Hallo ihr,
mich beschäftigt das Verhalten meiner Tochter. Sie wird im Juli 6 Jahre alt.
Vorweg: Sie ist ein tolles Kind! Ganz liebevoll mit ihrem kleinen Bruder (wird im August 2 Jahre alt), sehr interessiert an vielen verschiedenen Dingen, ermutigt andere Menschen, wenn sie Unsicherheiten bei diesen bemerkt und ganz vieles mehr.
Was mir jedoch schon immer aufgefallen ist: Sie stellt ihre Wünsche / Befindlichkeiten gnadenlos auf Platz 1. Entweder registriert sie nicht, was um sie herum geschieht, wenn sie gerade etwas möchte oder es interessiert sie nicht oder beides.
Beispiel: Heute bei einer Hochzeitsfeier hielt der Bräutigam eine kurze Ansprache, bevor er das Buffet eröffnete. Er stand drinnen und es war voll vorm Ausgang nach draußen. Meine Tochter zu mir: „Ich möchte jetzt raus.“ Ich: „Das stört gerade, die Leute hören ihm zu“ „Ich möchte aber jetzt raus!“ „Das geht gerade nicht. Wenn er gleich fertig gesprochen hat, kannst du sofort raus.“ „Ich möchte aber jetzt!“ Ich (etwas strenger): „Jetzt nicht! Ende!“ Meine Tochter war dann auch ruhig und wartete das Ende der Ansprache ab. Was ich mir wünsche ist, dass einfach mal eine einmaligen Aussage von mir reicht. Ich bin es leid, mich x mal zu wiederholen. Letztlich hört meine Tochter zwar auf mich, aber halt nicht sofort. Muss gar nicht immer sein, aber es stört mich einfach auch, dass sie ihre Wünsche immer überordnet. Ich könnte gefühlt die Treppe runter fallen und wenn sie mich zuvor hätte nach Süßigkeiten fragen wollen, würde sie es gefühlt machen, wenn ich unten verletzt liege… 😅
Ich weiß einfach nicht, ob ich zu viel von ihr erwarte mit fast 6? Sie unterbricht auch sehr häufig meinen Mann und mich beim Reden und nein - wir reden nicht ohne Punkt und Komma und lassen sie auch zu Wort kommen. Da hatte ich heute die Idee, dass ich mit ihr übe, dass sie zu mir kommen und mich berühren soll oder beim gemeinsamen Essen ihre Hand auf meine legt. Dann weiß ich, sie möchte mir gleich auch was sagen, aber ich werde nicht mündlich unterbrochen. Und klar, wenn sie uns mündlich unterbricht, sage ich ihr, dass ich „erst mit Papa zu Ende rede“. Unterbrechungen wie, ich schenke mir gerade was zu trinken ein und dann sagt meine Tochter „Für mich bitte auch“, finde ich nicht schlimm und da habe ich Verständnis für.
Wie läuft das bei euch ab? War das mit 5-6 Jahren vielleicht noch normal und hat sich mit der Zeit gegeben? Oder musstet ihr aktiv was dagegen tun? Was mir nicht so weiterhilft wären Beiträge wie „mein Kind konnte schon immer gut Rücksicht nehmen und seine Wünsche auch mal angemessen unterordnen“. Keine Frage - das ist toll! Aber wie sollte mir das gerade weiterhelfen? 😉mein Sohn ist da auch jetzt schon anders drauf und mit 1 1/2 gefühlt zu mehr Rücksicht in der Lage als meine Tochter 😅 ach und: Ja, wir leben Rücksichtsnahme vor! Ist ja immer schwierig, wenn man das selbst nicht tut und dann von seinen Kindern erwartet, aber da weiß ich - das machen wir.
Vielen Dank fürs Lesen und über Erfahrungen / Tipps freue ich mich 🥰
„Gutes Benehmen“ - was kann ich erwarten?
Ich verstehe, was du meinst.
Als Erstes würde ich mir an deiner Stelle mal phasenweise aufschreiben, wie oft du etwas einmal sagen musstest und wie oft mehrfach. Also, suche dir willkürlich eine Zeitspanne, etwas Dienstag zwischen Mittag- und Abendessen, Donnerstag zwischen Abendbrot und Einschlafen und notiere dir, wie oft du was (kurz mit notieren!) einmal, und was mehrfach sagen musstest.
Suche nach Gemeinsamkeiten. Aufmerksamkeit der Tochter, Aufregung, vorher war viel oder wenig los, vorher wurde sie viel oder wenig beachtet, Dringlichkeit ihres Anliegens oder deines Anliegens.
Bei der Hochzeit war euer beider Anliegen dringlich, aber du hattest mehr Erfahrungen mit Hochzeiten. Sie konnte ja gar nicht überblicken, was wann passiert, wie lange das dauert.
Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich mich als Kind wunderte, wenn meine Eltern Beundestagsdebatten anschauten, weil mMn die Menschen dort einfach inhaltslose (da für mich unverständliche) Debatten führten. Es war unendlich langweilig, das mit anzuhören und ich ging meist sofort raus.
So in etwa dürfte die Rede sich für deine Tochter angehört haben: Sie konnte ihr nicht folgen und es versperrten sehr viele evtl. fremde Erwachsene den Ausgang, um dem zu entfliehen. Sie konnte auch nicht wissen, ob der Mann da jetzt 2 min, 20 min oder 2 Stunden reden würde. Ihr fehlte da einfach die Erfahrung und auch die Geduld.
Also war ihr dringliches Anliegen, raus zu kommen und dein dringliches Anliegen, dass sie ruhig abwartet.
Vielleicht hätte es geholfen, vorher zu skizzieren, wie so eine Hochzeit abläuft und dass man (als Kind) eventuell öfter länger warten müsste. Und vielleicht ein paar Ideen zu geben, womit man sich dann beschäftigen könnte, was man beobachten oder planen könnte.
Wenn du das unbedingt üben willst, könntest du mit ihr kurze Phasen vereinbaren, in denen sie sofort "hört" und dafür dann hinterher belohnt wird - die Phasen sollten dann aber nicht länger als anfangs 15 min oder so sein - und genauso Phasen, in denen DU sofort hörst! Das kommt ja auch vor: Man will als Kind die Mama etwas fragen, aber die unterhält sich gerade, will erst die Waschmaschine füttern, kocht gerade etc. Also könntet ihr das beide üben und beide mitbekommen, dass es Situationen gibt, in denen man sofort reagieren sollte und andere, in denen einer mal etwas warten muss. Vielleicht könntet ihr dann ein "geheimes" Zeichen dafür vereinbaren, dass es für einen von euch gerade wirklich dringlich ist und eines dafür, dass der andere jetzt erst mal etwas warten muss.
Oft fällt es schwer, nachzuvollziehen, warum was für wen gerade extrem dringlich ist. Warum deine Tochter unbedingt raus will und warum du erwartest, dass sie jetzt erst mal gelangweilt, aber höflich, zuhört. Stelle dir aber mal vor, so eine Rede oder ein Gespräch würde auf einer Sprache geführt, die du absolut nicht verstehst und du müsstest ruhig zuhören, ohne zu wissen, wie lange das noch dauert. Das wäre (oft) die Position deiner Tochter bei "Erwachsenengesprächen".
Es hilft evtl., später darüber zu sprechen, was gesagt wurde, was dir wichtig war, wie es ihr ging, was sie beim nächsten Mal tun könnte, wenn sie sich langweilt.
Deine Tochter ist ein sehr guter Vertreter ihrer eigenen Interessen und Bedürfnisse. Sie sorgt gut für sich. Wunderbar.
Jetzt kommt der nächste Schritt, dass sie lernen darf, dass es auch andere Menschen mit Interessen und Bedürfnissen gibt. Ich würde nicht zig mal etwas zu ihr sagen, sondern wirklich nur einmal und dann ihre Unruhe aushalten und im Nachgang mit ihr darüber sprechen, was du dir für ein Verhalten wünschst und warum. Bei der Hochzeit war es ihr sicherlich zu viel. Ich würde im Alltag beobachten, ob sie genug Aufmerksamkeit bekommt und wie es in der Kita läuft. Vielleicht hat sie da einen Mangel.
Ich finde, dass man das nicht "bezuckern" sollte - Kinder sind keine Meister der Selfcare, sondern schlicht Egoisten. Dafür können sie nichts, das ist ganz normal. Aber es hat nichts damit zu tun dass sie wüssten, welche Bedürfnisse sie gerade haben. Sie haben einfach nonstop Wünsche. Das ist nicht dasselbe.
Puh, ich glaube du erwartest noch zu viel, denn es funktioniert doch.....andere Kinder hätten die Rede gesprengt.
Ihr Erwachsenen werdet das Kind sicherlich auch öfter unterbrechen und wie oft musste dein Kind sich denn schon eine Rede anhören? Das ist schon was anderes, als wenn in der Kita eine Feier eröffnet wird.
Und ja, ich finde es schon einen recht fiesen Hintergedanken, das sie dich noch nach Süßkram fragen würde, wenn du dich verletzt hast...auch wenn du das überspitzt formuliert hast. Es macht aber deutlich, wie verbissen du das Thema siehst.
Deine Tochter ordnet sich ja unter, flippt nicht aus....hakt aber nach. Mach jetzt nicht den Fehler und vergleiche die Geschwister, dein Sohn ist kognitiv überhaupt noch nicht in der Lage um Rücksicht zu nehmen. Er hat evrmutlich einfach ein anderes Grundwesen, deswegen ist deine Tochter aber nicht "falsch". Uns bittest du, keine Antworten in Richtung "„mein Kind konnte schon immer gut Rücksicht nehmen und seine Wünsche auch mal angemessen unterordnen“ zu geben, aber du selber benutzt dafür (d)ein Kleinkind.
Ich denke, du bist da jetzt einfach drauf angesprungen und ja, Erziehung bedeutet eben Arbeit udn ist eben auch teilweise Wiederholung bis zum Umwinken. Das gehört dazu.
Dein Beispiel mit der Rede, vielleicht kannst du da einfach mal auf deine eigenen Worte achten....weniger ist manchmal mehr. Etwas mehr Verständnis....denn so eine Rede ist doch echt stinklangweilig. Aber ansonsten finde ich das alles noch Rahmen.
Guten Morgen,
ich finde dass deine Erwartungshaltung an deine Tochter zu hoch ist. Du setzt dich und damit gleichzeitig sie unter Druck. Dadurch achtest du auf jede Kleinigkeit und das ganze endet in einer Endlosschleife.
Dass sie nicht beim ersten Mal hört und versucht ihren Willen durchzusetzen ist völlig normal in dem Alter. Und als Eltern alles drei Mal zu sagen und sich ständig zu wiederholen und zu erklären nennt sich Erziehung 😅
Jemand schrieb hier schon, dass deine Tochter doch kein Roboter ist. Genau das ist der Punkt: Sie ist ein eigenständiger Mensch mit einem eigenständigen Charakter- der nicht dem der Eltern entsprechen muss. Wenn Du Dir das vor Augen hältst, kannst Du mit der Sache vielleicht entspannter umgehen.
Sie ist doch gut erzogen, so wie Du das beschreibst. Ja, Du musstest drei Mal was sagen, aber sie ist nicht einfach losgerannt zum Buffett. Und das Kinder ihre Eltern unterbrechen… das gehört einfach dazu. Ich kann mich erinnern, dass ich dafür als Kind auch ein Talent hatte und deswegen den ein oder anderen Rüffel kassiert habe.
Meine Kinder sind 19 und 15 und wenn ich zurückblicke, erinnere ich mich auch an diese Phasen. Mach einfach weiter das was du machst- das machst du gut. Keine Sorge- aus deiner Tochter wird keine kleine Narzisstin. Ganz im Gegenteil- sie lernt ihre eigene Meinung und ihren eigenen Willen zu haben und trotzdem auf Bedürfnisse Anderer zu achten. Und eine eigene Meinung ist heutzutage viel wert 😉
Liebe Grüße
Susi
P.S. Ich habe immer Wert darauf gelegt, dass meine Kinder Bitte und Danke sagen, grüßen wenn sie einen Raum betreten oder auf Menschen treffen und sich verabschieden. Es sind so Kleinigkeiten, die gutes Benehmen ausmachen. Hier im Norden sagt man: Keine Sorge- das ruckelt sich alles zurecht. Du hast ja ein Auge drauf und dir ist es nicht egal.
Dein 2jähriger schwimmt mit dem Flow. Der kommt schon auch noch und testet seine Grenzen aus. 😉
Und genau das ist es. Grenzen austesten, verhandeln, lernen welche sozialen Regeln fix sind und wo Spiel drin ist. Und ich finde, sie hält sich gut in deinem Beispiel. Kein Fluchtversuch, kein Geschrei. Aber sie testet halt mit etwas Nachdruck aus was geht und was nicht. Total normal. Und gut.
Mein grosser ist im gleichen Alter. Ist hier nicht anders. Und total normal.
Aus deinem Beispiel kann ich nicht viel schließen, da finde ich das Verhalten völlig normal. Das Kind kann sich vielleicht nicht vorstellen, warum es jemanden stören sollte, wenn andere sich bewegen. Das ist ja sonst nie ein Problem.
Wenn das Kind tatsächlich sieht, dass man sich gerade sehr verletzt hat und dann nach Süßigkeiten fragt, ist das noch ein anderes Beispiel. Kommt sowas denn vor? Kannst du dafür tatsächliche Beispiele beschreiben?
Ich würde ansonsten zwischen zwei Aspekten unterscheiden. Der eine ist, ob das Kind generell bereit ist Rücksicht auf andere zu nehmen und ihnen zu helfen. Versucht sie zumindest, leise zu sein, wenn jemand schläft? Das Singen oder laute Spielen zu verändern, wenn jemand Kopfweh hat, etc.? Hilft sie gerne, wenn jemand Hilfe braucht? Zum Beispiel Kühlpack oder Pflaster holen, assistieren wenn jemand an der Hand verletzt ist, Botengänge im Haus machen, wenn jemand gerade nicht gut aufstehen oder laufen kann?
Wenn sie das nicht tut, obwohl es ihr selbst gerade gut geht, finde ich das schon ungewöhnlich. Die meisten Kinder machen (oder versuchen) das von Anfang an gerne.
Der andere Aspekt, mit dem vor allem jüngere Kinder zu kämpfen haben, ist das kurzfristige unterdrücken der eigenen Emotionen und Bedürfnisse. Kinder haben anfangs erstmal nicht ausreichende exekutive Funktionen (Impulskontrolle, Aufmerksamkeitlenkung etc.) um sich auf andere Menschen fokussieren zu können, wenn bei ihnen selbst gerade die Emotionen brodeln oder die Bedürfnisse auf rot sind. Bei einem 2-Jährigen Kind wäre es garnicht ungewöhnlich, wenn es nach Essen verlangt, nachdem der Erwachsene gestürzt ist. Das Kind hat Hunger und wollte eh gerade nach Essen fragen. Durch den Sturz ist das Kind alarmiert und bekommt Angst, ob der Erwachsene es überhaupt noch versorgen kann. Dadurch wirkt auch der eigene Hunger noch größer und dringender. Wenn der Erwachsene aufsteht und Essen macht, wäre alles in Ordnung. Das wünscht sich das Kind dann ganz unbedingt und fordert es auch ein.
Bei meinem Kind im Vorschulalter merke ich in letzter Zeit eine deutliche Verbesserung der Selbstregulation. Das Kind kann zunehmend die eigenen Emotionen und Bedürfnisse auch mal hintenanstellen, wenn die Situation das gerade erfordert. Ich fände es jetzt auch nicht überraschend, wenn andere Kinder erst mit 6 Jahren so weit sind. Aber dein Kind schafft es ja sowieso auch schon. Sie hat ja nicht laut angefangen zu brüllen, weil sie nicht rausgehen durfte, sondern nur ruhig mit dir diskutiert. Da scheint also zumindest in dem Beispiel genug Selbstregulation und Rücksichtnahme vorhanden zu sein.
Also allein der Gedanke: „Meine Tochter soll bitte ihre Hand auf meinen Arm legen, dann weiß ich, dass sie auch noch was sagen will…“ verursacht bei mir ein „Gehts noch“-Gedanken.
Ist doch super, wenn sie wartet, wenn man sie mündlich dazu auffordert jemand ausreden zu lassen. Auch wenn sie mal drei Aufforderungen braucht. Kinder testen nun mal Grenzen und langsam ist die Zeit vorbei, wo für deine Tochter Mamas Wort Gesetz war.
Deine Beschreibung klingt für mich nach einem ganz normalen Kind mit ganz normaler Erziehung.
Ebenso deine Erwartungen eine Ansage muss reichen,
Ähm soweit ich weiß gibt es Unterschiede zwischen Hunden (aufs Wort gehorchen) und Kindern. Funfact selbst Hunde testen manchmal aus, ob deine Ansage wirklich ernst gemeint war.
Ich finde deine Ansprüche zu hoch und unrealistisch, hat eher was von einer “Annika” aus Pipi Langstrumpf.
Meine Tochter ist 5, meine Nichte ist 6,5 und ja, beide sind so. Bei „Fremden“ übrigens nicht, da sind sie geduldig und höflich und zuvorkommend. Zu Hause werden wir unterbrochen, es muss diskutiert werden usw 😅
Ja, also ist normal. Und ich denke, das legt sich 😅