Mit zweisprachiger Erziehung erst später beginnen, geht das?

Hallo,

bevor meine Kleine auf die Welt kam hatte ich schon überlegt sie zweisprachig zu erziehen, da ich ein Jahr im Ausland gelebt habe. Hab damals aber kaum Englisch gesprochen und hatte das Gefühl dass es ein wenig eingerostet ist. Nun ist es aber so, dass ichs wieder regelmäßig benutze und im Sommer auch anfangen werde Englisch zu studieren. Meine Kleine ist nun 19 Monate alt, meint ihr man kann damit jetzt noch anfangen? Ihr würde es bestimmt viel bringen Englisch als zweite Muttersprache zu haben.

Eigentlich war das Thema für mich schon durch, hab aber in der Kita einen Vater mit seinem Sohn sprechen gehört, auf Englisch, und kam so mit ihm ins Gespräch. Er ist ebenfalls kein Muttersprachler.

Was meint ihr?

3

Wenn nicht mindestens ein Elternteil Muttersprachler der zweiten Sprache ist, oder die zweite Sprache Umgebungssprache ist kannst du die Idee getrost vergessen.

Gerade wenn dein Englisch eh eingerostet ist, wuerdest du damit deinem Kind keinen Gefallen tun.

Ich ziehe meine Kinder von Geburt an zweisprachig auf Umgebungssprache ist Englisch, der Vater spricht Englisch, ich spreche Deutsch und es ist harte Arbeit beide Sprachen den Kindern gleich nahezubringen und die Grosse mischt immer noch sehr viel (ihre deutsche Freundin in der KiTa auch - die beiden sprechen ein Pidgin miteinander, scheint also relativ normal zu sein).

Das Kinder ne zweite Sprache ohne viel Zutun der Bezugspersonen mal eben aufsaugen ist ein hartnaeckiger Irrglaube

1

Also, über den Zeitpunkt würde ich mir jetzt nicht so viele Gedanken machen, aber darüber, ob das für Nicht-Muttersprachler überhaupt sinnvoll ist. Die meisten der zweisprachigen Familien, die ich kenne, erziehen ihre Kinder auch zweisprachig, was eben bedeutet, dass meine französische Kollegin mit ihren Kindern zu Hause französisch spricht und ihr deutscher Mann eben deutsch. Aber da liegt eben auch eine wirkliche Zweisprachigkeit vor, inklusive Gelegenheit für die Kinder, etwa beim Besuch der französischen Großeltern die Sprache auch zu verwenden.

Ich selbst habe Chinesisch studiert und auch eine Zeit im Ausland gelebt, mein Mann hat zwei Jahre seines Lebens in Polen verbracht - den Gedanken, dieses Wissens (was zum Teil auch schon etwas verschüttet ist) unserem Kind zu vermitteln, hatten wir noch nie ... dafür hat unser Sohn viel von unserer Liebe zu fremden Kulturen mitbekommen.

LG

Anja

2

Huhu,

ganz ehrlich? Ich würde es den Muttersprachlern überlassen zweisprachig zu erziehen! Oder der Umgebung.

Mein Sohn spricht z.B. zu Hause nur deutsch, weil wir nunmal Deutsche sind. Er ging aber hier in NL in den Kindergarten und geht nun auch hier zur Schule, dadurch ist er schon zweisprachig, aber dennoch überwiegt für ihn das Deutsch.

Als nicht Muttersprachler wirkllich zweisprachig zu erziehen ist meiner Meinung nach verdammt schwer und man muß sich bewußt sein das man dem Kind auch jeden kleinen Fehler und Ausprachefehler ( und davon machen wir Deutschen im allgemeinen sehr viele und wenn es nur die Betonung ist) beibringt.

Wenn du dir absolut sicher bist nur noch englisch mit deinem Sohn reden zu wollen und dein Englisch wirklich perfekt ist, kannst du das aber sicher versuchen.

lg

Andrea

4

Hallo,

ich denke ebenfalls, dass das zweisprachige Aufwachsen nicht gelingt, wenn nicht beide Sprachen von Muttersprachlern und eben auch deren Angehörigen gesprochen werden oder es sich um Umgebungssprachen handelt.

Meine Bekannte hat das auch versucht - sie leben in Deutschland, beide Eltern sprechen deutsch, aber sie hat Englisch studiert und als Übersetzerin gearbeitet.
Das Experiment ist völlig in die Hose gegangen! Die Tochter hat sich irgendwann schlichtweg geweigert englisch zu sprechen oder zu verstehen.

Was allerdings funktioniert hat und sicherlich auch zum Vorteil des Kindes ist: Sie haben dann immer mal wieder spielerisch die englische Sprache in den Alltag einfließen lassen, so dass das Mädchen immerhin viel versteht, auch wenn sie die Sprache nicht selbst verwendet.

Gruß, Lena

5

Vergiss es.

Meine Tochter ist 2sprachig, allerdings hat sie fuer jede Sprache einen Muttersprachler an ihrer Seite. Und selbst DAS ist harte, harte Arbeit, glaubs mir.

LG

Biene

6

Eine Bekannte von mir erzieht ihre Tochter von Geburt an Spanisch/Deutsch. Da beide Deutsche sind (sie studiert Spanisch auf Lehramt und hat auch schon in Spanien gelebt), haben sie sich einen Muttersprachler ins Haus geholt. Im ersten Lebensjahr eine kolumbianische Kinderfrau und jetzt im Anschluss eine Tagesmutter aus Spanien, die mit den Kindern nur Spanisch spricht.

Danach soll es mit einem spanischen Kindergarten weitergehen.
Obs klappt weiß ich nicht, das wird die Zeit zeigen.

Ich denke mal, ohne echten Muttersprachler wirds schwer.
Es gibt hier einen Club zu dem Thema: http://www.urbia.de/club/zwei+bzw+mehrsprachige+Erziehung
Und ein wirklich gutes Buch ist dieses hier: Mit 2 Sprachen groß werden von Elke Montanari.

Grüße
ballroomy

7

lass dich nicht verunsichern! jede situation ist anders, jedes kind ist anders. nur weil es bei anderen nicht klappt heisst es nicht dass es bei dir auch nicht klappen muss. natürlich ist mehrsprachig erziehung schwierig, aber ich glaube es geht vor allem um den willen und konsequenz (und guten rahmenbedingungen ;-) die kann man sich aber doch auch selber basteln!)
hier zulande ist es üblich dass nur "echte" muttersprachler diese mit ihren kindern verwenden dürfen. es gibt jedoch viele muttersprachler denen ihre sprache nicht so wichtig ist, nicht genug energie in das projekt stecken und nicht durchhalten. die werden weniger erfolg haben als du, wenn du genug wille und elan hast, auch wenn dein englisch nicht perfekt sein sollte.

ballroomy hat dir hier ja schon ein gutes buch empfohlen. es geht dabei um mehrsprachigkeit allgemein. tipps und tricks.

ich würde dir in deiner situation noch ein anderes buch empfehlen:

"7 steps to raising a bilingual child" von Naomi Steiner.

es ist eigentlich an us-bürger gerichtet die in den usa leben. ich würde es sonst niemanden ausserhalb der usa empfehlen (ist auch sehr us-spezifisch in seinen tipps). aber: es richtet sich vor allem auch an leute die ihr kind als nicht-muttersprachler mehrsprachig erziehen wollen. von daher hilft es dir vielleicht.

auch in anderen werken (zb."bilingual siblings" von Suzanne Barron-Hauwaert) hab ich immer wieder von erfolgreichen beispielen gelesen bei denen die kinder mehrsprachig erzogen wurden - auch wenn die eltern keine mutterprachler waren.
ABER: es geht leichter mit muttersprachler, das müssen aber nicht unbedingt die eltern sein ;-)

au pair, überhaupt das langjährige kindermädchen, sprachlehrer, sportlehrer, ander bezugspersonen...

ich wünsche dir viel erfolg!

mamemaki

11

Was heisst "hierzulande ist es ueblich"? Das ist doch nicht nur in Deutschland so, sondern generell bei Zweisprachigkeit, dass beide Sprachen von Muttersprachlern dem Kind vermittelt werden sollten. Wenn es nun so ist, dass z.B. beide Eltern deutsch sind, aber in einem nicht deutschsprachigen Land lebt, dann lernt das Kind die zweite Sprache mehr (und richtiger) von der Umgebung, fuer die die zweite Sprache Muttersprache ist, als von den Eltern, die ggfs noch nicht mal wirklich akkzentfrei sauber und grammatikalisch richtig sprechen.

Da kannst du so viel Elan haben wie du moechtest, aber das Kind lernt so ne falsche Aussprache und falsche Grammatik, die es muehsam spaeter wieder verlernen muss.

Also, rein deutsche Eltern in nem deutschsprachigen Land, ohne Muttersprachler der zweiten Sprache in staendigem (taeglichen) Kontakt, das kann man echt knicken.

16

Hallo,

bei uns im Kindergarten gibt es Kinder, deren Eltern NUR in ihrer Muttersprache mit den Kindern sprechen. Selbst können sie fließend deutsch, haben es auch studiert, leben hier seit Jahren (aber nicht seit ihrer eigenen Kindheit). Ihrer kaum hörbaren Fehlerchen sind sie sich aber bewusst.

Ihre Kinder kommen mit 3 Jahren in den Kindergarten, können inzwischen selbst super deutsch. Allerdings ohne den Akzent der Eltern. Also lernten die Kinder von Geburt an die Elternsprache und hörten die Umgebungssprache (hier deutsch). Seit dem Kindergarten sprechen sie super deutsch (Umgebungssprache). Die Eltern sprechen weiterhin Muttersprache mit ihren Kindern, weil sie sich dabei wohler fühlen und eben auch Feinheiten (z.B. Ausdrücke für Gefühle) besser ausdrücken können. Und wenn die Eltern doch mal deutsch mit ihren Kindern sprechen, antworten die Kinder schon mal mit "Mama, das heißt aber .... und nicht ...." eben eine Aussprache mit Akzent.

weiteren Kommentar laden
8

Ich habe über 3 Jahre in Amerika gelebt und mein Englisch ist zumindest so gut, dass ich eine Radioshow moderiert habe, aber ich würde es mir nicht zutrauen, meinen Sohn zweisprachig zu erziehen. Klar, wir hören auch englische Lieder etc an, aber erziehen ist doch was anderes. Ich denke eigentlich nicht, dass es klappen kann, außer ein Elternteil ist wirklich Muttersprachler. Aber hey, who knows, vielleicht klappts ja.

9

Guten Abend!

Allein vom Alter deiner Tochter gesehen würde ich sagen, ist nichts zu spät!

Die Frage ist , wie gut dein Englisch ist und ob du es wirklich durchziehst, mit der Kleinen konsequent Englisch zu sprechen.

Mein Sohn ist bilingual deutsch-englisch, sein Vater ist US-Amerikaner. Mein Sohn ist in den Staaten geboren, Umgebungssprache war im ersten Lebensjahr Englisch, Daddy spricht Englisch mit ihm und ich versuchte, so viel Deutsch wie möglich zu sprechen. Ich kann aus Erfahrung sagen, dass das nicht immer einfach ist. Wenn man von Menschen umgeben ist, die die 2. Sprache (in meinem Fall Deutsch, bei dir Englisch) nicht im Alltag sprechen, dann kann es mitunter unangenehm werden und man muss mit blöden Blicken rechnen. Du wirst wahrscheinlich auf mehr Kritik stoßen und schief angesehen werden, weil du kein Muttersprachler bist. Auch das weiß ich aus eigener Erfahrung.

Denn als ich mich von dem Vater meines Sohnes trennte und mit meinem Kleinen zurück nach Deutschland kam, sah er seinen Vater nicht mehr oft und ich hatte Angst, er würde das Englische "verlernen". Also begann ich, mit ihm Englisch zu sprechen und das Deutschsprechen der Umgebung zu überlassen. Das klappt, vorausgesetzt du sprichst gut und mit nicht allzu starkem Akzent! Aber man wird schief angesehen.
"Wieso sprechen Sie denn Englisch mit ihm? Sie sind doch gar nicht Muttersprachlerin!"

Bei meinem Sohn hat es so aber funktioniert, jedoch hatte er auch Kontakt zu Muttersprachlern, wenn er seinen Daddy oder seine Großeltern in den Staaten besuchte. Ohne Kontakt zu Muttersprachlern weiß ich nicht, in wie weit das wirklich klappt. Ich würde auf jeden Fall sicherstellen, dass deine Tochter ihr Englisch auch aktiv anwenden kann- sonst erscheint es ihr womöglich sinnlos und Spaß und Motivation vergehen ihr eines Tages.

Und jetzt noch ein Beispiel, was passiert, wenn man nicht konsequent vorgeht: Mein Sohn lebt seit seinem achten Lebensjahr auf eigenen Wunsch bei seinem Dad in den Staaten, sieht mich nicht mehr oft und schreibt/telefoniert sonst nur manchmal. Deutsch als Umgebungssprache fiel weg, ich sprach manchmal Englisch, manchmal Deutsch. Die Folge: Mein Sohn war über Weihnachten bei mir und erzählt mir: "Der Pullover muss noch in DIE Schrank!" #heul

Also Fazit: Es ist sicherlich möglich, ich würde aber auf jeden Fall Kontakt zu Muttersprachlern suchen und konsequent vorgehen! Und du solltest dir gut überlegen, ob du das wirklich auf dich nehmen willst.

Good luck and best wishes!

Anja