2. Schwangerschaft, Trauer und Angst

*TRIGGERWARNUNG*

Hallo ihr Lieben,

es fällt mir sehr schwer, diesen Beitrag zu schreiben, da ich mich sehr für diese Ängste schäme und selbst über die ganze Situation verärgert bin. Aber ich denke, es tut auf der anderen Seite vielleicht auch gut und ich hoffe auf liebe Seelen mit sehr offenen und verständnisvollen "Ohren", die mir vielleicht meine Sorgen etwas nehmen und den ein oder anderen Rat geben können.

Es wird wahrscheinlich ein langer Text ... ich entschuldige mich dafür schonmal im Voraus und bedanke mich bei jenen, die die Geduld aufbringen, bis zum Schluss zu lesen.

Ich bin aktuell mit meinem zweiten Sohn in der 15. SSW schwanger. Die erste SS verlief komplikationslos (bis auf die Krebsdiagnosen meiner beiden Seniorenkatzen, die ich kurz nach der Geburt leider einschläfern lassen musste), aber gegen Ende litt ich an einer leichten Plazentainsuffizienz (eine Arterie arbeitete nicht richtig) und die Nabelschnur war nicht mehr gut durchblutet. Ich bekam Bluthochdruck, weil mein Körper versuchte gegen die Umstände zu arbeiten. Schwangerschaftsvergiftung und HELLP wurden ausgeschlossen. Wir alle entschieden uns für eine primäre Sectio in der 36. SSW, da mein Sohn für eine normale Geburt wahrscheinlich zu schwach gewesen wäre. Er kam mit 2,5 kg auf die Welt, hatte tolle Apgar-Werte und wir konnten am dritten Tag wieder nach Hause. Trotz Kaiserschnitt wollte ich unbedingt stillen, das habe ich auch geschafft. Tatsächlich stillt er noch abends zum einschlafen und kuscheln.

Leider wird meine aktuelle SS durch eine traurige und sehr schmerzliche Gegebenheit überschattet. Mein Vater ist schwer krank und hat nur noch wenige Wochen zu leben. Ich habe ihn vor meiner Schwangerschaft bei mir Zuhause betreut und gepflegt, zusammen mit meinem Verlobten. Daneben hatte ich noch mein Kind, Haushalt und musste arbeiten. Es war ein schwieriger Spagat, den wir aber gut gemeistert haben. Als ich einen Tag vor meinem Geburtstag von meiner zweiten SS erfuhr, war ich überglücklich. Mein Vater hoffte noch so sehr, sein zweites Enkelkind kennenzulernen, aber leider wurde uns allen diese Hoffnung genommen. Sein Zustand verschlechtert sich dramatisch. Aber das sollte leider nicht der einzige Trigger für meine Angststörung bleiben (die ich zuvor jahrelang super im Griff hatte), das nächste "gefundene Fressen" kam noch.

Nun ist es so, dass ich irgendwann Mitte September nach irgendetwas googeln wollte - es war zum Thema Fruchtwasser. Ich glaube, ich wollte wissen, wieviel Fruchtwasser aktuell in der Gebärmutter ist. Reine Neugierde. Und dann las ich irgendwo das Wort "Fruchtwasserembolie" und dachte mir "Was zur Hölle ist das denn?" Und kurz darauf knurrte ich schon innerlich: "klick nicht drauf, klick nicht drauf, ignoriere es, schalte dein Handy aus". Aber leider tat ich den Fehler, wie es auch viele tun, und seitdem bin ich in diesem "Hasenloch" gefangen. Die Hormone verstärken meine Ǎngste zusätzlich, und nun lebe ich täglich fast nur noch in Angst und Unsicherheit.

Ich weiß, dieses Thema FWE kam schon sehr oft vor, und es ist mittlerweile bei vielen eine allgemeine Furcht. Bei mir ist die Furcht mittlerweile sehr irrational und intensiv. In klaren Momenten denk ich "bist du eigentlich bescheuert?" Ich bereue es so sehr, dass ich die Fruchtwasserembolie gegoogelt habe, stundenlang geforscht habe und trotz einer Wahrscheinlichkeit von 0,0045% (von 130.000.000 Geburten jährlich sind es schätzungsweise wohl etwa 3500 Fälle weltweit) an dieser Komplikation zu leiden immer noch große Angst habe. Angst, dass zuviel Fruchtwasser in meine Blutbahn reinkommt und mein Immunsystem überreagiert. Weil diese seltene Komplikation trotzdem passieren kann, auch wenn dafür viele Ereignisse zusammenkommen müssen. Während meiner SS musste mein Verlobter auch noch ins Krankenhaus wegen einer lebensgefährlichen Komplikation seines Diabetes ... es ist ein Auf und Ab. Zwischendurch versuche ich Kontakt zu meinem kleinen Bauchgewohner zu machen, streichle den Bauch und sage "es wird alles gut. Wir werden beide gemeinsam nach Hause gehen."

Hätte ich nichts von dieser Komplikation erfahren, würde es mir wahrscheinlich etwas besser gehen. Therapie steht auch bald an, um das alles zu verarbeiten. Antidepressiva habe ich in Absprache mit meiner Frauenärztin abgesetzt, wegen der SS, aber ich habe im Gefühl, dass ich die medikamentöse Hilfe doch wieder in Anspruch nehmen muss. Mein Sohn soll auch nicht unter dieser Sache leiden. Am Schlimmsten ist es jedes Mal, wenn ich mit ihm kuschle und ihn umarme und dann die Gedanken aufkommen "Was ist, wenn mir diese Momente weggenommen werden? Wenn mir bei der Geburt was passiert, und ich diese tollen Jungs zurücklassen muss?" Diese wundervollen Momente triggern auch und schüren Verlustängste. Es ist eine Katastrophe.

Ich will einfach nur die Schwangerschaft genießen, der Geburt, sei es Kaiserschnitt oder vaginale Entbindung, mit einem positiven und optimischen Gefühl entgegentreten und mit meinem neuen kleinen Sonnenschein nach Hause gehen. Ironischerweise, wenn ich an die Geburt denke, bin ich absolut ruhig und positiv, als würde mir meine innere Intuition ein Zeichen geben wollen, dass alles gut wird. Doch wie gesagt, die Angst überschattet gerade alles. Doch ich hoffe so sehr, dass ich sie loswerden kann und diese Angst aufhört, mir innerlich schon mein eigenes Grab zu schaufeln.

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Hallo Avrina,

es tut mir sehr leid, dass du gerade durch so eine schwere Zeit gehst.
Du hast geschrieben, dass du bald mit der Therapie anfängst - was ich wirklich sehr gut finde. So kannst du an deinem Ängsten arbeiten und es wird dann hoffentlich bald besser werden...
Außerdem würde ich dir auch raten, nochmals mit einem Facharzt Rücksprache zu halten wegen der Antidepressiva. Wie du schon geschrieben hast, ist es vielleicht besser, wenn du damit wieder beginnst. Und es gibt ja schon welche, die in der Schwangerschaft Mittel der Wahl sind.

Fühl dich gedrückt, du bist sehr stark und meisterst das sehr gut!

Liebe Grüße,
Lisa