Hilfe! Kennt sich jmd mit ADHS aus???

Hallo ihr Lieben!

Mein Sohn (8) geht in die 2. Klasse. Seit Beginn seiner Schulkarriere fällt auf, dass er sich sehr schlecht konzentrieren kann. Das äußert sich darin, dass er seine Aufgaben in einem sehr sehr langsamen Arbeitstempo erledigt.

Nun wurden uns von der Lehrerin angeraten ihn auf eine Konzentrationsschwäche untersuchen zu lassen. Also sind wir zu unserem Kinderarzt und haben uns eine Überweisung zu einem Kinder- und Jugendpsychiater geben lassen. Die Kinderärztin schrieb auf die Überweisung: Konzentrationsschwäche (fragl. ADS).

Die Kinderpsy. Gab uns daraufhin 4 Termine. Beim 1. Termin waren wir Eltern und unser Sohn dabei. Wir führten ein ca. 30 min. Gespräch und sie untersuchte die Reflexe von unserem Sohn. Das sah so aus, dass sie mit einem Hämmerchen gegen das Knie klopfte. Unser Sohn hat natürlich mit Absicht ausgeschlagen wie ein Pferd :D

Beim 2. Termin musste unser Junge Aufgaben und Tests lösen (IQ Test) (nicht von der Psychiaterin durchgeführt)

Beim 3. Termin durfte er spielen und wurde beobachten :/ (nicht von der Psychiaterin durchgeführt)

Der 4. Termin war dann nur für uns Eltern zur Auswertung.

Bei dieser Auswertung kam heraus, dass unser Kind ADHS haben soll. Auf die erhöhten Reflexe, das er bei einem Nachtlicht schläft und das ich gesagt habe, er hat manchmal Versagensängste stützt sie die Diagnose Angststörung. Also genau steht da: Emotionale Störung des Kindesalters mit Versagensangst (F93.2)
Zu guter Letzt hat er dann noch ein dissoziiertes Intelligenzprofil.


Diese Diagnose stützt sich laut dem Bericht, auf meine Aussagen im Fragebogen und weil er in der Praxis eine deutliche Nervosität aufwies. In der Schule ist unser Kind eher unauffällig. Er hat ein gutes Verhältnis zu Mitschülern, die schulischen Leistungen sind gut bis sehr gut, er rennt nicht rum, quatscht nicht dazwischen usw. Das Einzige, was missfällt ist, dass er langsam ist und oft seine Aufgaben nicht schafft.

Bei mir zu Hause ist er schon agiler und zappelt auch mal, aber ich sage mal so, irgendwann muss er sich ja auch mal bewegen. Ansonsten haben wir ein tolles Verhältnis. Er ist ein lieber Junge und ist auch immer sehr bemüht. Die Pandemie tut auch ihr übriges. Mit diesem ständigen Wechsel von Distanz und Präsenz und die sich ständig verändernden Maßnahmen. Er ist handwerklich sehr begabt und kann sich lange mit etwas beschäftigen. Bei Sachen die ihn interessieren hat er auch weniger Probleme mit der Konzentration.

Ich bin eigentlich nur zum Arzt gegangen, weil die Schule sagt, dass er zu langsam arbeitet und er dadurch Probleme bekommen könnte. Und nun stecke ich drin in der Mühle.

Das er bei Schreiben langsam ist schulde ich auch der fehlenden Übung, genauso wie beim Rechnen. Manchmal ist es sehr schwer den ganzen Erwartungen gerecht zu werden, gerade weil wir noch einen kleinen Sohn (1) haben, der viel abverlangt.

Ich kann mit dieser Diagnose jedenfalls nicht gut leben und bin äußerst unzufrieden... auch mit dem Ablauf der Diagnostik. Nun weiß ich auch nicht so richtig, wie wir weitermachen sollen.

Noch kurz zu uns:
Mein Mann arbeitet Vollzeit und im Schichtdienst. Ich arbeite 30h in Teilzeit.
Sohn 1 ist 8 Jahre alt und geht in die 2. Klasse und Sohn 2 ist 1 Jahr alt und ist derzeit Pandemie bedingt zu Hause und Teilzeit bei Oma.

Vielleicht hat hier ja jmd Erfahrung mit ADHS und der Diagnistik und kann mir mal berichten.

Sorry nun ist der Text ganz schön lang geworden #bla Ich hoffe der ein oder andere hat ihn trotzdem gelesen.

Viele Grüße
-.sunshine.- #blume

1

Kurz noch zur dissoziierten Intelligenz:

Verbaler IQ liegt bei 122
Nonverbaler IQ bei 92

2

Hallo,

bei unserem Sohn lief das so ab, dass zuerst ein IQ-Test gemacht wurde (HAWIK-IV).
Dabei kam ein Gesamt-IQ von 125 heraus.
Es gibt bei diesem Test Sprache, Logik, Verarbeitungsgeschwindigkeit und Arbeitsgedächtnis.
Unser Sohn war in der Verarbeitungsgeschwindigkeit ziemlich schlecht. Der hohe IQ-Wert kam dadurch zustande, dass er in Sprache und Logik ziemlich gut war.

So ein gegensätzliches Profil deutet auf AD(H)S hin.

Es gab dann noch mehrere Sitzungen mit dem Kinderpsychiater mit und ohne uns.

Bei uns war die Fragestellung allgemein, warum unser Sohn in der 2. Klasse so unmotiviert und gefrustet war.
Er war damals unterfordert, hat dann auf Anraten des Kinderpsychiaters eine Klasse übersprungen und die Grundschule lief dann soweit gut.
Das Thema ADS haben wir erst später bei der neuen Klassenlehrerin angesprochen, weil die sich wunderte, dass er relativ viele Flüchtigkeitsfehler machte.

Erst seit dem Gymnasium ist das ADS bei unserem Sohn wirklich ein Problem. Die Klasse ist groß und unruhig, und bei unserem Sohn ist die Leistung stark davon abhängig, wie motiviert er ist.
Leider ist er in Englisch überhaupt nicht motiviert, was einen ständigen Kampf mit ihm von Seiten der Lehrerin und von uns nach sich zieht.

Zu AD(H)S muss man sagen, dass es das in zwei Ausprägungen gibt, und zwar die Träumer und die Hyperaktiven und Zwischenformen.
Unser Sohn geht auch nicht über Tische und Bänke. Er träumt viel und zappelt vor allem mit Händen herum.
Er kann sich super konzentrieren, wenn er motiviert genug ist. Das Problem bei AD(H)S ist, dass die Kinder sich nicht konzentrieren können, wenn sie keine Lust haben, nicht, dass sie es gar nicht können.
Mit anderen Jungs hat er eher Probleme, weil er, in deren Augen, merkwürdige Interessen hat, als wegen seines Verhaltens. Mit Jungs, die damit klar kommen, klappt es gut.
AD(H)Sler sind impulsiv und haben wenig Frustrationstoleranz.
AD(H)Sler haben häufig Probleme mit der Schreibgeschwindigkeit und dem Schriftbild. Die hat unser Sohn auch.
AD(H)Sler sind häufig übermäßig sensibel. Ich denke, dass viele, die momentan als "hochsensibel" bezeichnet werden, eigentlich ADS haben.

Ehrlich gesagt, finde ich die Diagnose "Emotionale Störung des Kindesalters mit Versagensangst" bedenklicher als ADS. #schwitz

Ich würde mir, an Eurer Stelle, eine zweite Meinung holen. Am besten lasst Ihr Euch jemanden empfehlen.
Gerade in diesem Bereich gibt es leider viele falsche Diagnosen, die einen Haufen Probleme verursachen können.

LG

Heike

3

Wäre Ergotherapie idealerweise mit neurofeedback eine Möglichkeit bei Euch vor Ort ? Da kann man sehr gut an Aufmerksamkeitsstörungen arbeiten

4

Wurden auch Augen und Ohren untersucht?
Ist da alles in Ordnung?
Sind die Blutwerte in Ordnung? Kein Mangel?

Was wurde denn angeraten wie es weiter geht?

ADHS/ADS : entweder man hat es oder hat es nicht.
Mir hilft die Diagnose sehr weiter, weil ich mir dadurch selbst helfen kann. Tipps und Möglichkeiten bekommen habe. Davor hatte ich ADHS auch schon, nur dass ich mich ohne Unterstützung selbst mehr gequält habe.

Die Frage sollte nicht nur lauten, was die Diagnose ist: sondern viel mehr: wie geht man damit um. Was wurde empfohlen? Geraten?

" Bei Sachen die ihn interessieren hat er auch weniger Probleme mit der Konzentration."
Passt perfekt zu ADS / ADHS

Was wurde zur Angststörung gesagt?
Wie kann man ihm da helfen? Ihn unterstützen? Wie wird die Angststörung begründet? Wurdet ihr da aufgeklärt?

5

Halli Hallo

Nein Augen und Ohren wurden nicht untersucht. Blutwerte wurden auch nicht untersucht.

Angeraten wurde uns eine Ergo, die er ja sowieso schon macht.
Ein hohes Maß an Alltagsstruktur
Nachteilsausgleich in der Schule + Aufbau einer positiven Fehlerkultur.
Regelmäßige Gesprächsangebote durch Eltern zur emotionalen Entlastung (das ist für mich selbstverständlich (auch schon vor dem Termin))
Evtl. Medikamente (wenn Leidensdruck steigt)
Förderung freundschaftlicher Beziehung zu Gleichaltrigen.

Die Gesamtskala ADHS fiel in den leicht auffälligen Bereich(KW 0,75) was immer das heißen mag.

Zu der Angststörung steht im Bericht:
Die Eltern berichten über deutliche Versagensängste im schulischen Bereich (das haben wir so nie gesagt :/ ) Einschlafproblematik (er brauch ein Nachtlicht zum Schlafen) und sein Reflexniveau deutet auf eine erhöhte Anspannung hin. Der Junge selbst scheint wenig Zugang zu seinen eigenen Ängsten zu haben (vielleicht hat er keine konkreten Ängste. Ich sagte nur, dass er vielleicht Angst hat zu versagen und unser Sohn verneinte dies aber). Er berichtete wohl wenig eigenen Leidensdruck.

Also eigentlich beruht die Diagnose Angststörung nur auf den „erhöhten“ Reflex , den er ja selbst hervorgerufen hat, als sie auf sein Knie klopfte. Dann darauf, dass ich gesagt habe, er habe vermutlich Versagensängste und das er bei Licht schläft (also bei einem Nachtlicht).

Also ich fühle mich von der Ärztin ehrlich gesagt etwas verarscht.

LG -.sunshine.-

6

In dem Fall würde ich eine zweite Meinung einholen.

Zusätzlich vom Kinderarzt Blutwerte machen lassen.
Eisen, Schilddrüse, Vitamine um Mangel auszuschließen. Mit dem Kinderarzt besprechen, was sich auf Konzentration auswirken kann.

Augenarzt und Ohrenarzt/noch besser Pädaudiologe.

ADS/ADHS kann es dann zwar trotzdem sein.
So wie sie das mit der Angststörung beschreibt, wäre ich vorsichtig.

Für die Zweitmeinung würde ich mich umhören, welche Praxen in eurer Umgebung gut sind und sich auch bei ADS/ADHS gut auskennen.

weitere Kommentare laden
8

Hey du!

Die Diagnostik, die du beschreibst, klingt jetzt erstmal professionell. Jemand beobachtet und jemand anderes analysiert die Beobachtung- das sorgt für unbeeinflusste Ergebnisse. Mir wäre es auch lieber, dass die Ärztin analysiert, statt beobachtet.

Ich habe den Eindruck, dass du glaubst, ein gesundes Kind hingebracht zu haben, das nun "krankdiagnostiziert" wurde. Du führst Argumente auf, die dich an der Diagnose zweifeln lassen- die ich aber nicht so teilen kann. Die Diagnostik scheint gut gelaufen zu sein und für Ärzte ist es sicher nicht ungewöhnlich, dass Kinder bei den Tests wie Pferde ausschlagen.
Ich nehme an, dass die Ärztin die Diagnose auf mehr stützt als bloß die Tatsache, dass er nur mit einem Nachtlicht schläft. Wenn gleich Ängste und ADHS oft zusammen auftreten.

So. Es ist gut, dass ihr erstmal einen Befund habt.
Ich würde unabhängig davon, mit den Befunden zu einer ADHS-Sprechstunde für Kinder in eine Kinder- und Jugendpsychiatrie gehen und eine Zweitmeinung einholen.
Ich selbst habe mich in einer solchen Sprechstunde für Erwachsene vorgestellt und die Diagnose adhs erhalten. Hatte ich schon immer, nur durch den Lockdown wurde es unerträglich. Ich denke, dass dadurch viele Dinge verstärkt hervortreten, die vorher schon in schwächerer Form da sind. Das habe ich bei mir gemerkt, aber auch bei meinen Schülern.

Ihr habt nun den Befund. Holt eine Zweitmeinung in einer spezialisierten Klinik ein und beginnt eine Behandlung, falls sie die Diagnose teilen.
Das ist super wichtig! Ich kenne leider viele Schüler, die im Laufe der Schulzeit und vor allem der Pubertät, völlig hintenrüber kippen. Wegen Ängsten weichen sie vermeintlichen Misserfolgen aus, beginnen zu schwänzen. ADHS-Schüler konsumieren irgendwann Zucker, Koffein-Drinks und später Drogen, um das ADHS zu kompensieren. Daher kann ich dir nur raten, es nochmal prüfen zu lassen, und bei einer Bestätigung behandeln zu lassen. Wobei Medikamente immer nur die letzte Möglichkeit sind. Ich habe mich dafür entschieden und es tut wahnsinnig gut.

Wenn du Fragen hast, kannst du mich auch privat anschreiben.


Liebe Grüße
Schoko

9

Hier auch eine Stimme für Behandlung/Maßnahmen und ggf Medikamente.
Ich habe AdHS in der 1. Klasse diagnostiziert bekommen und bin darüber sehr froh. Ich habe Ergotherapie, Töpfern (Feinmotorik), Förderlehrer (Konzentrationsübungen,...) und Ritalin bekommen. Gerade letzteres hat mir damals sehr geholfen mein "Inneres Ich" und mein "Wahres Ich" übereinzubringen. Und nein, man wird nicht ruhiggestellt.

Auch hat geholfen, das ich früher aufs Gymnasium ging und eine Klasse überspringen konnte (war unterfordert). Ich bin mir sicher, dass ich nur dank dem frühen Engagement meiner Eltern so "normales/erfolgreiches" Leben (Studium beendet, sicherer Job) führen kann.

Ansonsten wäre es sicher auf Hauptschule, Klassen wiederholen und viele Probleme, vielleicht Alkohol und Schulabbruch rausgelaufen. (Alkohol hilft im gewissen Maß zu fokussieren, wesshalb ich nichts trinke).

ADHS geht nicht weg, sondern man muss lernen damit zu leben.
Lass doch mal deinen Sohn was zu ADHS lesen und frag ihn, ob er sich erkennt. Alles Gute.

11

Das ist ja das Problem: Wer keine Medikamente zur Regulation erhält, reguliert sich ansonsten irgendwann selbst möglicherweise mit Zucker, Koffein, Alkohol oder anderen Drogen. Oder läuft vor die S-Bahn, weil er nicht aufpasst. Letzteres ist mir schon ein paar mal passiert, aber gut ausgegangen, weil die Schaffner bremsten. Bei meinen Autounfällen bin ich auch nicht gestorben. Gott sei Dank, einmal war es knapp.

"Ruhiggestellt werden" kann ich auch nicht nachvollziehen. Das sind so Horrorszenarien, die sich Eltern oder Kritiker ausmalen. Die schlimm klingen, sodass sie das ihren Kindern nicht antun wollen. Ich bin nun bei meiner idealen Dosis Medikinet angelangt. Ich bin ruhiger- aber garantiert nicht "ruhiggestellt". Mein Zustand ist eine Wohltat- die permanente Unruhe zuvor unerträglich.

Liebe Grüße
Schoko

weiteren Kommentar laden
12

Ich habe zwei Kinder mit ADHS und arbeite auch mit solchen Kindern. Die Diagnostik hört sich relativ normal an. Das mit den Reflexen macht man wohl nur um einige, schwere neurologische Krankheiten ausschliessen zu können, bei denen man auch ADHS-Symptome hat. Ich glaube nicht, dass die Ärztin da etwas "gefunden" hat. Das war wohl normal.

Alles, was du beschreibst hört sich durchaus nach ADHS an. Das ungleichmässige Begabungsprofil ist ziemlich typisch. Und es ist auch sehr typisch, dass Kinder mit ADHS sich durchaus konzentrieren können, wenn es Dinge sind, die sie interessieren. Dafür fällt es ihnen umso schwerer mit Dingen die sie nicht interessieren. Warum dein Sohn trotzdem ganz gut in der Schule ist? Ein verbaler IQ von 122 ist ja nicht schlecht. Da kann man einiges mit ausgleichen. Jetzt noch. Vielleicht auch noch lange.

Dass es lange dauert bis er Aufgaben in der Schule getan bekommt, kann schon ein Problem für ihn darstellen, und da ist es auf jeden Fall sinnvoll, dass man genau checkt, wo seine Probleme liegen. Das mit der emotionalen Störung mit Versagensangst - das könnte man vielen Kindern mit ADHS auch noch diagnostizieren, aber meist macht man das gar nicht. Es spielt aber für euch keine Rolle. Es ist ja nur eine Beschreibung von dem, was du selbst der Ärztin gesagt hast. Und das ist auch alles, was es ist - eine Beschreibung. Es ist ziemlich gewöhnlich, dass ADHS-ler sich Sorgen machen, weil sie merken, dass sie irgendwelche Schwierigkeiten haben, und ich finde generell, dass es besser ist, wenn das Kind es weiss, als dass es denkt es ist etwas wirklich Schlimmes. Normalerweise merken nämlich Kinder durchaus selbst, dass sie Schwierigkeiten haben.

Es ist auch gewöhnlich, dass ADHS-ler unrealistische Vorstellungen von ihren eigenen Fähigkeiten haben. Oft schwanken sie zwischen sich gar nichts zutrauen und dass sie glauben alles zu schaffen.