Hey.
Da ich für diesen Post sehr wahrscheinlich shitstorm ernten werde, schreibe ich anonym.
Und zwar: ich bin schwanger in der 23. Woche, also Mitte 6. Monat. Die Schwangerschaft war nicht geplant, aber mein Mann und ich freuen uns sehr da wir in 1-2 Jahren sowieso Kinder wollten.
Mein großes Problem: ich war früher Suchtkrank. Ich war schwer Medikamentensüchtig nach benzodiazepinen und Morphin. Als ich schwanger wurde habe ich sofort angefangen einen Entzug zu machen. Meine Frauenärztin weiß nicht davon, da ich sowieso davon weg wollte und auch Angst vor dem Jugendamt habe weil ich die Tabletten leider nicht vom Arzt sondern unter der Hand bekam.
Mittlerweile bin ich davon weg und meinem Baby geht es gut. Habe auch Feindiagnostik machen lassen, alles unauffällig.
Leider habe ich einen sehr trockenen und langweiligen Bürojob. Normal beginnt mein Mutterschutz erst Anfang August. Aber ich merke einfach dass die Arbeit mich so fertig macht und schlaucht seelisch. Es ist jetzt schon ein paar mal vorgekommen dass ich rückfällig wurde wegen der Arbeit. 8 Stunden in diesem Büro zu sitzen, extrem monotone Aufgaben zu haben Ist für eine ehemalige Suchtkranke so schwer. Ich weiß, viele werden mich hier nicht verstehen und auf mir rumhacken wie ich das meinem Kind antun kann. Aber glaubt mir, ich mache mir selbst die aller aller größten Vorwürfe. Ich hasse mich so dafür. Mein Therapeut ist auch involviert und er ist dafür dass ich aufhöre zu arbeiten um mich auf mein Kind und auf den Entzug zu konzentrieren, damit das nicht mehr passiert. Als ich letztens 2 Wochen Urlaub hatte, habe ich nicht ein einziges Mal an die Tabletten gedacht. Der Auslöser ist immer die arbeit. Ich weiß nicht, wie ich das bis zum Mutterschutz aushalten soll, ohne dauerhaft rückfällig zu werden. Aber der Frauenärztin kann ich das einfach nicht sagen mit meinem Suchtproblem. Ich schäme mich da so dafür. Die Tabletten haben keine toxischen Wirkungen auf das Ungeborene. Wenn ich sie aber regelmäßig nehmen würde, hätte mein Baby einen Entzug nach der Geburt und der Gedanke ist für mich unerträglich.
Was könnte ich denn meinem Chef sagen, wenn die Frauenärztin mich ab jetzt bis zum Mutterschutz krank schreibt? Und wie bekomme ich denn eine krankschreibung ohne dass ich ja was körperliches habe?:( Ich fühle mich auch so schuldig der Firma gegenüber, aber ich merke dass das so einfach keinen Sinn mehr macht, weil die Arbeit indirekt mein Kind gefährdet und die Arbeit immer der Triggerpunkt für die Sucht ist.
Vielleicht gibt es ja ein paar nette Leute die hier nicht gleich verurteilen und sehen wie schwer diese Lage für mich ist. Einerseits würde ich so gerne bis zum Mutterschutz arbeiten um meiner Firma nicht in den Rücken zu fallen. Andererseits ist dieser Job so ätzend dass er immer wieder starkes Suchtverlangen auslöst, gegen das ich teilweise machtlos bin. Ich habe eine ausgewachsene diagnostizierte Suchterkrankung seit 8 Jahren. War aber jetzt seit Beginn der Schwangerschaft clean, nur seit der Job immer stressiger wird und immer öder (Saison-Geschäft) halt ich das kaum noch aus.
Schwanger (6 Monat) und die Arbeit macht mich fertig. Was kann ich tun?
Krank schreiben bedeutet nach 6 Wochen ins Krankengeld zu rutschen, Einbußen ein Gehalt,
und weniger Elterngeld.
Du könntest bei deiner Vorgeschichte ganz legal von deiner Frauenärztin ein BV bekommen und das bei voller Lohnforderung und somit vollem Elterngeld. Das einzige was du dafür machen musst ist ehrlich zu deiner Frauenärztin zu sein. Besprich das doch mit deinem Therapeuten warum dir das so schwer fällt, vielleicht kann der dir helfen dass du es doch schaffst. Alles andere ist Betrug. Und ich denke nicht dass das Jugendamt das besonders nice findet wenn das raus kommt dass du zusätzlich zu deiner Abhängigkeit noch Versicherungsbetrug begehst.
Hi
Ich würde für mein Kind mich der Gyn gegenüber öffnen, damit du kurzfristig rasch aus dem Verkehr gezogen wirst, um weitere Rückfälle zu vermeiden. Und dann musst du ja noch etwas weiter als bis zur Geburt denken. Dein Kind wird dich (und deinen Mann) manches Mal an eure Grenzen bringen. Und dann? Bitte nimm deine Krankheit ernst und schiebe das nicht noch länger auf. Wenn du jetzt nicht handelst, dann wirst du deinem Kind auf Kurz und(!) Lang viel mehr Schaden beifügen.
Hallo!
Du solltest auf jeden Fall mit Deiner Frauenärztin sprechen. Wenn Dir das schwer fällt, kann vielleicht Dein Therapeut in kollegiales Schreiben aufsetzen und die Situation darstellen? Die beiden Fachärzte sollten in diesem Fall zusammenarbeiten.
Und dann solltest Du ins BV gehen und Dich nicht krank schreiben lassen. Das verursacht nur Einbußen beim Elterngeld. Und Du musst dringend von dem Gedanken weg, der Firma "in den Rücken zu fallen". Wenn Du das durchziehst, obwohl es für Dich anscheinend überhaupt nicht funktioniert, dankt Dir das am Ende trotzdem niemand.
Du hast jetzt eine Verantwortung, die schwerer wiegt als jede andere Verantwortung: Die Deinem Kind gegenüber!
Also eine ganz klare Stimme für ein BV von mir. Und dann arbeitest Du in den Monaten bis zur Geburt sehr intensiv mit Deinem Therapeuten weiter an Deinem Entzug. Und auch anschließend darfst Du bitte die Therapie nicht vernachlässigen. Ein Baby ist ein großer Einschnitt und gerade die erste Zeit oft eine extreme Herausforderung, auch für ganz gesunde Menschen. Du kannst jetzt noch nicht absehen, was das mit Dir und Deinem Suchtverhalten macht. Lass Dich dabei weiter professionell begleiten.
Super, dass Du an Dir arbeitest und Dir Hilfe holst. Gib das bloß nicht auf.
Viel Glück für Dich und alles Gute für die weitere Schwangerschaft!
Vielen vielen Dank. Du hast mir so geholfen. Dank deinem Beitrag, den ich im Wartezimmer von meiner Gyn gelesen habe, habe ich tatsächlich den Mut zusammen gefasst und mich geöffnet. Habe sofort ein BV bekommen und wurde ganz lieb behandelt und nicht verurteilt: danke danke danke ♥️♥️