1+1=4, Mein Schwangerschaftstagebuch

Ja ich habe lange überlegt, aber nun habe ich mich doch entschlossen ein Tagebuch anzufangen. Ich denke, das wird mir gut tun. Die ersten 12 Wochen waren ein totales auf und ab. Aber nun mal von Anfang und zu meiner Geschichte.

Bereits mit 16 hatte ich einen Kinderwunsch, sehr früh, aber zum Glück war ich ein sehr vernünftiger Mensch und der Partner fehlte zu dieser Zeit sowieso. Durch massives Übergewicht und fehlendem Selbstbewusstsein konnte ich auch niemanden kennenlernen, mal ganz davon abgesehen, dass einem zu Hause wohl kaum der Traumprinz über den Weg läuft. Mit 18 Jahren hatte sich dann mein Übergewicht so extrem entwickelt, dass ich eine Abnehmreha beantragte und diese auch genehmigt bekam. 4 Wochen Reha können das Leben völlig verändern. Ich verlor nicht nur an Gewicht sondern ich gewann vor allem sehr viel Selbstbewusstsein und lernte ein Leben ohne meine Mutter kennen. Zudem lernte ich meinen Exlebensgefährten kennen, der zu dieser Zeit selbst verheiratet war und wir wirklich nur Freunde waren. Zudem war er 28 Jahre älter als ich, was uns wohl beide davon abhielt, etwas miteinander zu beginnen. Nach der Reha hatten wir noch viel Kontakt und na ja es funkte dann wohl doch irgendwann. Aus einer heimlichen Liebe wurde nach einigen Monaten purer Ernst, ich zog aus meiner Heimat zu ihm nach Köln und unsere Beziehung ging 8 Jahre mit vielen Höhen und Tiefen. Er wusste von Anfang, dass ich Kinder wollte und heiraten, die ganze Palette eben und stimmte anfangs auch zu, dass es im Bereich des Möglichen lag. Aus lauter Liebe verschloss ich die Augen vor der Wahrheit, das er mir das alles nicht geben konnte und wollte. Er schob es immer wieder auf, fand Ausreden warum es gerade unpassend sei für Kinder. 2 Jahre vor dem Ende unserer Beziehung stimmte er dann zu es zu versuchen unter dem Vorbehalt, dass ich mich dann um das Kind zu kümmern habe. Wieder verschloss ich die Augen, weil mein Traum plötzlich greifbar nahe war. Ich setzte die Pille ab und wir versuchten es. In dieser Zeit fing ich mit Nfp an und merkte schnell, dass bei mir was nicht stimmt. Meine Zyklen waren völlig durcheinander, der Frauenarzt sagte, es ist normal nach der Pille, ich muss Geduld haben. Na ja die hatte ich auch. Trotzdem sagte ich meinem Partner, dass er bitte ein Spermiogramm machen lassen soll, damit wir zumindest wissen, das bei ihm alles okay ist. Gesagt-getan. Schock. Spermiogramm sehr sehr schlecht. Er hatte bei dem Ergebnis ein leichtes grinsen auf den Lippen. Für mich brach eine Welt zusammen. Mein Frauenarzt und der Urologe sagten beide, wenn aus unserer Konstellation ein Kind entsteht, dann sei das ein Wunder. Tja wir unterhielten uns danach und er sagte dann klipp und klar, dass er keine Lust auf Kinderwunschzentrum usw hatte und wir uns das ja sowieso nicht leisten könnten. Na ja, es krieselte bereits zu dieser Zeit wegen vieler anderer Dinge. Meine Zyklen waren zu der Zeit bei mindestens 80 Tagen angekommen, mein Übergewicht war mittlerweile bei 155kg angelangt und ich beschloss etwas dagegen zu unternehmen. Zuerst fing ich eine Verhaltenstherapie an bei einer Psychiologin und arbeitete dabei auch meine Kindheit auf und ich fand raus, dass mein Übergewicht aus vielen negativen Erlebnissen herrührt. Nach einigen Wochen gelangte ich durch Zufall im Internet auf die Seite vom Wesselinger Adipositaszentrum und las dort alles durch. Ich beschloss, mich da anzumelden, bzw erstmal zum Infoabend zu gehen. Zu diesem Zeitpunkt kam für mich eine Operation für Magenverkleinerung oder ähnliches nicht in Frage. Ich hörte erstmal Sportprogramm unter Gleichgesinnten, Selbsthilfegruppe, Ärztliche Betreuung und viele Menschen kennenlernen. Ich bekam einen Termin beim Arzt und dann nahm alles seinen Lauf. In der Selbsthilfegruppe lernte ich wahnsinnig viele Menschen kennen die operiert waren, die es so schaffen wollten und viele die noch operiert werden wollten. Die Operierten beeindruckten mich am Meisten. Bei -50kg fing es an und es nahm kein Ende. Nach 2 Monaten Sport usw entschloss ich mich doch für eine Operation, allerdings wählte ich eine für mich passende. Es gab 3 Modelle. 1. Magenband (kam für mich nicht in Frage, da dies nach einem Jahr entfernt wurde und es dann wieder von vorne los geht), 2. Magenbypass (hier wird der komplette Magen entfernt und man hat das beste Ergebnis, allerdings ist man den Rest seines Lebens auf Vitamine angewiesen, bei Kinderwunsch kann das Kind in der Schwangerschaft unterversorgt werden, für mich also ungeeignet), 3. Magenverkleinerung (80% des Magens werden entgültig entfernt, man lernt völlig neu zu essen und mit Lebensmitteln umzugehen, nur noch kleine Portionen sind möglich).

Für mich war klar, es geht nur Option 3 woraufhin ich 8 Monate hin arbeitete um die Op von der Krankenkasse genehmigt zu bekommen (nicht jeder bekommt eine solche OP genehmigt, es sind viele Anforderungen die erfüllt werden müssen und selbst bei Erfüllung werden solche Ops oft abgelehnt). Bei mir wurde sie nach nur 16 Tagen nach Vorlage aller Unterlagen von der Krankenkasse genehmigt.

Am 27.03.2014 startete ich in ein neues Leben, denn von da an änderte sich alles.

Bereits wenige Monate später zerbrach die Beziehung zu meinem Expartner. Ich bekam durch die viele Abnahme wieder mehr Selbstbewusstsein, ich ging viel weg zum Sport und traute mich wieder unter Menschen mit jedem Kg das schwand. Er kam damit nicht klar, bzw. lebten wir uns massiv auseinander in dieser Zeit, wo dann auch der gewaltige Altersunterschied bemerkbar wurde. Im August trennten wir uns dann endgültig nach einigen letzten Versuchen. Ich glaube ich hatte mich bereits früher vom Kopf her getrennt, denn es fiel mir sehr viel leichter als ihm. Er leidet nach fast einem Jahr immernoch unter der Trennung, doch er entschied sich gegen eine Familie, Heirat und für den Alkohol und daraus zog ich meine Konsequenzen.

Bereits nach 40kg merkte ich, dass meine Zyklen wieder kürzer wurden, sie hatten sich halbiert, es waren nur noch ca. 40 Tage. Im November lernte ich meinen Schlumpf kennen. Wir merkten sehr schnell, dass wir sehr gut zusammen passen und er ist "nur" 6 Jahre älter als ich. Ich lernte oder lerne immernoch vieles neu kennen, da ich nie so einen jungen Partner hatte. Eine ganz andere Welt. Bereits am 31.12. zog ich aus der Not heraus zu ihm. Ich fand mit großem Hund in Ausbildung keine Wohnung und lebte immernoch in einer Art WG mit meinem Ex, was dann im Dezember gar nicht mehr funktionierte. Ich wohnte 4 Wochen bei ihm und es war wundervoll. Wir stritten uns bis heute nicht einmal, klar Diskussionen wie in jeder Beziehung mal, aber nie gestritten. Ich fand dann über eine Freundin eine Wohnung und dann hatte er Not und zog dann mit zu mir, wollte dann eigentlich eine eigene Wohnung suchen, doch ich sagte dann das Geld können wir uns sparen. Es passt. Ich weiß nicht, ob ihr das Gefühl kennt, wenn ihr jemanden anschaut und wisst, der ist es. So war es beim Schlumpf und ist es immernoch. Im Februar beschlossen wir zusammen nicht mehr zu verhüten, auch aus dem Grund heraus, dass ich der festen Überzeugung war, dass es sowieso lange dauern wird bis es klappen würde. Ich hatte zwar mittlerweile Zyklen von maximal 28 tagen und spürte auch ca in der Mitte seit Januar den Eispung doch glaubten wir nach meiner Vergangenheit nicht dran. Aber wir sagten beide, wenn es klappen würde wäre es auch okay.

Im April entschlossen wir ein Zyklusmonotoring zu machen, einfach weil ich wissen wollte ob da bei mir überhaupt was entstehen könnte und da nach 65kg Abnahme was ist an Eisprüngen oder so. Na ja. Wir machten das Monotoring und der Arzt war sich nicht einmal sicher ob da überhaupt ein Eisprung stattgefunden hat. Wir sollten uns für diesen Zyklus also keine Hoffnung machen. Tjaja. Am 6.5. war meine Periode fällig und sie kam nicht. Am 6.5. habe ich dann gedacht ich probiere mal dieses Zirkeln mit Ovus aus und hatte noch zufällig einen mit auf Arbeit. Ich machte den Test und der war positiv. Ich dachte mir noch wenig dabei, weil ich gelesen hatte das bei manchen Frauen der Test kurz vor der Periode auch positiv sein kann. Doch am nächsten morgen hielt ich es doch nicht mehr aus und testete mit einem billigen Test von ebay, der bei den Ovus dabei war.

Ich weiß noch wie ich ungläubig auf den Schwangerschaftstest schaue. Eine leichte zweite Linie, ich drehe und drehe den Test und denke okay vielleicht ne Täuschung, das kann nicht sein. Ich stehe im Bad und schicke das Bild einer Freundin, sie sieht auch die zweite Linie. Mein Schlumpf hat in einer Woche Geburtstag, halte ich es bis dahin aus, es geheim zu halten. Ich grinse breit und denke, das schaffst du nie. Ich gehe aus dem Bad und dann sitzt er da im Wohnzimmer, ich lege den Test vor ihn und fragte ihn was er darauf sieht, er schaut mich an und grinst und sagt: "ernsthaft"? Ich nicke und sage es ist eigentlich noch viel zu früh, aber scheinbar ja. Er bittet mich den Clearblue digital noch zu machen. Es ist zu früh sage ich, der ist nicht so fein wie dieser den ich schon gemacht habe. Egal. Ich gehe ins Bad und mache den Clearblue. Völlig gedankenverloren lege ich ihn auf die Heizung und gehe in die Küche, laufe dann ins Bad weil ich was vergessen habe und schiele im vorbeigehen auf den Clearblue mit der Ahnung, das da eh nicht schwanger drauf steht. Ich bleibe wie angewurzelt stehen. SCHWANGER. Ich starre den Test an. Minutenlang. Nehme ihn gehe ins Wohnzimmer wo Schlumpf schon sehnsüchtig wartet. Ich zeige es ihm mit einem fetten grinsen. Er Umarmt mich und ist überglücklich. Ich sage ihm, es kann auch ein Windei oder so sein, freuen wir uns noch nicht so früh. Ich machte direkt für die Woche drauf einen Frauenarzttermin leider bei der Vertretungsärztin die noch nichts im Ultraschall sah. Eine Woche später waren wir dann wieder bei meinem Frauenarzt.

Am Anfang war es doch ein Schock als es hieß, da sind 2 Fruchtblasen, evtl. könnten es auch 3 Babys sein. 1 Woche warten, die schlimmste Woche in unserem Leben. Fragen mit was kommt auf uns zu bis hin zu ernsthaft 3? Wie sollen wir das schaffen. Nach einer Woche wieder beim Frauenarzt, er entschuldigt sich, dass er uns so verunsichert hat und bestätigt es sind 2. Okay, schlucken, geichzeitig Freude, weil da auf dem Bildschirm sieht man zwei Punkte und der Arzt sagt es sind die Herzen, sie schlagen. In dem Moment alles vergessen, 2 schlagende Herzen in mir, 2 Wunder, die laut Frauenarzt gar nicht hätten entstehen können in diesem Zyklus, da beim Monotoring angeblich nicht mal ein Eisprung stattgefunden hat. Rechnung 270€, aber 2 schlagende Herzchen.

Tja die nächsten Tage und Wochen gestalteten sich in meinem Kopf eher damit, dass es ein Wechselbad der Gefühle war, auf der einen Seite, cool, die Erste die Zwillinge in die Familie bringt und auf der anderen Seite Angst, pure Angst. Ich sehe an dem Neugeborenen meiner Schwester was auf uns zukommt und das gleich im Doppelpack. Das erste Mal Mama werden und dann gleich mit 2 Babys. Wie soll ich das schaffen, wenn der Papaschlumpf 12 Stunden arbeiten ist? Wenn beide schreien, wenn beide gleichzeitig Hunger haben? Wie soll das funktionieren. Lesen im Internet, lesen im Zwillingsbuch und etwas Erleichterung, es haben ja auch schon andere geschafft vor mir ;o). Dann sagt eine Freundin zu mir: Beruhig dich doch mal, du musstest so lange auf ein Kind warten und dafür bekommst du nun 2 geschenkt.

In diesem Moment waren die Ängste wie weg geblasen, ich habe das unverschämte Glück 2 Babys in mir zu tragen, wo viele Frauen auf ihren Kinderwunsch mit einem Kind ewig warten. Meine 2 Minischlümpfe. Ja aber so richtig emotional an mich ran gelassen mit richtiger Mutterliebe habe ich die beiden noch nicht. Dafür hatte ich bei meiner Schwester zu viel mitbekommen, von Windei bis Baby in der 17. SSW verloren, weil es schwer behindert war. Dann hatten wir letzte Woche die Nackenfaltenmessung in der Uniklinik, 1,5 Stunden wurde Ultraschall gemacht, 1,5 Stunden unsere Babys in allen Winkeln, man bildet sich ein, schon ein bisschen Charakter zu erkennen. Der Eine der sich immer weg dreht und der Andere der sich immer so dreht, dass man das Gesicht von vorne drauf hat. und ein Gewusel da in einem. Das Ultraschallgerät das Neuste vom Neusten, so fein, dass man aller erkennt, sogar die winzigen Herzklappen, richtig gut sogar. Und dann sagt die Ärztin, die gerade ihre Ultraschallausbildung macht, sie glaubt es wird ein Junge und ein Mädchen. Aber der Oberarzt kommt nochmal komplett schallen, sie macht das bei mir nur für ihre Ausbildung. Der Oberarzt kommt wenige Minuten später rein und dann wieder die Babys in allen Winkeln nur er hat jahrelange Erfahrung und man sieht alles noch besser und er sagt ohne Nachfrage und ohne das die Ärztin was zu ihm sagt, er ist sich 100% sicher, das der untere Zwilling ein Junge ist und der Obere ein Mädchen. Wahnsinn, so früh schon, frage ich und er sagt, das beste Gerät was es gibt und die Anzeichen sind Eindeutig. So nun bekommen wir auch noch unseren anderen Wunsch neben der Gesundheit erfüllt, es wird ein Pärchen. Seitdem bin ich angekommen, richitg angekommen in meiner Schwangerschaft. Ich schaue mir Sendungen an, wie Wunschkinder und die Vorstellung die beiden durch irgendetwas zu verlieren bringt mich fast um. Ich versuche nicht darüber nachzudenken und doch schleicht sich immer wieder der Gedanke ein, warum sollten wir so viel Glück haben wenn andere so viel Pech haben? Ich weiß, es ist falsch so zu denken, aber dafür bin ich zu sehr Mensch. Eine Freundin von mir versucht schwanger zu werden und der Mann hatte sehr schlechte Werte beim Spermiogramm. Das ist schlimm, das muss für sie so schlimm sein, ich bekomme 2 und sie wünscht sich nur eins und muss nun den Weg übers Kinderwunschzentrum gehen. Ich kann mein Glück kaum fassen und ich hoffe, dass mir das nicht wieder genommen wird.

Die ersten 12 Wochen waren wirklich hart. Ich darf seit der 8. Woche nicht mehr arbeiten, weil ich so extreme Kreislaufbeschwerden habe und mit Erbrechen usw zu kämpfen hatte. Seit 2 Wochen geht es immer mehr bergauf und ich kann mich über jeden Tag freuen an dem es mir gut geht.

So das war ganz schön viel, ich hoffe ich langweile euch nicht ;o)