Alleinerziehend im Ausland mit autistischem Kind

Hallo Zusammen.
Ich benötige eurer Schwarmwissen. Ich musste in diesem Jahr viele wichtigen Entscheidungen treffen und mich lässt das Gefühl nicht los, dass weitere wichtigen Entscheidungen anstehen.

Zu meiner Situation. Ich bin Deutsche und lebe seit fast 10 Jahren in der Schweiz, mit Unterbrüchen. Ich habe vor 4 Jahren meinen Sohn in der Schweiz zur Welt gebracht und war mit einem Schweizer zusammen. Wir wurden sehr früh schwanger, nach nur 8 Monaten Beziehung. Es hatte Höhen und Tiefen; wirklich sicher habe ich mich in der Beziehung nie wirklich gefühlt. Die Beziehung kriselte trotz Paarberatung und wir haben uns nach mehreren Anläufen getrennt. Als unser Sohn die umfangreich abgeklärte Autismus Diagnose erhielt (er spricht nicht, hat stereotypische verhaltensmuster, isst schlecht, schläft schlecht, hält schwer Augenkontakt und ist seeeehr aktiv etc.) hat sich das Verhältnis von einer Elternbeziehung dramatisch verschlechtert, weil mein Ex kurz nach mir bereits wieder sehr aktiv war und eine neue Freundin gefunden hat und sie sich gleich geschwängert hat - er wird bald wieder Vater. Als ich mich intensiv mit der Thematik beschäftigte, merkte ich, dass er eventuell selbst vermutlich vom Autismus betroffen ist, da Empathie und Mitgefühl in der Partnerschaft oft fehlten.

Nun zum Punkt: ich bin immer noch in der Schweiz, habe einen guten Job in Teilzeit gefunden und mein Sohn bekommt hier frühkindliche Autismus Therapien (von denen ich eine selber zahlen muss). Mit dem Kindvater läuft die Kommunikation und Absprache nicht gut, es gestaltet sich zunehmend schwerer. Mich erinnert zudem vieles hier an die gemeinsame Zeit und ich stehe vor der Entscheidung für mich einen Cut zu machen und einen Neuanfang in meiner alten Heimat in Deutschland zu machen, wo mir die geografische Distanz sicher helfen wird, mehr emotionalen Abstand zu halten. Zudem sind meine Familie und Freunde in der alten Heimat.
Problem: ich kann nächstes Jahr eine intensive Autismus Therapie in der Schweiz starten (Selbstbehalt sehr hoch und der Vater müsste sich sicher auch beteiligen). Es wäre eine Chance für meinen Sohn. Gleichzeitig weiß ich, dass in Deutschland viele Therapien (ABA- Therapie) vom Staat finanziert werden und die Infrastruktur in Deutschland gut ist für Kindergärten, Heilpädagogik etc.

Ich stehe vor der Entscheidung, wie es weiter geht. Hier bleiben und mich andauernd mit dem Kindsvater auseinandersetzen, den Schmerz immer wieder durchkauen, stark sein, weitermachen aber mir vielem irgendwie einsam. Oder zurück in meine Heimat, alles auf null setzen aber auch alle Therapien neu beantragen und mich dort dort durchbeißen, Abstand nehmen, mein Leben neu aufbauen, auch stark sein Und meine Familie da zu wissen. Das ist auch sehr viel wert.

Wenn es Leute unter euch gibt, die Erfahrungen haben mit solchen Themen, Ratschläge haben, selber kleine Geschichten zu diesen Themen zu erzählen haben mit einer lessons learned, sehr gerne. Und wenn es mir auch nur ein bisschen dabei helfen mag, weitere Punkte in meiner Entscheidung zu berücksichtigen und realistisch abzuwägen.

Herzlichen Dank!

Liebe Grüße

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Hallo Sunshine_2222,

Zwar werden hier viele Therapien vom Staat übernommen, allerdings sind die Wartelisten oft sehr lang. Ebenso gibt es hier in unserer Gegend (in Süddeutschland) zu wenig Kita-Plätze und erst recht zu wenig Plätze im Sonderkindergarten.
An deiner Stelle würde ich mich vorher gut erkundigen, wie es an dem Ort aussieht, an den du ziehen möchtest.

Liebe Grüße Kathinka

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Ich weiss nicht, wie die Regelungen in der Schweiz sind, aber in Deutschland dürftest Du nicht so ohne weiteres mit dem gemeinsamen Kind ins Ausland ziehen - zumindest wenn gemeinsames Aufenthaltsbestimmungsrecht besteht.

Grüsse
BiDi

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Es wäre interessant zu wissen, wo in der Schweiz du lebst. Und wie die Entwicklungsprognose deines Sohnes ist.
Was Förderung und (finanzielle) Unterstützung anbelangt, gibt es gravierende regionale Unterschiede.
Generell scheint mir in der Schweiz der Zugang zu Abklärungen, Therapie und heilpädagogischen Kindergärten/Schulen besser, beziehungsweise mit weniger Wartezeiten. Je nach Wohngegend und deinem Aufenthaltsstatus, bzw der Nationalität deines Sohnes (ich gehe davon aus er ist Schweizer) besteht die Chance auf Hilflosenentschädigung der IV.
Ausserdem ist die IV später bei Ausbildung/Berufseinstieg wirklich eine geniale Unterstützung, sollte ein Berufseinstieg (nie) möglich sein, stünde deinem Sohn eine IV Rente zu.
Was übrigens den von dir erwähnten Selbstbehalt bei Therapien anbelangt: das stimmt, wenn es über Krankenkasse läuft, normalerweise werden Autismustherapien jedoch von der IV bezahlt, dann hättest du keinen Selbstbehalt.
Du könntest dich bei einer Schweizer Autismusberatungsstelle und einer entsprechenden Beratungsstelle im Bundesland in Deutschland in welches du ziehen würdest beraten lassen um zu vergleichen.

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Das ist ein sehr guter Hinweis mit der IV!
Kuck mal hier:
https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2021/708/de#lvl_u1/lvl_u1/lvl_XV_I

So wie ich es rauslese, wenn die Diagnose durch einen Facharzt bestätigt worden ist, gilt Autismus als „Geburtsgebrechen“ daher hättest du Anrecht auf Unterstützung durch die IV….

Mein Kind hat auch ein „Geburtsgebrechen“, damals wurden alle Behandlung sowie meine Kosten (diese aber auf Antrag, vor allem Fahrkosten) übernommen!

https://www.autismus.ch/adressen/

Bearbeitet von Hasenfuss
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Hallo,

Ich bin Mama einer Asperger Autistin (9) und ebenfalls alleinerziehend.

Leider sieht es in Deutschland sehr katastrophal aus was Therapien und Inklusion angeht. Wir warten seit der Diagnostik auf einen Therapie Platz, nun schon 2 Jahre, wird nächstes Jahr wohl auch nix werden.

Inklusion an der Schule ist ebenfalls ein Fremdwort, es gibt keine Schulungen für Lehrkräfte und Schulbegleiter. Es ist ein täglicher Kampf, Verlierer sind leider immer die Kinder.

Tut mir leid dass ich Dir nichts tolles über D berichten kann, unser Gesundheitssystem geht gerade den Bach runter.

Liebe Grüße
Sunny

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Die allererste Frage die sich mir stellt: Würde der KV einem Umzug überhaupt zustimmen? Denn einfach so kannst du ganz sicher nicht mit eurem Kind ins Ausland ziehen 😅