Was taugen Erziehungskonzepte? Hier werden verschiedene Ansätze erklärt und Anekdoten ausgetauscht.
Ein Tipp vom urbia Team

Erziehungsfrei, oder: "Antipädagogik"

Hallo

Zugegeben: davon habe ich nun zum ersten Mal gelesen. Ein neuer "Trend" sei das.
Kann mich jemand aufklären?
Findet Erziehung nicht automatisch statt? Woher kommen diese Pädagogik-Hater und was wollen sie? Geht es um lassez-faire? Hatten wir das nicht schon einmal als realitätsfernes Konzept enttarnt?
Ich hatte grade Attachment Parenting verstanden (aka "Gesunder Menschenversand" mit einer Prise Öko), da kommt schon wieder das neue Thema um die Ecke. Nicht, dass ich mich oder meine "Erziehung" einem Konzept unterwerfen würde aber ich hole mir gern Anregungen!

Habt ihr davon gehört oder lebt ihr nach diesem Prinzip?

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Neu? Neu ist das sicherlich nicht, es gab schon immer Eltern, die ihre Kinder in jeglicher Hinsicht vernachlässigt haben. Und nichts weiter ist fehlende Erziehung ja. Gabs auch schon zu meiner Zeit.

Kennst Du nicht den uralten Witz? Eine Schlange an der Kasse im Supermarkt. Ein Kind schubst immer wieder den Einkaufswagen in den Rücken des vor ihm stehenden jungen Mannes. Dieser dreht sich irgendwann um und sagt zur Mutter: "Können sie ihrem Kind bitte mal sagen, dass es damit aufhören soll?". Die Mutter antwortet gleichgültig: "Nein, mein Kind darf machen, was es will. Es ist antiautoritär erzogen!". Daraufhin nimmt der junge Mann ein Glas Honig vom Band, schüttet das der Mutter über den Kopf und sagt: "Na das ist ja witzig, ich nämlich auch!".

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Jeder kann/darf/soll seine Kinder erziehen wie er es möchte, da eh alle Eltern denken/meinen sie machen es am Besten#augen. Die Wahrheit zeigt sich im Laufe der Jahre bis zum Erwachsen werden.
Die Wahrheiten der richtigen Erziehung sieht man dann im Alltag, ob Spielplatz, Schule und ect.
Frag mich nur immer, warum soviele Kinder auf Eltern nicht hören, andere Kinder schlagen oder mobben, klauen, lügen, Schule schwänzen. Warum die Statistik von kriminelle Kinder im Alter ab 12 jährlich so rasant ansteigt.Garantiert nicht von guter bzw. der richtigen Erziehung.#gruebel

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Zum Teil vermutlich weil immer mehr Eltern immer weniger Zeit für das Großziehen ihrer Kinder zur Verfügung haben, weil die Qualität der Betreuung mit der wachsenden Nachfrage immer mehr nachlässt (Stichwort Quereinsteiger wie Bundeswehrsoldaten als Erzieher mit verkürzter Lehrzeit), und weil Kindern die Zeit fehlt sich "selber zu finden und zu festigen".

Ich finde Kinder brauchen neben der passenden Erziehung auch Zeit und Raum um sich zu entwickeln und die sehe ich bei vielen Kindern heute nur noch beschränkt.

LG
Pikku

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Wo kann ich das nachlesen? Statistisches Bundesamt? Hast du eine Quelle für den rasanten Anstieg?

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Hallo
Wenn ich das richtig verstanden habe ist das für mich zum einen das andere Extrem zu sehr strenger Erziehung und zum anderen so extrem kaum umsetzbar, eben weil Erziehung ja wirklich auch einfach so läuft und gewisse Dinge einfach sein müssen. Letztendlich wird sowas von solchen Eltern zwar anders genannt aber für mich ist es das gleiche.
Wie bei vielen auch finde ich die Mitte gut, wenn auch mit einer Tendenz zu "Locker".
Neben der persönlichen Einstellung zu dem Thema Erziehung weiß ich natürlich aber auch dass das nicht bei allen Kindern so gehen würde.

LG

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"Neben der persönlichen Einstellung zu dem Thema Erziehung weiß ich natürlich aber auch dass das nicht bei allen Kindern so gehen würde."

Das ist genau der Punkt finde ich, wir orientieren uns ja ein kleines bisschen bei Montessori und fahren mit unserem Lütten extrem gut damit, ich kenne aber einige Kinder bei denen ich selber der Meinung bin dass das was wir machen nicht gut funktionieren würde.

Ich habe inzwischen auch meine Meinung zu den Reformpädagogik-Schulen geändert, früher fand ich die alle nicht gut, heute denke ich mir wenn man merkt dass sein Kind eh nicht studieren wird und eher z.B. einen kreativen Laufweg einschlagen wird, und in der Regelschule nur noch am Kämpfen ist, warum nicht auf eine der alternativen Schulformen.

LG
Pikku

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Hallo,

ich denke, daß solche erziehungsfreien Konzepte alle Jahre wieder mit neuem Namen aus der Mottenkiste geholt werden, hat hauptsächlich zwei Gründe.

Der eine Grund ist, dass die Idee, dass man Kinder ohne Konflikte mit ihnen, allein durch Vorleben und Erklärungen erziehen kann, grundsätzlich ziemlich attraktiv ist.

Der andere Grund ist, dass viele Menschen aus Prinzip glauben, dass die Generationen vor ihnen nicht so fähig waren, wie sie selbst. Die waren engstirnig, dumm, altmodisch, weltfremd usw. und die aktuelle Generation kann es eben einfach besser.
Das ist nicht nur im Bereich Erziehung so.

Diese Menschen merken gar nicht, wie dumm sie selbst sind, weil sie genau den gleichen Mist machen, an dem schon die Generationen vor ihnen gescheitert sind, was sie auch gewusst hätten, wenn sie es nicht für unter ihrer Würde gehalten hätten, sich (in diesem Fall hier) mit der Geschichte von Erziehungsmethoden zu befassen.

Diesen preußischen Erziehungsstil, gegen den diese Leute heutzutage immer noch meinen, Sturm laufen zu müssen, gibt es gar nicht mehr, oder nur noch in absoluten Einzelfällen. Den gab es schon in meiner Kindheit kaum noch. (Ich bin Jahrgang 1975.)
Auch damals war man in der modernen Pädagogik schon der Meinung, dass Kinder eine eigene Meinung haben und äußern dürfen, und dass man sie nicht schlagen oder verbal fertig machen darf. Damals gab es auch schon Eltern, die ihre Kinder nur sanft besäuselten und mit Erklärungen verfolgten, wenn die nicht hören wollten und, im Extremfall, gab es eben auch die Antiautoritäre Erziehung (die damals genauso wenig funktionierte, wie heute mit neuem Namen).

Ich erziehe ungefähr so, wie meine Eltern und nach Bauchgefühl. Ich bin sogar strenger als meine Mutter, weil ich der Meinung bin, dass der lange Zügel mir damals nicht gut getan hat.
Kinder brauchen Grenzen. Die sorgen nicht nur dafür, dass man nicht irgendwann Trump Junior im Haus hat, sondern auch dafür, dass das Kind einen sicheren Bereich hat, in dem es weiß, was richtig und was falsch ist, und so Selbstbewußtsein entwickeln kann.
Dass das nicht ohne Konflikte funktioniert, ist klar. Aber das ist normal.
Dass man seine Kinder dabei nicht total unterdrückt, sondern dass sie, in gewissem Rahmen, mitentscheiden dürfen, ist auch klar.
Wenn ich mir unsere Kinder (7 und 9) angucke, kann unser Erziehungsansatz so falsch nicht sein. ;-)

Ehrlich gesagt, ist mir ziemlich egal, was irgendwelchen Leuten alle Jahre wieder an (angeblich neuen) Erziehungsmethoden einfällt.

Für Kinder wird sowieso niemand jemals DIE Bedienungsanleitung finden, wie für eine Waschmaschine. Was bei dem einem Kind funktioniert, klappt beim nächsten überhaupt nicht. Da muss jede Familie mit ihren individuell verschiedenen Kindern die richtigen Wege finden.

Allerdings bin ich mir bei der Antiautoritären Erziehung sich, dass die keinem Kind gut tut.
Ich kenne eine Jugendliche, die im Kindergarten- und frühen Grundschulalter grenzenlos erzogen, und zugleich sehr behütet wurde. Im Kindergarten- und Grundschulalter war sie das unmöglichste Kind, was mir je begegnet ist. Dann hat die Mutter doch mal mit dem Erziehen angefangen, weil sie das Kind selbst nicht mehr ertragen konnte. Das Mädchen kann sich heute benehmen, aber sie ist ein zutiefst unsicherer Mensch und kommt in Gruppen von Gleichaltrigen nicht zurecht.

LG

Heike

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Ich denke, du irrst dich. Dass Dinge immer mal wieder neu aufkommen hat denke ich nichts damit zu tun, dass wir vergessen, dass andere schon damit gescheitert sind.

Ich denke, bei jeder guten Idee gibt es immer ein paar intelligente Vorreiter und auch einige ebenfalls intelligente Nachahmer, die das Konzept gut umsetzen können oder sogar noch bereichern. Und dann gibt es immer jede Menge Trittbrettfahrer, die nicht die nötige Intelligenz oder Geduld haben, um ein Konzept so richtig zu durchschauen und gut umzusetzen. Vielleicht sind sie auch gerade an dem letzten Konzept gescheitert sind, das sie nachahmen wollten oder vielleicht passen die anderen möglichen Ideen noch schlechter zu ihren Fähigkeiten. Jedenfalls klammern sie sich jetzt an die neue Idee und versuchen, durch diese nun endlich ihr Heil zu finden. Diese setzen das Konzept dann entweder halbherzig oder übertrieben oder irgendwie anders falsch um und scheitern grandios. Und dann haben wir immer noch jede Menge skeptische Beobachter, die sich die Bewegung angucken und nach Fehlern suchen. Diese betrachten jedoch alle Anhänger der Idee als Gesamtheit und sehen dann natürlich vor allem die große Menge derjenigen, die die Idee eben nicht so gut umsetzen. Diesen Skeptikern schließen sich dann nach und nach all diejenigen an, die an der Idee gescheitert sind und wenn der Hype dann vorbei ist, ist fast allen klar: Das war total bescheuert. Übrig bleibt eine kleine Gruppe, die noch von der Idee überzeugt ist, aber nun weitgehend ungehört bleibt. Die schreiben vielleicht noch ein paar Bücher und sichern so, dass die Idee in der nächsten Generation ein Revival erfahren kann, mit neuem Namen, neuen Anhängern und vermutlich dem gleichen Ausgang.

Das macht eine gute Idee aber nicht schlecht, die Menschen müssen einfach nur etwas cleverer werden ;-)

Im Bereich Attachment Parenting / unerzogen / freilernen treffe ich zum Beispiel relativ viele Eltern, die sich vermutlich diesen Ideen zugewendet haben, weil sie ihren Kindern nicht so gerne Grenzen aufzeigen wollen. Ich erlebe dort glückliche, kreative, selbstbewusste, aber auch wirklich unhöfliche Kinder. Kinder von 7-12, die in einen Raum voller Erwachsener, die gerade eine Art Meeting haben, hereinplatzen und nörgelnd, laut und gebieterisch verlangen, dass die Eltern jetzt mit ihnen spielen kommen. Und Eltern, die dem nachkommen. Ich würde mich so von meiner Tochter nicht behandeln lassen. Ich messe einem Meeting eine höhere Priorität bei als einem Spiel. Das wird meine Tochter entweder verstehen oder ich werde es ihr mitteilen. Dass die anderen Eltern das anders praktizieren, heißt aber nicht, dass dies nun unbedingt Bestandteil der unerzogen-Idee ist, sondern eher, dass sich vor allem diese Eltern, die Probleme damit haben, ihre eigenen Grenzen zu verteidigen, von der Idee angezogen fühlen.

Bei der unerzogen-Idee geht es durchaus darum, seine eigenen Grenzen zu wahren. Was man nicht tun soll, ist, dem anderen Grenzen aufzuzwingen, die willkürlich gesetzt sind. Das zu verstehen, dazu ist jedoch nicht jeder in der Lage.

Beispiel: Das Kind möchte abends nicht schlafen, sondern mit mir spielen. Ich als Elternteil bin jedoch müde.

Herkömmliche Erziehung: Das Kind muss schlafen gehen.

Unerzogen: Ich gehe schlafen und das Kind darf selbst entscheiden. Sicherheit muss natürlich gewährleistet sein (je nach Alter des Kindes)

Menschen, die ihre Kinder nicht weinen sehen wollen: Spielen solange weiter, bis das Kind bereit ist, zu schlafen.

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Ich bin Jahrgang 1954 und meine Eltern hatten auch schon keinen preußischen Erziehungsstil mehr. Meine Mutter war autoritär bis zum Abwinken, aber das hatte ganz andere Gründe und nichts Preußisches.
Ansonsten unterstreiche ich alles, was Du schreibst, vollinhaltlich.
Alle paar Jahre wird eine andere Kuh durchs Dorf getrieben, egal, ob es Kindererziehung, Ernährung, Schönheit oder was auch immer betrifft.
Liebe, klare Grenzen und viel Humor sowie Respekt für Mitmenschen und Tiere......es kann so einfach sein. Allerdings gehe ich nun vom einigermaßen "normalen" Durchschnittskind/-familie aus.
Manche Probleme brauchen natürlich auch andere Verfahren.
LG Moni

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Ich glaube, neu ist das alles gar nicht. Manchen Konzepte kommen mit neuen Namen daher, und Sachen wie AP werden seit jeher praktiziert, vor allem Stichwort Familienbett, tragen etc. So haben Menschen früher zusammen gelebt und in vielen anderen Kulturen ist das alles immer noch Gang und Gebe.

Ich finde das unerzogen Konzept, im englischen 'positive parenting' (oder wie auch immer man es nennen mag) gut. Es setzt auf Beziehung statt Erziehung. Das Kind wird angenommen wie es ist und man geht eben nicht davon aus, dass es erst noch erzogen werden muss. In dem wir mit unseren Kindern zusammen leben und unsere Grenzen offen und ehrlich kommunizieren lernen sie ganz von selbst Grenzen und regeln. Auch geht es nicht darum, seinen eigenen Willen durchzusetzen oder dem Kind alles durch gehen zu lassen sondern eben einen Kompromiss zu finden, der für alle passt. Von diesen geselschatlichen Regeln wie zB "es wird nur am Tisch gegessen" oder man "muss einen Schlafanzug zum schlafen tragen" weil man das eben so macht haben wie eh noch nie viel gehalten.

Ich persönlich finde die Beziehung zu meinem Kind das allerwichtigste und ich merke, wenn ich ehrlich und offen kommuniziere (ich bin jetzt wirklich müde und möchte gerne kurz meine Ruhe. Kannst du bitte das laute Spielzeug weg tun und was lesen oder Musik hören?) anstatt es mit der Hau Ruck Methode zu probieren (leg das laute Zeug jetzt weg! Hörst du? Leg das laute Spielzeug weg! Ich Zähl bis 3.. ) komme ich viel, viel weiter.

Wenn du Interesse hast, kannst du dich ja bei Jesper Juul mal einlesen. Er ist nicht explizit unerzogen, aber auch bei ihm steht die Beziehung im Mittelpunkt.

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Meine Kinder dürfen auch nur am Tisch essen. Ich habe nämlich keine Lust dauernd durchs Haus zu rennen und Krümel auf zu saugen. Ist also meine Grenze und gleichzeitig eine gesellschaftlich anerkannte Regel. So ist es doch meistens.

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Ist doch auch absolut ok. Hauptmahlzeiten, für die Besteck gebraucht wird, werden bei uns auch am Tisch eingenommen. Aber unsere Kinder müssen sich nicht für jeden Apfel an den Tisch setzen. Mach ich ja auch nicht, ich esse auch gerne mal eine Banane auf der Couch. Außerdem hab ich einen guten handstaubsauger ;-)

Das sind ja alles Sachen, die jede Familie selbst entscheiden muss. Ebenso ob man das Kind ohne Jacke rausschickt, ob bei 15 Grad eine kurze Hose getragen werden darf und und und. Viel wichtiger ist doch, wie ich dann damit umgehe, wenn mein Kind was möchte aber meine Grenze erreicht ist. Steh ich ihm bei, wenn es zB weint oder tobt oder bestraf ich es für sein Verhalten. Letzteres ist zB nich unser Weg.

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Zu dem Thema kann ich viel sagen, mal gucken, wie viel es wird. #schein

Erstmal haben diejenigen, die Erziehung praktizieren und diejenigen, die sie ablehnen, eine andere Definition von Erziehung. Es gibt also einen relativ großen Teil von Interaktion mit dem Kind, den beide Lager tun und befürworten, den die einen ganz selbstverständlich mit zu "Erziehung" zählen, die anderen jedoch bewusst davon abgrenzen.

Insbesondere lehnen die Gegner schon das Wort "Erziehung" und die damit verbundene Vorstellung von Kindern ab. Wir Erwachsenen sind groß und fähig, Kinder sind klein und irgendwie unfertig. Sie brauchen unser Einwirken, damit sie auch mal so groß und fähig werden wie wir. Deshalb "ziehen" wir sie quasi durch stete Maßnahmen zu uns empor. Wir ziehen sie uns heran, so wie es von uns und der Gesellschaft erwünscht ist. Die Kinder sind die passiven Empfänger dieser Maßnahmen.

In einer ganz anderen Weltanschauung, bringen Kinder bereits alles mit, das sie brauchen, um sich in die Gesellschaft einzufügen. Die Fähigkeit, andere Menschen zu beobachten und den Willen, so zu sein wie die älteren, die sie umgeben. Die Bereitschaft, unermüdlich die Handlungen durchzuführen, die sie bei anderen beobachten, um Schritt für Schritt deren Sinn zu erkennen und deren Durchführung zu verbessern. Wir müssen sie nicht aktiv zu unserem Ebenbild formen, wir müssen ihnen nur die Gelegenheit geben, uns zu beobachten und nachzuahmen. Natürlich müssen wir dabei unsere eigenen Grenzen verteidigen, weil Kinder diese manchmal im Eifer des Gefechts überschreiten. Das ist dann jedoch keine "Erziehung", sondern eine normale Abwehrreaktion, die wir im Normalfall jedem Menschen gegenüber zeigen würden.

Ich lebe so mit meiner Tochter, wobei ich keinem gheimen Club oder sonst einer Organisation von unerzogen-Anhängern angehöre und somit kann ich nicht genau sagen, ob andere das genauso sehen würden, dass wir wirklich das "unerzogen-Weltbild" leben. Meine Tochter darf durchaus öfter mal Dinge nicht tun, sie weint auch mal, weil ich sie auf einem Spaziergang nicht trage und der Papa eben gerade nicht zur Verfügung steht. Worauf ich immer achte, ist, dass ich bei den Dingen, die ich von ihr verlange, nicht das Gefühl habe, es für ihre "Erziehung" zu tun. Wenn sie etwas tun oder lassen soll, das ihr widerstrebt, dann geht es in der Regel um mein Bedürfnis, nicht darum, dass es "zu ihrem Besten" ist (Sicherheitsfragen ausgenommen) Das ist manchmal nicht so leicht, abzugrenzen.

Sie muss nicht die Hand geben zur Begrüßung. Sie muss das niemals tun. Irgendwann wird sie alt genug sein, um zu verstehen, was Höflichkeit ist und aus welchem Grund Menschen sich höflich verhalten. Ob sie dann für sich entscheidet, dass sie niemals höflich sein möchte, geht mich nichts an.

Sie darf ins Bett gehen, wann sie möchte. Es ist ihr Körper, ihre Entscheidung.

Sie darf jedoch keine Süßigkeiten essen, wann sie möchte. Süßigkeiten kosten viel Geld für fast ausschließlich Müll, den man in sich reinfuttert, ich möchte darüber die Entscheidung haben, wie schnell die Vorräte aufgebraucht sind. Für bestimmte Gelegenheiten möchte ich Kekse dahaben, um uns beiden das Leben angenehmer zu machen (Ausflüge, längere Autofahrten), da will ich dann nicht jedes Mal neue kaufen müssen. Wenn sie irgendwann weiß, welche Süßigkeiten sie selbst geschenkt bekommen hat, wird sich da sicher nochmal was verschieben.

Sie darf nicht entscheiden, wann sie getragen wird, denn es ist mein Körper, der sie tragen muss. Natürlich darf sie darum bitten und ich wäge dann ihren Wunsch gegen meinen ab.

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Sie muss nicht die Hand geben zur Begrüßung, okay, kann ich noch nachvollziehen.
Muss sie überhaupt grüßen oder kann sie das auch selber entscheiden? Wenn jemand hallo zu ihr sagt, dann darf sie das ignorieren, weil sie "noch nicht weiß, was Höflichkeit ist?"
Das finde ich seltsam, denn Respekt und Höflichkeit lernt man nicht von alleine und leider erlebe ich bei vielen Kindern und Heranwachsenden in meinem Umfeld "was Hänschen nicht lernt......". Hat nichts mit Zwang und Drill zu tun, sondern mit anständigem Miteinander.
Sieht übrigens meine Tochter auch so. Ihre Tochter musste auch nicht unbedingt die Hand geben, aber zu grüßen beim Dazukommen und verabschieden beim Gehen ist genauso selbstverständlich wie Bitte und Danke (was Deine Tochter sicher auch nicht sagen muss?). Vielleicht sollten manche Eltern auch mal begreifen, dass Kinder es in Schule und Beruf mit dem richtigen mitgegebenen Rüstzeug auch leichter haben.
Somit machst DU es ihr absichtlich schwer, wenn Du ihr dieses nicht mitgibst und es Dir egal ist, wenn sie sich entscheidet, ein unhöflicher Mensch zu werden. Eine ziemlich krude Ansicht.
LG Moni

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Hi,
Vorweg, meine Tochter ist mit 3 noch sehr klein, ich bin mir bewusst, dass mein erzieherischen Ziele möglicherweise komplett über den Haufen geworfen werden, wenn sie erstmal älter wird.

Aber ich bin im Grunde der gleichen Meinung wie unilein, mir gefällt diese Weltsicht und auch Menschensicht.
Meine Tochter fängt gerade an, ganz von alleine Danke zu sagen. Bitte sagt sie schon lange im Sinne von "Darf ich bitte dies und das haben" aber auch wenn sie jemandem etwas gibt. Nicht immer, und auch nicht bei jedem.

Ich habe noch nie gesagt 'Was sagt man da?' wie man es dauernd bei den Leuten sieht, die das Kind dann am Arm festhalten bis das gewünschte Wort gemurmelt wird. Ich habe meiner Tochter immer gesagt, dass es andere Leute froh macht, wenn sie danke sagt. Dass man das sagt, wenn man etwas von jemandem bekommt oder jemand etwas für einen macht.

Übrigens hasst meine Tochter es, sich zu verabschieden. Sie weiß was das ist, sie kann es auch, aber sie hasst es. Vielleicht, weil das eben bedeutet, dass die Person, der man Tschüss sagt dann erstmal nicht mehr da ist - ist ja auch erstmal was trauriges. Ich sage auch hier, dass es die Leute froh macht, wenn man tschüss sagt. Nicht, dass "man das so macht", diese Begründung finde ich einfach so falsch. Ich würde sie nicht zwingen, tschüss zu sagen, wenn ihr ganzer Körper und Gebaren sich dagegen wehrt.
Ein 'Sie mag das nicht, sich zu verabschieden. Tschüss, bis bald.' zu der anderen Person und fertig. Mit einem Satz hab ich ihre Gemütslage verbalisiert und dem Gegenüber erklärt, was los ist und so der gesellschaftlichen Norm entsprochen.
Sie wird das schon noch verstehen.

Ich erwarte jetzt wie gesagt eh Antworten wie dass sie ja erst 3 sei. Aber ich ibn mir sicher, dass der Grundstein für soziales Miteinander jetzt gelegt wird. Und mir ist eben wichtig, dass sie solche abstrakten "Füll"Worte wie Danke, Bitte, Tschüss, Entschuldigung, gern geschehen usw. sagt, weil sie das möchte, weil sie merkt, dass alle um sie rum das machen, dass es eine positive Reaktion hervorbringt, und nicht weil es sonst Ärger gibt.

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Meine Schwester erzählte mir kürzlich von so einem "laissez faire" Erziehungsstil im Freundeskreis. Sie ist kinderlos aber war so entsetzt wie ich.
Dieses befreudete Pärchen lässt seine Kinder schlicht alles machen was die wollen. KeineAhnung wie das im Alltag umsetzbar sein soll aber ein paar beobachtete Beispiele : Die 5 Jährige wollte in einen Babyhochstuhl, also war das ok. Hatte keine Lust auf Kleidung unten rum also ließen sie ihre Eltern nackt durch die Straßen Berlins ziehen, und alsdie Kleine mal musste ging sie dafür wieein Hund an den nächsten Baum.
Furchtbar peinlich und widerlich finde ich solche Eltern, aber offensichtlich gelten sie im Freundes- und Bekanntenkreis als öko, cool, und locker, ließen sich wohl auch beim Sex für eine Zeitschrift ablichten.
Mir persönlich fällt da nur ein: die armen Kinder. Irgendwann werden sie bestimmt mal inFrage stellen was ihre Eltern da so anerzogen odereben NICHT anerzogen haben... und sicher werden sie das ein oder andere Problem beim Integrieren in eine Gesellschaft kriegen...
Dann dachte ich aber auch wieder eigentlich haben die Eltern mein Mitleid. Denn offensichtlich ist "laissez faire" eine Form der Überforderung und Schwäche, gegenüber den eigenen Kindern.

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Du kannst ja wie immer nicht alles ueber einen Kamm scheren.

Ich hab mal gelesen, dass eine Frau ihr Kind bei -10 Grad nackt draussen hat rumlaufen lassen, weil es sich nicht angezogen hat. Gegen sie wurde dann wegen Koerperverletzung (glaube ich?) ermittelt, weil der Kleine Erfrierungen hatte. Sowas ist natuerlich einfach total bekloppt. Finde den Link dazu gerade nicht. Ist schon was her.

Das heisst aber nicht, dass es generell schlecht ist, zu versuchen auch den Wuenschen des Kindes zu entsprechen.
Ich sehe z.B. kein Problem dabei, wenn die 5 jaehrige im Hochstuhl sitzt, solang dieser nicht von einem anderen Kleinkind benoetigt wird.

Das sind aber alles nur zwei klitzekleine Beispiele von vielen.

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Oh, da ist der Link. Ganz so krass war es dann doch nicht, entschuldigung.
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/persoenlichkeitsrechte-anwaeltin-radelt-mit-nacktem-kleinkind-durch-muenchen-a-584587.html

Immernoch bekloppt :)

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Zu deiner Frage ist mir noch eingefallen, dass man nicht nicht erziehen kann. Auch Antipädagogik ist Pädagogik. Wenn ich das Verhalten meines Kindes dulde und ertrage, dann ist das auch ein Statement gegenüber dem Kind.

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Ich hab davon schon gehört. Kenne auch solche Kinder, das sind ziemliche "Goldstücke". ;-)

Eins denkt, es könne selber die Regeln für alles bestimmen. Das Mädel kriegt einen Schreianfall wenn es nicht als erstes eine Treppe hinuntergehen darf, und sich auch sonst keiner nach "ihren" Regeln richtet. Da scheint das "Vorbild" der Eltern (Bankerin und Lehrer) nichts genutzt zu haben und es ist auch im Kindergarten nicht besser geworden. Die anderen Kinder meiden sie oft, weil: wer will im Ernst mit so jemandem spielen?

Ich selber habe schon eher bürgerlich-traditionelle Ansprüche: ich möchte, dass meine Kinder abends um 20 Uhr pünktlich im Bett liegen, am Tisch manierlich mit Besteck essen, ihren Teller in die Küche tragen, auf mich im Großen und Ganzen halbwegs hören, grüßen und ein Gespräch führen können, im Restaurant andere Leute nicht beim Essen stören, sich auch mal nach anderen richten können, abwechseln können, bitte und danke und ja bitte und nein danke und Entschuldigung sagen, zu anderen Leuten (Kindern und Erwachsenen) nett sind und wenn Besuch da ist, fröhlich mit den anderen Kindern spielen.

Medienzeit ist bei uns auch streng limitiert.

Schon als Kind waren die Kinder mit den (aus Kindersicht) "besonders lieben Eltern" irgendwie immer am gemeinsten und bei Kindern am unbeliebtesten, da kann ich mich noch gut dran erinnern.

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Das kann ich auch so unterschreiben.

Die Kinder die ich kenne und so erzogen wurden/werden sind wirklich außer Rand und Band. Einfach weil genau diese Kinder eben Grenzen und Regeln brauchen und die Eltern es nicht in Betracht erwägen ihre Meinung umzuändern, da sie sonst schlechte Eltern wären.

Meiner Meinung nach gibt es kein Erziehungsstil was nicht Erzieht. Auch das dieses Antiautoritär oder wie das sonst noch genannt wird, ist ein Erziehungsstil.

Entweder zieht man die Kinder mit Grenzen und Regeln und einem geregelten Tagesablauf groß oder man zieht sie eben nicht damit groß. Aber Kinder, die man nicht erzieht gibt es meiner Meinung nicht.

Ich finde, dass man sich selbst nicht in eine Schublade stecken sollte nur weil man das gerade so toll findet. Da gibt es bei Thema Kinder genug Bereiche wo das der Fall ist. Ob es der Erziehungsstil ist, die Ernährung, die Freizeitgestaltung, etc. Es gibt so vieles was Eltern dann blind gegenüber die Bedürfnisse des Kindes macht, nur weil es aktuell modern oder beliebt ist oder andere Ansichten verhöhnt. Deswegen werden viele Kinder dann aufgedreht und haben dann Probleme.

Meine Tochter hat seit sie 5 Wochen alt ist einen geregelten Tagesablauf. Sie hat feste Essenszeiten (auch wenn sie oft variierten). Ich höre oft dass das Unnötig ist. Wo ich mal sagte dass ich mit 5 Wochen schon ans Mittagsschlaf arbeite, wurde ich viel belächelt.

Ich finde die anderen Erziehungsstile toll und ich bedaure dass ich paar Sachen mit meiner Tochter nicht so umsetzen konnte wie ich es gerne getan hätte.

Aber sie braucht dieses Strukturierte, den Ablauf, das schlafen im eigenen Zimmer und und und. Sie ist ausgeglichen und ruhig. Zeiten wo es dann doch mal durcheinander verlief verwirrten sie. Sie wurde in den Zeiten dann unruhig, schlief schlecht, weinte und meckerte viel. Ich konnte es ihr schlicht weg nicht recht machen.

Man sollte meiner Meinung nach die Erziehung nach dem Kind richten und nicht nach dem was man selber Gut und Toll findet und bei anderen Bewundert. Es kann durchaus bei anderen klappen, muss aber nicht beim eigenen Kind passen.

Sorry langer Text aber das ist meine Meinung dazu. Ich finde es nur verkehrt wenn Kinder offensichtlich Probleme oder Schwierigkeiten haben und Eltern kein anderes Verhalten in Erwägung ziehen, weil sie eben ihre Prinzipien haben und es so funktionieren muss, wie sie sich das vorstellen.