Sohn 6 Jahre - zwei Probleme ("Bocken" und Grüßen)

Hallo!

Mein großer Sohn ist 6 Jahre alt und geht in die erste Klasse.

Ein paar Sätze zur "Vorgeschichte":
Er hat eine Sprachentwicklungsverzögerung, die aber durch drei Jahre Therapie und Aufenthalt in einer Sprachheil-Rehaklinik weitestgehend "behoben" ist. Insgesamt ist er eher zurückhaltend und braucht recht lange, um neue Freundschaften aufzubauen.

Nun zu unserem Problem Nummer eins:
Wenn ihm etwas nicht passt, fängt er manchmal an zu "bocken" wie ein Kleinkind. Es ist ganz anders als Weinen wegen Traurigkeit, Schmerz o.ä. Es ist eher ein theatralisches Heulen (längst nicht immer mit Tränen). In dem Moment kommt man gar nicht richtig an ihn ran. Er hatte schon mal so eine Phase und es hörte auf, als wir auf dieses Verhalten nicht mehr eingegangen sind. Aber irgendwie hilft das mittlerweile nicht mehr.

Gestern bei einem Zoobesuch war es so extrem wie noch nie. Durch einen winzigen Auslöser (beim Mittagessen war bei seiner Bratwurst kein Brötchen dabei), fing er an, ein riesengroßes Theater zu machen, schubste seinen Teller von sich weg usw. Als er akzeptieren konnte, dass nun mal kein Brötchen dabei war, heulte er plötzlich los, dass er seine Wurst nicht schneiden könne (stimmt nicht, das kann er schon lange alleine). Dann fand er noch zwei, drei weitere (eigentlich banale) Gründe, um weiter zu heulen und zetern. Eigentlich wollten wir später noch ein Eis essen und ich habe ihm gesagt, dass es für ihn kein Eis gibt, wenn er weiterhin so brüllt. Weder Alternativen anbieten, schimpfen noch ignorieren half. Er zerrte dann an uns herum, baute sich vor uns auf und brüllte, dass er ein Eis will. Weder Tiere noch Spielplatz haben ihn dann noch interessiert.
Ich weiß auch jetzt nicht, was wirklich los war und er konnte es auch im Nachhinein nicht sagen (wahrscheinlich weiß er es selber nicht). Nach insgesamt einer Stunde war alles wieder vorbei und er hatte wieder Spaß am Zoobesuch. In anderen Situationen hätte ich den Ausflug abgebrochen, aber das war gestern aus verschiedenen Gründen nicht möglich.
Wie würdet Ihr in so einer SItuation handeln v.a. dass es langfristig besser wird?

Das Zweite ist, dass er ganz große Probleme hat, andere Menschen zu grüßen. Seltsamerweise fällt es ihm besonders schwer, wenn er z.B. auf der Straße zufällig ein anderes Kind trifft. Selbst wenn es ein Freund ist, mit dem er sonst völlig ungezwungen spielt. In anderen Situationen grüßt er Erwachsene samt Namensnennung laut und deutlich quer über die Straße.
Wir leben ihm das Grüßen vor, denn bei uns im Dorf begrüßt man eigentlich jeden, der einem irgendwo begegnet. Wenn ich ihn daran erinnere zu grüßen (z.B. indem ich ihn heimlich leicht anstupse, was wir mal als Zeichen vereinbart haben), würde er sich am liebsten hinter mir verstecken. Das macht er - anders als früher - nicht mehr, aber seine Körperhaltung drückt größtes Unwohlsein aus. Es kam schon mehrfach vor, dass das andere Kind aufgrund seines Verhaltens wirklich traurig war.
Wenn wir uns mal in Ruhe und ohne Vorwürfe darüber unterhalten, ist er "einsichtig" und möchte es beim nächsten Mal anders machen. Aber das klappt leider nicht so wirklich.
Aber wie kann ich ihm helfen, sich zu überwinden?

Er steht sich selber mit mit beiden Sachen sehr im Wege. Mir ist klar, dass er aufgrund der Sprachentwicklungsverzögerung erst spät lernen konnte, seine Gedanken, Fragen, Wünsche usw. zu äußern. Sowas bleibt emotional nicht folgenlos.
Manchmal denke ich, dass er mit der "Bockerei" Frust oder Druck ablässt, den er durch die Schule verspürt. Aber es geschieht nicht in Situationen, die mit Schule zu tun haben (z.B. Hausaufgaben) sondern nur in ganz unerwarteten Situationen mit nur kleinen Auslösern.
Ansonsten ist er ein unkomplizierter, fröhlicher und hilfsbereiter Junge und wirhaben ein gutes Verhältnis zueinander.

LG Silvia

1

welche lösungsideen hat er denn?

wenn er merkt: "oh kein brötchen"- welche ideen, das problem zu lösen kennt r?
bei welchen unterstützt du ihn?
wie geht ihr allgemein mit problemen um?
hat er vorbilder, die ihm zeigen, daß Probleme auch spannende herausforderungen sein können?

welche ideen hat ER, wie du ihn unterstützen könntest beim grüßen?
will ER das denn überhaupt?
wenn er das will, würde ich ihn lösungsideen sammeln lassen, die weniger steif sind, sondern in der situation ehe leichtigkeit rein bringen

für mich hört sich dsa alles serh steif und wenig lustig an.
ich würde versuchen mit ihm zusammen spannende und lustige ideen der problemlösung zu suchen ..

4

Hallo!

Danke für Deine Antwort!
In dieser "Brötchen-Situation" fing er sofort an zu brüllen, schubste den Teller von sich weg, dass er beinah auf dem Boden gelandet wäre usw. Ich habe ihm den Vorschlag gemacht, dass wir zusammen gehen um ihm noch ein Brötchen zu holen. Allerdings habe ich ihm gesagt, dass e dafür aufhören solle, so zu brüllen. Er ging absolut nicht drauf ein und auch nicht auf Nachfragen, was er denn machen würde bzw. weitere Vorschläge (Pommes von meinem Mann zum Würstchen o.ä.). Er ließ gar nichts (!) an sich heran, schrie und brüllte immer weiter, zerrte an mir herum, schubste den Bruder vom Stuhl, so dass er mit dem Kopf an den Tisch knallte. So kenne ich ihn nicht. Restaurantbesuche waren niemals ein Problem und er würde am liebsten ständig essen gehen.

Auch abends zuhause fiel ihm in einem ruhigen Gespräch keine Lösung ein außer: "Du musst mir gleich ein Brötchen mitbringen..nicht später!" Und auch ansonsten kam bei dem Gespräch wenig raus.

Bei Gesprächen, in denen es um Problemlösungen geht, sagt er fast immer "weiß ich nicht", wenn ich ihn nach Vorschlägen frage. Bzgl. des Grüßens haben wir uns mal drauf geeinigt, dass er auch nur winken könne und das war für ihn wirklich okay und er wirkte erleichtert, dass es auch ohne Sprechen geht. Ja, er will das andere Kind auf der Straße grüßen, aber er kann sich irgendwie nicht überwinden. Auch nicht, wenn es sein "zweitbester Freund" ist (wie er immer sagt), mit dem er sonst auch gut über die Strränge schlagen kann und viel Spaß hat.

Zum Thema Problemlösung in der Familie... Ich versuche eigentlich, ein ruhiges Gespräch darüber zu führen (außerhalb der Konfliktsituation, mit "Ich-Botschaften", Nachfragen usw.). Mein Mann bzw. auch seine Eltern sprechen gar nicht über Probleme bzw. laut meinem Mann ist immer "alles bestens", auch wenn es offensichtlich ist, dass es nicht so ist. Diese UNterschiedlichkeit macht es den Kindern nicht gerade leichter.

Es wirkt manchmal so, als hätte mein Sohn "zwei Seiten". Auf der einen Seite fröhlich, laut, unkompliziert, hilfsbereit, meldet sich in der Schule zum laut vorlesen usw. Und auf der anderen Seite völlig verunsichert, eingeschüchtert, still und zurückgezogen oder eben diese "Bockerei" (ist ein blöder Ausdruck, aber ich weiß nicht, wie ich es benennen soll). Ein Teil der Ursache liegt sicher in der Sprachentwicklungsverzögerung. Und trotzdem macht es mich ziemlich hilflos...und ihn auch.

LG SIlvia

5

hallo!

Na,ja, so wie du es beschreibst, würde ich einfach kein großes drama draus machen.
ihn auf jeden fall davon bhalten den bruder zu schubsen od sich selbt weh zu tun (ich denke, ich würde ihn in der sitation einfach mitnehmen- weg vom essen und mich in eine ruhige ecke mit ihm setzen. in aller regel ists dann schnell vorbei)
ich kenne solche ausbrüche meist dann, wenn meine kinder überreizt sind, wenn sie müde sind oder zu viel input hatten.
wie gesagt, dann würde ich einfch versuchen, ihn und alle um ihn herum zu schützen und dann, wen ner wieder beruhigt ist, mit ihm nach lösungen suchen...

mit dem grüßen würd ich gar nichts machen.
ist seine entscheidung.
ihr habt lösungen überlegt (winken) und da würde ich nur aktiv werden,wen ner dich darum bittet...

weiteren Kommentar laden
2

Liebe Silvia,

zunächst einmal ist es nicht ungewöhnlich, dass gerade jetzt solche Probleme auftauchen.
Er ist frisch in der Schule und das ist für ihn eine riesige Herausforderung.
Er ist sicherlich in der Schule noch angespannt und versucht alles richtig zu machen was dort von ihm verlangt wird. Zu Hause fällt die Anspannung ab und es bricht aus ihm heraus. Es ist sogar sehr typisch, dass diese Situationen dann nichts mit der Schule zu tun haben. Vielleicht kannst Du Dir vorstellen Du hast auf einer Arbeitstelle mit ca. 20 anderen zusammen neu angefangen und weißt genau ihr werdet verglichen und Du solltest so schnell wie möglich begreifen worum es geht. Du würdest auch fix und fertig nach Hause kommen.
Wenn dann Dein Partner trotz Deiner Gefühlslage auf jedem Fehler den Du zu Hause machst herumreitet und darauf besteht, dass Du auch hier im Moment alles perfekt machst, wärst Du, so glaube ich, auch sehr überfordert.
Ich habe auch gerade einen Schulanfänger zu Hause und am Besten ist ihm momentan mit besonders viel Verständnis, Liebe und Lob zu begegnen und anzuerkennen was er da gerade leistet.

Nun zu den beschriebenen Situationen:
Er hatte kein Brötchen zur Wurst. Wie habt ihr reagiert?
Mit einem das ist so also finde Dich damit ab?
Gab es nicht die Möglichkeit das er sich ganz alleine noch ein Brötchen dazu holen geht?
Solche situationen lehren die Kinder oftmals sich alleine das zu besorgen was sie gerne haben wollen. Gab es nicht die Möglichkeit, hätte ich mein bedauern ausgedrückt, denn ich kann verstehen das die Wurst mit Brötchen noch einmal so gut schmeckt. Wenn das Kind dann sich trotzdem hineinsteigert muss es diese Gefühle halt gerade ausleben. Ich muss das nicht gut heißen, aber es hilft auch nichts das genau in der Situation zu kritisieren.

Zum Grüßen. Du schriebst doch selbst, dass er ein eher zurückhaltender Typ ist.
Für manche Menschen sind das schwierige Situationen. Ich würde es nicht verlangen sondern einfach mit gutem Beispiel vorran gehen.

Jeder Mensch auf dieser Welt hat in unterschiedlichen Bereichen seine Stärken und seine Schwächen. Ja, man steht sich manchmal selbst im Weg. Aber man kann es auch nur selbst überwinden und ändern. Mit Schimfen ändert man die Schwäche seines Kindes nicht, sondern zeigt ihm noch viel mehr, dass es eigentlich anders sein soll. Scham und Selbstzweifel werden immer Größer. Loben hingegen stärkt und auch wenn die Schritte klein sind, kann eine Schwäche in eine Stärke gewandelt werden.

Liebe Grüße
Sunny

3

Hallo!

Als mein Sohn sah, dass kein Brötchen beim Würstchen war (er hatte sich wohl vorgestellt, das eins dabei ist, aber es nicht gesagt), brüllte er sofort los und schubste den Teller weg. Ich habe ihm daraufhin gesagt, dass ich mit ihm losgehe und schaue, ob wir noch ein Brötchen bekommen (Selbstbedienungsrestaurant), aber dass er dafür aufhören solle, so zu brüllen. Ich habe ihm gesagt, dass ich es nicht wusste, dass ihm das Brötchen so wichtig ist und dass ich ihm eins mitgebracht hätte, wenn ich es gewusst hätte und auch dass es mir Leid tut. Aber...er ließ wirklich gar nichts an sich ran. Wir hätten das Brötchen holen können und es wäre gut gewesen. Eine Stunde Schreierei und Brüllerei und ein sich selbst vermiester Zoobesuch waren deswegen "nicht nötig".

Ja klar ist es wichtig, dass Kinder ihre Gefühle zeigen können. Aber da er weder bereit gewesen war, mit mir raus zu gehen noch auf Vorschläge, wie man die Situation ändern könne (und das war mehr als ein Vorschlag bzw. wir haben ihn auch gefragt, was man ändern könne ;-)) absolut nicht eingeht, ist es schwer. Denn ich finde nicht, dass ein Sechsjähriger sich in einem Restaurant derart aufführen muss (herumbrüllen, an mir herumzerren, den kleinen Bruder aus Wut vom Stuhl schubsen, so dass er eine dicke Beule hat, den Teller wegschubsen usw.). So kenne ich ihn nicht. Vor allem im Restaurant benimmt er sich sonst super weil er sehr gerne Essen geht.

Ich habe Verständnis dafür, dass er enttäuscht und traurig war. Aber es gibt auch Grenzen bei seinem Verhalten, die ich dann nicht mehr akzeptieren möchte.
Im Nachhinein hat er es wohl auch verstanden und versucht es jetzt von sich aus, gut zu machen (indem er z.B. heute früh das Obst für sich und seinen kleinen Bruder für Schule/KiGa schneidet).

LG Silvia

6

Hallo,

mein Sohn (7 Jahre, 2. Klasse) ist ähnlich sowohl was die Wutausbrüche angeht als auch das Grüßen.

Wutausbrüche und "Bocken" kommt bei ihm noch sehr häufig und bei den kleinsten Gelegenheiten vor, aber wie auch bei Dir, nicht in der Schule. In solchen Situationen ist es zwecklos, ihm irgendwelche, in unseren Augen logische, Angebote zu unterbreiten. Das ist, als wenn man mit einem Zweijährigen in einen Spielzeugladen geht und sagt: "Such dir etwas aus". Das Kind ist damit überfordert, und er macht völlig dicht.

Auch was das Grüßen angeht, gerade hat er noch auf dem Schulhof mit seinen Freunden gespielt, dann trifft er einen von denen auf der Straße und schaut weg. Erklären kann er das nicht wirklich.

Eine Lösung haben wir noch nicht gefunden. Hin und wieder hilft ignorieren bei Wutausbrüchen, manchmal aber passieren sie morgens, wenn wir zur Arbeit bzw. in die Schule müssen. Ich kann ihn ja schlecht prophylaktisch jeden Tag eine Stunde eher wecken, damit er ausbocken kann, wenn es denn so wäre. Also sitzen wir es aus, irgendwann wird es besser.

Gruß

Heike

8

Hallo, also Du bist mit den Problemen nicht alleine.

Bocken gehört bei uns zum Tagesablauf, was ich nicht tragisch finde, da man als Eltern lernen kann damit umzugehen. Das ist eben die Art dem Ärger Luft zu machen.

Trotzdem bin ich froh wenn die Phase vorbei ist.:-)

Die Kinder lernen sicher irgendwann dass es sich nicht lohnt und es hört von ganz allein auf.

Auch das Grüßen überlasse ich meiner Tochter.
Natürlich halte ich Sie zum Grüßen an, aber zwingen würde ich sie nicht.

Um beide "Verhaltensweisen" mache ich nicht wirklich viel Wirbel.
Die Kinder muss man auch so akzeptieren wie sie sind, denn es sind nicht unsere Abbilder.

Liebe Grüße