Kann man überhaupt Rechthaberei erziehen?

Hallo Zusammen,

Ich überleg grad vor mich hin:

Ich kenne im Umfeld verschiedene Erwachsene, die sind unbelehrbar rechthaberisch und versuchen ihre Meinung partout durchzusetzen, koste es was es wolle. Oder sie wollen etwas, das wen anders betrifft, aber ein Nein scheint nicht im Reaktions-Vokabular zu sein.

Dann denk ich an unsere Kinder und stelle bei einem einen sehr ausdauernden Willen fest. Eins lernt quasi beim dritten Nein. Das andere vielleicht beim drölfzillionensten Mal, aber nur bei Vollmond, wenn der auf einen Mittwoch fällt.

Heisst das, sowas ist angeboren? Kann man sich quasi das erziehen schenken, weil kommt eh nicht an? Oder wurden solche Erwachsenen als Kinder eben nicht erzogen? Was ist da los?

Gibt es Experten hier?

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Rechthaberei haben meines Erachtens nach nichts mit dem Willen zu tun.

Rechthaberei ist Einstellungssache. Das heißt, ob ein Mensch die Offenheit besitzt fremde Meinungen und Ansichten ohne Vorbehalt anzuhören. Zu Offenheit kann man erziehen.

Starker Wille bei Kinder empfinde ich grundsätzlich als eine gute Sache.

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Absolut! Das willensstarke Kind ist unter den top zwei besten Dingen, die wir je gemacht haben.

Viel Potential für grosse Taten (in seiner Welt). Aber ich sehe auch Potential für viele unnötige Schwierigkeiten im Leben, wenn man nicht auf ein sozialverträgliches Mass Willensdurchsetzung kommt.

Und da frage ich mich, was ich überhaupt tun könnte, um den Weg zu vereinfachen. Welche Weichen kann ich stellen, muss ich es als schicksalhaft annehmen - ich stelle mir da so meine Fragen.

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Ich persönlich glaube nicht, dass es an mir liegt, ob mein Kind einen einfachen Weg im Leben wählt. Ich war auch nie jemand, der sich immer für den einfachen Weg entschieden hat.

Ich denke, was hilft, ist das Kind mit Fähigkeiten auszustatten, die ihm helfen seine Bedürfnisse zu erfüllen: Ihm beibringen, wie man eigene Projekte macht, wie man lernt, wie man mit Mitmenschen umgeht, wie man mit schwierigen Gefühlen umgeht, gepaart mit Offenheit und Selbsteffektivität.

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Ich hab mich mal mit Studien zu dem Thema befasst. Da hieß es überwiegend, der Einfluss der Erziehung auf die Persönlichkeit, die jemand als Erwachsener hat, sei relativ gering. Einen deutlich höheren Einfluss haben sowohl die Genetik als auch die diversen Einflüsse außerhalb des Elternhauses.

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Das sehe ich ganz anders.
So wie man es zu Hause sieht, so lernt man es.

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Wie erklärst du dir dann, dass sich Geschwister manchmal extrem stark in ihrer Persönlichkeit und ihrem Verhalten unterscheiden, auch wenn sie gemeinsam aufgewachsen sind?

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Also ich denke auch das sicherlich jeder Mensch oder jedes Kind ein eigner Typ ist. Denn ich halte ich gewisse Eigenschaften für anerzogen oder eben nicht anerzogen! Klar fällt es bei einem Menschen vielleicht leichter als bei einem anderen und du merkst ja auch das deine Kinder ein NEIN unterschiedlich annehmen. Soweit ist eben jeder anders, aber wenn sie im Erwachsenenalter noch nicht wissen wie ein gewissen Benehmen geht ( und dann keine gewissen Diagnosen haben) dann haben sie es schlichtweg nie gelernt. Und man tut sich selbst eigentlich auch keinen Gefallen damit es eben nicht beizubringen auch wenns stellenweise mühsamer ist als woanders.

Ela

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Jedes beobachtbare Verhalten ist ein Ergebnis von Anlage *und* Umwelt. Anlage ist wichtig (siehe sehr unterschiedliche Kinder bei denselben Eltern, die sich um ähnliche Behandlung aller Kinder bemühen), aber das heißt doch nicht, dass Erziehung als großer Baustein der 'Umwelt' irgendwie wirkungslos wäre.

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Was bitte ist Rechhaberei???

Starker Wille i.S.v. Seine Meinung stark vertreten? Oder jemand der eben nicht alles sofort abnickt?

Ich kann mit darunter nix vorstellen. Wenn du eine starke Persönlichkeit meinst…. Das ist
Charakter und hat nichts mit Erziehung zu tun. Das weiß eigentlich jeder der mehr als ein Kind hat. Kinder die völlig gleich erzogen werden müssten ja sonst auch gleich ticken. Es gibt die ruhigen und zurückhaltenden Mitläufer, die Anführer (meistens starke Persönlichkeiten) und Einzelgänger. Und trotzdem sind Geschwister dieser Personen zumeist völlig anders.
Erziehung lenkt ein wenig. Der Charakter ist aber hochgradig genetisch bedingt.

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Hier schreiben einige, dass sowas nicht allzu viel mit der Erziehung zu tun haben kann, da sich Geschwister mit den gleichen Eltern ja teils auch sehr unterscheiden.
Ich möchte da zu bedenken geben, dass Geschwister eben nie die selben Eltern haben.
Auch Eltern verändern sich mit der Zeit und der Erfahrung. Geschwister unterschiedlichen Alters werden deshalb nie genau gleich erzogen.
Dazu kommt eben, dass das eine Kind mit älteren Geschwistern aufwächst, das andere mit jüngeren und diese haben eben auch einen unterschiedlichen Einfluss.

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Dazu gibt es die zwillingsforschung. Genau dafür. Selbe Eltern zur selben Zeit. Und trotzen sind selbst eineiige Zwillinge charakterlich verschieden,

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Grade dass Zwillinge charakterlich unterschiedlich sind zeigt doch, dass der Charakter eben nicht hauptsächlich durch die Gene festgelegt ist. Denn die sind bei eineiigen Zwillingen ja genau gleich.
Und auch bei Zwillingen kann sich doch die Erziehung unterscheiden.
Mal angenommen der eine mag lieber Sport und der andere malt gern. So verbringt doch der der Sport lieber mag z.B. mehr Zeit mit dem Elternteil, der evtl den gleichen Sport auch gern macht. Allein das macht dann ja schon einen Unterschied in der Erziehung.

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Man kann Kinder erziehen, wie man will. Am Ende machen sie einem doch alles nach. Nach wem kommt dein stures Kind?

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Ich bin zwar keine Expertin, habe aber 8 Kinder die sich sehr in ihren Persönlichkeiten unterscheiden.
Ja, auch die Zwillinge, denn meine sind zweieiig und Teenager. Aber Zwillingsforschung hat mich immer interessiert und grade bei getrennt aufgewachsenen eineiigen Zwillingen kann man ja gut erkennen was genetisch ist und was die Umwelt. Überraschung- sie gleichen sich in ihrer Persönlichkeit auch extrem, wenn sie getrennt voneinander aufwuchsen und sich nicht kannten.

Zu glauben das Erziehung nichts bringt ist dennoch nicht richtig. Der sogenannte Feinschliff kann sehr bedeutend sein. Es wird zwar nicht die Persönlichkeit an sich verändern, jedoch ihre Wertvorstellungen, Moralvorstellungen und ihr Verhalten und ihre Einstellungen zu Menschen und Dingen. Sonst wären wir ja auch selbst immer der selbe Mensch. Ich bin aber nicht mehr wie damals, als ich 17 war. Die Umwelteinflüsse haben mich ebenfalls geprägt.

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Mir sagte mal ein weiser Onkel, als mein erstes Kind geboren wurde:
"Mach dir nichts vor, du kannst dein Kind erziehen wollen, wie du willst, aber wenn es rauskommt, ist es schon zu 80% fertig."
Also er meinte, dass man eh nur auf ca. 20% der Entwicklung Einfluss hat.
Bei meinen beiden Kindern sehe ich auch starke Unterschiede. Beide sehr willensstark, wobei sich das beim ersten wesentlich früher geäußert hat als beim zweiten.

Ich bin auch willensstark, und rechthaberisch. Ich versuche, dran zu arbeiten, aber ganz ehrlich: Wenn ich davon überzeugt bin, Recht zu haben und mir das Thema wichtig ist, dann ist das so. Und dann tut es mir fast körperlich weh, wenn ich das nicht vermittelt bekomme bzw. mein Gegenüber das nicht einsieht. Wenn das Thema nicht so wichtig ist, versuche ich auch mal, nachzugeben. Gelingt mir nicht immer. Es ist unheimlich schwierig, und ich weiß nicht, ob meine Eltern mich da anders hätten erziehen können / sollen.
Bei meinen Kindern versuche ich jetzt schon im Ansatz ihnen beizubringen, dass man nicht immer Recht bekommen muss, sondern es auch schonmal reicht, wenn man selber "weiß", dass man im Recht ist. In der Hoffnung, dass es ihnen später leichter fällt als mir jetzt. (Quasi das, was auch oft Eltern im Dialog mit ihren Kindern geraten wird: Choose your battles!)

LG

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Es kann sein, dass die Erziehung vielleicht nur 20% der Persönlichkeit ausmacht, aber diese 20% können signifikante Auswirkung auf den Lebensweg haben.

Ich zum Beispiel komme aus einer bindungsnahe Familie, wo „etwas nicht zu wissen“ nie ein Problem war. Was man nicht weiß, lernt man eben, egal wie alt man ist. Meine Oma hat mit 80 noch den Umgang mit Computer gelernt und ich ebenfalls viele wertvolle Dinge weit im Erwachsenenalter.

Ich weiß aber auch von anderen Familie, wo Kinder Scham und Schuld bei Unkenntnis eingeredet werden. Bei schlechten Noten wird das Kind geschimpft oder sogar als dumm oder faul beleidigt.

Das mag nur ein kleines Detail in der Erziehung sein und auch nur ein Aspekt der Persönlichkeit ausmachen, jedoch kann dieser Aspekt den Lebensweg eines Menschens maßgeblich beeinflussen.

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"jedoch kann dieser Aspekt den Lebensweg eines Menschens maßgeblich beeinflussen"

Ja, das stimmt. Allerdings kann jeder Aspekt den Lebensweg eines Menschen maßgeblich beeinflussen. Hätte ich damals ein anderes Fach oder einen anderen Ort für's Studium gewählt, wäre mein Leben komplett anders verlaufen. Ich hätte einen anderen Job, einen anderen Mann, andere Kinder, wäre sicher ein anderer Mensch (durch andere Erfahrungen) und dennoch die selbe.

Mein Bruder kommt aus einem ähnlichen Umfeld wie ich ;-) (auch bildungsnah, schlechte Noten zwar nicht schön aber keine Schande), dennoch ist er von der Persönlichkeit her ganz anders als ich und sein Lebensweg auch sehr abweichend (trotz nachgewiesener Intelligenz eine Klasse wiederholt, eher unterdurchschnittliches Abi, Studium abgebrochen, in den 30ern "Umschulung" gemacht, Mehr ALG2-Bezug als sonst was in seinem Erwachsenen-Leben. Kein Ehrgeiz "sein Leben auf die Reihe zu kriegen", aber sehr viel Ehrgeiz für "gesellschaftlich irrelevante" Themen (z.B. Schreiben von Wikipedia-Artikeln über exotische Nagetiere mit tag- und nächtelangem Wälzen fremdsprachiger Fachlilteratur...)

Er ist also irgendwo in seinem Leben "falsch" abgebogen, und weder meine Eltern noch ich können einen Auslöser ausmachen. Das Schlimme ist, dass er selber nicht glücklich mit der Situation ist, aber keine Energie aufbringt, sie zu ändern. Nebenbei bemerkt - er ist noch rechthaberischer als ich ;-), das kommt nachvollziehbar aus der Familie meines Vaters (bzw. ist wohl Erbteil unserer Großmutter, da alle Voll- und Halbgeschwister meines Vater betroffen sind)

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