Umgang mit eigener Tauer

Ich habe vor sechs Monaten meinen Partner verloren. Wir kannten und liebten uns über 12 Jahre, zwischen uns gab es eine tiefe Verbindung, wir waren uns mehr als ein geliebtes Gegenüber, sondern fühlten uns als Einheit, wie ich das zuvor nie im Leben erlebt habe. Nie vor ihm gab es einen Menschen bei dem ich mich unbegrenzt geborgen, sicher und ohne jegliche Maske fühlte. Dass sein plötzlicher Tod jederzeit eine Option ist, darüber haben wir oft gesprochen, trotzdem haben wir in die weitere gemeinsame Zukunft geplant. Ich musste und konnte respektieren, dass er mit Vorerkrankungen, Ärzten, usw. andere Ängste, andere Prioritäten, anderen Umgang hat, dass dazu auch loslassen gehören kann.
Als Teenager habe ich meine Eltern verloren, ich habe nebst tollen gesunden Kindern auch Fehlgeburten erleben müssen, habe Abschied von anderen geliebten Menschen genommen, arbeite in der Altenpflege, auch da gehört der Tod dazu.

Dennoch ist die Trauer um meinen Seelenpartner eine ganz andere Dimension. Ich verspüre genau wie am ersten Tag eine intensive Sehnsucht nach ihm, vermisse ihn mit jeder Faser. Immer und immer wieder sind merine Gedanken bei ihm, denke (ungläubig) an seinen Tod, die letzte Umarmung bei der Aufbahrung. Manchmal habe ich Schuldgefühle oder Wut, nicht doch mehr insistiert zu haben, nicht auf einem anderen Umgang mit seinem Gesundheitszustand beharrt zu haben, obschon ich weiss, dass das egoistisch gewesen wäre. Ich habe das Gefühl, dass ein Teil von mir gestorben ist, oder vielmehr, dass ein Teil von mir als Ganzem weg ist.
Ich habe trotz meiner Trauer nicht gefehlt bei der Arbeit, lediglich Dienste abgetauscht, ich bin körperlich fit, ausser ab und an Herzrasen, ich pflege meine Freundschaften, Rituale mit der Familie wie zuvor, kann auch lachen und fröhlich sein und erzähle wenig bis nie davon, wie gross die Leere in mir drin ist. Meine tiefsten Gefühle habe ich vor ihm mit niemandem geteilt (was mich nie gestört hat), und werde es nun wahrscheinlich auch nie mehr tun (was ach ok ist). Seit seinem Tod habe ich aber auch eigene Rituale, für mich alleine beziehungsweise um mich ihm nahe zu fühlen.
Bis anhin fand ich meine Trauer "normal" und den Umständen angepasst,
Nun bin ich blöderweise Google in die Falle getappt. Und habe gelesen, dass wenn die Trauer nach sechs Monaten noch so intensiv ist, dass das "komplizierte" oder pathologische Trauer sei und Behandlung bedarf. Ich möchte mich aber gar nicht in Therapie begeben, wie gesagt, ich hielt meine Gefühle der Situation angepasst, kann meine Trauer akzeptieren und glaube, ich falle niemandem dadurch zur Last. Bin ich nun quasi krank und gesellschaftspolitisch verpflichtet "an mir zu arbeiten"?
Bitte geht nicht zu hart mit mir ins Gericht, dass ich mir darüber den Kopf zerbreche.

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Mein Beileid zu deinem großen Verlust.

Ich erzähle dir mal von meiner Cousine.

Ihr Mann starb plötzlich nach einem Routine-Eingriff an einer Sepsis. Sie hat ein Jahr lang wirklich intensiv getrauert. Irgendwann saßen wir mal gemeinsam im Auto, da sagte sie: Ich habe noch nicht eine Träne vergossen, ist das normal?

Ich habe geantwortet, dass jeder Mensch auf seine Art trauert, und sie niemandem Rechenschaft schuldig ist. SIE ist diejenige, die mit dem Verlust fertig werden muss und das soll sie auf ihre Art tun.
Mittlerweile hat sie sich dem Leben wieder geöffnet, Dinge ihres Mannes weggeräumt, Räume eigenhändig renoviert und hat sich ihr Leben für sich eingerichtet.

So, ich bin nicht der Meinung, dass du deine Trauer nach irgendeinem Beitrag bei Google richten musst. Deine Trauer scheint derzeit noch dein Begleiter zu sein, aber du hast dich deswegen nicht dem Leben gegenüber verschlossen, du lässt auch Freunde und Familie in dein Leben und kannst auch lachen.
Ich bin davon überzeugt, dass wenn dich deine Trauer zu sehr in ein schwarzes Loch zieht, du das merkst und dann handelst.
Aber es sind erst sechs Monate vergangen, du hast jedes Recht, zu trauern, auf die Art und Weise dich dich ausmacht.

Alles Gute!

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Mein aufrichtiges Beileid für dich. Bitte lass dich nicht von den Google-Ergebnissen verunsichern. Jeder trauert individuell und es gibt keine Frist für Trauern. Du bist völlig normal!

Früher galt ja noch das offizielle Trauerjahr, in dem z.B. Witwen schwarz trugen. Ich denke, soviel Zeit sollte man Trauernden mindestens geben, bevor man irgendwie erwarten könnte, dass sich das Leben für diese wieder halbwegs normal anfühlt. Denn in dem ersten Jahr wird man immer wieder mit Festen, Ritualen und Begebenheiten konfrontiert, die man das erste Mal ohne den geliebten Menschen erleben muss und an denen die Verzweiflung über den Verlust überhand nehmen kann.

Ich wünsche dir, weiterhin viel Kraft, dein Leben ohne deinen Seelenmann zu meistern. Auch wenn es nie wieder wird, wie früher, hoffe ich, dass es für dich "anders gut" wird.

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Liebe nanoukaladar,

selbst nach dem "Trauerjahr" wird dein Leben nicht wieder "normal" sein. Es wird besser und kann auch wieder schön werden, aber es wird anders schön. Das, was du beschreibst, ist ganz normal und in Ordnung. Du bist nicht verpflichtet, dich in Therapie zu begeben, nur weil irgendjemand festgelegt hat, dass man nach X Wochen oder Monaten weniger zu trauern hat. Jeder trauert anders und im Schnitt dauert es nach dem Verlust des Partners wohl 3 bis 4 Jahre (!), bis man wieder das Gefühl hat, ein "normales Leben" zu fühlen.

ich habe dir eine PN geschrieben.

LG

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er wird dir immer fehlen, ich habe als Junge Frau meinen ersten Partner von heute auf morgen verloren, ER hatte einen Unfall und ich wurde von der Polizei informiert, unser Sohn war icht mal 1 Jahr alt.
ER wird dir immer fehlen, ich habe 2 Jahre später einen MAnn getroffen, den ich wieder von Herzen liebe. Er hat aber nicht seinen Paltz eingenommen sondern einen anderen und er hat immer akzeptiert, dass die Eltern des 1. Konatkt mit mir und ihrem Enkel haben und ich regelmässig auf den Friedhof ging. Es gibt ein Leben danach, aber es dauert einfach,
Ich bin auch heute an Tagen die mich sehr an ihn erinnern traurig.
Und das ganze liegt inzwischen über 35 Jahre zurück.

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Dein Verlust tut mir sehr leid.
Mich dir keine Gedanken darüber wie du trauern solltest. Jeder Mensch trauert anders und jeder auch mit seinem eigenem Tempo.

Ich kann dir von nir erzählen:

Als ich 22 war, ist mein Freund und seelenverwandter gestorben. Wir waren zwar nur 4 Jahre zusammen aber es war Liebe auf den ersten Blick.
Für mich waren die ersten Wochen bzw die Zeit bis zur Beerdigung am schlimmsten. Ich habe 24/7 geheult und bin täglich zusammengebrochen. Ich war auch einige Wochen verstummt und habe mich sehr zurückgezogen. Danach ging es mir relativ gut.
Erst nach einem Jahr fing es dann an, dass die Trauer mit voller Wucht zurück kam, inklusive sämtlicher Phasen von Wut bis Schuldgefühle. Ich habe immer versucht alleine damit klar zu kommen und mir ging es viele Jahre schlecht.
Ich glaube aber auch weil die Umstände um seinen Tod herum sehr merkwürdig waren und viele Fragen hinterlassen haben.
Alles in allem habe ich etwa 10 Jahre gebraucht um wirklich drüber weg zu kommen und mich wieder zu verlieben.
Klar, er ist immer noch ein Teil von mir und ich Träume immer noch ab und zu von ihm und bin danach auch total durcheinander, aber ich habe mein Leben wieder im Griff.
Ich habe zwar nach außen hin immer den Anschein gemacht als wäre alles gut, aber dem war halt 10 Jahre lang nicht so.
Könnte ich die Zeit zurück drehen, hätte ich mir im Laufe der ersten 2 Jahre vielleicht Hilfe geholt. Damit wäre mir vieles erspart geblieben.

Das muss bei dir aber nicht der Fall sein. Es gibt Menschen die kommen besser mit solchen Schocksalen zurecht und welche die generell sehr sensibel sind wie ich.
Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Kraft für die kommende Zeit 🍀

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Ich kann dich und den Schmerz sowas von nachvollziehen.
Am 06.04.2022 ist mein Lebensgefährte von uns gegangen. Ich bin wie betäubt, draussen geht die Welt wie immer ihren Laufbahn und bei mir ist Alles stehen geblieben. Ich bin von Tränen und weinen getäubt. Versuche für meine Kinder eine Starke zu spielen, aber es gelingt mir in keiner Weise.
Kindern fehlt der Pappa. Er fehlt. Jeder Gedanke ist der Gedanke an ihm. Es fehlt uns der Pappa einfach.

Obwohl ich auch aus dem Bereich Pflege komme viele Menschen begleitet habe, Sterbebegleitung. Der Schmerz wenn es um einen selbst geht ist der andere. Ich habe gedacht ich bin Professionell was es Thema Tot angeht. Nein das bin ich nicht und ich will es auch nicht mehr sein.

Ich umarme dich aus der Ferne und das was man fühlt auch den Schmerz muss man zu lassen. Das was man fühlt wie man es fühlt ist richtig.