Definition Alleinerziehend?

Hi,
Mal eine Interessensfrage die sich mir stellt, weil eine Freundinn oft betont wie schwer es ist, "alleinerziehend" zu sein...
Also... sie hat 2 Kinder (4 und 7 Jahre) und ist mit dem Vater der beiden nicht offiziell liiert. Sie sind aber gut befreundet, treffen sich regelmäßig, wohnen nur ein paar Häuser voneinander entfernt. Die Kinder verbringen 3-4 Tage die Woche beim Vater, er bezahlt ihr aber auch Unterhalt. (Sie sind beide berufstätig).
So, nun ist das natürlich nicht die klassische Familiensituation und in gewisser Hinsicht auch stressbehaftet, aber ich sehe nicht so recht, inwiefern sie als "alleinerziehende" durchgeht. manchmal denke ich sogar wie entspannt es doch sein muss 3-4 Tage "für sich" zu haben (wenn die Kids beim Papa sind). Und auch noch Unterhalt zu bekommen, obwohl die Kinder ja fast genauso oft woanders essen, duschen, schlafen, Spielzeug bekommen, in den Urlaub fahren.
Seh ich da irgendwas nicht?
Ich weiß nicht so recht was ich der Freundinn erwidern soll, wenn sie Anspielungen auf ihre Situation als Alleinerziehende macht weil ich es einfach nicht so sehe/verstehe....

Danke schonmal und viele Grüße

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Hallo.

Steuerrechtlich (da kein weiterer Erwachsener im Haushalt) und familienrechtlich (da unterhaltberechtigt) gilt Deine Freundin de facto als "alleinerziehend".

Viele getrennte Eltern bevorzugen allerdings inzwischen in einer wie der beschriebenen Konstellation den neumodischen Begriff "getrennt erziehend".

In finde Diskussionen, wer nun die echte oder bessere Alleinerziehende ist, wirklich müßig.

Viel ätzender finde ich versorgte Frauen in Partnerschaften, die sich aufgrund wenig präsenter Partner als "quasi alleinerziehend" bezeichnen ... denn denen wünsche ich wirklich mal in den Schuhen einer "echten" Alleinerziehenden (egal wie viel Anteil das getrennt lebende Elternteil an der Erziehung/Betreuung der Kinder hat) zu laufen.

Gruß
sisein

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>>Viel ätzender finde ich versorgte Frauen in Partnerschaften, die sich aufgrund wenig präsenter Partner als "quasi alleinerziehend" bezeichnen ...<<

Auch das kann man nicht pauschalisieren.

Meine Nachbarin ist verheiratet und hat 3 Kinder. Ehemann arbeitet im Ausland und kommt nur alle 5 Monate für 3 Wochen nach Hause.
Ergo bleibt wirklich alles an ihr hängen. Da kommt auch niemand alle zwei Wochen und nimmt die Kinder über das Wochenende mit oder entlastet sie in irgendeiner Art und Weise.
Für mich ist sie genauso alleinerziehend, da wirklich alles an ihr hängen bleibt.

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Da bin ich anderer Meinung.

Meine Kinder waren 3 und 5 bei der Trennung und mein Ex nimmt sie jedes 2 Wochenende, kümmert sich sonst allerdings um nichts und zahlt unter Mindestunterhalt. Ich habe meine Kinder nie als das anstrengende Moment im alleinerziehend sein erlebt. Auch nicht in Phasen, in denen er aie nicht oder weniger betreut hat. Die Belastung resultierte für mich immer daraus, dass ich als einzige alle Verantwortung trage. Sowohl finanziell, ich hab dabei immer voll gearbeitet, als auch für jeden Bereich der Fürsorge. Ich habe alles alleine entscheiden müssen und das gesamte Wohl und Wehe der Kinder lag und liegt in meinen Händen. Da ist keine zweite Person, die mich entweder dadurch entlastet, dass ich nicht das gesamte Haushaltseinkommen erwirtschaften muss und mal mitdenkt, was gut, wichtig und richtig oder einfach an Entscheidungen notwendig wäre. Deine Freundin, so sie nicht arbeitet lebt in meinen Augen eher wie eine 50er Jahre Ehefrau- und Mutter. Das ist sicher anstrengend, aber mit der Verantwortung, die viele allein Erziehenden aufgebürdet ist, meiner Ansicht nach nicht zu vergleichen.

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Sehe es genauso wie du. Meine Freundin war alleinerziehend. Der Kindsvater hatte nämlich so gar kein Interesse und hat das Kind alle 3 bis 4 Monate mal für 2 Stunden gesehen, wenn der kleine mal bei der Oma geschlafen (Mutter des Kindsvaters) hat. Da meine Freundin im Einzelhandel tätig war, schlief der kleine einmal im Monat bei der Oma, weil sie den Samstag arbeiten musste...

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Hi.
Ich würde auch behaupten das das geteiltes Sorgerecht ist !

Mein Ex und ich machen das so:

Hälfte der Woche bei mir, die andere bei Ihm. Gibt keinen Unterhalt. Jeder kommt für die Kinder auf.

Sie ist nicht alleinerziehend!

MfG Kelly

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Hallo.

"Ich würde auch behaupten das das geteiltes Sorgerecht ist !"

Daran kann man wohl kaum festmachen, ob jemand "wirklich" alleinerziehend ist oder nicht, da das gemeinsame Sorgerecht noch lange kein Indiz für ein Engagement des getrennt lebenden Elternteils ist.

Gruß
sisein

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Ich habe mich getrennt als meine kinder 4 und 6 waren. Vor der Trennung war ich alleinerziehend verheiratet, danach alleinerziehend.

Stressfreier war es nach der Trennung.
Ich hatte zum ersten Mal jede Woche 12 Stunden für mich.
Gearbeitet hab ich eh immer und der Ärger, dass er sich nie kümmert fiel weg. Außerdem wurde ich von außen endlich als echt alleinerziehend mit aller Rücksichtnahme gesehen. Zuvor gab es so schlaue Leute die der Meinung waren, dass man das nicht vergleichen kann, weil man ja einen Partner hat. Vor den Kindern war er übrigens anders.

Alleinerziehend empfinde ich deine Freundin nicht. Alleinerziehend heisst für mich, dass man die Kinder mindestens 6 Tage die Woche allein hat, alles Organisatorische allein regelt (Arzt, Kiga, Schule,...) . Sonst ist es eher getrennt, gemeinsam erziehend.

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Hallo,

Alleinerziehend bedeutet für mich, wenn eine Mutter oder ein Vater die Kinder komplett allein, ohne das andere Elternteil groß zieht. Das Wechselmodell eine Woche beim Vater, eine Woche bei der Mutter sehe ich schon nicht mehr als alleinerziehend, da sich hier beide Eltern zu gleichen Teilen die Erziehung teilen.
Eine Freundin von mir hat 2 Kinder von ihrem ersten Mann. Sie ist jetzt wieder in einer Partnerschaft und hat mit dem neuen Partner ebenfalls ein Kind. Sie sieht sich auch als Alleinerziehende ihrer zwei großen Kinder, obwohl sie mit ihren Kindern im Haus des neuen Partners wohnt, dieser sie finanziell unterstützt, sich um die großen Kinder kümmert und die großen Kinder regelmäßig beim leiblichen Vater sind. Erzählt sie mir, wie schwer man es als Alleinerziehende hat, sage ich ihr, dass wirklich Alleinerziehende dankbar für ihre Situation wären. Nur weil man vom Kindsvater getrennt ist, bedeutet es nicht automatisch, dass man alleinerziehend ist. Solche Aussagen sehe ich als Schlag ins Gesicht für diejenigen, die wirklich keinen haben und das teile ich auch so mit.

LG
Lotta

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Das kommt auf den Antrag an, der auszufüllen ist.

Ich bin offiziell alleinerziehend, habe somit viel geschultert.
Ich erziehe mein Kind aber nicht alleine, weil sie tolle Bezugspersonen hat.

Wie anstrengend es ist oder nicht, hängt von der individuellen Situation ab.
Wenn sie die Tage frei hat, hat sie dann wirklich frei oder macht sie dann Haushaltsführung, was sonst in einer Partnerschaft verteilt ist. Bei getrennten Haushalten muss jeder alles machen. Finanzen, Haushalt, Versicherungscheck, "alles, was so anfällt".


Alleinerziehend ist anders.
Ob es besser, schlechter, schwerer, leichter ist, kommt auf die individuelle Situation und das eigene Empfinden an.


Wenn es dich nervt, sag ihr, dass es dich nervt. Aber nur, dass sie das als Grund angibt oder die Art wie sie darüber spricht.


"Und auch noch Unterhalt zu bekommen, obwohl die Kinder ja fast genauso oft woanders essen, duschen, schlafen, Spielzeug bekommen, in den Urlaub fahren."

Lass die Aufrechnerei weg.
Es wird schon einen Grund haben, warum die Kinder Unterhalt bekommen.
Zusammenlebend = 1x Miete
getrennt lebend = 2x Miete.

Ihre Miete hört nicht auf, nur weil die Kinder auswärts schlafen. Den Platz braucht sie trotzdem. Die Wohnung kann sie in dem Zeitraum nicht verkleinern.


Lass die Aufrechnerei, das kommt charakterlich nicht gut rüber.

Sag ihr, wenn es dich nervt, WIE sie davon spricht oder wie oft.
Alles hinnehmen muss man deswegen nicht.

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Wie du siehst, sieht es jeder anders.
Es gibt den finanziellen Aspekt und unter dem bin und fühle mich allein erziehend trotz Wechselmodell. Ich muss nämlich meine Finanzen unter Kontrolle haben, fällt mein Job weg habe ich niemanden der das auffängt, ich muss allein schauen was geht und was nicht.

Freie Zeit: ja, die habe ich, mehr als getrennt lebende die das nicht haben, aber vielleicht auch mehr als in Partnerschaft lebende, wo ein Partner viel weg ist.

Erziehung: ich muss allein entscheiden, wie ich mein Kind hier bei mir erziehe. Was ist richtig, was ist falsch, mir grätscht erstmal keiner rein, aber ein Austausch wäre schon schön. Parallel muss ich mit dem leben, was mein Ex bei sich macht, ob ich das schön finde oder nicht.

Es gibt so viele Facetten, wie es Lebensformen gibt. Für mich ist der Begriff rein steuerlich.

Wenn deine Freundin eine wirkliche Freundin ist, dann solltest du ihre Schwierigkeiten ernst nehmen, egal wie sie sie nennt und nicht aufrechnen, nur weil es andere vielleicht schwerer haben.

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"Wenn deine Freundin eine wirkliche Freundin ist, dann solltest du ihre Schwierigkeiten ernst nehmen, egal wie sie sie nennt und nicht aufrechnen, nur weil es andere vielleicht schwerer haben."

Der Satz des Tages.
Danke dafür.

Gruß von einer "echten" Alleinerziehenden.

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Hallo,
nun die klassisch Alleinerziehende ist sie vielleicht nicht unbedingt.
Deswegen aber kann man nicht gleich sagen, sie hätte es nicht stressig. Das hängt von viel mehr Faktoren ab als nur davon, ob der Vater verfügbar ist oder nicht.
Es gibt Alleinerziehende "richtig alleinerziehend"- die haben ein sehr gutes Umfeld und sind vielleicht auch beruflich nicht zu sehr eingespannt, geht es denen so schlecht?
Und andere sind zwar in einer bestehenden Partnerschaft und müssen trotzdem alles alleine wuppen- sei es, weil der Vater aus beruflichen Gründen kaum zu Hause ist oder einfach eine faule Socke ist.
Ich kenne auch Frauen, die haben sich bewusst für alleinerziehend entschieden und leben gut mit ihrer Entscheidung.

Irgendwie ist alleinerziehend immer noch gleichbedeutend mit arm und verlassen und am Rande des Absturzes. Und das stimmt vielleicht in einigen Fällen, aber sicher nicht in allen.

Und wenn jemand einen Partner an der Seite hat, der darf dann gar nicht mehr jammern?

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Jammern darf jeder.

Es gibt nur keinen Grund, sich alleinerziehend zu nennen, wenn man es nicht ist.

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Danke euch allen für eure Antworten, Diskussionen, Erfahrungsberichte und Kommentare.
Das hilft mir, die Situation der Freundinn aus einem "weiteren" Blickwinkel zu sehen.

Viele Grüße!