Freund an Krebs erkrankt, wie sollen wir mit ihm umgehen?

Guten Abend an alle,

im April diesen Jahres wurde bei meiner Freundin ihrem Mann (38 Jahre) Krebs diagnostiziert. Seither hat er bereits diverse Operationen und eine Chemotherapie hinter sich. Allerdings ist immernoch alles offen, ob er nächstes Jahr noch eine machen muß. Der Tumor hat sich zwar zurückgebildet(konnte nicht komplett bei der OP entfernt werden), aber keiner weiß wie es weitergeht.
Ich kenne meine Freundin und ihren Mann seit 25 Jahren, also fast von Kindesbeinen an und trotzdem oder gerade deshalb weiß ich nicht wie ich mich verhalten soll. Bis jetzt habe immer ich mich telefonisch bei ihnen gemeldet. Meistens ging dann der Anrufbeantworter an und ich wurde irgendwann zurückgerufen oder ich habe ein email erhalten.
Mir kommt es einfach so vor, daß sie beide alles verdrängen und deshalb nicht so oft mit mir Kontakt aufnehmen, damit sie nicht über den Krebs reden müssen.
Versteht mich nicht falsch, daß soll kein Vorwurf an meine Freunde sein, ich weiß nur nicht wie ich mich ihnen gegenüber verhalten soll. Soll ich regelemäßig anrufen, oder soll ich warten bis sie sich melden usw.

Vielleicht war jemand selbst betroffen und kann mir einen Ratschlag geben.

Vielen Dank und noch einen schönen Samstag abend.

Gruß
Tigerle

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Hallo!

In unserem Freundeskreis ist ein ähnlicher Fall.
Ich habe anfangs den Fehler gemacht und mich nicht oft gemeldet, weil ich einfach nicht wusste, was ich sagen sollte. Ich dachte immer, die haben so viele Probleme, dass sie bestimmt nichts von meinen kleinen Alltagssorgen hören wollen.
FALSCH! Nach langen Gesprächen mit der Freundin des Betroffenen weiß ich jetzt, dass sie eben gerade das wollen: Noch ein bisschen am normalen Alltag teilnehmen, nicht immer nur an die Krankheit denken müssen. O-Ton: "Verdammt, ich will auch wissen, wenn es euch schlecht geht!"

Viele unserer Freunde schaffen das nicht und haben den Kontakt nahezu abreißen lassen. Das finde ich nicht nur schade, sondern ein Armutszeugnis! Es ist natürlich schwer, mit den Betroffenen "normal" umzugehen, aber ich denke, ihnen zuliebe muss man es einfach so gut wie möglich versuchen!

Gruß, Lena

2

Hallo Lena,

man sollte es nur nicht mit den eigenen Alltagssorgen übertreiben. Der eine will es hören, dem anderen ist alles zuviel.
Hier ist sehr viel Feingefühl gefragt.

LG,
Patsy

3

Ähm, Alltags"sorgen" war ja nur ein Beispiel. Es geht eben um den ganz normalen Alltag.
Ich glaube, mit Feingefühl alleine kommt man in diesen Fällen nicht weit. Im Zweifelsfall ehrlich sein, die eigene Hilflosigkeit eingestehen und nachfragen!

Gruß, Lena

4

Versuche so normal wie möglich mit den beiden umzugehen. Sei für sie da und rede auch über "normale" Dinge. Du wirst schnell merken, was ihnen hilft.

5

Hallo Tigerle,

wenn sich Paare in dieser Situation zurückziehen, ist das eine verständliche Reaktion. Die Tatsache Krebs und die zehrende Krebsbehandlung sind Erfahrungen, bei denen sich die meisten nur noch auf sich konzentrieren können, ihr Leid allenfalls noch mit den nächsten Angehörigen teilen wollen. Normalerweise ist es die Familie, die einem in einer solchen Situation Stabilität geben kann. Alles andere kostet da einfach zuviel Kraft und Aufwand. Glaube mir, bei beiden ist Krebs das alles beherrschende Thema und wird keineswegs verdrängt. 1000 Fragen stürmen auf sie ein:

Wie sieht die nächste Therapie aus? Was können wir aktiv tun, um die Situation zu verbessern? Gibt es neue Heilmethoden, bessere Ärzte? Etc. etc...

Ich glaube also keinesfalls, dass sie den Krebs verdrängen. Sie sind ganz einfach nur auf sich selbst zurückgeworfen und beschäftigen sich sehr viel mit der Krankheit. Ich spreche aus Erfahrung...

Im Grunde ist es eher so, dass die Nicht-Betroffenen nicht wissen, wie sie mit dem Thema umgehen sollen. Auch Du fühlst ja jetzt eine große Unsicherheit. Mein Tipp: rufe regelmäßig, aber nicht zu häufig an. Akzeptiere, dass sich ihre Reaktionen Dir gegenüber aufgrund der Sachlage verändert haben. Ich meine, es geht für auch für Dich einfach darum, die Situation und das Gefühl der eigenen Hilflosigkeit (?) auszuhalten. Sicherlich fällt es auch Dir schwer, Dich mit der neuen Situation abzufinden, und Du fragst deshalb explizit hier, wie Du damit umgehen sollst. Schlage ihnen auch einen Besuch vor, aber nimm es nicht persönlich, wenn sie es nicht wollen. Das hat dann bestimmt nichts mit Dir persönlich zu tun. Wichtig scheint mir, dass man nicht mehr Engagement zeigt, als man es vor der Diagnose getan hat, dass man einfach zeigt, dass man jederzeit da ist, ohne sich jedoch aufzudrängen. Auch wenn Sie Dir nicht angemessen antworten, tut es ihnen im Unterbewußtsein gut, nicht alleine zu sein.

Zuletzt bleibt Dir bei einem persönlichen Treffen immer noch die Möglichkeit, Deine Unsicherheit offen anzusprechen. Das bricht oft die Spannungen auf. Dann kannst Du auch erfahren, warum sich das Verhalten der Freunde Dir gegenüber verändert hat.

Viel Glück bei der seelisch-geistigen Unterstützung Deiner Freunde.

Liebe Grüße, MLF #klee

6

Hallo Tigerle,

dass ist für alle eine sehr schwierige Situation.

Unser bester Freund, der Patenonkel unserer Tochter, ist vor 2 Jahren an Lymphdrüsenkrebs erkrankt. Die Chancen der Heilung waren sehr schlecht. Trotz Chemo wuchsen die bösartigen Lymphknoten und vermehrten sich. Kurz nach bekannt werden der Diagnose, bekam seine Frau ein Kind. Es war schrecklich. Er konnte sich nicht über die Geburt freuen. Ständig diese Schmerzen und die schrecklichen Nebenwirkungen der Chemo. 2 Jahre lang bekam er Chemo. In der gesamten Zeit waren wir immer präsent für ihn, haben ihn im Krankenhaus besucht, aufgemuntert, abgelenkt. Wir haben uns auch um seine Frau und unser Patenkind gekümmert. Sie konnten sich jederzeit bei uns ausheulen, wir haben immer zugehört.

Es war eine sehr schlimme Zeit, auch für uns, oft hab ich geweint, weil wir nicht wussten, wie es weiter geht.

2 Jahre Chemo. Und jetzt. Der Krebs ist weg! Alle Knoten sind abgeheilt. Selbst die Ärzte der Onkologie waren überrascht. Ein Totgeglaubter hat den Kampf gewonnnen. Aber die Ungewissheit bleibt. Erst wenn 5 Jahre kein Rezidiv auftritt, gilt man als geheilt.

Aber wie heisst es, die Hoffnung stirbt zu letzt.

Ich kann Dir nur raten, bleib am Ball, ruf weiter an. Denn oft wenden sich die Freunde aufgrund der Erkrankung ab. Und dass ist für die Betroffenen schlimmer, als jemand der ständig anruft.

Mehr als Deine Unterstützung anbieten, ein guter Freund sein und das Zuhören kannst Du eh nicht tun.

Alles Gute

LG Jasmin

7

Vielen lieben Dank für eure Tipps und eigenen Erfahrungen.
Das hat mir sehr geholfen.
Werde mich auf jeden Fall immer weiter bei meinen Freunden melden.

Nochmals Danke.

Gruß Tigerle

8

Hallo,

also ich würde an deiner Stelle den Konakt auf jeden Fall aufrecht erhalten.

Meine Freundin hatte auch Krebs und es leider nicht geschafft (starb mit vor 4 Monaten mit 26Jahren)#heul

Anfangs hab ich mich auch nicht gleich gemeldet, als die Diagnose feststand, weil ich irgendwie nicht wußte wie ich mit ihr umgehen soll...

Als ich mich nach 8 Wochen dann endlich mal gemeldet hab, hat sie sich total gefreut und ihr Mann auch.

Wir wollten uns dann auch mal, sobalds ihr etwas besser geht (scheiß-Chemo) mal treffen, doch dazu kams leider nicht mehr.....#heul#heul#heul#heul

Mein Mann, ich und der Rest des Freundeskreises waren total geschockt, als sie so plötzlich gestorben ist...(wir wußten zwar alle, dass es ziemlich schlimm um sie steht - hofften aber auf ein gutes Ende).

Naja - lange Rede kurzer Sinn. Ich bin jetzt noch oft sehr traurig, dass wir uns vor ihrem Tod nicht mehr gesehen haben. Jetzt ist sie weg und wir gehen öfters zu ihrem Grab - aber das bringt ihr auch nix mehr.

Also halte auf jeden Fall den Kontakt aufrecht und besuch deine Freunde - du weißt nie, obs dass letzte mal war, dass du den Mann deiner Freundin gesehen hast.