Ich bin so wütend

Hallo
Ich hatte 2018 ein schweres Jahr.
Am Anfang des Jahres hatte meine Oma einen Schlaganfall der sich auf einen Samstag ereignete und der erst am Dienstag erkannt wurde.
Darauf hin war sie auf Pflege angewiesen die mein Opa (Dank seiner Krankenhaus Arbeit) sehr gut bewältigte. Im März hatte sie den Wunsch geäußert zu Sterben. Am 19.07 fand sie endlich ihre verdiente Ruhe. Drauf hin ging es meinen Opa echt miserabel (was auch nach 44 Jahren Ehe verständlich ist) er trank nur noch gegessen hat er so gut wie nicht mehr. Eine Woche vor meinem Geburtstag wollte er nicht mehr und hat sich endlich ärztliche Hilfe geholt hat es leider viel zu früh abgebrochen, er ist nur 7 Tage von 21 geblieben. Die Woche bei meinem Geburtstag haben wir viel Zeit zusammen verbracht, waren zusammen beim Grab meiner Oma, haben mit meinem Mann und Familie alle zusammen meinem Geburtstag gefeiert und waren zusammen im Tierpark an diesem Tag sah ich ihn zum letzen mal. Den nächten Tag am 06.11 hat er sich einen Holzkohlegrill, Holzkohle und Anzünder gekauft machte einen letzen Spaziergang, räumte seine Wohnung auf ging ins Schlafzimmer und zündete die Holzkohle an und setzte sich auf den Boden daneben.

Morgen wäre er 68 Jahre alt geworden und ich bin so wütend auf ihn, ich kann ja verstehen warum er es getan hat und ich möchte ihm gerne verzeihen aber es geht einfach nicht.
Danke fürs lesen.

LG

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Guten Morgen!

Doch, ich finde, du hast ein Recht wütend zu sein. Bei allem Verständdnis darf man trotzdem wütend sein.

Vor vielen Jahren hat sich ein Kollege von mir erhängt. Er hatte eine supernette Frau (Das war so eine großartige LIebesgeschichte, an der wir alle teilhatten!) und zwei kleine Kinder. Sie haben zusammen gebaut und eigentlich war alles gut. Dennoch war er jahrelang extrem depressiv, worunter alle gellitten haben, aber alle sind irgendwie damit umgegangen. Es ging auf und ab. Trotzdem musste er das am Ende so machen. Er dachte, die Welt und seine Familie sind ohne ihn besser dran.

Seine Frau, die wie er in der Pflege gearbeitet hat, und wir drumherum, die das Krankheitsbild kennen, haben das schon verstanden. Suizid ist die Todeursache bei einer Depression. Natürlich waren wir betroffen und traurig. Seine Frau und seine Kinder....Und trotzdem war sie wütend. Mordswütend, dass er sie auf diese Art allein gelassen hat.

Ich weiß nicht, wie das Leben für sie weitergegangen ist, aber ich bin sicher, sie musste auch diese Wut aus- und ableben. Die gehörte zur Trauer dazu.

Bei dir gehört sie auch dazu und muss ihren Raum haben. Trauer ist ein Prozess und vielleicht verebbt diese Wut bald und was anderes braucht den Platz. Das kannst du sowieso nicht steuern. Für die Wut musst du dich aber auch nicht schämen. Sie tut ja auch keinem mehr weh außer dir. Du darfst jetzt mit deinem Vater schimpfen, dass ihm die Ohren rauchen. Irgendwann kannst du ihm sicher auch wieder was Nettes sagen.

Alles Gute!

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Dein Opa konnte und wollte nicht mehr, Versuch das zu respektieren! Es ist schlimm und sehr traurig. Schön ist, dass ihr noch Zeit miteinander verbracht habt. Er war wahrscheinlich depressiv und dadurch gesteuert, hat vor lauter Schmerz keinen anderen Ausweg gesehen. Womöglich wollte er euch nicht zur Last fallen (so sehen sich depressive Menschen). Mein herzliches Beileid! Wut ist immer ein nachrangiges Gefühl, hinter dem ein anderes steht. Welches Gefühl ist das bei dir? Trauer, Verzweiflung, Überforderung, sich im Stich gelassen fühlen? Vielleicht kannst du dich mit diesem Gefühl auseinandersetzen um die Wut hinter dir zu lassen? Sprich mit deinem opa, schreib ihm einen Brief...alles gute!

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Mein herzliches Beileid zu beiden Todesfällen, das ist für die Familie nicht einfach.
Aber ein Recht auf Wut hast Du so gesehen nicht. Es war die Entscheidung Deines Opas - und so schlimm es klingt, die musst Du akzeptieren lernen.
Er hat nach 44 Jahren gemeinsamen Lebens seine geliebte Frau leiden erlebt und sterben - und dann war er einfach nur noch alleine. Du weißt nicht, wie das ist. Ein paar Besuche und Tagesausflüge kompensieren das nicht - besonders wenn jemand evtl. auch noch depressiv wird oder durch die Pflege schon war. Er hat die Pflege gut bewältigt? Fachlich sicher - aber seelisch? Man erzählt nichts von den vielen traurigen Stunden, in denen man am Bett des Partners sitzt und beinahe verzweifelt.
Stell Dir das alles nicht so einfach vor - ich habe es auch hinter mir. Mir fehlt mein Mann nach fast vier Jahren immer noch - es gibt verdammt viele einsame Abende und Wochenenden, auch wenn ich Menschen habe, die sich um mich kümmern.
Du wütest nur gegen Dich selbst und schadest auch Dir selber - Deinen Opa erreichst Du damit nicht mehr. Du hast ihm nichts zu verzeihen und Du hättest es nicht verhindern können - er wollte zu seiner Frau - und da ist er jetzt auch. Gönne es ihm einfach und komm zur Ruhe. Dein Opa hat nichts verbrochen. Alles Liebe für Dich.
LG Moni

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hallo , ich verstehe deine Wut , sie ist auch ein Prozess der Trauer.
mein Mann war wochenlang erkältet mit Halsweh und allgemeinem Unwohlsein. zum Arzt geht ein Mann natürlich nicht wegen sowas , sondern arbeitet weiterhin Vollgas und verausgabt sich beim Sport.
wir haben viel gestritten , weil ich ihn zum Arzt schicken wollte.
endlich hatte ich ihn dann soweit , dass er nach meiner Geburtstagsfeier zum 50. am Montag zum Arzt geht.
am Tag meiner großen Feier fiel er tot um.
weisst du , wie ich wütend ich war ?
er hat mir meinen Festtag ruiniert , er hat mich einfach allein gelassen , er ist nicht eher zum Arzt gegangen , er hat mein ganzes Leben ruiniert.
das waren meine Gedanken anfangs. noch bevor die große Trauer kam.
es ist also ganz normal , dass du erstmal so empfindest.
dein Opa hat sich bestimmt schrecklich verlassen gefühlt nach dem Tod seiner Frau.
glaub mir , auch ich hatte den Gedanken , einfach hinterher zu sterben.

mit etwas Abstand wirst du deinen Opa verstehen können.

#winke

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Hallo,

deine Wut hat eine Daseins-Berechtigung. Es gehört zur Trauerbewältigung dazu. Sieh mal hier:

Zweite Trauerphase der aufbrechenden Emotionen

Der Trauernde ist wütend. Diese Wut bekommen Ärzte aber auch Angehörige zu spüren. Manchmal wird eine Schuld am Tod des geliebten Menschen gesucht, bei anderen, oder teilweise auch bei sich selbst. Vieles, was man mit dem Verstorbenen zu dessen Lebzeiten nicht mehr klären konnte, bricht auf. Aber es kommen auch schöne Erinnerungen an die gemeinsame Zeit. Diese aufbrechenden Emotionen sind sehr wichtig und müssen von betreuenden Personen ernstgenommen werden. Am besten halten sie sich in dieser Phase mit der eigenen Sicht der Dinge zurück und konzentrieren sich darauf, ein guter Zuhörer zu sein. Verena Kast weiß: „Das Emotions-Chaos ist ein Bild für das Chaos ganz allgemein, in dem Altes verschwindet und Neues sich bilden kann. (https://www.herder.de/leben/lebensberatung-und-psychologie/trauer-verarbeiten/trauerphasen/)

Alles Liebe

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Als ich vor 3 Jahren innerhalb weniger Monate meine beste Freundin und meinen Mann verloren habe (und auch noch andere Verluste zu verkraften waren) ging ich ein paarmal zu einer ganz tollen Psychotherapeutin, Trauerbegleiterin, die auch in der Notfallseelsorge und ähnlichem tätig ist.
Da war Wut auch ein Thema. Wut ist freilich zulässig - aber es gibt verschiedene Arten, musste ich mir sagen lassen, gesunde und ungesunde, die einem selber schaden.
Wut auf das ungerechte Schicksal, welches meine Freundin so lange so leiden ließ, ist verständlich und darf auch zugelassen werden.
Wut auf sich selber "warum konnte ich das nicht verhindern" oder auf den Verstorbenen in der Form "was hat er MIR angetan, ich kann ihm das nie verzeihen" kann dazu führen, dass man sich in einen Hass und Frust hineinsteigert, aus dem man dann alleine nicht mehr rauskommt - denn man wird ja auch nie eine Antwort vom Verstorbenen bekommen. Das kann soweit gehen, dass man die ganze Lebensbeziehung zu dem Verstorbenen in Frage stellt " er hat mich nie geliebt, sonst hätte er mir das nicht angetan" - und das ist nun wirklich nicht hilfreich sondern selbstzerstörerisch. Das sind immerhin ihre Erfahrungen aus etlichen Jahren Arbeit.

Gut, das war bei mir nicht das Problem, aber wir sprachen so allgemein darüber, weil ich wirklich darauf wütend war, dass meine Freundin wirklich im Leben soviel Mist erlebt hatte und dann auch noch so furchtbar sterben musste.
Aber der Opa der TE wird sich bei ihr nicht mehr entschuldigen und damit muss sie zurechtkommen lernen - Wut und ihm nicht verzeihen können hilft ihr sicher nicht weiter, mit dem Verlust fertigzuwerden.
LG Moni