Wut mit Schlagen und Treten (fast 5 Jahre alt)

Hallo,

vor ziemlich genau einem Jahr habe ich hier schon einmal geschrieben - es ging um unseren jüngeren Sohn. Er ist ein toller kleiner Junge, vielseitig interessiert, redegewandt, hilfsbereit ... aber leider kann er überhaupt kein "Nein" akzeptieren. Das begann sehr früh und spitzt sich immer mehr zu. Inzwischen haut und tritt er nach meinem Mann und mir - dafür finde ich überhaupt keine Worte. Wo soll das hinführen, wenn er älter wird?

Wir haben versucht, ihn zu begleiten, abgewartet, versucht, ihn da "herauszuholen" .... natürlich viel geredet, aber zunehmend wird er körperlich aggressiv. Von uns hat er das ganz sicher nicht und ich bin ganz ehrlich hilflos.

Als Beispiel: Er fragte letztens im Auto, ob er eine Süßigkeit bekommen darf - ich habe verneint, daraufhin hat er gegen den Sitz getreten, seinen Bruder, der unbeteiligt daneben saß, gehauen, Alles, was ihm in die FInger kam (war im Urlaub, Spielzeug auf der Rückbank zur Beschäftigung) in den Fußraum geworfen. Meinem Mann war das Fahren fast unmöglich, so dass er ihn auf einem Parkplatz aus dem Auto genommen hat - nach einer halben Stunde hatte unser Sohn sich kein Stück beruhigt. Er durfte keine Schuhe mehr tragen im Auto (damit der Sitz nicht kaputt getreten wird) und von der Rückbank kam alles weg, damit nichts mehr heruntergeworfen werden kann bzw. nichts kaputt geht. Nach einer Stunde war unser Sohn noch immer wütend und aggressiv.

Heute hat er mit der Wasserpistole aufs Haus gezielt und ich habe ihm gesagt, dass er woandershin zielen solle. Das sah er nicht ein, so dass ich ihm erst angekündigt habe, dass die Pistole wegkommt und da dann auch gemacht habe. Daraufhin hat er direkt nach mir gehauen und getreten, ich habe ihn dann mit ins Haus genommen, wo er zunächst meine Schuhe herumgeworfen und anschließend Spielzeug gezielt auf mich geworfen hat. Als Konsequenz kam dann jeweils das Spielzeug thematisch weg (nachdem zwei Siku-Traktoren geflogen kamen, sind nun alle erstmal weg und ebenso Playmobil).

Ich habe unserem Sohn mehrfach gesagt, dass er meine Schuhe aufheben und sich entschuldigen soll, wenn er sich beruhigt hat und dass er ansonsten zu unseren Bekannten nicht mitfahren kann, weil nur Kinder mitfahren können, die nicht hauen, treten und mit Sachen werfen. Er hat das also auch nur gemacht, weil er gern die Bekannten besuchen wollte.

Wir versuchen, vorhersehbare Konflikte zu besprechen (manchmal erfolgreich), geduldig zu sein, haben ein Wutkissen versucht, sprechen später über das Geschehene und ich habe dennoch das Gefühl, es wird schlimmer. Es ist doch nicht normal, dass fast 5-jährige so reagieren? Vor Allem zieht sich das so dahin, seitdem er ganz klein ist. Uns macht das so traurig, hilflos, wir lieben diesen kleinen Kerl doch! An Inkonsequenz kann es nicht liegen - wenn ich nein sage, bleibe ich auch dabei (bei ihm überlege ich wirklich vorher ganz genau, mit ihm verhandeln klappt gar nicht, mit dem großen Bruder ging das in dem Alter schon eher).

Entstehen solche Konflikte z.B. beim Ins-Bett-Bringen, kam es wirklich schon zweimal vor, dass ich aus dem Zimmer gegangen bin ohne Versöhnung - sonst ruft er oft nach uns, in der Situation rührt er sich gar nicht bis zum Einschlafen, einmal bin ich nochmal hingegangen zum Kuscheln, das zweite Mal war er bereits eingeschlafen.

Habt ihr einen Rat?

Traurige Grüße
murmel2006

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hallo,
puh, das ist schon echt übel! ich würde mir externe hilfe besorgen, angefangen beim kinderarzt, der euch dann weiter überweist. so geht es ja nicht weiter. geht euer sohn schon zum sport? hat er die möglichkeit, sich richtig auszupowern? vielleicht wäre ein boxsack eine möglichkeit, an dem er sich ausboxen / -treten kann?

rastet er auch beim sport, im kindergarten und bei freunden so aus?
lg & alles gute

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Danke für Deine Antwort - ja, er geht zweimal die Woche zum Sport und wir achten auch so darauf, dass wir viel draußen unterwegs sind. I.d.R. gibt es die Ausraster nur in Anwesenheit der Kernfamilie, vor ca. einem Jahr wohl auch im Kindergarten, nach dem altersbedingten Gruppenwechsel dann nicht mehr. Unsere Kinderärztin spreche ich darauf an, allerdings ist sie bei Problemen fürs Nichtstun bekannt und ein Wechsel des Arztes ist hier unerwünscht - die Kidnerärzte scheinen diesbezüglich da eine Absprache zu haben und lehnen die Übernahme von Kindern anderer Kinderärzte ab.

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zur not einfach weiter fahren....so geht es js nicht weiter...

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Hallo Murmel,

ich finde, ihr macht schon wirklich viel, habt die Situationen ja reflektiert, seid konsequent ... und dass dies belastend für euch ist, ist ja verständlich. Ich habe mal von so einem Tagebuch gelesen, fand das ganz gut, ihr habt das ja schon für euch selbst ein bisschen gemacht, aber vielleicht wäre das auch noch eine Idee https://www.adhs-hyperaktivitaet.de/wutanfaelle_bei_kindern.htm (auch wenn die Seite "adhs" heißt, ich finde der Artikel ist eher über Wutanfälle allgemein und ich will auch nicht sagen, dass dein Kind ADHS hätte oder so was!!).

Sonst würde ich mich an euerer Stelle mal eine Erziehungsberatung wenden vielleicht findest du hier etwas in deiner Nähe http://www.jugendschutz-thueringen.de/erziehungsberatung.html oder hier http://www.bke.de/ (da kann man wohl auch online Rat suchen) ... denn es klingt wie gesagt schon sehr belastend und anstrengend für deine ganze Familie, auch den kleinen Bruder!!

Alles Gute für euch!

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Vielen, vielen Dank euch Allen - @shorty23: Die online-Beratung habe ich direkt in Anspruch genommen und den Text über Wutanfälle gelesen - bei vielem denke ich da, das machen wir schon richtig, bei den anderen Punkten bin ich tatsächlich ratlos.

Aber ich habe eine Kinderpsychologin gefunden und direkt einen Termin gemacht, wir müssen auch nur zwei Wochen warten.

Hoffentlich kriegen wir das zusammen irgendwie hin...

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Bestimmt kriegt ihr das zusammen hin! Alles Gute auf jeden Fall und toll, dass ihr bald zu der Kinderpsychologin könnt!

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Hallo,

Ihr seid zwar konsequent, verständnisvoll, redet viel und es gibt auch Ärger in dem Sinne, dass Spielzeug weg kommt, wenn er sich so verhält, aber werdet Ihr denn mal richtig sauer, wenn er haut?

Ich habe das Gefühl, Euer Sohn testet und testet und da kommt nur Gerede und Kleinkram, also mal für eine Weile etwas Spielzeug weg, aber davon haben die Kinder heutzutage ja in der Regel eh viel zu viel. Dann spielt er eben mal einen Tag lang mit anderen Sachen.

Bei der Geschichte im Auto hätte ich so schnell, wie möglich angehalten, das Kind aus dem Auto gezerrt und ihm eine Standpauke gehalten, dass ihm die Ohren geklingelt hätten. Wenn er dann weiter gebockt hätte, hätte ich mit meinem Mann einen Ort vereinbart, wo man sich wieder trifft (also, wenn man sich in der Gegend auskennt) und dann hätte der junge Mann seine Wut bei einem Fußmarsch abkühlen können mit der Ankündigung, dass das beim nächsten Wutanfall im Auto wieder so läuft.
Das ist im Auto ja nicht nur nervig, sondern auch gefährlich, weil es den Fahrer ablenkt.

Wenn unsere Kinder mich gehauen oder getreten haben, habe ich sie mir unter den Arm geklemmt und sie in ihr Zimmer verfrachtet, wo sie sich die nächsten Minuten alleine abregen konnten.
Und dann auch so Sachen, wie dass sie irgendwohin nicht mit durften.

"Er hat das also auch nur gemacht, weil er gern die Bekannten besuchen wollte."

Ja, und?
Ist doch egal, warum er es macht. Hauptsache, er tut es erstmal. Die Einsicht, warum man vor Wut nicht das Haus zerlegen darf und dass man verursachte Schäden wieder gut machen sollte, kommt schon noch, wenn er älter ist.

Ihr erwartet zu viel Verständnis und Einsicht von einem Kind in dem Alter.

Das Kind denkt nicht: "Wenn ich mich so asozial verhalten, beeinträchtige ich die Harmonie in der Familie und verursache bei allen schlechte Laune. Deswegen sollte ich mir andere Strategien zum Umgang mit meiner Wut suchen."
Das Kind denkt: "Ich bin sauer und will etwas/jemanden schlagen oder etwas herum werfen! Aber dann darf ich nachher wieder nicht mit zu XY. Vielleicht sollte ich das doch lieber bleiben lassen."

LG

Heike

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Hallo,

ich bezweifle, daß Dein Ansatz mit Standpauke u.ä. etwas bringt, wenn die Ursachen organischer oder psychischer Natur sein können.

LG
Lexy

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Doch - natürlich sind wir sauer und lassen ihn das auch merken. Gehe ich auf Augenhöhe, sehe ihm in die Augen und sagte mit fester Stimme "Ich möchte, dass du ..." passiert NICHTS - womöglich hält er sich Augen und Ohren zu. Das geht überhaupt nicht! Obgleich ich Erziehungswissenschaften studiert habe, mir immer wieder mögliche Fehler vor Augen halte und überlege, was ich tue oder lasse ist die Situation so traurig.

Wenn ich seinem Bruder im gleichen Alter solche Standpauken gehalten hätte, wie jetzt unserem kleinen Sohn, hätte der sicher drei Tage durchgeheult.

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Hallo,

wechsle den Kinderarzt und laß Dein Kind durchchecken - Hormonwerte, Blutwerte, Schilddrüsenwerte usw. Auch ein Untersuchung, ob Wahrnehmungstörungen oder Entwicklungsverzögerungen vorliegen, sollte erfolgen.

LG
Lexy

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Hallo,

ich kenne das mein Sohn ist genauso gewesen. Recht schlau und gewieft aber wehe es lief nicht so wie er es sich vorgestellt hat.

Hauen schreien kratzen beißen Dinge werfen usw.

Das fand ausschließlich hier zuhause statt. Mir hat einige Jahre niemand geglaubt wenn ich gesagt das er auch andere Seiten wie "zuckersüß" und "gut erzogen" hat.

Mein Mann hat das ganze Drama mal gefilmt und das haben wir dann mal gezeigt. In der Familienberatungsstelle hier vor Ort war die Dame auf dem Trip das wir Eltern an dem Verhalten unseres Sohnes schuld seien und blablabla. Ich wollte Hilfe keine Vorwürfe nach 5 Gesprächen habe ich das ganze wieder abgebrochen. Dann war ich mit ihm beim Kinderpsychologen die dann abgeklärt haben ob er Ads oder was anderes hat. Hat natürlich nix der Kerl allerdings sei er überdurchschnittlich Intelligent. Dafür hätte ich keinen Test gebraucht das war mir schon klar. Die haben uns an einen Kindertherapeuten verwiesen und da ging er 5 Jahre lange einmal die Woche hin. Es wurde mal besser mal schlimmer und vor 3 Jahren fand das ganze seinen Höhepunkt. Er hat mir aus versehen den Finger gebrochen als er so ausgeflippt ist und das war sein Wendepunkt. Seither ist er friedlicher weil er eigentlich niemandem weh tun will. Wenn es jetzt nicht so geht wie er will dann diskutiert er, auch gerne mal unter der Gürtellinie;

Er ist jetzt 16 und ich sehe seine Fortschritte aber er ist anstrengend und wir beide geraten häufig aneinander aber nicht mehr körperlich.

Die Wut gehört zu deinem Kind und er muss lernen damit umzugehen. Das ist für euch nicht leicht und man gerät an seine Grenzen vor allem weil es zu Situationen kommen kann wo es gefährlich werden kann.
Ihr müsst aufpassen das es nicht zum Machtkampf kommt.

Ich bin froh das ich Hilfe hatte von außen denn sein Therapeut hat oft zwischen uns vermittelt was uns beiden geholfen hat wieder miteinander umzugehen.

LG
Corinna