Hallo,
Ich würde gerne anonym schreiben. Ich versuche die Problematik kurz zusammenzufassen.
Unsere Tochter, 10, ist ein fröhliches, aufgewecktes Kind, viele Freunde, gut in der Schule (einzig mündliche könnte besser sein). Dies für eure Einschätzung.
Unsere Tochter macht seit klein auf immer irgendwelche Hobbies. Im Moment 2. Tanzen mit ihrer Freundin zusammen und eine Sportart im Verein. (Kein mannschaftssport)
Jetzt ist mir schon länger aufgefallen das sie anscheinend wenig selbstbeswusstsein hat, an ihren eigenen Ansprüchen zu scheitern scheint.
Kurze beispiele:
1. Wenn sie was in der Schule liegen lässt und wir nochmal vorbeifahren damit sie es holt traut sie sich nicht immer
2. Trainer um irgendwas bitten über ihre sorgen/Ängste sprechen - keine Chance
3. Selbst die Oma fragen ob sie ihren Rock umnähen kann... immer soll ich mit oder ich soll fragen.
In der Schule hatte ich das auch schonmal angesprochen. Da ist es anscheinend anders. Sie fragt die Lehrerin von sich aus. Sie wird sogar von anderen Kids vorgeschickt zu fragen. Ihre Lehrerin hat ihr den Tipp gegeben sich immer wieder zu sagen: Ich schaffe das, ich frage erstmal selber (bzw. Versuche die Sache selbst zu lösen)
Nu ist dieses Wochenende Trainingslager ihrer Sportart. Gestern schon 5 Stunden Training und heute auch nochmal.
Heute morgen fing dann das Drama an:
-warum muss ich trainieren?
- Diese Übung will ich nicht machen (gestern gestürzt)
Wenn ich ihr dann sage sie soll ihrer Trainerin sagen das sie sich nicht traut oder die übung nicht ins programm nehmen will, geht das nicht weil sie sich nicht traut!
Dann findet sie auch immer wieder andere Gründe warum sie da nicht hin will.
Andere Kinder sind doof, aufwärmen ist doof, es ist zu lang, ihr Fuß tut weh usw.
Wenn Sie dann da ist (hat Ihren glücksbringer mitgenommen) ist alles gut. Dann spielt sie mit den anderen zu aufwärmen auch und ist glücklich wenn sie was neues gelernt hat und es klappt.
Hatte der Trainerin heute gesagt dass sie ei n wenig Zuspruch braucht heute, da der sturz sie doch sehr "aus der Fassung gebracht hat". Sagt die Trainerin: "sie hat die Übung dann nochmal gemacht, da hat sie geklappt" ihnen ist allerdings auch aufgefallen (und das ist seit dem Kindergarten so) - sie weint nicht. Sie steht da und man sieht ihr deutlich an das sie nicht weinen will. Keine Gefühle zeigen!
Mir tut sie dann selbst so leid und ich würde sie am.liebsten zu Hause lassen. Sie weint zu Hause weil sie nicht hin will und dort traut sie sich nicht ihre Gefühle und ihren Willen zu äußern.
Sorry das es jetzt doch länger geworden ist. Habt ihr Tipps?
Wenig Selbstbewusstsein? Oder was anderes?
Das erinnert mich sehr stark an mich selbst in dem Alter.
Meine Mutter war als Kind genauso und da sie die Erfahrung, von Oma immer zu allem "gezwungen" zu werden, sehr schlimm fand, hat sie mich zum Glück dahingehend nie gedrängt, sondern eher unterstützt und auch Aufgaben abgenommen. Natürlich ist es auch immer eine sehr gute Erfahrung, etwas selbst zu schaffen, aber wenn man für manche Dinge, z.B. selbst irgendwo anzurufen oder allein irgendwo rein zu gehen, einfach noch nicht bereit ist, dann finde ich es nicht schlimm, als Eltern dabei zu sein. Da muss man sicherlich einen Mittelweg zwischen "Kind komplett in Watte packen" und "Kind in wirklich verunsichernden Situationen allein lassen" finden, den könnt ihr als Eltern aber am besten abschätzen. Aber mit 10 Jahren ist man einfach noch ein Kind und darf auch angst vor gewissen Situationen haben, finde ich.
Was mir WIRKLICH geholfen hat, war damals ein Selbstverteidigungskurs. Den hab ich in der vierten Klasse begonnen, da ging es sportlich betrachtet um gewaltfreies Wehren durch Hebelgriffe und ähnliches, also so asiatische Kampfsportarten, aber der Trainer hat auch sehr viele Übungen fürs Selbstbewusstsein gemacht. Hauptaugenmerk lag da z.B. drauf, "nein" zu sagen, wenn mir eine Situation nicht behagt und auf ein gutes Körpergefühl, selbstbewussten Stand statt gebückter Haltung, etc. Das hat mir wirklich extrem geholfen damals.
Aus meiner Arbeit im Kindergarten weiß ich, dass "Wing Tsun" wohl heutzutage sowas ähnliches ist (bei mir hatte es damals keinen eigenen Namen), einige Kinder aus der Kita haben da einen Kurs besucht und wenn sie mir gezeigt haben, was sie da so tun, dann waren das auch meist so das Selbstbewusstsein stärkende Sachen. Gibt's mit Sicherheit auch für unterschiedliche Altersstufen. Vielleicht wäre das mal etwas, einfach mal reinschnuppern und schauen, ob deine Tochter an so etwas Spaß hätte?
Ansonsten bieten Jugendzentren auch oft solche Aktionen an. Manchmal als gezielte "Mädchentage", wo dann speziell junge Mädels gestärkt werden, oft auch mit der Verknüpfung, dass man mit 10+ Jahren ja schon stark in Richtung Pubertät steuert, wo nochmal ganz andere Themen brisant werden. Gibt aber auch andere Aktionstage, die ein Augenmerk auf Selbstbewusstsein legen.
Grundsätzlich denke ich, sollte man da eher mit Geduld und Verständnis arbeiten als mit Druck, aber das lese ich aus deinem Text ohnehin schon so heraus. Ängste zu überwinden ist was tolles, aber das klappt meiner Erfahrung nach besser, wenn man selbst dazu bereit ist, und nicht dann, wenn andere Menschen einen dazu drängen wollen.
Sie hat in der Tat 4 Jahre Kampfsport gemacht. Judo allerdings. Dann hat es ihr keinem Spaß mehr gemacht.
Und in der Schule und auch an einem Kindergeburtstag haben sie auch so verteidigungskurse gemacht.
Ja zwingen bringt nichts. Wenn wir ihr sagen, dann hör halt auf mit dem Hobby will sie das aber nicht. Spaß macht es ja.
Auch beim anderen Hobby ist es übrigens genauso.
Viel loben stärkt das Selbstbewusstsein
Danke. Machen wir immer wieder.
Gestern war sie selbst stolz weil sie eine Trainerin um Hilfe gebeten hat. Da habe wir Sie auch gelobt.
Ihr Papa ist allerdings der Ansicht das sie sich manchmal halt auch "ausruht" weil solange jemand dabei ist der für sie fragen/machen kann, muss sie es ja nicht machen.
Sprich wenn ich z.b. mit in die Halle gehe dann kann ich ja gleich fragen...
Falsch! Lese dich bitte in verschiedene Quellen zum Beispiel Jesper Juul und Katia Saalfrank ein.
Hallo liebe Hilflose,
ich war auch so als Kind. Bis heute habe ich Schwierigkeiten, NEIN zu sagen und mich abzugrenzen. Vor allem gegenüber nahestehenden Personen. Ich habe mich als Kind zuerst davor gedrückt, dann mich gefragt, was falsch an mir ist.
Bis ich Jahre später bemerkt habe: das geht mehr oder minder ganz vielen so und man muss sich überwinden. Man ist immer selbst der einzige Mensch, der nach sich selbst zu schauen hat.
Unsere Kinder wollte ich davor bewahren. Ich habe das Thema erklärt, also dass seine Meinung sagen/ Hilfe fragen/ Nein sagen anfangs jedem schwer fällt und dass dieses komische Gefühl man wolle lieber weglaufen auch dazu gehört. Und dass das nur weggeht, wenn man die Situation immer und immer wieder durchsteht. Dann gehts besser, bei manchen bleibt aber das komische Gefühl. Das sollen sie eben hinnehmen, das ist wie eine unschöne Verpackung eines Geschenks. Der Inhalt ist ja das wichtige.
Dann habe ich sie unterstützt: bin anfangs mit und stand daneben, dann haben wir nur vorbesprochen welche Worte sie besser nehmen, inzwischen machen sie das super. Sie machen das besser als ich heute.
Vielleicht hilft Euch davon auch was!
Alles Liebe!!