Erfahrungen von Kinder eines alleinerziehenden Elternteils gesucht

Hallo liebe Gemeinde,

seit einigen Monaten bin ich selbstgewählt alleinerziehend mit meiner fast 4jährigen Tochter, da ich mich getrennt habe. Der Papa kümmert sich recht zuverlässig und regelmäßig mit 1 Übernachtung pro Woche und aller 14 Tage am Wochenende. Wir tauschen uns auch regelmäßig aus. Ich bin zufrieden mit meiner Situation und auch meine Tochter hat bis dato die Trennung gut verkraftet. Nun höre ich immer wieder, dass bei Kindern die Probleme mit der Tatsache, nicht in einer klassischen Familie aufzuwachsen, erst später kommen. Da ich in meinem Freundes- und Verwandtschaftskreis niemanden habe, der selbst in einem alleinerziehenden Haushalt groß wurde, kann ich dort keinen fragen. Mich würde interessieren, wie heutige Erwachsene das als Kind empfunden haben, was ihr euch gewünscht hättet, was euch geholfen hat, mit der besonderen Situation umzugehen usw. Vielleicht mögt ihr mal berichten?

Dankeschön #winke

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Ich halte das für einen Blick in die Spekulations und Wahrsagekugel. Auch bei klassischen Kernfamilien können die echten Probleme des Lebens bei den Kindern oft später ;). Was ist das für eine schwammige Aussage. Das hat das Leben wohl so ansich, dass Erwachsen werden komplizierter ist als ein Baby sein oder dass in den nächsten 20 40 60 80 Jahren mehr passieren kann, als in den ersten 10.

Zwei Freundinnen von mir wurden mit alleinerziehenden Muttern groß. Ich schätze beide. Beide haben studiert und sind hübsch und klug. Man könnte sich darauf fokussieren, dass die eine fast kein Verhältnis zum Vater hat, weil der sich auch nie kümmert hat und die andere einen Hang dazu hatte komische Partner zu wählen bis sie vor 10 Jahren geheiratet hat und noch immer glücklich ist, aber ich denke Kinder aus klassischen Familien haben auch ihre Sorgen und müssen in die Welt finden, nur vielleicht andere.

Ich hab meine Tochter jahrelang allein erzogen und die zwei Grundschulen die sie durchlief befanden unabhängig von einander, dass sie über eine großartige Sozialkompetenz verfügt, von der sich viele ihres Alters eine Scheibe abschneiden können. Sie sei diszipliniert, verantwortungsbewusst und tollerant und behandelt auch Leute ohne Vorurteile zu bedienen, die anders sind als sie oder als die Norm. Deshalb habe sie ein gutes Verhältnis zu nahezu allen und war dann auch stellv. Schulsprecherin.

Ich glaube man ist immer seines Glückes mit Schmied. Mach einfach weiter so. Es klingt gesund und gut. Wenn ihr aufeinander achtet, dann werdet ihr euren Weg auch finden.

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Hey!

Ich möchte auch kurz anmerken, dass du nie wirklich weißt, ob die Schwierigkeiten der Kinder von der Zeit mit dem AE Elternteil kommen oder aus der Zeit der möglicherweise schlimmen Zustände vor der Trennung. Letzteres hast du deiner Tochter ja erspart.

Liebe Grüße
Schoko

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Ich bin mir recht sicher, dass die Probleme von Kindern, deren Eltern sich nicht getrennt haben, sondern der Kinder zu Liebe eine unglückliche und womöglich auch noch ungesunde Beziehung weiter geführt haben, weitaus größer sind.

So pauschal kann man das doch sowieso überhaupt nicht beantworten. Ich bin z.B. extrem alleinerziehend, es gibt gar keine Familie, auch keinen Vater, außer mir haben meine Kinder keine andere enge Bezugsperson. Andere Kinder alleinerziehender Eltern haben zwei Väter und zwei Mütter, entsprechend viele Großeltern und zehn Geschwister.

Ich habe einen sehr gut bezahlten Job, kann Teilzeit arbeiten und trotzdem gut leben. Viele alleinerziehende müssen Vollzeit arbeiten und trotzdem jeden Euro dreimal umdrehen.

Die Liste kannst du beliebig fortsetzen. Es gibt viel zu viele Faktoren, die die Zukunft eines Kindes beeinflussen können, als dass man da eine Antwort geben könnte.

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Ich bin Einzelkind einer zumeist völlig gestressten und überforderten Alleinerziehenden und eines quasi nie greifbaren Vaters.

Mein Vater hat meine Mutter im 7. Monat verlassen und war nie verlässlich da. Hat die ersten Jahre nur unregelmäßig Unterhalt für mich gezahlt, danach auch nur den Mindestsatz. Meine Mutter hat anfangs allein von ihrem Bafög mit mir gelebt. Danach hatte sie meist noch einen Nebenjob zu ihrer Arbeit. Ich war daher oft und viel bei meiner Oma und bin dort ziemlich dick geworden, was ich nie mehr wirklich losgeworden bin. Meine Mutter war oft sehr gereizt und aggressiv. Das Verhältnis zu meinem Vater war immer schwierig. Sobald er eine Freundin hatte, war ich quasi Luft. Das ist bis heute noch so. Das Verhältnis untereinander war auch ätzend. Kein Weihnachten oder Geburtstag ohne Alimentestreit, Rauswurf, Hausverbot...

Ich habe mehrere Therapien hinter mir. Nichtsdestotrotz habe ich studieren können und lebe heute mit einem tollen Ehemann und meinen Kindern zusammen. Lediglich das Verhältnis zu meinen Eltern ist nie mehr ganz ins Lot gekommen. Ich denke dennoch, wären meine Eltern zusammen geblieben, wäre das Ganze wohl noch zehnmal schlimmer geworden. Das Negative in meinem Aufwachsen ist aus den Umständen und den Charakterzügen meiner Eltern entstanden und nicht aus der Trennung an sich.

Wichtig ist, dass ihr eurem Kind immer absolute Priorität einräumt. Euch vernünftig vor ihm verhalten könnt und im Kontakt zum Kind und untereinander erreichbar bleibt. Aber ihr seid ja anscheinend schon auf einem guten Weg. Alles Liebe

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Meine Eltern haben sich getrennt, als ich sechs Jahre alt war und meine Mutter hat mich und meine Geschwister allein großgezogen. Unser Vater hat sich die ersten Jahre noch gekümmert, nach ein paar Jahren ist der Kontakt komplett abgebrochen, da er sich auf seine "neue" Familie konzentriert hat. Da waren wir wohl leider überflüssig.
Ich kann sagen, dass ich ein sehr inniges Verhältnis zu meiner Mutter habe und sonst auch sehr zufrieden und glücklich bin in meinem Leben. Als Familie haben wir alle ein sehr gutes Verhältnis und meine Mutter hat es immer wieder geschafft, schöne Kindheitserinnerungen zu kreieren.
Woran ich lange zu knabbern hatte als Kind war, dass wir seitens der Vaters quasi einfach ausgetauscht wurden. Die neue Frau meines Vaters hat zwei Kinder in die Ehe gebracht und er hat sie liebevoll aufgezogen und seine eigenen Kinder waren ihm scheinbar egal. Jahre später gab es einmal einen Kontakt zum Vater und ich habe gemerkt, dass ich ihm weiterhin nicht wichtig war und bin. Das hätte ich mir in jedem Fall anders gewünscht. Es ist eine Sache, wenn die Eltern als Paar nicht mehr funktionieren, sie bleiben jedoch beide weiterhin Eltern und sollten sich auch entsprechend so verhalten denke ich. Ich finde es daher schön und wichtig, dass ihr zusammen für eure Tochter da seid und auch der Kindsvater ehrlich Interesse an ihr zeigt und Elternliebe von beiden Seiten da ist.

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Hallo,

Ich kann Dir gerne berichten, ich selbst bin Trennungskind und jetzt selbst alleinerziehend.

Meine Kindheit war Horror, die ersten Jahre hatte ich Eltern die ständig aufeinander los gingen. Da war die Trennung schon eine Erleichterung. Allerdings kam meine Mutter alleinerziehend mit 2 Kindern gar nicht zurecht. Zu meinem Vater hatte ich keinen Kontakt mehr. Dann ein Stiefvater mit dem ich nicht klar kam, noch ne Schwester, wieder Trennung. Mit 17 bin ich ausgezogen und hab mein eigenes Leben angefangen, ab da ging es mir gut.

Mit 40 habe ich dann wegen einer Esstörung eine Therapie begonnen um das alles aufzuarbeiten. Ja, vieles kommt erst später hoch.

Meine eigene Trennung habe ich gut überstanden, meine Tochter eher weniger. Sie tut mir sehr leid weil sie immer einen von uns vermisst. Sie hat noch mehr Baustellen, daher hab ich direkt reagiert und sie macht eine Therapie. Ich wünsche mir das wir ein tolles 2er Gespann werden und sie glücklich aufwachsen kann.

Wenn die Eltern an einem Strang ziehen und sich beide kümmern ist das schon mal sehr viel wert. Ich glaube dann können die Kinder auch ganz normal damit umgehen irgendwann.

LG
Sunny

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Ich denke da sind immer die Umstände zu berücksichtigen. Wenn die Eltern im totalen Krieg auseinander gehen und kein gutes Haar am anderen lassen können, ist das was anderes. Meine Ex-Mann und ich trennten uns als unsere Tochter 2 Jahre war, haben ein gutes Verhältnis und bleiben irgendwie Familie. Wir wollen an wichtigen/besonderen Tagen gemeinsam da sein, eben damit sie später nicht sagen muss "Es war nur immer einer von euch da, bei allen anderen waren Mama und Papa da". Auch in der Erziehung sprechen wir uns zusammen ab.
Bisher merke ich nichts von Problemen bei unserer Tochter und denke auch, dass da nicht wirklich was kommen wird. Wenn das bei euch läuft, ist das doch super. Anders wäre es, wenn der Vater z.B. nur selten käme.

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Danke für Ihre bisherigen Antworten #winke

Gemeinsame Unternehmungen finden leider nicht statt, er möchte auch nicht, dass wir den Geburtstag der Kleinen in 6 Wochen gemeinsam feiern (unabhängig von Corona), schon gleich gar nicht in meiner, ehemals unserer gemeinsamen, Wohnung, letzteres kann ich auch irgendwie nachvollziehen. Das einzige, was wir alle 3 zusammen tun, ist auf Geheiß unserer Tochter eine halbe Stunde Fangen spielen, jedes Mal, wenn er sie nach Hause zurück gebracht hat. #rofl

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Naja eure Trennung ist noch frisch. Nächstes Jahr kann das schon wieder anders aussehen. Zu Beginn unserer Trennungsphase habe ich mir zwar gewünscht, das wir klar kommen, aber er musste erstmal die Trennung verarbeiten. Wenn Trauer und Frust verflogen sind, sieht es anders aus. Gib dem ganzen da noch Zeit, das er sich kümmert und seiner Verantwortung nachkommt ist wirklich viel wert. Man hört ja meistens gegenteiliges

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Eine "klassische Familie" in der die Eltern dauernd streiten kann für Kinder ebenso belastend sein wie eine überforderte Alleinerziehende Mutter / Vater. Viele Menschen haben in ihrem Leben Phasen in denen es ihnen psychisch aus verschiedensten Gründen nicht gut geht. Selten lässt sich das auf eine einzelne Begebenheit in der Kindheit zurückführen, eher auf das prägende Gefühl in dieser Zeit.

Bei euch klingt es doch sehr harmonisch, die Eltern sind zwar getrennt aber du benutzt Wörter wie "zuverlässig, regelmäßig, zufrieden...", wenn das so bleibt und euer Kind sich bei beiden Eltern geliebt und geborgen fühlt hat es meiner Ansicht nach beste Voraussetzung um glücklich aufzuwachsen.

Als meine Eltern sich trennten war ich 13, meine Schwester 11. Mein Vater ging damals zurück in sein Heimatland, meine Mutter zog mit uns 600km weit in ihre Heimat zurück.
Es gab einen Rosenkrieg der auch auf den Köpfen von uns Kindern ausgetragen wurde.
Wir waren viel auf uns allein gestellt, meine Mutter wollte ihre Jugend nachholen, mit wechselnden Partnern und viel "Party".
Unseren Vater sahen wir nur noch 1 - 2 mal im Jahr in den Schulferien.
In ihrer Ehe haben die beiden immer nur gestritten und sich gegenseitig vor uns Kindern schlecht gemacht, so dass wir uns eine Trennung schon Jahre vorher gewünscht hatten. Leider wurde es für uns danach nicht wirklich besser.

Das Gefühl sicher und geborgen zu sein kenne ich aus meiner Kindheit nicht.
Da ist es auch egal ob meine Eltern zusammen oder getrennt waren.

Lange Rede kurzer Sinn: Kinder wachsen glücklich bei glücklichen Eltern auf, die neben ihrem eigenen auch das Wohl ihrer Kinder stets im Blick haben.
Ob getrennt oder verheiratet ist dabei nebensächlich.

So sehe zumindest ich das, und so wie es klingt schafft ihr dafür gute Voraussetzungen.

Ich wünsche euch alles Gute 🍀

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An deiner Stelle würde ich später auftauchende Probleme irgendwelcher Art nicht zwangsweise darauf zurückführen, dass dein Kind Familie nicht traditioneller Art erlebt hat. Das muss nämlich gar nicht so sein.

Ich zum Beispiel bin das Kind einer ehemals Alleinerziehenden. Meine Mutter hat mich mit 18 bekommen und war von Geburt an alleinerziehend. Meine Großeltern waren und sind sehr anständige Menschen und haben sie sehr dabei unterstützt. Mein biologischer Vater war auch sehr anständing insofern, dass er seinen finanziellen Beitrag ohne Murren (?) geleistet hat. Ansonsten war er in meinem Leben nicht existent - was keinen schlechten Einfluss auf mich hatte oder einen "Schaden" hinterlassen hat. So weit ich mich noch erinnern kann, habe ich nie oder sehr selten nach ihm gefragt. Die Erzählungen meiner Mutter und Großeltern gehen konform damit. Ich war ein glückliches Kind und für eine Zeit lang waren mir meine Großeltern und Mutter genug. Ich hatte natürlich auch andere Bezugspersonen wie Kindergartentante oder die Nachbarn.

Meine Mutter hatte auch Beziehungen, aber nicht von allen habe ich gewusst. Gekannt hab ich tatsächlich nur zwei. Der eine lebte ein paar Jahre bei uns und es kam dann zur Trennung. Das fand ich nicht so toll, aber war nicht weiter schlimm, weil mir meine Umgebung erhalten blieb. Er zog aus und wir blieben in unserem Haus - sprich es blieb stabil. Der zweite, denn ich dann kennen gelernt hab - den hat meine Mutter rund ein Jahr und ein halbes später geheiratet und der hat sich bis heute den Rufnamen Papa redlich verdient.

Meine Sturm- und Drang-Zeit, also die Jugend, ja, die war dann schon turbulent. Zwei Halbgeschwister folgten und mittendrin auch ein Brief von meinem biologischen Vater. Der kam zu einem ziemlich ungünstigen Zeitpunkt - mitten im Drama vom Unfalltod meines Patenonkels. Er wollte mich kennenlernen und schlug sogar ein Treffen vor. Meine Mutter lehnte ab, weil das wirklich zu diesem Zeitpunkt nicht passte. Mir war es recht, weil ich selber nicht wusste, ob ich ihn überhaupt kennenlernen wollte. Da war ich gerade mal 15. Einen Brief zurück hab ich dann lange nicht verfassen können oder wollen bis ich irgendwann entschieden hab, ihn nicht kennenlernen zu wollen. Ich hatte schon eine tolle Familie - wozu will ich mir noch jemanden dazuladen, von dem ich nicht weiß, wie lange er tatsächlich bleiben will und was für eine Rolle er "spielen" will? Das ist bis heute noch so, auch wenn das Thema durch meine Großmutter immer wieder hochkommt, die eine andere Meinung vertritt. Sie hat ihren Vater nie kennengelernt und das noch gerne gewollt. Aber das ist ihre Meinung und ihr Wunsch.

So, jetzt war das aber schon ein Roman. Was ich eigentlich sagen wollte: Solang die Umgebung und die Bezugspersonen stabil sind, wird es auch den Kindern gut gehen. Auch wenn eine Trennung erfolgt oder erfolgt hat.