Hallo meine Mutter war heute Nachmittag zum Kaffee bei uns und mein Sohn hat am Kaffeetisch die Milch umgekippt. Ich hab ihn dann ein wenig geschimpft ("muss das sein" "kannst du nicht besser aufpassen" "hol einen Lappen mach das weg"). Meine Mutter meinte dann das wäre psychische Gewalt gewesen aus der er nichts lernt und sie hätte ihm eine geklatscht denn nur so lernen Kinder was richtig und falsch ist. Darauf hin hab ich sie gebeten zu gehen und sie rausgeschmissen. Ich habe meinen Sohn noch nie geschlagen und fand das Schimpfen jetzt auch nicht so heftig. Leider hat meine Mutter uns früher so erzogen und ich muss sagen das ich aus dieser Erziehung nichts aber überhaupt nichts in meiner Erziehung zu meinen Kindern übernommen hab und ich trotzdem gut damit fahre. Ist schimpfen jetzt wirklich auch schon so schlimm wie schlagen und was soll man dann in Zukunft machen sein Kind belohnen "das haste schön gemacht" und einen Lolli dazu?
Schimpfen
wie hättest Du denn reagiert, wenn Deine Mutter oder eine Freundin oder Dein Partner versehentlich die Milch umgeworfen hätte?
Wenn das Kind etwas absichtlich macht, "darf" man auch mal schimpfen. Ungeschickt ist jeder mal, da nützt ja schimpfen auch nichts. Im ersten Reflex ist das aber ziemlich normal, ich hätte vermutlich sowas gesagt wie "pass doch auf!" oder "guck doch hin, was du machst!" - auch nicht sinnvoll, aber menschlich ;o)
Schimpfen wie du es machst hat keinen Mehrwert für das Kind. Du lässt so nur deine Frust raus.
Was empfindet denn das Kind dabei? Es fühlt sich klein und runter gemacht.
Mmn ist es durchaus psychische Gewalt. Ich empfinde die sogar schlimmer als der 'klaps auf dem po', denn der ist danach vorbei. Die Worte bleiben.
Die Oma meines Mannes hat z. B. Absolut kein Selbstbewusstsein. Als sie unser neugeborenes in Händen hielt und er weinte oder auch nur eine Schnute zog, kamen Sätze wie: "oh, er hasst es hier!" und "er hasst mich!" und wenn sie mal ungeschickt ist kommt ein :"ich bin so doof! Wie kann man so dumm sein?!"
Und ja, Sätze wie: "musste das jetzt sein?" für Unfälle waren sicher norm und nicht selten, denn sowas höre ich von ihren Kindern im normalen Alltag auch ab und an.
Das heißt jetzt aber nicht, dass ich schlagen für besser empfinde. Ich wurde als Kind auch geschlagen.
Aber ich erziehe weder so wie du noch deine Mutter.
Was hätte ich gemacht?
Wenn es ein Versehen war:
Ich hätte ihn gebeten zu helfen es wegzuwischen und hätte mitgeholfen. Und damit wäre das erledigt. Das Kind fühlt sich auch ohne dich schlecht genug.
Ist dir noch nie ausversehen was runter gefallen? Stell dir vor du würdest für jede Karottenschale ausgeschimpft von deinen Mann? Oder deinem Kind, weil es denkt, dass es OK ist so zu reagieren?
Schimpfen würde ich nur, wenn es das absichtlich gemacht hätte.
"Ich empfinde die sogar schlimmer als der 'klaps auf dem po', denn der ist danach vorbei. Die Worte bleiben."
Und die Erinnerung an den "Klaps" (ich hasse dieses Wort. Nenne wir es doch wie es ist: ein Schlag) bleibt nicht? Physische Gewalt ist nach dem abklingen der körperlichen Schmerzen nicht vorbei. Sie interlässt tiefe seelische Spuren, dass ist zigfach bewiesen und sollte doch eigentlich mittlerweile auch beim letzten angekommen sein.
Kommt sicher auf die Person an und wie lange das angehalten hat.
Ich wurde das letzte mal mit 16 oder 17 von meinem Vater geschlagen. Vorher mehrere Jahre nicht. Habe ich Angst vor ihm gehabt? Nein. Glaube ich, dass er es nochmal wagen würde Hand an mir (mich?) zu legen? Nope! Glaube ich, dass er meinen Sohn schlagen würde? Nein!
Wie wurde ich geschlagen?
Von meinem Vater mit einem langen Zweig, den ich z.T. selber schälen musste, damit er schmerzhafter ist da biegsamer auf den Po, Beinen oder Handflächen. Wie oft? Immer wenn er glaubte ich hätte etwas 'falsch' gemacht. Meist tatsächlich wenn ich 'nicht auf ihn gehört habe'. Außer damals als ich 16/17 war, da mit Fäusten und wegen Frust, denn ich bin mir noch immer sicher, dass ich im Recht war.
Von meiner leiblichen Mutter: Mit einem Besenstiel (also diese Fetten), gefühlt mit voller Wucht als würde sie versuchen uns die Knochen zu brechen, mit nachträglich fetten Hämatomen am ganzen Körper. Wie oft? Mehrmals die Woche. Wofür: Ihre Frust raus lassen, weil sie sie 'beschämt' haben (z.B. wenn wir als 5-jährige geweint haben weil sie um 22 Uhr nachts nicht da war und wir draußen weinend nach ihr gesucht haben). Würde sie heute nochmal handgreiflich werden? Ich habe sie in den letzten 30 Jahren vielleicht 5x gesehen, wenn überhaupt. Ich traue ihr aber durchaus zu, dass sie wieder körperlich werden würde wenn sie emotional wird und die Frust an mir auslassen zu versuchen würde, aber diesmal könnte ich mich wehren, als 6-jährige nicht. Würde ich ihr zutrauen, dass sie mein Kind schlagen würde? Definitiv, aber deswegen habe ich auch keinen Kontakt zu ihr und sie würde auch niemals unbeaufsichtigt ihn treffen, solange er sich nicht selber wehren kann (18+ also), falls je.
Meine Oma: Selten, aber kam vor. Wie? Wort wörtlich übers Knie legen und mit der Hand schlagen. Wofür? Wir haben mit 6/7 Jahren versucht hinter heu zu rauchen und haben, als sie näher kam, die brennenden Kippen ins Heu geworfen ^^' Würde ich ihr zutrauen, dass sie, wenn sie nun mit 92 noch die Kraft hätte, dass sie das mit meinem Sohn machen würde? Nur wenn sie ihn großziehen müsste und niemals wenn sie 'nur die Uroma' ist.
Nein, das ist jetzt keine: 'ich habs auch überlebt, die anderen überlebens auch!'-Geschichte. Natürlich ist die Hemmschwelle niedriger zuzuschlagen wenn man so aufgewachsen ist. Mit Anfang/Mitte 20 habe ich auch nichts falsches darin gesehen, das Kind auch 'mal zu schlagen, wenns es verdient hat'. Damals wusste ich aber auch nicht wie sehr das Umfeld das Verhalten des Kindes formt und das 'falsche' verhalten der Kinder einfach 1 zu 1 der Spiegel der Erziehung und des Verhaltens der Eltern ist. Ich habe lange gebraucht um meine Hemmschwelle hoch zu ziehen.
Ich finde emotionale Schläger und emotionale Schimpfer viel schlimmer als solche die es rational begründen. Die einen Benutzen das Kind als Boxsack. Die anderen sehen die Schläge als Art Ersatz für das Gefängnis an. Also ja, wenn der 'klaps auf dem po' rational begründet ist, empfinde ich den weniger schlimm als Schimpfe/Beschimpfungen. MMn sich 'Schimpfe' IMMER emotional geladen, genauso wie die emotionalen Schläge. Von daher stehen emotionalen Schläge und Schimpfe für mich auf der selben stufe. Mein erster Text bezog sich auf 'rationale Schläge'. Sowas wie, du sagst dem Kind: "Man darf nicht Klauen". Du erwischst ihn zu hauen und als Ergebnis, schlägst du ihn (natürlich nicht mit Fäusten in Ohnmacht. Es muss schon vorher bekannt sein wie die Strafe ausgeführt werden wird). Du wusstest, dass du das machen wirst und das Kind wusste, dass das passiert wenn es erwischt wird. Ist das gut? Nein, aber es sind rationale Schläge für eine Tat bei dem du keine Ahnung hast wie du das Kind anders bestrafen sollst damit du selbst so wenig Arbeit wie möglich hast und das Kind zumindest längere Zeit daran zu knabbern hat.
Das kann man gar nicht mit den emotionalen Schlägern vergleichen. Die z.B. einen schlechten Tag auf der Arbeit hatten, heim kommen und das Kind 'schreit rum' beim spielen und du schlägst es deswegen oder gar ohne einen vorgeschobenen Grund. Denn dann weiß das Kind nie wann es wieder so weit sein kann. Das lässt das Kind und auch später erwachsenen auch in Beziehungen wo 'mal die Hand ausgerutscht' ist in eine Art perma Angst sein nicht zu wissen, wann der Schläger wieder getriggert wird. Ebenso aber mit dem Schimpfer. Ein permanentes: "Wieso kannst du NICHTS richtig machen?!"(<- und das ist eins der weniger schlimmen Sätze, aber es ist wie ein Tropfen Wasser auf einen Stein. Irgendwann hat der eine Tropfen den Stein auch verformt) ist genauso schädlich, irgendwann glaubt das Kind (oder auch hier der Partner), dass es WIRKLICH nichts richtig machen kann und wird isoliert.
Ich hoffe du kannst besser verstehen was ich gemeint hab mit der Erklärung :)
Wenn deine beste Freundin zu Besuch ist und die Milch umkippt, wirst du ihr weder eine klatschen, noch sie ausschimpfen, noch sie dafür loben oder ihr einen Lolli geben. Du wirst ihr vermutlich ein paar Servietten oder einen Lappen geben, damit sie anfangen kann, die Milch aufzuwischen und in der Küche Ersatz holen. Nach fünf Minuten wäre der Vorfall völlig vergessen. Du weisst doch also eigentlich, wie man richtig in so einer Situation reagiert. Bei vielen Erwachsenen ist es tief eingebrannt, dass man Kinder für solche Dinge strafen und schikanieren muss, obschon man sie bei jedem Erwachsenen durchgehen lassen würde. Vielleicht, weil die eigenen Eltern es schon so gemacht haben.
Aha, seelische Gewalt ist also besser als körperliche Gewalt. . . ? Das wenigstens scheint die Meinung deiner Mutter zu sein. Und nein, schimpfen ist nicht schlimmer, man sollte nur darauf achten, dass es nicht verletzend ist und nicht schreien.
Du hat deiner Mutter gegenüber schon richtig reagiert.
Deine Wortwahl beim Schimpfen waren aber nun auch nicht das Wahre. ABER: sowas rutscht einem halt mal raus aus einem Impuls raus, passiert mir auch öfter mal und ist völlig menschlich. Da würde ich mich allerdings hinterher bei meinem Kind entschuldigen und gut ist.
Ihr beide habt nicht richtig reagiert. Schimpfen wenn jemand versehentlich einen Becher umkippt ist genau so ein Quatsch wie schlagen.
Lappen holen und aufwischen lassen, Hinweis am Tisch etwas umsichtiger zu sein.
Rumschreien oder gar schlagen würde ich im Leben nicht. Das hätten nicht mal meine Eltern gemacht, denen schon gerne mal die Hand ausgerutscht ist.
Ich finde beides daneben. Eine klatschen geht gar nicht - bei dieser Aussage, hätte ich meine Mutter auch vor die Tür gesetzt. Aber deine Aussagen sind auch nicht angebracht.
Zwischen Schimpfen und belohnen (einen Lolli dazu) liegen doch Welten.