Hi ihr lieben,
Unser 2 jähriges Kind schlägt sich schon bei Kleinigkeiten, die ihm nicht gefällt auf den Kopf. Eigentlich ein ruhiges, liebes normales Kind. Ich kann es ihm nicht abgewöhnen, weil es ja auch noch nicht viel versteht. Was kann die Ursache sein außer vielleicht das Problem dass kleine Kinder ihre Frust nicht regulieren können. Was kann man machen?? Hat jmd ähnliche Erfahrungen?
Kind schlägt bei Ärger oder Frust auf Kopf
Muss man denn etwas machen? Die Alternative wäre, dein Kind einfach machen zu lassen. Ich würde davon ausgehen, dass sich das mit zunehmendem Alter auswächst.
Hi,
du hast die Schwierigkeit, vor der dein Kind hier steht, schon ganz gut erfasst - Emotionen zu regulieren, muss es erst noch lernen. Außerdem tastet dein Kind mit 2 Jahren auch seine Autonomiephase ab. Das heißt, Frust und Ärger treten einfach öfter auf, weil vieles Eben noch nicht allein klappt oder es viele Entscheidungen noch nicht so treffen kann/darf, wie es das jetzt langsam gut fände.
Das "sich selbst hauen" ist ein Effekt, der genau an dieser Grenze entsteht.
Stell dir vor, du bist ein kleiner Mensch, der gerade erst die Welt verstehen lernt und wirklich gern den roten Löffel hätte. Weil du noch so klein bist - und deine Welt auch - ist dieser rote Löffel in diesem Moment super wichtig für dich.
Und dann...bekommst du den Blauen. Weltuntergang! (Während wir Erwachsenen daneben stehen und uns nur Fragen "Was zur Hölle?!")
Aber da hört es noch nicht auf.
Denn jetzt fängt es in deinem kleinen Körper auf einmal an, zu brodeln. Dein Herzschlag wird ganz schnell, dir wird heiß oder kalt, deine Muskeln spannen sich an, vielleicht wird es sogar ganz eng in deiner Brust.
Du hast noch nicht gelernt, dass das eine Emotion ist, die sich "Wut" nennt. Du spürst nur, dass plötzlich alles ganz komisch ist.
Viele Kinder fangen dann an, zu schreien und zu weinen. Gut so - denn damit kommt das komische Gefühl nach außen und bleibt nicht in dem kleinen Körper hängen.
Aber manche Kinder schreien nicht - oder das Schreien reicht nicht.
Dann fangen sie häufig an, sich von außen einen körperlichen Reiz zu setzen, um das ungreifbare Gefühl im Inneren besser verarbeiten zu können. Schmerzreize funktionieren da erstmal ganz gut.
Mit den Händen auf den Boden trommeln, die Füße irgendwo dagegen schlagen - oder eben auch den Kopf. Oder die Fäuste auf den Kopf. Manche Kinder beißen sich auch in die Hand, kneifen oder kratzen sich. (Das ist übrigens ein Verhalten, das man auch bei erwachsenen Menschen mit bestimmten Behinderungen häufig beobachten kann, wenn auch dort die Gefühlsregulierung nicht richtig funktioniert).
Was kannst du also machen?
Natürlich möchtest du nicht, dass dein Kind sich weh tut.
Direkt in der Situation kannst du also versuchen, deinem Kind ein Vorbild zu sein. Sprich mit ihm (denn es versteht schon viiiel mehr, als du vielleicht glauben magst!)
Gib ihm ein einfaches, klares Feedback zu seinem Gefühl. Z.B. "Oh, jetzt bist du gerade wütend.", "Du bist richtig aufgewühlt." - bleib dabei zugewandt und in Kontakt. Mach die Sätze nicht zu lang, aber drücke dein Verständnis aus.
Und dann versucht ihr die Wut in die richtige Bahn umzuleiten. z.B. "Komm, wir lassen die Wut zusammen raus." - "DA darf die Wut hin." --> Und du fängst an, mit den Fäusten auf den Tisch/Boden/das Sofa zu trommeln. Du kannst auch mal sanft versuchen, die Fäuste deines Kindes vom Köpfchen weg zu fangen und mit euren beiden Händen gemeinsam irgendwo drauf zu trommeln. (Nur so lange es das zulässt. Das wird ein wenig Übung brauchen.)
Auch Füße stampfen, gegen eine Matratze rennen, Kissen auf den Boden hauen --> all das sind Möglichkeiten.
Du musst überlegen, welche Variante für dein Kind leicht umsetzbar ist und du als Mama für sicher und angemessen hältst. Und du musst dabei sein und das begleiten - auch indem du mitmachst. Denn dein Kind lernt vom Zuschauen.
Und irgendwann im Wutanfall wird der Punkt kommen, wo dein Kind dich braucht, um die aufgewühlten Gefühle zu regulieren - z.B. in dem es auf deinen Arm darf, um von dir gehalten zu werden.
Abseits der akuten Wutausbrüche kannst du versuchen, dein Kind in der Autonomiephase achtsam zu begleiten. Indem du es z.B. einfache Entscheidungen zunehmend selbst treffen lässt ("Möchtest du den roten oder den blauen Löffel?") usw.
Ich hoffe, das hilft dir ein bisschen weiter.
Liebe Grüße
Mareike
Hey, danke dir vielmals dafür!! Pädagogisxh so wertvolle Erklärungen und Tipps! Wirklich genial, werde ich umsetzen!danke!!
Das freut mich sehr, wenn es dir erstmal mehr Sicherheit gibt!
Wenn sich gar nichts verändern will, muss man sicher nochmal individueller auf eure Situation schauen (dann schreib mich einfach mal persönlich an) - aber gebt euch erstmal ein bisschen Zeit, gemeinsam zu lernen. :)
Du hast hier ja schon eine sehr gute und ausführliche Antwort bekommen :)
Eins meiner Kinder hat das auch gemacht, inklusive Kopf gegen die Wand hauen ... Es lag wirklich daran, dass sich mein Kind 1. noch nicht gut genug ausdrücken konnte, sodass 2. etwas nicht so lief, wie das Kind sich dies vorgestellt hat (Frust) und 3. ich die beginnende Autonomiephase nicht gleich erkannte (Verzweiflung).
Es hatte sich ausgewachsen, indem ich verstand und akzeptierte, dass mein Kind seinen eigenen Kopf hat und bei Entscheidungen mitbestimmen wollte. Ich habe nur die Wahl zwischen 2 Sachen gegeben, mehr ist in diesem Alter überfordernd und ich hab die Wahl noch im Griff. Zudem habe ich immer wieder das unerwünschte Verhalten besprochen, irgendwann kam es beim Kind an. Ich habe auch "erlaubt" die Emotionen anders und sicherer rauszulassen. Beginnend mit meiner Hand zwischen Kopf und Wand, bishin zum harmlosen Kissen verprügeln und ins Kissen schreien.