja sie haben wirklich keine leichte Beziehung. Ich will sie nicht schlecht reden, sie ist immer für ihn dagewesen all die Jahre und hat mit Sicherheit mehr schlimmes mit ihm erlebt wie wir anderen aber manchmal ist sie auch so gemein und sagt "ach du Versager, du kriegst das doch eh nicht hin" und sie meint das vielleicht aus Spass und normale Menschen tun das ab aber er warscheinlich nicht. Und ja ich denke auch das die beiden dringend eine Paartherapie brauchen um das alles aufzuarbeiten und zu kucken ob sie einander überhaupt gut tun.
Es ist immer schwer als Ausenstehender über eine Beziehung zu urteilen.
Im Moment will ich nur das es ihm wieder gut geht und er sein Leben wieder genießen kann und in den Griff bekommt. Das er sich an kleinen Dingen freuen kann, so wie wir auch
Danke
jenna
Ich schreibe dir ne pn, kann nur noch ein wenig dauern.
Ich habe diesen Artikel gerade zufällig gelesen und musste dabei an Dich denken.
Viele Grüße
Steffie
http://www.bild.de/ratgeber/2014/ratgeber/viktor-staudt-erzaehlt-wie-er-sich-das-leben-nehmen-wollte-37601458.bild.html
Liebe Steffi,
ich danke dir sehr für diesen Link. Meine Hauptsorge ist wird er jemals wieder glücklich werden und halbwegs normal Leben können. Dies zeigt das es vielleicht möglich ist.
Ich danke dir sehr für deine Antwort
LG
jenna
Huhu. Ich War selber wegen ( unter anderem ) schwerer Depressionen lange im kh. Der Gedanke an Selbstmord oder der Versuch ist leider oft Begleiter dieser krankheit. Das heisst aber nicht das man permanent daran denkt......es ist nur so das dich diese Gedanken immer wieder einschleichen. Es ist eine Art prozess. Erst sind es nur flüchtige Gedanken ....sie werden aber dann konkreter und irgendwann steht man da und versucht es. Zumindest ist das meine erfahrung. Ein Selbstmordversuch ist eine Hemmschwelle die man übertreten hat. ...und wenn es Alles zuviel wird ist die Gefahr da das man diese Schwelle beim nächsten mal wieder übertritt. Es ist wichtig das man dich schon bei flüchtigen Gedanken daran Hilfe holt. Das ganze verselbständigt sich oft. Und es ist teil einer Krankheit. .....wenn es gelingt sie zu überwinden empfindet man wieder lebensfreude. Ich selber habe diese Gedanken in der Form lange nicht mehr gehabt. Wenn es nur im Anflug soweit Waere wuerde ich mir Hilfe holen. Und bitte niemals denken derjenige will nur Aufmerksamkeit !!!!
Hallo,
Ich möchte Dir ein wenig Mut zusprechen, auch wenn Dein Beitrag schon etwas her ist
Ich habe schon drei Suizidversuche hinter mir und kann heute sagen, das ich zu 90% übern Berg bin , nach fast 10 Jahren.
Was mir bei Deinem Bruder auffällt ist erstens das die Freundin eine ganz schöne Last zu tragen hat, wie hält sie das aus ? Sie muss lernen auch besser Stellung zu beziehen, sonst lässt sie sich irgendwann genauso mit reißen
Zu Deinem Bruder. Wenn einer wirklich vor hat sich das Leben zu nehmen dann macht man es auch, undzwar so das nix schief geht Wenn man ein Abschiedsbrief schreibt und sich so finden lässt, sorry, das war ein Hilferuf. Natürlich ist das auch ernst zu nehmen, davon will ich gar nicht ab.
Was Dein Bruder brauch ist eine Langzeittherapie, bedeutet erstmal Stationär bis er wieder aufgepäppelt und Stabil für "Draußen" ist und danach eine kontinuierliche Ambulante Therapie alle 7 bis 14 Tage je nachdem. Er muss lernen selbst zu erkennen wann es an der Zeit ist, wo er auf der Kippe steht und Hilfe brauch und auch dann in die Klinik geht, Freiwillig, zur Krisenintervention. Soetwas gibt es auch, man muss es nur annehmen.
Dein Bruder muss einfach lernen ihm angebotene Hilfe anzunehmen und auch zu nutzen und das nicht nur jetzt sondern über einen langen Zeitraum. Auch würde ich mit dem Ärzteteam mal besprechen inwiefern er überhaupt Arbeitsfähig ist , Ober ob eine zeitlich begrenzte volle Erwerbsungähigleitsrdnte erstmal als Übergang in Frage kommt. So könnte er sich um sich erstmal kümmern und muss nicht alle paar Wochen dem Druck des Arbeiten müssen's aushalten.
Es ist aber machbar Ich war Anfangs fast 2 Jahre durchgehend in einer Psychosomatik Klinik, danach noch 2 mal zur Krisenintervention und 3x in der Tagesklinik, erst dann hat's bei mir Klick gemacht und der Lebenswille war wieder stärker als die Todessehnsucht. Auch knapp 10 Jahre später bin ich immer noch in ambulanter Therapie, kann aber Leben Ich bin zwar voll berentet, aber fremde Dir das nicht wissen, denken nur ich sei extremst Schüchtern.
Er soll sich nicht so unter Druck setzen, sich selber Zeit lassen , es wird, aber es brauch Zeit .
Lg Nordseeengel
Hallo Nordseeengel,
ich danke dir sehr für deinen Beitrag, es hat mich sehr ermutigt zu lesen, dass es nicht immer hoffnungslos ist.
Im Moment geht es ihm wirklich besser und er ist auch in Therapie. Ich hoffe sehr dass er es irgendwann auch mal im Griff hat und erkennt wann er sich helfen lassen muss bevor es zu spät ist.
Vielen Dank für deinen offenen Beitrag