Früher, vor 19 Jaren schrieb ich hier in meiner SS oder in den Babyjahren meiner ersten Tochter. Nun schreibe ich hier weil sie sich entschieden hat im Ausland zu studieren und nun seit knapp einer Woche dort lebt. Und ich , die Muddi kann damit nicht gut umgehen. Ich weine jeden Tag. Habe Ängste und Sorgen. Kein Appetit, keine Struktur mehr im Alltag… das mich das traurig stimmen wird habe ich mir gedacht.. aber in so einem Tief war ich seit über 10 Jahren nicht mehr…
Gibt es hier Mütter , Väter, Eltern denen es auch so geht /ging? Ich habe niemanden der mich verstehen kann … warum reagiere ich so doll auf den Auszug meiner Tochter? Wann hört das auf..diese Traurigkeit?
Girasol.
Tochter studiert im Ausland-komme aus dieser Traurigkeit nicht raus-wer kennt das?
Hallo,
Ich befinde mich nicht in deiner Situation, habe aber gesehen dass dir niemand geantwortet hat und das finde ich traurig.
Welche Ängste und Sorgen hast du? Du sagst do tief seist du seit über 10 Jahren nicht mehr gewesen: hast du psychische Vorerkrankungen?
Wie sieht es mit einer Partnerschaft aus, bist du nun alleine zu Hause?
Der Schritt des Studiums, bzw des Auszugs ist so der letzte Abnabelungsprozess und ich denke viele Eltern haben dann Angst einfach kein Teil mehr im Leben ihrer Kinder zu sein, nicht mehr gebraucht zu werden, nichts mehr mitzubekommen. Vor allem wenn sie im Ausland leben. Dass du sozusagen trauerst ist verständlich und meiner Meinung nach auch normal. Es ist eine Art Verlust, auf mehreren Ebenen. 19 Jahre lang hat dieser Mensch auf engste Art mit dir zusammen gelebt, nun ist er "weg". Der Alltag ist anders, Gewohnheiten unter Umständen nicht mehr da. Du machst dir Sorgen, die Tochter ist unerreichbarer geworden, zumindest aber braucht sie dich nicht mehr wie sie dich die Jahre zuvor gebraucht hat. Heisst das im Umkehrschluss, dass sie dich überhaupt nicht mehr braucht? Absolut nicht! Du hast deine Tochter scheinbar zu einer eigenständigen, optimistischen, mutigen jungen Frau erzogen, die genug Selbstwertgefühl hat um sich in die Welt hinaus zu trauen. Sei stolz auf dich, und auch auf sie! Lass dein Herz ruhig schwer sein, aber vergiss nicht irgendwann auch Freude zu empfinden über das grösste aller Komplimente das deine Tochter dir gerade gemacht hat. Denn sie sagt: "Mama, du hast mir alles gegeben was ich brauche um alleine klar zu kommen!" Und das ist es was Eltern tun sollten. Ein wenig Schwermut darf da dennoch mitschwingen!
Wann du wieder weniger traurig bist kann dir keiner sagen, jeder Mensch verarbeitet Trauer anders, es ist ein Prozess den man durchlaufen muss. Wieso versteht dich keiner? Ist das wirklich so, oder hast du nur das Gefühl dass es so ist?
Siehst du gar kein Licht am Ende des Tunnels, oder hast Selbstmordgedanken, bitte wende dich an professionnelle Beratungsstellen, gegebenenfalls Nottelefonnummern.
Ich wünsche dir alles Gute und dass du einen Weg findest, mit der neugewonnenen Autonomie deiner Tochter umzugehen.
Dragonflies
Hallo dragonflies,
vielen Dank für deine Antwort, für deine Worte!
Was war vor 10 Jahren?
Ist deine Tochter unselbstständig? Nein?
Das ist super. Ich finde im Ausland womöglich noch mit fremder Sprache zu studieren einen mutigen Schritt. Du warst oder bist ein Teil davon von dem Menschen, der deine Tochter heute ist.
Klopf dir mal selbst auf die Schulter. Das hast du nämlich gut gemacht.
Deine Traurigkeit ist sicher ein Stück weit normal. Schließlich beginnt ein neuer Lebensabschnitt für euch beide.
Wenn du aber appetitlos bist und deinen Alltag nur schwer bewältigen kannst, ist es nicht mehr normal.
Schau, wir bekommen keine Kinder um sie ewig an uns zu binden. Genau genommen begleiten und erziehen wir unsere Kinder nur einen Bruchteil ihres Lebens.
Du bist jetzt an der Stelle angekommen, an der deine Tochter beginnt auf eigenen Beinen zu stehen bzw ihre eigenen Erfahrungen sammelt. Wenn euer Verhältnis bisher gut war, wird sich nichts daran ändern. Ein gutes Verhältnis braucht keine gemeinsame Adresse.
Wenn du selbst nicht mehr bei deinen Eltern lebst, dann kannst du die "Abnabelung" bestimmt nachempfinden. Vorausgesetzt du hättest eine gute Kindheit und konntest dich frei entfalten wie deine Tochter.
Du musst nur loslassen, dann verschwindet auch deine Traurigkeit. Aber ich denke das weißt du.
Deine Tochter darfst du das nicht spüren lassen. Es würde sie vielleicht verunsichern.
Fülle die Lücke mit positiven Dingen.
Deine Tochter ist nicht für dein Seelenwohl verantwortlich. Da musst du selbst aktiv werden und dagegensteueren. Notfalls mit psychologischer Hilfe.
Alles Gute für dich!
Hallo Girasol,
Bei mir ist es umgekehrt, ich lebe seit 25 Jahren im Ausland und beide Kinder haben sich für eine Ausbildung in Deutschland entschieden. Mal abgesehen von der Entfernung und der kleinen Traurigkeit, dass sie das Nest verlassen, finde ich ihre Pläne toll und ich unterstütze sie, wo es geht. Ich finde es toll, dass sie den Mut haben, weg zu gehen und muss meine Befindlichkeiten hintenan stellen, auch wenn es mir nicht immer leicht fällt.
Versuche, herauszufinden, was wirklich hinter deinen Ängsten steckt. Warum reagierst du so? Traust du deiner Tochter insgeheim das Leben allein in der Fremde nicht zu? oder hast du Angst vor der Einsamkeit, dem neuen Alltag ohne das Kind? Wie geht dein Partner mit der Situation um? Vielleicht kannst du sie ja auch mal besuchen, um dich persönlich davon zu überzeugen, dass alles gut klappt und es ihr gut geht?
Ich drücke dir die Daumen, dass es dir bald besser geht!
LG
fontaine