Wie mit Lügen umgehen ohne daran kaputt zu gehen? - Sehr lang

Mein 10-jähriger Sohn lügt schon seit 5 Jahren - in der 1. Klasse ging es los. Seine Lehrerin war extrem streng und anspruchsvoll, alles musste fehlerfrei sein und akkurat. Das hat ihn überfordert und er hat öfter Arbeitsblätter, Hefte etc. irgendwo verschwinden lassen - das tauchte dann beim gründlichen Aufräumen regelmä0#ßig auf und am Ende des 2. Schuljahres habe ich erst begriffen, was da eigentlich abgeht. Da sollte er einen Text schreiben, hatte Rechtschreibfehler drin und ich wollte, dass er sie berichtigt. Es war ein großes Drama mit Tränen. Irgendwann habe ich dann verstanden, dass er dachte, er müsste die ganze Seite solange abschreiben, bis sie fehlerfrei ist. Ich wollte nur, dass er die falschen Worte korrigiert. Nachdem wir das Missverständnis ausgräumt hatten, waren die Tränen weg, die Worte schnell korrigiert und ich dachte, jetzt wär alles ok.

Es zog sich aber in jedem Schuljahr weiter durch und ich habe auch den Lehrern gesagt, dass ich keinen Überblick habe, welche Arbeitsblätter er haben müsste. Wenn z.B. eine Hausaufgabe nicht im Hausaufgabenheft steht, kann ich nicht wissen, dass er sie machen sollte. Ich sehe da auch die Verantwortung bei den Lehrern, dann Konsequenzen folgen zu lassen. Informiert wurde ich immer sehr spät. Auch in diesem Schuljahr gab es erst auf den kaputten Schulranzen und kaputte Kopfhörer hin von der Lehrerin eine geballte Reaktion, was bei meinem Kind alles nicht läuft. Wie soll ich darauf reagieren, wenn ich es nicht weiß?
Während des Homeschoolings hatte ich dank Online-Aufgabenstellungen mal richtig den Überblick und habe auch darauf geschaut, dass mein Sohn die Aufgaben pünktlich abgibt. Er hat oft versucht, sich zu drücken, aber dann durfte er erst spielen, wenn die Aufgaben fertig waren und das hat geklappt.
Er möchte partout auf dem Gymnasium bleiben, fühlt sich angeblich nicht überfordert. Ich habe mehrfach eindringlich mit ihm gesprochen, dass er für mich kein Abitur machen muss.

Nun geht das Ganze weiter: hier weiß ich nicht mehr, was stimmt. Es gibt Probleme mit älteren Kindern. Die haben ihm aufgelauert, ihm Gewalt angedroht, das Handy kaputt gemacht, waren auch bei uns zu Hause und haben einen Stein gegen das Fenster geworfen, der zum Glück durch das Fliegengitter abgebremst wurde. Blumentöpfe auf der leicht zugänglichen Terrasse sind kaputt, Beleidigungen am Briefkasten und in die Haustür geritzt. Die Eltern der Kinder haben mich beleidigt, woraufhin ich weitere Gespräche verweigere. Ich habe wirklich versucht, normal zu reden, aber es ging immer wieder in Drohungen und Beleidungen, sowie über mich lustig machen über. Dass die Kinder das getan haben sollen, bestreiten natürlich alle. Sie sagen, mein Sohn hätte alles allein gemacht und würde sie zu unrecht beschuldigen. Es gibt zu allem Anzeigen und Gegenanzeigen bei der Polizei. Mein Sohn hat zwar aus Versehen schon Sachen kaputt gemacht, aber es fällt mir schwer, zu glauben, dass er Steine auf Fenster wirft, Blumentöpfe zerschlägt und was in die Tür ritzt. Zumal nicht eindeutig ist, was das sein soll. Allerdings hat er nun an einem Tag einen Zettel unter der Eingangstür platziert, als wäre er drunter durchgeschoben worden, mit einer Gewaltandrohung und den Initialen der Kinder. Ich fand den Zettel sofort merkwürdig, aber er beharrte darauf, es nicht gewesen zu sein und somit zeigte ich es bei der Polizei an. Er zeigte sich auch total ängstlich, dass sie ihm was antun. Keine Stunde später lag der zweite Zettel dort. Den schaute ich genauer an und erkannte, dass er von einem Blatt war, das ich erstellt hatte. Ich durchsuchte den Papiermüll, fand das Blatt und der Zettel passte perfekt dran. Ich habe mich sofort an die Polizei gewendet und eine Richtigstellung gemacht. Konsequenz ist, dass man dort alles für Lügen hält, was bisher passiert ist und die Sache nicht mehr verfolgen wird - die Aussagen werden noch schriftlich aufgenommen, das geht an die Staatsanwaltschaft und das wars. Mein Sohn hat damit diesen Kindern einen Freifahrtschein verschafft. Wenn ich nicht gerade filme, dass sie etwas Unrechtes tun, wird es niemand glauben.
Seit dieser nachgewiesenen Lüge ist hier natürlich dicke Luft, ich habe ihm direkt gesagt, dass auch ich jetzt alles anzweifel. Ich habe sogar seine Handschrift mit der in die Tür und den Briefkasten geritzten Schrift verglichen - mindestens 3 markante Buchstaben stimmen nicht überein. Deshalb glaube ich ihm da auch, dass er das nicht war. Unser Hammer passt aber genau in die Löcher an den Blumentöpfen. Er bleibt dabei, dass er das nicht war und kann beeindruckend detailliert schildern, wie er das eine Kind beim zertrümmern erwischt hat. Er kann deren Hammer beschreiben. Aber ich habe keine Möglichkeit zu überprüfen, ob diese Familie einen solchen Hammer besitzt.

Ich habe versucht, so kurz es geht, die wesentlichen Punkte zu schreiben. Ich lebe inmitten eines undurchsichtigen Lügengerüsts.
Der Vater meines Sohnes ist ein verurteilter Lügner und Betrüger. Das weiß mein Sohn. Als ich das damals erkannt habe, habe ich mich getrennt. Es gibt keinen Kontakt zwischen Vater und Sohn. Mein Sohn erinnert sich auch kaum an seinen Vater.
Ich selbst benutzt zwar Notlügen (um halt niemanden zu verletzen und großen Streit zu vermeiden), aber ich bin ansonsten sehr aufrichtig. Von mir hat er das also nicht.
Ich habe ihn fürs Lügen an sich auch nie bestraft, aber Konsequenzen gab es schon: zum einen hab ich direkt gesagt, wie enttäuscht ich bin und zum anderen musste er dann Schulaufgaben doch erledigen, doch aufräumen oder eben dem Polizisten jetzt die Lüge erklären. Eine Freundin meinte, das müsse weitere Konsequenzen haben. Ich wüßte nicht, welche.

Ach so, in der Erziehungsberatungsstelle gibt es schon Gespräche (jetzt das zweite) und ich denke, ich rufe nun auch beim Kinderpsychologen an und versuche da mal, einen Termin zu bekommen.
Es wird auch eine Diagnostik geben. Der Verdacht war bisher nur eine Lese-Rechtschreibschwäche. Ich bin nicht sicher, ob da noch anderes dabei ist. Das wird man dann ja feststellen.

Nun aber mein eigentliches Anliegen:
Wie gehe ICH damit um?
Ich kann meinem Kind nicht mehr vertrauen. Ich zweifel alles an. Ich kontrolliere alles nach. Ich werde fast wahnsinnig im Kopf. Ich halte das kaum aus. Ich bin derart fertig, dass ich bei einer weiteren (kleineren) Lüge meinem Kind schon angedroht habe, es in die Psychiatrie zu bringen wegen notorischem Lügen, dass ich mal Abstand habe und zur Ruhe komme. Es geht hier seit Wochen nur um das was diese anderen Kinder angeblich oder wirklich getan haben. Ich kann nicht mehr! Ich gebe mir große Mühe, für mein Kind da zu sein, zuzuhören (z.B. gestern mindestens 2 Stunden, belanglose Themen, Interessen meines Kindes, mit Nachfragen, ausreden lassen), hinter meinem Kind zu stehen (aber doch nicht Lügen zu stützen!),...im Moment fliegt aber geballt viel auf, weil wir wegen der Bedrohungssituation hier wegziehen und ich alles packe und mir diverse Dinge in die Hände fallen. Ich verstehe auch, wie es zu dem Zettel unter der Tür kam: da habe ich unzählige Müllecken, inklusive gammelndem Essen, nicht gemachten Schulaufgaben, zerknickten Schulbüchern, einer Säge (die ich nicht im Kinderzimmer erlaubt habe) gefunden. Mein Kind sollte das aufräumen, hat alles nur woanders hingemüllt. Da hab ich rumgebrüllt. Richtig laut. Da wars einfach rum. Und am nächsten Tag kam noch irgendwas drauf und ich war wieder sauer und danach der Zettel. Mein Kind sagt, dass es sauer auf die anderen Kinder ist, weil die das alles angestellt haben, es nicht mehr allein draußen spielen kann wegen der Androhung von Gewalt (laut Erziehungsberatung so auch richtig) und jetzt halt seine Unordnung aufgeflogen ist und ich sauer bin und auf mich war er auch sauer. Alles nachvollziehbar, aber echt blöd gelaufen, weil so keiner mehr irgendwas glaubt.

Ich muss im Moment halt funktionieren. Die Wohnung ist gekündigt, das Umzugsunternehmen bestellt. Ich habe keine Freunde, die helfen könnten. Familiär gibt es auch keine Unterstützung. Und als wäre ein Umzug an sich nicht schon stressig genug, dazwischen noch dieses ständige Hinterfragen was stimmt und was nicht und ob noch was passiert und was.

Ich habe eine Mutter-Kind-Kur beantragt und die wurde auch bewilligt. Ich brauche nur noch irgendwo einen Termin. Das kann laut Krankenkasse bis Herbst dauern.

An das Jugendamt hatte ich mich auch gewendet. Man sieht keine Notwendigkeit, zu uns nach Hause zu kommen. Die anderen Eltern hatten ja behauptet, mein Sohn hat alles selbst initiiert, weil ich ihn vernachlässige. Er ist einfach nur 2 h vor mir nach der Schule zu Hause und soll in der Zeit seine Hausaufgaben machen und aufräumen, durfte dann mit Freunden spielen. Während des Homeschoolings habe ich mehrfach täglich angerufen und gefragt, ob alles okay ist. Das lief bis der Stein ans Fenster flog. Nach der Arbeit habe ich eine halbe Stunde für mich erbeten und hatte dann jeden Nachmittag/ Abend mindestens eine Stunde für mein Kind - gemeinsames Abendessen, über seine Interessen sprechen, klar auch über Schulaufgaben, auch mal gemeinsam gespielt. Wenn mein Kind Aufmerksamkeit wollte, hat es bisher immer angerufen oder ist halt ständig in den Raum gekommen, in dem ich war - das war auch oft Thema, dass ich mal ne halbe Stunde für mich brauche. Das klappt mal, mal nicht. Er hat auch durchaus mal Bauchschmerzen oder einen umgeknickten Knöchel beim Sport genutzt, dass ich ihn aus der Schule abhole - das hinterfrage ich inzwischen auch mehr und es legt sich langsam - das finde ich auch nicht dramatisch.

Aber nicht wissen, ob mein Kind wirklich bedroht wird und ich zurecht umziehe oder das alles erfunden ist und die anderen Eltern zurecht sauer sind, das zermürbt mich. Mal mit jemandem drüber reden, hilft mir nicht. Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht und gute Tipps, wie man dabei nciht wahnsinnig wird und die Kraft aufbringt, die Lügerei dem Kind mit aller Unterstützung abzugewöhnen?

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Ich finde du hast schon einiges in die Wege geleitet. Viel mehr kannst du jetzt im Moment nicht tun. Erstmal abwarten was der Kinderpsychologe aus ihm raus kriegt.

In der Zwischenzeit würde ich versuchen, den Dingen keine Aufmerksamkeit zu schenken.
Deinem Text nach hätte ich auch den Verdacht, dass dein Sohn alles selbst inszeniert hat. Buchstaben kann man bewusst anders schreiben.

Nun gilt es herauszufinden wo genau der Hund begraben ist. Deshalb sollte da wirklich ein Experte ran. Du hast bisher getan was du konntest und ich drück dir ganz fest die Daumen, dass der Psychologe den Knoten lösen kann.

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Für mich klingt es so als ob dein Sohn nach Aufmerksamkeit schreit.
Ich habe den Eindruck er bräuchte mehr Anerkennung, Selbstbewusstsein und vielleicht positive Rückmeldungen. Euer Alltag klingt nicht so schön und recht stressig für dich und überfordernd für deinen Sohn.
Ich finde es alarmierend dass dein Sohn sogar in der Schule Krankheiten vortäuscht um mehr Zeit und Aufmerksamkeit von dir zu bekommen.
Es ist auch etwas unglücklich dass du Heimkommst und erstmal Zeit für dich willst. Geh doch lieber vorher ne Runde um den Block und sei dann gleich für ihn da wenn du heimkommst. Ich kann leider verstehen warum die anderen Eltern Vernachlässigung vermuten:-(.
Mir noch mehr Druck von dir, die Wahrheit zu sagen und dass er keine Krankheiten vortäuschen soll wird er bestimmt nur noch geschickter und raffinierter.

Ich kenne aus meiner Arbeit auch ein Kind, das ständig lügt. Das läuft dann meist so:
Hat das eine Kind mal einen Unfall gesehen wo dann ein Krankenwagen kam, erzählt Y er habe einen Unfall mit 5Toten gesehen.
Erzählt ein Kind, seine Mutter wurde gegen Corona geimpft, wurde Y mit seinen 11Jahren natürlich auch schon gestern geimpft.
Hat ein Kind schon mal einen Seeigel am Meer gesehen, hat Y natürlich einen 3Meter großen Riesenseeigel gesehen und Haie und Delfine noch dazu....
Y wohnt auch wahlweise in einem noch größeren Haus als das andere Kind oder aber hat aber schon zwei gestorbene Geschwister und einen Vater im Gefängnis....
Das ist für mich als Erwachsene natürlich leicht zu durchschauen aber bei Gleichaltrigen zieht es oft und er bekommt Aufmerksamkeit und Anerkennung. Das Kind dass ich kenne ist da auch ganz geschickt und zunehmend glaubwürdig mit seinen Lügen und ansonsten nicht auffällig.

Darum kann ich mir gut vorstellen dass dein Sohn da Dinge zerstört um von dir Aufmerksamkeit zu bekommen. Auch dass er den Hammer der anderen Kinder soooo genau beschreiben kann spricht für mich eher dafür dass er es selber war.
Du kannst ja mal als Test z.B. sagen: Familie X hat der Polizei gesagt dass sie nur einen Hammer mit grünem Stiel haben.
Wenn er dann sofort einlenkt: Ja so gut konnte ich es nicht sehen aber jetzt erinnere ich mich wieder, dass der Stiel ja grün war.... Also ja genau das war der grüne Hammer von denen!
Naja dann weisst du zumindest ob das Problem wirklich so sehr von den anderen Kindern ausgeht oder eher von euch.
Hast du denn schon jemals selbst irgend etwas beobachtet, was die anderen Kinder getan haben sollen?
Bzgl deinem Sohn:
Ich finde du hast jetzt schon einige gute Anlaufstellen kontaktiert und ich würde wirklich mal weiter in Richtung Psychologe forschen.
Ich wünsche mir, dass sich bei euch die Situation für alle Beteiligten bessert!

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Deine Idee mit dem Hammer ist super👍

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Vielen Dank für eure Antworten.
Ich habe nun zumindest mit der Erziehungsberatung telefonieren können und da ging es nicht darum, was wahr und was falsch ist.
Die Suche nach absoluter Wahrheit macht mich und mein Kind kaputt. Das habe ich jetzt verstanden.
Kann sich ja jeder selbst vorstellen, wie er sich fühlt, wenn jedes Wort hinterfragt wird.

Wir haben uns nun darüber unterhalten, welche Not hinter den Lügen steckt. Es ist keine Vernachlässigung.

Wir haben auch erste Ideen besprochen, wie ich mein Kind unterstützen kann. Und mir wurde zugestimmt, dass Strafe kein Weg ist.

Ich sehe, was ich dazu beigetragen habe.

Im Übrigen weiß ich über andere Personen, dass diese Kinder tatsächlich diverse Dinge schon getan haben. Ich weiß auch sicher, dass es bereits Strafanzeigen gab. Und ich weiß auch, dass das was mein Sohn über die Körperverletzung erzählt nach demselben Muster wie bei einem anderen Kind ablief, von dem er aber gar nichts wusste. Ich muss also keine Hammerfarbe hinterfragen.
Der Schaden ist da und selbst wenn ich beweisen könnte, dass es das andere Kind war, sähe ich keinen Cent.
Ich denke schon, dass es einige Dinge gibt, die stimmen.

Die Erziehungsberatung hat mich nun aber auf den Weg gelenkt, zu schauen, was mein Kind zum lügen veranlasst hat und wie man das gerade biegen kann, bevor es zur Gewohnheit wird.
Ich fühle mich durch die Beratung ernst genommen und unterstützt und habe eine Idee, wie ich mit der Situation besser umgehen kann, so dass ich nicht daran kaputt gehe. Ich fühle mich nun sogar so gestärkt, dass ich sicher bin, das gut mit meinem Kind zu meistern.
Beim Kindertherapeuten gibt es übrigens so bald keine Termine, nur eine Warteliste. Aber vielleicht reicht die Beratungsstelle auch aus. Das war ein sehr fruchtbares Telefonat.

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Hallo,

hast Du Deinem Sohn mal erzählt, wie sehr die Situation Dich belastet? So ähnlich, wie Du es hier geschildert hast?

Er ist kein Kleinkind mehr. Er darf ruhig merken, dass er da gerade ganz großen Mist baut.
Normalerweise sind Kinder sehr betroffen, wenn sie merken, dass das, was sie machen, für ihre Eltern massiv belastend ist.

Weißt Du, was mit seinem Vater los ist? Also nicht, wie er sich benimmt, sondern ob eine Störung dahinter steckt?
Die könnte sich vererbt haben. Dann kannst Du lange an Deinem Sohn herum erziehen, ohne dass es etwas nutzt.

Ich glaube, jedes Kind testet mit 5,6 Jahren mal aus, wie weit man mit dem Lügen kommt.
Da muss man gleich Grenzen setzen, damit es sich nicht verfestigt, bzw. auch später, wenn es wieder auftaucht, aber über das Stadium seit Ihr ja längst hinaus.

Was Du beschreibst, kenne ich von einem Klassenkameraden unseres Sohnes aus der Grundschule. Da war es so, dass die Mutter ihm lange alles durchgehen lassen hatte und dann zwar schimpfte, aber keine Konsequenzen zog, selbst wenn sonnenklar war, dass ihr Sohn etwas falsch gemacht hatte. Der log zwar, wie gedruckt, aber was in der Schule lief, hatten meistens auch Lehrer oder Betreuer der OGS mitbekommen.
Er ist dann auf die Gesamtschule gewechselt. Ich weiß nicht, wie das in den letzten zwei Jahren weitergegangen ist.
Aber ich denke, wenn das bei Euch das Problem wäre, hätte die Erziehungsberatungsstelle Dir schon weiter helfen können.

Was ich auf jeden Fall machen würde, wäre beim Kinderpsychiater (nicht Psychologen) abklären lassen, ob mehr dahinter steckt.
Wenn dabei nichts raus kommt, ist wahrscheinlich ein Psychologe hilfreich, um dieses verfestigte Problemverhalten aufzubrechen. Aber da bist Du ja dran.

Die Lehrer gucken am Gymnasium nicht mehr groß, was die Kinder machen. Da gibt es nur Konsequenzen in Form schlechter Noten wegen nicht erledigter Hausaufgaben etc.
Das ist so, weil von einem Schüler am Gymnasium einiges an Selbstständigkeit erwartet wird.
Wer das nicht will oder kann, der ist am Gymnasium falsch.
Entweder bemüht Dein Sohn sich selbst um eine bessere Arbeitshaltung, oder er fliegt raus.
Davor kannst Du ihn nicht bewahren.
Das würde ich ihm auch genau so sagen. Das ist dann seine Entscheidung.

Gibt es an Eurem Gymnasium eine Übermittagsbetreuung und ist Dein Sohn da? Die gucken ja auch wegen der Hausaufgaben.

LG

Heike

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In weiten Ansätzen hatte ich das alles bei meiner Tochter. Geholfen hat:
Jugendpsychiatrische Untersuchung (sie hat ein ADS und LRS), Medikamentenbehandlung des ADS, Schulwechsel vom Gymnasium auf die Realschule, Verhaltenstherapie, Erziehungsbegleitung.
Mittlerweile ist sie 15 und das alles seit gut einem Jahr Geschichte. Im Gegenteil wir sind daran gewachsen und haben ein sehr offenes Verhältnis zueinander.
Das wichtigste war in meinen Augen der Schulwechsel. Endlich hatte sie passende Freunde, interessierte Lehrer, war nicht mit allem - vor allem der Struktur - überfordert.

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Vielen Dank für eure Tipps.
Ja, der Vater hat eine Lese-Rechtschreibschwäche und da findet demnächst die Diagnostik statt. Das dauert ja immer Monate, einen Termin zu bekommen und von dem einen Zentrum wurden wir direkt am Telefon abgewiesen.
Wenn man Hilfe möchte, diese zu bekommen, ist echt ein Geduldsspiel. In der Beratungsstelle hatte ich ja auch schon vor 1 Monat angefragt. Alle sind überfüllt und überlastet.
Das frustriert manchmal, aber jetzt habe ich einen ersten Ansatz und gestern lief das gut. Also machen wir heute damit weiter.
Und ja, ich habe meinem Sohn gesagt, wie es mir mit den Lügen geht und da war er sehr erstaunt. Wir müssen halt dran bleiben. Das wird der schwierigste Teil.
Konsequenzen hatte sein Verhalten immer. Aber ich denke, ich war früher zu streng. Er hätte da, genau wie heute, mehr Nähe gebraucht. An sich nehme ich mir jeden Tag Zeit für ihn und höre zu. Auch gekuschelt wird täglich. Aber nicht immer, wenn er ein Anliegen hat, hab ich den Kopf frei. Ich finde allerdings, dass er alt genug ist, um mich mal einen wichtigen Brief ohne Unterbrechung schreiben zu lassen. Das fällt ihm aber schwer und da fühlt er sich sofort zurück gesetzt. Ich denke, wenn wir das blöde Gefühl bei ihm korrigieren können, läuft der Rest fast von allein.
Und klar lasse ich uns auf die Liste beim Kinderpsychologen setzen.

Er weiß auch, dass er die Schule packen muss, wenn er das unbedingt will. Wir werden es ja sehen. Momentan gibt es kaum Noten. Aber spätestens nächstes Schuljahr sollte sich im Verlauf zeigen, ob alles was wir machen auch nützt.

Es ist schön, von einem erfolgreichen Beispiel zu hören. Das gibt mir Mut!

Aber ich gebe zu, ich bin kurz vorm Ende meiner Kräfte. Ich habe keinen Freiraum für mich. Ich muss überall nur leisten und für andere da sein. Das wird noch mindestens 3 Wochen so sein.
Mir kommen vor Hilflosigkeit die Tränen.
Und dann habe ICH gestern mehrfach dieses Kind, das bei uns einiges angestellt hat, vorbeilaufen sehen. Es hat mich nicht gesehen. Es sah aus, als würde es die Lage checken. Oft ist dienstags bis donnerstags was vorgefallen. Ich hab die Nacht total schlecht geschlafen und immer gehorcht, ob was ist. Das ist derart belastend!

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Eine lrs würde nicht zu solchem Verhalten führen..

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Hey!

Ich würde mich nicht darin verbeißen, ihn der Lüge zu überführen.
Setz dich mal hin und überlege: Dein Sohn ist (leider!) ein notorischer Lügner. Du hast ihn dabei erwischt, die Geschichte mit der Bedrohung gefaked zu haben. Aber glaubst weiterhin seinen Schilderungen, dass er andere Kinder beim Vandalismus gesehen hat. Daher gehst du davon aus, dass ihr seit Wochen von einer Gruppe Kinder terrorisiert werdet. Hmmmm.

Der Vater ist genau so, aber das Kind kann es sich nicht abgeguckt haben. Hast du schonmal daran gedacht, dass beide krank sind? Sein Verhalten genetisch bedingt ist?
Ich würde nicht davon ausgehen, dass dein Sohn sein Verhalten einstellen kann. Einen Psychologen finde ich die falsche Stelle.
An deiner Stelle würde ich mich an den Kinderarzt wenden und um eine Diagnostik in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie denken. Droh nicht mit Dingen, die du nicht einhältst. Auf der anderen Seite ist es zudem unangemessen, mit einem Krankenhaus zu drohen und es wie ein Gefängnis einzusetzen. Entweder, er ist krank- dann geht er dahin. Oder Er ist gesund- dann hat er da nichts zu suchen. Aber es ist nicht seine Entscheidung.

Ich glaube, du bemerkst nicht, was für Früchte sein Verhalten schon trägt. Dir Polizei nicht euch nicht mehr ernst ihr zieht um, habt es euch mit Menschen vor Ort verschertzt.
Das wäre für mich schon Grund genug, weitere Schritte in Sachen Diagnostik einzufordern und den Umzug als Neuanfang zu sehen.

Liebe Grüße
Schoko

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PS. Wenn er wirklich hinter den Aktionen steckt (davon würde ich ausgehen), dann ist der Umzug kein Allheilmittel. Dann geht es vor Ort so weiter- vielleicht nur an anderen Stellen.

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Vielen Dank für eure Beiträge.
Allerdings war mein Anliegen, wie ich für mich mit meiner aktuell stark belastenden Situation so umgehen kann, dass ich nicht zusammenbreche.
Ob mein Kind irgendeine Diagnose bekommt spielt in den kommenden 3 Wochen keine Rolle. Da zählt nur, dass ich alles stemme und nicht durchdrehe.
Einen wichtigen Punkt habe ich schon erkannt: ich werde nicht nach der absoluten Wahrheit forschen. Ich weiß von 2 Lügen meines Kindes. Ich weiß 3 Dinge, die die anderen Kinder sicher getan haben. Ich fasse es für mich so zusammen: Sie nehmen sich alle nichts. Es ist eine faire, juristische Lösung, dass niemanden eine rechtliche Konsequenz erwartet. Abgeschlossen.
Der Rest hängt an den Eltern. Mir ist egal, was die anderen draus machen. Ich schaue auf mich und mein Kind.
Und da sind wir ja auf dem Weg. Jeder macht mal Fehler. Wir sind bemüht, aus unseren zu lernen. In der neuen Umgebung machen wir dann andere Fehler.

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Ich finde es unglaublich toll, wie du gerade Stück für Stück klarer siehst und einen Weg für dich in deinen Sohn suchst. Genauso wirst du die nächsten Wochen meistern. Sie werden vorbei gehen, so oder so. Und irgendwann ist wieder Licht am Ende.

Egal was die Wahrheit ist, es wird gut sein, einen Neuanfang zu wagen. Versuche das doch deinem Sohn so zu sagen. Du liebst ihn und wünschst dir ein gutes Zusammenleben. Egal was kommt, es gibt immer eine Lösung. Auch wenn man denkt, man kann nicht mehr, geht es doch irgendwie weiter. Seid stolz, auf das was ihr schon geschafft habt und freut euch auf den Umzug. Versuch es umzuwerten. Es ist keine Flucht, sondern ein neuer Abschnitt.

Ansonsten habe ich ein paar Ideen, vielleicht ist etwas für dich dabei:

Sobald Corona vorbei ist, braucht ihr beide ein Hobby über das ihr Kontakte knüpfen könnt. Sowohl du als auch dein Sohn brauchen positive Bestärkung durch eine Tätigkeit, die Freude macht und ein paar Freunde oder Bekannte, durch die man sich angenommen fühlt.

Bis dahin, probiert doch zusammen einen Onlinekurs aus. Vielleicht auch etwas zum Thema Entspannung. Melde du dich bei Yoga oder einem Kurs zu Autogenem Training an, was dich eben anspricht und frag deinen Sohn, ob er es nicht ausprobieren will. Du musst ihn nicht wegschicken, aber bekommst trotzdem dein Zeitfenster für dich.

Bleib an der Diagnostik dran. Möglicherweise liegt wirklich eine Erkrankung vor. Versuche deshalb einen Klinikaufenthalt nicht als Strafe einzusetzen. Dadurch wird es zum Tabu und ihr werdet vielleicht beide eine brauchen. Auch du wirst das, was da gerade über euch herein richt, irgendwann aufarbeiten wollen oder müssen. Auch ein Burnout deinerseits ist möglich.
Und ein Klinikaufenthalt kann eine Chance sein. Psychiatrische Kliniken sind nicht der Feind. Das würde ich meinem Sohn vermitteln, damit er es später im Fall der Fälle leichter hat, damit umgehen kann und sich eine mögliche Erkrankung selbst eingestehen kann.

Du machst gerade das Beste daraus und das ist eine unglaubliche Leistung in solch einer Situation! Sei stolz auf dich!

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Vielen lieben Dank für deine Ideen.

Oje, jetzt werd ich zynisch: wir hatten tatsächlich ein Hobby gefunden und dort gute Kontakte...bis die Corona-Einschränkungen kamen und man im Verein nicht mehr aktiv sein durfte.
Die Ironie: ein Vater eines der anderen Kinder ist dort auch Mitglied. Nicht so aktiv wie wir, aber deutlich länger und entsprechend geachtet. Damit sind wir da auch raus.
Aber ja, Pläne für Hobbys in Vereinen u.ä. gibt es bereits. Wir stehen in den Startlöchern, wann man das wieder regelmäßig darf.

Bis dahin hab ich aber schon viele Hobbys, die mir auch so Spaß machen. Ich hatte zum Beispiel echt tolle Ideen für meine Terrassengestaltung. Die waren ja dann gecancelt, als das klauen und die Zerstörung losging. Aber in der neuen Wohnung gibt es einen Balkon und da werde ich mich voll ausleben können!

Du triffst auch mit der Entspannungsgruppe ins Schwarze: ich lauere seit vorletztem Jahr darauf, dass mal bei uns eine zu der Zeit startet, wenn ich nicht arbeiten muss. Bisher hat das leider nicht geklappt. Aber ich bleib dran und ich werde nach dem Umzug schauen, ob es sowas online gibt. Ich kann zwar auch so Entspannung machen, aber in der Gruppe ist es was anderes. Ein fester Termin hilft doch ungemein.

Eigentlich wollte ich mich immer ehrenamtlich engagieren. Aber mit meinen Fähigkeiten ist es da nicht so weit her: meist muss man da körperlich anpacken. Das kann ich nicht. Und wenn ich meine Talente im Freundes- und Bekanntenkreis anbiete, kommt da selten mal jemand drauf zurück. Ich fürchte, in dem Bereich bin ich keine Hilfe. Jedenfalls nicht da, wo man auch mit anderen zu tun hat und nicht nur allein vor sich hinwuselt.

Ich weiß gar nicht, wer das so aufgefasst hat, dass ich mit der Psychiatrie als Strafe drohe. Ja, es mag so klingen. Aber ich meine es nicht als Strafe. Es ist eher Verzweiflung gewesen. Wenn jemand wirklich in einer Krise ist, kann so eine Klinik hilfreich sein. Und mein Kind war echt kurz vorm überschnappen und hat mich mitgerissen. Durch das Leben in einer halb gepackten Wohnung ist auch nicht mehr viel Freiraum da. Da war es sicher ein Fehler, da meinem Kind so direkt zu sagen, aber es sollte keine Drohung sein. Ich hatte echt überlegt, ob es uns beide entlastet, wenn es da bis zum Umzug in einer Klinik bleibt. Allerdings kenne ich mich: ich würde es gern besuchen und ob das mit den Corona-Beschränkungen geht, wäre fraglich. Deshalb hab ich beschlossen, dass das nicht infrage kommt und wir so wieder klar denken müssen. Als Erste ich und dann kann ich mich ja wieder um mein Kind kümmern. Das klappt jetzt auch wieder.

Da jetzt auch die Ferien rum sind und Präsenzunterricht bei uns läuft, hat mein Kind auch wieder täglich seine Schulfreunde. Das macht echt viel aus. Ich glaub, die Woche zu Hause aufeinanderhocken mit Kisten packen und malern war einfach zu heftig. Ich hab ja jetzt auch wieder Alltag durch meine Arbeit und das tut mir gut.

Danke für deine aufbauenenden Worte!

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