Will mein Kind nicht in die kalte Welt lassen :(

Meine Eltern haben mir immer das Gefühl gegeben ich sei nicht richtig, ein Fehler, würde nicht zur Familie gehören. Meine Mutter hat die Familie für einen anderen Mann verlassen als ich 9 Jahre alt war, der Kontakt zu ihr war von Anfang an nicht sonderlich gut. Mein Vater hat zwar versucht sich zu kümmern, jedoch litt er unter Depressionen und trank zu viel Alkohol, sodass er sich nicht mehr um mich kümmern konnte. Ich kam also in eine Wohngruppe, das Leben dort war ziemlich hart für mich. Ich hatte das Gefühl keine richtige Kindheit gehabt zu haben bzw. dass sie mit 9 Jahren schon vorbei war.

In der Schule wurde ich ausgegrenzt und gemobbt. Immer wenn ich es geschafft habe mich halbwegs in eine Klasse zu integrieren mussten wir gegen meinen Willen umziehen. Ich musste deshalb von der 5. Klasse an jedes Jahr die Schule wechseln, fand nie Anschluss.
Meine Eltern haben mir stets gesagt ich sei psychisch gestört und an allem Schuld. Ich hatte trotz hoher Intelligenz in der Schule große Probleme gehabt, da mir alles zu laut war und ich nach 8h Schule einfach fertig war. Ich konnte nie lange unter Menschen sein.

Ich möchte meine Tochter nicht in diese grausame Welt lassen. In der Kita wird sie bald ständig beurteilt und vielleicht sogar von anderen Kindern schikaniert werden. Das wird auch in der Schule evtl. so weitergehen. Ich habe panische Angst meine Tochter in diese Welt zu lassen. Kinder sind so unschuldig, fröhlich und unbeschwert. Und dann muss man ihnen beibringen wie grausam und unfair die Welt ist. Ihr Vater will keinen Kontakt zu ihr, aber zu seinen anderen Kindern von einer anderen Frau. Wie bringt man einem Kind sowas bei? Mich erdrückt die Verantwortung, ich mache mir manchmal solche Sorgen, dass ich Kreislaufprobleme bekomme. Generell denke ich nur daran was ich in Bezug auf die Kleine alles tun muss, was alles passiere könnte etc. Ich könnte es nicht verkraften, dass ihr irgendjemand weh tut. Und ihr Vater tut es durch seine Abwesenheit. Mir tut die Kleine so leid, ich mache mir solche Vorwürfe. Ich denke ich hätte kein Kind bekommen sollen. Wenn die Corona Situation sich nicht bessert muss ich ihr auch noch erklären, dass sie nicht mit anderen Kindern spielen darf etc.
Die Momente in denen mich meine Tochter anlächelt sind unbezahlbar, aber die meiste Zeit über bin ich angespannt und verbittert. Ich habe Angst ihr nichts bieten zu können und diese enorme Verantwortung macht mich kaputt..
Zuletzt meinte meine Mutter zu mir mein Leben sei jämmerlich und es wäre asozial mit 20 Jahren bereits Mutter zu sein. Der Vater meiner Tochter hat eine neue Freundin, kümmert sich um seine anderen Kinder. Mich und die Kleine will er jedoch los werden. Ich spüre in meinem Umfeld nur Ablehnung und das seit Jahren. Ich komme mit dieser Ablehnung einfach nicht mehr klar. Ich habe das Gefühl versagt zu haben und dass dies sich nun auf meine Tochter überträgt. Ich würde mir wünschen, dass ihr Vater und meine Familie die Kleine wertschätzen und lieben. Ich habe dies nicht erlebt und wünsche es mir so sehr für die Kleine. Ich habe das Gefühl dass ich nicht richtig und nicht gut genug bin und dass ich mich überall durchboxen muss. Ich lebe nicht, ich versuche nur irgendwie klarzukommen.

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Hallo! Ich kann dich tatsächlich ganz gut verstehen und wir teilen viele Punkte im Lebenslauf. Ich bin aber schon einen Schritt weiter. Das Wichtigste ist dass du eine Therapie machst. Eine intensive, vielleicht eine Psychoanalyse. Dein Kind ist nicht du. Dein Kind hat nicht diese schlimmen Dinge erlebt und du wirst es auch besser an die Hand nehmen können als du es bei dir erlebt hast. Wenn dein Kind jetzt in die Kita kommt dann kannst du den Erzieher*innen auch erzählen dass du Ängst hast oder selber schlechte Erfahrungen mit dem Thema Fremdbetreuung hattest, vielleicht hilft dir das. Du musst versuchen deinem Kind nicht den Spaß an Dingen zu nehmen und deine Ängste nicht auf dein Kind zu projizieren. Aber da brauchst du Hilfe bei.
Liebe Grüße!

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Als ich deinen Text gelesen habe... Hatte ich einfach das Gefühl dich mal ganz fest drücken zu müssen 🤗 sehr traurig was du alles erlebt hast... Diese Traurigkeit die du in dir trägst und auch Ängste die du hast... Habe ich in jeder Zeile gelesen 😪

Bitte hole dir professionelle Hilfe... Du musst glaube ich sehr viel aufarbeiten...

Ich habe aber auch ganz viel Liebe in deinen Zeilen gelesen... ❤️ Und nur deshalb wirst du bzw bist du eine ganz tolle Mama... Die für ihre Tochter da ist... Und du ihr nie das gleiche antun wirst... Was du selbst erlebt hast...

Ich wünsche dir und deiner kleinen vom ❤️ alles gute... 🍀🍀🍀

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Hey,
beginne bei dir! Deine Tochter kann ein ganz anderes Leben haben als du. Vielleicht kannst du ihr die nötige Wärme geben, die du damals vermisst hast.
Es ist auch nicht gesagt, dass sie gemobbt wird.
Du empfindest die Welt als kalt, aber gib der Welt doch die Chance, für deine Tochter ein warmer Ort zu sein.
Sage ihr nicht, dass die Welt kalt ist, rede nicht negativ über sie. Das färbt sonst auf sie ab.
Du benötigst wirklich dringend professionelle Hilfe, brich den Kontakt zu deiner Mutter ab (auch wenn es schwer ist)....
nur wenn du mit dir im Reinen bist, kannst du deiner Tochter ein positives Bild von der Welt vermitteln.
Deine Vergangenheit war nicht schön, aber es liegt an dir wie die Zukunft sein wird. 🍀🍀🍀

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Ein Mensch wächst mit seinen Erfahrungen - den guten UND den schlechten. Wenn ein Kind nicht enttäuscht wird, wird es ausgenutzt werden und nicht lernen einzuschätzen, was/wer ihm gut tut und was/wer nicht. Ein Kind fällt zig mal hin, bevor es laufen kann. Ein Kind brabbelt erst, bevor es deutlich spricht. Ein Kind versucht es immer wieder, bis ihm etwas gelingt. Wir romantisieren die Unschuld und Naivität, aber ehrlich: Willst du ein dumm vertrauenseliges Kind haben, was in der Welt nicht zurechtkommt? Oder ein starkes, lebenstüchtiges?

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Um die Antwort zusammen zu fassen.
Nicht die Welt ist grausam.
Deine eigene Kindheit war grausam. Die deines Kindes kann super sein.

Bsp. ich hasste meinen Kindergarten. Angst, Panik.
Der Kindergarten meines Kindes war toll. Super. Sie liebte ihn.
Meine Erzieherinnen "grüße" ich nur mit eiskaltem Blick, wenn ich sie mal sehe. Die Erzieherinnen meines Kindes grüße ich heute noch fröhlich.

Ich hätte meinem Kind sehr geschadet, wenn ich ihr den Kindergarten verwehrt hätte. Ihr hat es gut getan.
Mir hat meiner geschadet.
Beides ist Teil meiner Vergangenheit. Jedoch ist nur der glückliche Kindergarten Teil des Lebens meines Kindes.

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Kinder werden in der Kita nicht "beurteilt" oder sowas. Natürlich werden sie von den Erziehern beobachtet, ob die Entwicklung normal verläuft, es Auffälligkeiten gibt, das Kind in manchen Bereichen besondere Unterstützung braucht usw., aber es wird nicht gesagt "gut oder schlecht" oder gar "benotet". Als Elternteil möchtest du doch auch gerne wissen wie dein Kind sich in der Kita verhält, ob es Schwierigkeiten gibt, ob es gut mit den anderen Kinder zurechtkommt und ob es sich wohlfühlt, oder? Das können die Erzieher nur rausfinden, wenn sie ein Kind beobachten. Aber eine Wertung wie du sie meinst ist das nicht.

Es ist hart was du durchgemacht hast, aber bitte mache nicht den Fehler deiner Tochter wichtige Erfahrungen vorzuenthalten! Wie soll dein Kind Sozialverhalten lernen, wenn es nicht mit anderen Kindern zusammen sein darf? Gerade in dem jungen Alter lernen die Kinder überwiegend von einander z.B. wie man sich in Gruppen verhält, etwas miteinander teilt, sich auch mal verteidigt und durchsetzt und das ist etwas Grundlegendes was man auch als Erwachsener braucht!Natürlich gibt es auch mal Rückschläge und ich glaube es gibt kein Kind, das nicht irgendwann einmal geärgert wurde, aber m. E. sind das wichtige Erfahrungen und ein Mensch muss lernen auch damit umzugehen und das richtig einzuordnen (also z.B. nicht gleich alles hinschmeißen und in eine Sinnkrise verfallen).

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Du solltest dir auf jedenfall Hilfe für DICH holen, das tut mir sehr leid was du alles mitmachen musstest, aber projezier nicht soviel in dein Kind, es ist nicht nur böse du musst sie stärken und sie nicht ängstigen.

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Meine Vorrednerin hat es so gut auf den Punkt gebracht, dass ich es auch nochmal schreibe: Nicht die Welt ist kalt und grausam, deine Kindheit war es. Ich hoffe sehr, du spürst die Unterstützung von uns allen und kannst dich wenigstens hier etwas aufgefangen fühlen. :)

Was du erlebt hast, wünscht man niemandem und ich kann sehr gut verstehen, dass du dich so fühlst, wie du dich fühlst. Auch ich würde dir zu einer Therapie raten und hoffe, dass du damit vieles aufarbeiten und heilen kannst.

Das Gute an der ganzen Geschichte: Deine Tochter ist ja nicht du, sondern ein ganz neuer Mensch und sie hat die Möglichkeit auf ein unbeschwertes, glückliches Leben, denn du liebst sie so sehr, dass du es schaffst ihr die Liebe, Wärme und Geborgenheit zu geben, die du nie hattest.

Was dir vielleicht gerade etwas schwerer fällt, ist ihr die Freiheit zu geben, schlechte Erfahrungen zu machen. Aber auch die braucht es, um stark und selbstständig zu werden. Der Clou dabei ist, sein Kind nicht immer davor zu beschützen, sondern ihm beizustehen und es zu begleiten, damit es diese Erfahrungen in einem geschützen Rahmen und mit ganz viel Rückhalt machen kann.

Zu Guter letzt würde ich dir raten: Versuche die Leute loszulassen, die dir das Leben eh nur schwer machen, wie deine Mutter oder den Kindsvater. Konzentrier dich dafür darauf, was positiv ist und wie man das Beste aus jeder Situation machen könnte.

Du bist stark, du hast schon so viel ausgehalten. Du schaffst das.

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Ich kann deine Unsicherheit und Verzweiflung gut verstehen. Ich hatte sie auch, aber aus genau umgekehrten Gründen.

Denn ich hatte eine super schöne Kindheit.
Voller Liebe und Geborgenheit in einer Großfamilie, riesen Haus, viele Geschwister, Bauernhofidylle.
Als ich mit 20 ungeplant und ungewollt schwanger wurde, brach eine Welt zusammen.
Ich habe damals unendlich weit weg von meiner Familie gewohnt, beim Kindsvater, der auch nicht der war, mit dem ich mir eine Zukunft vorstellen konnte. Habe mich geschämt und als totale Versagerin gefühlt.
Ich habe mir solche Sorgen um meinen Sohn gemacht wie du um deine Tochter.
Ich hatte Angst um seine Kindheit und Jugend in einer Großstadt, Etagenwohnung, keine finanziellen Sicherheiten, keinen sozialen Anschluss und eine schlechte Beziehung der Eltern. Ich kannte sowas aus meinem Leben vorher gar nicht. Hatte jeden Tag ein schlechtes Gewissen, war verbittert und unzufrieden.

Aber es ist so, wie schon viele vor mir schrieben: Das Leben deines Kindes, ist nicht dein Leben. Das hab ich auch erst recht spät verstanden.
Erst dann, als ich merkte, dass es ihm im Kiga gut geht, er selbst Freundschaften findet und
er "die kalte Welt" gar nicht als solche empfindet. ICH hatte das Problem. Ihm ging's gut.

Mein Motto war dann: Wenn du Dinge nicht ändern kannst, ändere deine Einstellung dazu.
Der Vater will keinen Kontakt? Dann verpasst er aber was! Schade für ihn. Ihr kommt auch ohne klar.
Du musst mit dir ins Reine kommen. Dann wird deine Tochter ein glückliches Kind, egal wie die Umstände sind.