Stress durch arzttermin

Heute hatte ich einen Arzt Termin zur Kontrolle der Nieren. Soweit war alles gut bei dem Termin. Ich habe selektiven mutismus und dadurch fällt es mir in manchen Situationen schwer zu sprechen allerdings schaffe ich es meistens jetzt sehr gut. Ich hatte auch eine Therapie vor der Schwangerschaft und mir wurde gesagt das es sich verbessert hat und generell wurde das auch von anderen Leuten bemerkt. Heute allerdings fragte mich die Ärztin ob ich denn immer so spreche wie spreche . Ich wusste erst nicht wirklich was sie meint weil ich so gesprochen habe wie ich immer spreche . Jetzt stelle ich alles wieder komplett in frage ob die Therapie überhaupt was gebracht hat und stresse mich damit und habe Angst das ich durch diesen Vorfall wieder weniger spreche. Ich wollte unbedingt wenn das Baby da ist mich verbessert haben und mit allen Ärzten ganz normal sprechen können aber anscheinend werde ich nie als normal gesehen. Steigere ich mich vielleicht zu sehr da hinein ?

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Selektiver Mutismus ist eben ne schwierige Sache. Du hast genau das zu hören bekommen, was man da eigentlich nicht hören will - Kommentare über das Sprechen an sich, und das löst natürlich die unschöne Angst vor dem Sprechen wieder von neuem aus #liebdrueck Da kann man schlecht von "Reinsteigern" sprechen, denn das ist ja dein subjektives Gefühl, das ganz eng an deine eigenen Erfahrungen geknüpft ist. Aber ich denke, die Ärztin hat nicht gefragt, um irgendwie abzuwerten oder dich zu verunsichern, sondern vielmehr aus medizinischem Interesse - vieles kann sich in der Schwangerschaft verändern, und eine generelle Unsicherheit in gewissen Situationen (und Arztsituationen können ja für Menschen ohne selektiven Mutismus schon eine Herausforderung sein) kann eben auch ein Anzeichen sein, worauf sie genauer achten muß. Stichwort häusliche Gewalt, Mißbrauch, so etwas äußerst sich bei Menschen ja ganz verschieden und ist meldepflichtig, weshalb ärztliches Personal da angehalten ist, feinhörig zu sein und im Zweifelsfall nachzuhaken, um sicherzustellen, daß Dinge, die ihnen ungewöhnlich oder auffällig erscheinen, nicht etwa Symptom eines zugrundeliegenden Problems sind. Von daher möchte ich dir ans Herz legen, ihre Frage als rein beruflich motiviert zu interpretieren und nicht auf dein eigenes Sprechverhalten zurückzuführen - laß dich dadurch bitte nicht verunsichern, sondern bleibe weiter dran. Wenn es dir hilft, kannst du den Ärzten im Vorhinein erklären, daß du unter selektivem Mutismus leidest und gewisse Kommunikation für dich noch immer eine Herausforderung darstellt. Sie sollten damit umgehen können und kein großes Ding draus machen, sondern es einfach nur zur Kenntnis nehmen, das gebietet ihnen ihre Profession.

Die Situation mit der Schwangerschaft ist neu für dich und kann einiges emotional durcheinanderbringen. Aber du bist auf einem guten Weg und hast schon tolle Fortschritte gemacht, und du hast die beste Motivation der Welt - dein Baby, für das du da sein und kommunizieren können möchtest, während es selbst das noch nicht kann. Laß dich von einem kleinen "Rückschlag" (es war in dem Sinne ja keiner, denn du warst mutig und hast kommuniziert) bzw. einer Reaktion bitte nicht verschrecken und verunsichern. Der Weg aus dem selektiven Mutismus heraus erfordert Durchhaltevermögen und immer wieder neuen Mut, und es können leider immer wieder Situationen auftreten, wo du verunsichert bist und alles infrage stellst. Sei stolz darauf, wie weit du bisher gekommen bist, und stehe zu deinen Errungenschaften. Ich finde, selektiver Mutismus ist noch viel zu wenig in der Öffentlichkeit bekannt, und freue mich über alle Betroffenen, die den Mut haben, der Gesellschaft offen davon zu erzählen, damit es kein Thema mehr ist, das "totgeschwiegen" wird.

Fühl dich virtuell umärmelt #liebdrueck
May (Mama eines 14Jährigen mit selektivem Mutismus)

Bearbeitet von fonziemay