Erstmal vorweg: Meine Tochter wird im Mai 3 Jahre alt.
Bisher hatte ich eigentlich gedacht, dass ich das mit der Erziehung ganz gut hinkriege. (Klar Fehler macht man immer, gerade als Anfaengerin). Nun ist zur Zeit meine Mutter zu Besuch und schon nagen die Selbstzweifel an mir - obwohl wir beide gar nicht so weit auseinander liegen und man vielleicht sagen koennte, beide Loesungswege sind eigentlich okay.
Hier mal zwei Beispiele:
1) Meine Mutter hat meiner Tochter ein Ausschneidebuch mitgebracht. Sie haben eine Weile schoen zusammen gespielt, dann hat meine Tochter zu meiner Mutter gesagt: "Oma, schneide Du aus!" Meine Mutter hat dann zu ihr gesagt: "Nein, das musst Du selber machen!" Ich nehme an, sie wollte dadurch meine Tochter zu mehr Selbststaendigkeit erziehen und ihr vermitteln, dass Durchhaltevermoegen wichtig ist.
Ich haette in dieser Situation ws. so reagiert: "Okay, ich schneide was fuer Dich aus und Du kannst es aufkleben!" Einfach weil ich gedacht haette, sie ist schon ein bisschen muede, moechte aber trotzdem noch ein bisschen mit mir (bzw. der Oma) spielen. Und sie hatte ja vorher schon auch was selbst ausgeschnitten.
Verwoehne ich da mein Kind zu sehr?
2) Ich erzaehle meiner Mutter eine Situation zwischen einer Bekannten und ihrem Sohn. Der Sohn (2 Jahre alt) hatte in der Kita Bonbons geschenkt bekommen. Die wollte ihm die Mutter nun abnehmen. Er hat dann ein Bonbon bekommen, den Rest hat die Mutter eingesteckt. Daraufhin wurde er sauer und fing an zu weinen. Seine Mutter hat ihn daraufhin geschlagen und mit ihm geschimpft.
Ich habe dann zu meiner Mutter gemeint, dass meine Bekannte auf keinen Fall haette schlagen duerfen, und dass sie ihren Sohn lieber ein bisschen getroestet haette, nachdem sie ihm die Bonbons weggenommen hatte.
Meine Mutter war dann etwas empoert ueber meinen Vorschlag und hat gemeint, es muesse doch Grenzen geben und man koennte doch nicht alles machen, was die Kinder wollen und die muessten auch ein "Nein" akzeptieren lernen. (Dazu, dass er geschlagen wurde, hat sie nichts gesagt, sie ist aber grundsaetzlich dagegen, dass Kinder geschlagen werden.)
Uebertreibe ich, wenn ich mein Kind in so einer Situation troeste? (Mit "troesten" meine ich: Traenen wegwischen, ein bisschen in den Arm nehmen und so was aehnliches sagen wie: "Hey, Du hast doch jetzt ein Bonbon bekommen. Zum Zeitpunkt XY bekommst Du wieder eins. Kuck mal was die Z fuer tolles Spielzeug hat bla bla bla.")
Sorry, ist ein bisschen lang geworden.
Freue mich auf Eure Meinungen!
Gruss,
morgenfrisch
Bin ich nicht streng genug?
Keine Ahnung, ob du nicht streng genug bist, aber ich sehe beide Situationen ähnlich wie du, wäre also auch eher "nicht streng genug".
Es kommt häufiger vor, dass meine Tochter (im Juni 3) beim Ausschneiden, Malen o.ä. irgendwann so halb die Lust verliert aber gleichzeitig nicht aufhören will und dann kommt dieses "Mama, mach du." Manchmal mache ich dann auch (z.B. beim Ausschneiden, weil das für sie wirklich noch anstrengend ist, sie aber gerne weiter Schnipsel aufkleben möchte), manchmal erläutere ich ihr aber auch, dass ich (auch) keine Lust habe alleine weiter zu machen was sie eigentlich unbedingt wollte und dann brechen wir halt ab und machen etwas anderes. Spielen darf mein Kind in dem Alter noch völlig nach dem Lustprinzip, das ändert sich noch früh genug.
Zur anderen Situation: Die Mutter nimmt dem Jungen sein Eigentum weg und schlägt ihn als er das nicht kommentarlos akzeptiert... Geht gar nicht. Auch schimpfen ohne schlagen wäre für mich nicht ok gewesen. Ich hätte ihm auch erklärt, dass er die anderen Bonbons später bekommt und hätte dann einfach versucht, das Thema zu beenden, ggfs. durch Ablenkung.
Die suessigkeiten haette ich nicht abgenommen warum auch? Sie sind ein geschenk und dazu machen wir aus suessen keine grosse sache die es nur auf zuteilung gibt, die stehen auch daheim immer da und keiner muss fragen.
schlagen geht ueberhaupt nicht, da haette ich aber was gesagt.
Ich schließe mich im Großen und Ganzen njeri an.
Zu 1):
was macht es für ein Sinn, dass ein Erwachsener aus dem Ausschneidebuch ausschneidet? Wenn ich den Begriff "Ausschneidebuch" richtig interpretiere, dient es nur zum Ausschneiden irgendwelcher Formen und der eigentliche Spaß liegt im Ausschneiden, nicht im Aufkleben oder sonstiger Weiterverarbeitung (sonst würde man ja gleich Aufkleber oder vorgestanzte Bastelbögen kaufen).
Je nach Tagesform hätte ich vielleicht EINE Form ausgeschnitten, aber auch vorher angekündigt, dass ich nur diese eine Form ausschneide.
Hätte ich gerade keine Lust dazu gehabt (und ich finde Ausschneiden ziemlich doof), hätte ich das meinem Kind auch so gesagt:
"nö, mir macht Ausschneiden keinen Spaß, es ist dein Buch, aber wir können ja mit dem Ausschneiden auch aufhören".
zu 2)
Getröstet hätte ich mein Kind in der Situation auch nicht, denn damit signalisiere ich doch nur "ja, du hast Recht, es ist das schlimmste Unrecht dieser Welt, dass ich dir diese Süßigkeiten weggenommen habe".
Ich hätte meinem Sohn erklärt, dass er Bauchweh bekommt, wenn er alle Süßigkeiten auf einmal ist (wenn es wirklich so viele waren) oder dass er sie nach dem Mittagessen (wenn mein Sohn aus dem Kindergarten kam, gab es immer Mittagessen) haben kann.
Ein Kind zu trösten, das auf die Erziehungsmaßnahmen seiner Eltern sauer ist, halte ich für grundlegend falsch. Verständnis dafür zeigen, dass das Kind sauer ist, weil es aufräumen muss oder eben nicht alle Süßigkeiten auf einmal bekommt, ist natürlich okay.
Deine Beispiele haben für mich aber nichts mit mit "nicht streng genug" zu tun.
LG,
J.
"Ein Kind zu trösten, das auf die Erziehungsmaßnahmen seiner Eltern sauer ist, halte ich für grundlegend falsch. "
Warum eigentlich? Das Kind ist verständlicherweise traurig und/oder wütend, weil es die Bonbons nicht bekommt und weint. Ich kann dann als Mutter völlig teilnahmslos daneben stehen oder gar noch nachtreten ("da brauchste jetzt gar nicht heulen") oder aber die Gefühle meines Kindes verstehen (denn ja, ich kann auch sauer werden, wenn mir einfach was weggenommen wird), Empathie zeigen und auf Weinen mit trösten reagieren.
Die Bonbons gibt es dennoch nicht, da hast Du dann auch Deine vielgepriesene Konsequenz. Zusätzlich lernt mein Kind aber auch noch, dass es okay und nachvollziehbar ist, in der Situation traurig zu sein und Mama immer da ist.
"Getröstet hätte ich mein Kind in der Situation auch nicht, denn damit signalisiere ich doch nur "ja, du hast Recht, es ist das schlimmste Unrecht dieser Welt, dass ich dir diese Süßigkeiten weggenommen habe"."
Und das ist Schwachfug- Begründung siehe oben.
Ich finde du machst das prima.
Ich nehme meinen Kindern auch vieles ab, aber nicht alles.
Zur ausschneidsituation, das eine drei jährige nicht lange durchhält ist klar. Hätte ich Zeit und Lust gehabt, hätte ich so gemacht, wie du es beschreibst, wenn nicht, hätte meine Tochter aufgehört mit dem basteln und gut.
Zu den Bonbons, ich kassiere die auch ein! Weil ich dieses unkontrollierte eingeschlinge von Kindern nicht gut finde. (Bei meiner Großen wäre das nämlich der Fall).
Ansonsten bekommt mein 2 jähriges Kind keinen Bonbon, jedenfalls keine lutschbonbons!!?
Ansonsten hat jeder sein bauchgefühl.
MfG
Ich finde, du verhältst dichn super.
Hallo,
Hier gibt es kein richtig oder falsch!
Deine Mutter geht den klassischen Erziehungsweg (intuitiv) und du, ich schreib mal den modernen Erziehungsweg ((z.b erziehungsratgeber).
Bei dem ersten Beispiel sollten meine Kinder selbstständig arbeiten, hatten sie keine Lust, dann haben sie aufgeräumt waren sie zu müde, dann habe ich selbst weiter geschnitten.
Bei dem zweiten Beispiel, stäubten sich bei mir die haare wer gibt einenem zwei jährigem Kind LUTSCHBONBONs. Hätte ich auch einkassiert. Wenn das Kind weint, meistens in solchen Situationen Krokodilstränen, dann erkläre ich einmal warum und geh weiter. Diese ewige Kind ansprechen, trösten, umarmen, bemuttern etc bringt nicht, dass Kind steigert sich doch nur in etwas hinein. N
Bei meinen Kinder hat das immer gut geklappt, und jetzt ein paar Jahre später sehe ich keine Spätfolgen vom bonbonentzug
Der "klassische" Erziehungsweg, den die Mutter hier gehen würde, ist also "intuitiv"? Dagegen sträubt sich mir jetzt aber alles. Ich hoffe, das steht nirgendwo in einem wissenschaftlichen Buch, denn völlig intuitiv(!) würde ich das als Quatsch abtun. Intuition ist ja nicht immer gleich, sie basiert auf Erfahrungen.
Intuitives Handeln ist Handeln ohne bewusstes Nachdenken über eine mögliche Handlungsstrategie. Also ein sehr natürliches Handeln "aus dem Bauch heraus". Ich denke, dass das eine sehr gute Art ist, seine Kinder zu behandeln, da wir darauf hoffen können, dass die Natur uns in der Evolution mit allem ausgestattet hat, was wir brauchen, um unsere Kinder so zu behandeln, wie sie es zum gesunden Aufwachsen brauchen. Dennoch kann uns unsere Intuition auch täuschen, zum Beispiel, wenn wir nicht auf in unserem Erbgut gespeicherte Strategien zurückgreifen sondern auf erlernte Strategien, was dann ja in der Regel der Erziehungsstil ist, der uns selbst vorgelebt wurde. Der kann ebenso gut wie eben auch ziemlich schädlich sein, je nachdem, was wir für ein Glück hatten mit unseren Eltern und deren Wahl des Erziehungsstiles.
Wer mit dem "klassischen" Erziehungsstil (ich hoffe, darunter verstehen wir annähernd das Gleiche) groß geworden ist, wird vielleicht, wenn er intuitiv erzieht, den gleichen Erziehungsstil wählen, was aber mitnichten im Umkehrschluss bedeuten kann, dass jeder, der intuitiv erzieht, auch den klassischen Stil wählt.
Um noch einmal zur Natürlichkeit zurückzukommen: Ich finde es überhaupt nicht natürlich, zu einem Kind zu sagen: "[Ausschneiden] musst du selbst machen!" Das ist genau das, was ich tatsächlich unter klassischem Erziehungsstil verstehe: Dem Kind schön suggerieren, dass eigentlich angenehme Tätigkeiten in Wirklichkeit eine Pflicht sind und man sich nicht davor drücken kann.
Als natürlich und damit das, was hoffentlich ein Großteil der Menschheit, die nicht durch einen autoritäten Erziehungsstil fehlgeprägt sind, intuitiv machen würde, würde ich empfinden, zu sagen: "Nein danke, ich habe keine Lust, etwas auszuschneiden, aber wenn du nicht mehr möchtest, kannst du/können wir etwas anderes machen."
Danke.
Der erste Absatz könnte von mir sein.
Einen kleinen Kritikpunkt möchte ich dennoch anbringen.
Sinngemäss: >>... Wer klassisch erzogen wurde und dann intuitiv erzieht wird höchstahrscheinlich auch wieder klassisch erziehen...<<
Da würde ich doch erheblich einschränken, wenn nicht gar widersprechen wollen. Bei mir trifft das so zu, allerdings erziehe ich alles andere als "klassisch" im klassischen Sinne... ( ).
Die obige Betrachtungsweise vernachlässigt ja die Erfahrung, die man (hoffentlich) noch macht, wenn man das häuslich elterliche Umfeld hinter sich gelassen hat. Klar Du sagst ja selber "kann", wollte das nur nochmal kurz herausstellen.
Mir kommt da gerade der Gedanke, ob das vielleicht auch ein Faktor ist, warum man den älteren Vater jenseits der 40 (also der jenseits der 40 Vater wird), oft als sehr entspannten Vater erlebt und geschildert bekommt(?)...
Ausschneiden/ basteln/ gemeinsam etwas spielen:
Seit mein Kind alt genug ist (kommt natürlich immer darauf an was wir machen, wie hoch die Skills meines Kindes schon sind, ob mein Kind gesund ist oder fiebert) halte ich mein Kind dazu an so viel wie möglich selbst zu erledigen. Spielen wir ein Tischspiel dann muss(!) mein Kind die eigene Figur selbst bewegen/ selbst eine Karte ziehen/ selbst würfeln. Schneidet mein Kind etwas aus, dann schneidet mein Kind so lange wie es Lust dazu hat. Ich helfe nur bei schwierigeren Ausschneide-Situationen (bzw. gebe Hilfestellung). Hat mein Kind keien Lust mehr auszuschneiden dann wird eben nimmer ausgeschnitten - wo ist das Problem? Das ist das Spielzeug/ Bastelzeug meines Kindes und nicht meines. Wenn ich diese Arbeit übernehme bringt es meinem Kind doch letztlich nix. Sicher, es wird schöner oder geht schneller.... aber der Lerneffekt bleibt aus, die Freude ist geringer als wenn mein Kind es selbständig erledigt hätte.
Beobachtete Situation:
Das erleben wir regelmäßig. Mein Kind bekommt in dem Fall 1 Süßigkeit für den Weg und daheim den Rest bzw. ich räume es daheim weg und teile die Süßigkeit (oder Knabberzeug) ein.
Trösten? Jein, es kommt drauf an. Wenn es Tränen der Traurigkeit sind, dann definitiv. Wenn es reines Wutheulen ist dann kann ich auch schon mal auf Durchzug schalten. Sicher, eine Erklärung von mir kommt so oder so. Immerhin ist die Dringlichkeit der Süßigkeit oder die Situation an sich aus Sicht eines kleinen Kindes anders. Tränen wegwischen? Klar, aber nicht im Sinne von "Ach du armer kleiner Schatz, ich hutzelbutzelknuddel jetzt deine Traurigkeit weg und erlaube dir zum Trost das was du haben wolltest". Sondern im Sinne von Tränen wegwischen um dem Kind die Möglichkeit zu geben etwas zu sehen, einen Schluck zu trinken geben um das doofe Gefühl im Hals wegzuspülen.
Ich gestehe meinem Kind zu bei Bedarf wütend sein zu können. Jeder Mensch ist mal wütend, motzig, traurig,... Da darf ein Kind das auch. Warum soll ich solche Emotionen abpuffern? Man muss früher oder später lernen damit umzugehen.
Für mich hört sich das völlig normal an, was Du da tust und wie Du es siehst...