Unterschiedliche Prioritäten bei Erziehung

Hallo,

was meint ihr dazu?

Grundsätzlich führen mein Mann und ich eine sehr gute Ehe und sind gute Partner füreinander, wir unterstützen uns gut und können auch den Alltag mit den Kindern gut aufteilen.

Allerdings haben wir bei einigen Themen völlig unterschiedliche Ansätze und ich habe Angst, dass es unseren Kindern schadet.

Unser Sohn ist nun seit 2,5 Wochen eingeschult und ich habe Bedenken, dass wir ihn komplett überfordern. Er kommt gut mit, schon in der Vorschule haben sie gesagt, dass er sehr gut klarkommt. Sie haben uns empfohlen, dass wir darauf achten, dass er genug sportlichen Ausgleich bekommt - die Betreuerin damals meinte, dass sie zwar keine Intelligenztests aus vielen guten Gründen machen, aber dass sie sicher ist, dass unser Sohn ein deutlich besseres Ergebnis hätte als die anderen. Und dass sie bei solchen Kinder immer empflieht, Ausgleich zu schaffen.

Nun ist es so, dass ich besonders gut in der Schule war, mir hat es riesig Spaß gemacht, ich habe sogar Klassen übersprungen und war im Grunde immer unter den Klassenbesten, ich war zwischenzeitlich Schülersprecherin und hab letztlich kaum schlechte Noten oder Bemerkungen bekommen, das waren echte Ausnahmen. Trotzdem war ich aber auch sozial aktiv, ich habe getanzt, war in der Theatergruppe und auch vernetzt, also ich hatte wirklich tolle Freunde, mit denen ich zum Teil bis heute noch sehr gut befreundet bin.

Mein Mann dagegen hat zwar auch gute Freunde aus der Zeit, aber er hat die Schule geradeso mit Ach und Krach geschafft, das Abi mühsam auf dem zweiten Bildungsweg gemacht, Studium dann abgebrochen und ist im Allgemeinen mehr der Rebell gewesen. Ich finde das erstmal nicht schlimm, er hat trotzdem einen Beruf gefunden, der ihn erfüllt und geht da seinen Weg und ich finde auch, dass er in vielen Dingen klüger ist als ich, also lebensklüger.

irgendwie versteift sich mein Mann aber in die Idee, dass wir jetzt unbedingt für viel sportlichen Ausgleich sorgen müssen, unser Sohn ist ja auch sportlich, aber aktuell macht er 4 (!) Mal die Woche außerschulischen Sport, 4 verschiedene Sportarten. 2 davon sind in der Schule selbst, also Verein kommt am Nachmittag in die Schule, aber das ist trotzdem außerschulischer Sport für mich, da er außerhalb des Unterrichts stattfindet und er an den Tagen von 7:30 bis 16:00 in der Schule beschäftigt ist.

Ich finde das viel zu viel. Er ist gerade 6,5 Jahre, gerade seit 2,5 Wochen in der Schule, es ist alles neu, neuer Rhythmus, neue Leute, Schreiben und Lesen lernen, überhaupt erstmal lernen, wie Schule funktioniert usw.
ich finde, er muss mindestens jeden zweiten Tag den Nachmittag in Ruhe zuhause haben, auch mal chillen und absolut Nichts tun etc.
und ich finde, man merkt ihm an, dass es ihn zu viel ist, er ist gereizt und oft überdreht. jetzt kam eine Meldung, dass er in der Pause Mitschüler geschlagen hat und sich nicht entschuldigen will und nichts dazu sagt. das hat er noch nie gemacht und ich habe das Gefühl, dass es mit einer Überforderung zu tun hat. Gestern hat er einen Nervenzusammenbruch bekommen, weil er sein T-Shirt im Spind vergessen hat und war wohl beim Training ohne Wasser, weil er seine Wasserflasche vergessen hat. Er selbst sagt, es sind so viele Dinge, an die er denken muss.

Ich finde unbedingt, dass wir das Tempo rausnehmen müssen, um ihm Ruhe und Zeit zum Ankommen zu geben. Mein Mann sagt, aber der ganze Sport macht ihm doch Spaß. Ja, aber ich finde, dass wir da in der Verantwortung sind, ihm beizubringen, dass es eben auch Ruhe und Pausen bedarf.

Ich mache mir wirklich Sorgen.

Und ja, ich habe schon Gesprächsbedarf bei der Lehrerin angemeldet, um die Situation genauer zu klären-

Danke für eure Meinungen.

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Viermal pro Woche zusätzliches Programm finde ich schon sehr viel, selbst wenn dein Sohn nicht gerade frisch eingeschult wäre. In meiner sportlichen Hochphase (so mit 15) habe ich dreimal pro Woche trainiert, das habe ich aber selbst so entschieden und da ging es um meine Lieblingssportart. Sehe das grundsätzlich wie du. Bewegungsmöglichkeiten sind super, aber es muss nicht immer alles getaktet sein. Wenn dein Mann es wichtig findet, dass euer Sohn jeden Tag in Bewegung ist, dann könnte er ja auch gemeinsam mit ihm im Park Fußball spielen, eine Radtour machen oder zum Spielplatz gehen. Das wäre vermutlich etwas entspannter für deinen Sohn.
Dass deinem Sohn der viele Sport „Spaß macht“, ist zwar schön, aber für mich kein Argument, etwas mehr Freiraum zu schaffen. Meinem Sohn macht es auch Spaß, den ganzen Tag Action zu haben, aber ich weiß als Mutter, dass es ihm dauerhaft nicht gut tut und er auch Pausen braucht, in denen er frei spielen kann. Sonst läuft es nämlich ab wie bei euch und ich der „Melt Down“ ist nur eine Frage der Zeit.

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Hallo,

meine Tochter hat wie viele andere Kinder auch die OGS besucht, also Nachmittagsbetreuung, bei uns bis 16:00 Uhr. Ich hatte Urlaub genommen und überlegt, sie die erste Zeit direkt nach dem Unterricht abzuholen. Aber es wurde damals auch empfohlen, dass sie von Anfang an jeden Tag hingeht, da sich die Gruppen und Freundschaften so bilden, und es blöd wäre für ein Kind, quasi erst nachträglich dazu zu kommen. Das konnte ich auch gut nachvollziehen.
Da war auch jeden Nachmittag in der OGS was anderes los, AG's oder durch die Betreuerinnen angeleitete Aktivitäten. Zusätzlich hat meine Tochter auch noch Sport im Verein gemacht (noch nach der OGS bzw. hat sie die OGS dazu 1x wöchentlich vorzeitig verlassen).

Ich finde nicht, dass Kinder jeden zweiten Nachmittag in Ruhe zu Hause verbringen müssen. Die Schulzeit der Eltern und ob denen die Schule leicht oder schwer fiel, hat gar nichts damit zu tun.
Klar ist es in der ersten Wochen für die Erstklässler recht viel an neuen Eindrücken, aber das legt sich bestimmt recht bald.

Viele Grüße
H.

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Ich sehe gerade, dass ich dich falsch verstanden habe. Sorry.

Bearbeitet von Kaffeetante2
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Ich finde das jetzt auch nicht so dramatisch.
Wie meine Vorschreiberin schon schrieb:
Für viele Kinder ist ein Schultag bis 16 Uhr völlig normal.
Klar ist das jetzt erstmal alles neu und mit Sicherheit herausfordernd. Aber das darf es doch auch sein.
Ich würde das 1. Halbjahr erstmal abwarten. Wenn es sich dann immer noch nicht eingespielt hat und euer Sohn weiterhin überfordert ist, würde ich die Situation nochmal überdenken.
LG

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Kurze Anmerkung: Was völlig normal ist, kann Einzelne trotzdem überfordern. Auf ganz verschiedene Weise. Zu viele Menschen, zu wenig Selbstbestimmung, zu laut, zu wenig Rückzugsmöglichkeit, zu anstrengend etc.

Da sollte man schon nachfragen, ob jeder mit der Normalität auch zurecht kommt und wenn nicht, einen Ausgleich bieten. Was für ein Ausgleich das dann ist, hängt davon ab, was einen bei der eigenen Normalität, der man nicht entkommen kann (man muss halt so und so lange und Schule und Hort verbringen) überfordert und was man dann in der Freizeit braucht. Das muss man erst mal (evtl. gemeinsam) herausfinden.

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Auf jeden Fall.
Ich habe selbst ein Kind, für das Lärm, Menschen und insbesondere die Interaktion mit diesen eine krasse Herausforderung ist.
Aber der Junge ist erst seit zwei Wochen dabei.
Natürlich soll kein Kind dauerhaft überfodert werden, aber man muss halt auch nicht sofort den Rasenmäher rausholen😉.
Wenn der Junge also Spaß an seinen sportlichen Aktivitäten hat, würde ich ihm keine Zwangspause verordnen, sondern erstmal abwarten.
LG

Bearbeitet von laeufermaedel
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Möchte dein Sohn denn diese ganzen Aktivitäten machen? Hat er Zeit, sich mit Freunden außerhalb von Vereinen etc. zu treffen?

Die erste Frage wäre doch, was ER möchte. Ob er alle Kurse weitermachen möchte oder vielleicht nach und nach welche ausprobieren möchte. Man könnte ja auch Fußball und Judo ein halbes Jahr machen und dann einen der Kurse, der einem weniger Spaß macht, durch Schwimmen oder Turnen ersetzen.

Ich persönlich würde zwar auch unterstützen, dass Kinder mal Zeit nur für sich haben, also Leerlauf und damit auch Zeit, sich mal mit Freunden zu verabreden oder komplett frei zu entscheiden, was sie machen wollen, aber es gibt auch Kinder, denen das schwer fällt und die sich lieber in der Freizeit komplett auslasten wollen.
Die Frage ist jetzt, zu welcher Kategorie dein Sohn aktuell gehört.
Das kann sich ja auch wieder ändern.

Daher würde ich erst mal mit ihm reden:
Wie geht es ihm?
Wie geht es ihm in der Schule mit den Routinen, dem Stoff, den Mitschülern, den Lehrern?
Wie findet er seine Freizeitkurse?
Machen die alle noch Spaß oder hätte er lieber Zeit für sich oder würde er lieber einen davon intensiver betreiben und dafür andere abgeben?

Fragt doch einfach mal konkret, wie es jedes Mal war, und dann hört hin, ob es langweilig, anstrengend oder toll war, ob er sich mit den Vereinskollegen gut versteht, ob er lieber mal frei hätte.

Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist, dass Eltern über seinen Kopf hinweg in die eine oder andere Richtung entscheiden - weder, ihn einfach abmelden, noch entscheiden, was er die ganze Woche nachmittags macht.
Man möchte ja vielleicht auch, wenn man bspw. sehr gern Fußball spielt, unter der Woche mal üben und das geht nicht, wenn jeder Tag schon mit anderen Aktivitäten belegt ist.

Ich glaube, ihr habt die Aussage der Expertin etwas zu wörtlich genommen. Sie meinte sicherlich "Kinder brauchen EINEN AUSGLEICH", aber was genau das ist und in welchem Umgang, kann ja sehr individuell sein!
Sport machen einige auch nur in der Familie, da wird gemeinsam Ball gespielt, gewandert, Fahrrad gefahren etc.

Also: Erst mal herausfinden, was er wirklich will und wie viel Freizeit er möchte und dann überlegen, wie weit ihr ihm da entgegen kommen könnt.
Eure Ansichten sind da mMn eher zweitrangig.

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Wenn ihr ein "normales" Kind mit Vertrauen zu den Eltern habt, wird euer Sohn euch definitiv sagen, wenn ihm etwas zu viel ist und er es sich anders wünscht. Klaglos leiden nur um die Eltern glücklich zu machen, ist nicht unbedingt Standard.
Ich würde meinem Sohn also sagen, dass du hoffst, ihm machen seine Aktivitäten Spaß, aber er jederzeit sagen kann, wenn es ihm zu viel wird oder er sich eine Änderung wünscht. Das sollte genügen, aber natürlich dennoch ein Auge drauf haben.

Unsere kleine Tochter hatte im letzten Jahr 3. Klasse nachmittags, zweimal die Woche Karate, Buchclub, Chor, Latein, Nawi und Leichtathletik weil sie es wollte. Wir fanden es viel zuviel, aber sie war glücklich und wollte sogar noch mehr machen. Erschöpft war sie nie, nur glücklich, für sie ist chillen langweilig. Mussten wir auch akzeptieren.

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Hm, einige nehmen Vorgaben auch einfach so an, wie in der Schule. Da kann man auch nicht gehen, bevor der Unterricht beendet ist oder freitags einfach zu Hause bleiben. Genauso könnte ein Kind glauben, dass diverse Kurse eben auch vorgegeben sind und nicht zur Diskussion stehen.

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Dann halte ich das für ein Versäumnis der Eltern. Wir besprechen jeden Zettel und jede Aktivität, die unsere Kinder mitbringen oder ausüben wollen, mit allen Vor- und Nachteilen. Wichtig ist aber immer, dass man es auch wieder beenden kann, sollte man merken, es klappt nicht aus diesen oder jenen Gründen. Gerade bei außerschulischen Aktivitäten die zusätzlich dazu kommen, ist das essentiell.

Wenn also die Mutter dem Jungen signalisiert, dass er bei Bedarf immer zu ihr kommen kann und soll, müsste es doch funktionieren. Ohne mit dem Kind zu sprechen, wird er kaum in diesen AGs gelandet sein. Ein Interesse war also da, ob es dabei bleibt wird die Zeit zeigen.

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Ich würde als erstes das Kind fragen was es möchte. Er kann in der ersten Klasse ja selbst sagen, ob ihm die Alternativen zuviel sind oder nicht.

Was der schulische Weg von dir und deinem Mann in der Geschichte zu suchen hat, ist mir allerdings ein Rätsel. Euer Sohn ist weder du noch er, sondern ein eigenständiger Mensch.

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Meine Tochter war in den ersten Wochen der ersten Klasse auch vollkommen durch.
Du kannst gerade noch gar nicht sagen, ob die "Überforderung" etwas mit der Schule oder dem vielen Sport zu tun hat. Ich glaube, es hat einfach mit den vielen Eindrücken in der Schule zu tun.
Begleite deinen Sohn einfach emotional und sag ihm, dass es bald besser wird und er sicherer wird.
Wenn sich alles etwas beruhigt hat, würde ich ihn, deinen Sohn fragen, ob er den Sport machen will oder nicht. ER sollte gefragt werden und nicht du oder dein Mann.

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Ich verstehe den Zusammenhang nicht:
Weil er vlt. sehr intelligent ist, soll er Sport machen?
Dazu brauche ich eine Erklärung.

Aber davon abgesehen, Sport ist per se nicht schlecht. Aber 4 verschiedene Sportarten? Das wäre mir persönlich zu viel. Er hat ja gar keine Zeit runterzukommen.
Wenn es keine Probleme gibt - gut, kann man machen. Aber offenbar hat dein Kind Probleme und kommuniziert es auch: er muss sich zu viel merken (oder so etwas in der Art)
Da würde ich definitiv kürzer treten. Weniger sportARTEN. vlt. Dann eine Sportart und zwei Tage Training und etwas zum entspannen?

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Warum fragt ihr euren Sohn nicht einfach? Er wird das sicher gut einschätzen können.

Möchte euer Sohn den Sport jede Woche machen? Dann lasst ihn, er wird sagen, wenn es ihm zuviel wird.

Wenn nicht, dann reduziert ihr eben, so wie das Kind es möchte.

Warum ein Kind mit hohem IQ nur Sport als Ausgleich haben soll, erschließt sich mir gar nicht. Das ist eine Pauschalaussage die überhaupt nicht haltbar ist und kein seriöser Begabungsspezialist sagen würde.


Unser Sohn hat in der GS 3 x die Woche Sport gemacht und 1x die Woche Musik und 1 x die Woche Mathe und 1 x im Monat Theater--- weil er daran Spaß hatte.