Sprecht ihr mit Kindern über (ausländische) Politik?

Meine Schwester und ich waren kürzlich mit den Kindern auf dem Weihnachtsmarkt und in der Nähe gab es eine kleine Kundgebung wegen des Sturzes von Assad.

Die Kinder wollte wissen, warum diese Menschen feiern. Da erklärte ich ihnen, dass sie feiern, weil Assad weg ist und er sein Volk unterdrückt hat.

Meine Schwester, fand es nicht gut, dass ich das den Kindern (auch ihren Kindern) erklärt habe. Sie meinte es geht uns nichts an, da wir keine Syrer sind und es nicht unsere Aufgabe ist zu beurteilen, ob er gut oder schlecht war. Ausserdem hat sie Angst, dass die Kinder von Assad-Fans Ärger kriegen würden, wenn sie das so äußern.

Sie findet die Kinder (zwischen sechs Jahren und 12 Jahren) zu jung.

Ich rede mit den Kinder sehr selten über ausländische Politik. Ich versteh auch nichts von Politik und interessiere mich nicht dafür, aber wenn sie nachfragen, finde ich ein paar Worte dazu nicht verkehrt.

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Wenn mein Kind fragt(er ist 7) dann bekommt er von mir natürlich auch eine altersgemäße Erklärung. Warum auch nicht ....

Wir leben im Münchner Norden und fahren regelmäßig an einem KZ vorbei. Natürlich wollte er wissen was das ist. Ein Teil unserer Familien lebt in der Ukraine, natürlich wollte er wissen, was jetzt plötzlich dort los ist... , warum die Oma so viel weint .... Oder warum plötzlich alle so viel über diesen Donald Trump reden.

Natürlich hat das auch eine bestimmte Wirkung auf mein Kind, aber unsere Aufgabe als Eltern ist es unsere Kinder hierbei zu begleiten und besteht doch darin, unseren Kindern die Welt zu erklären....wer soll es denn bitte auch sonst tun?

Bearbeitet von sweetdreams0308
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Das mit den KZs habe ich unseren Kindern tatsächlich noch nicht erklärt. Sie sind zum Teil deutscher Abstammung und im deutschen Teil ihrer Familie hat es auch Juden gegeben. Mein Kinder sind daher unter anderem auch jüdischer Abstammung, aber sind selbst keine Juden.

Meine Kinder wissen, dass es mal einen Mann namens Hitler mit seiner Partei der NSDAP gab und dass er die Juden gehasst und auch viele Juden und viele andere Menschen umgebracht hat. Auch dass Hitler aber inzwischen längst tot ist wissen sie.

Als ich den Kindern das erklärte, fragte einer meiner Söhne „hat er die erschossen?“. Ich antwortete, dass sie bestimmt manchmal auch erschossen wurden.

Ich habe es bis jetzt nicht übers Herz gebracht ihnen zu erklären, was KZ sind und das Menschen vergast wurden. Sie haben auch nie gefragt. Bevor es in der Schule behandelt wird, werde ich das auf jeden Fall tun, aber ich schiebe es auf.

Bearbeitet von Zwiebelsuppe
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Naja so ins Detail sind wir damals nicht nicht gegangen, dazu war unser Sohn mit 4 1/2 damals einfach noch zu klein.

Aber er hat auch sehr deutlich aufgezeigt, wie tief er bei einem bestimmten Thema in die Tiefe gehen möchte ..... Ein Satz wie: Mama lass uns darüber ein anderes Mal weiter sprechen, das macht mich sehr traurig gerade, ist für uns dann been ganz klar ein Stop.

Und da können oder sollten wir unseren Kindern auch gerne zutrauen, das sie selbst entscheiden, was sie interessiert ..... Mit 12 ist man ja hier schon nicht mehr im Kleinkindalter.

Bearbeitet von sweetdreams0308
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Ich finde es ok, Kindern kindgerecht politische Entwicklungen zu erklären, wenn sie nachfragen - allerdings finde ich auch, dass man ihnen jetzt nicht alle Politik "reindrücken" muss.

Wenn also eine Demo ist und man läuft vorbei, dann erklärt man das natürlich.

Man muss aber nicht am Frühstückstisch sagen "oh Gott, gestern gab es einen terroristischen Anschlag in XX".
Bin auch kein Fan von Fernseher laufen lassen und die Kinder die Tagesschau mit ansehen lassen.

Ich finde, ein bisschen kindliche Sorglosigkeit sollten Kinder haben dürfen.

Jedes Kind ist anders.
Als der Ukrainekrieg ausbrach wurde das bei meiner Tochter damals in der Grundschule besprochen und sie hatte dann richtig Angst. Ich musste sie erst tagelang beruhigen, dass das weit weg ist etc.

Das Fatale bei politischen Ereignissen ist ja, dass sich Kinder machtlos fühlen. Sie haben ja noch nicht mal das Wahlrecht.

Also in Maßen - ok.
Aber ich finde schon, dass man nicht vor Kindern alles ungefiltert diskutieren sollte.

Bearbeitet von Yoyo
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Als der Ukrainekrieg ausbrach hat einer meiner Söhne gesagt, dass er „alle Russen“ hasst und ich musste ihm dann erstmal erklären, dass Putin und seine Anhänger Schuld sind, aber nicht „alle Russen“. Das haben die Kinder in der Schule nämlich unter sich ziemlich undifferenziert besprochen und die Lehrer haben es nicht eingeordnet.

Ich fand das schlimm. Wir haben nämlich eine größere russisch-stämmige Minderheit hier.

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Habt ihr das mal an die Schule herangetragen? Als wir gemerkt haben, dass die Kinder darüber reden, habt das Lehrerkollegium eingegriffen und hier an unsere Grundschule gab es eine große Themenwoche, da war auch die Schulpsychologin sehr intensiv vor Ort und die Kindern könnten eben auch Ängste äußern und besprechen.

Fand ich gut, wie die Schule damit umgegangen ist.

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Große Empfehlung zu dem Thema: Die Kindernachrichten Logo auf Kika. Ab Grundschulalter. Dort werden aktuelle Geschehnisse und Nachrichten kindgerecht erklärt, das ist wirklich super.

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Und genau Logo hat meine Tochter in der Grundschule nach dem Ukrainekriegausbruch angesehen und hatte dann total Angst....

Also grundsätzlich: ja, Logo macht das schon gut, aber jedes Kind reagiert da anders.

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Das ist natürlich nicht schön. Sowas muss immer begleitet werden, einfach nur vor ein Video setzen sollte natürlich nicht sein. Ich kann mich gut erinnern, damals beim 11.September hatte ich tagelang Angst. Natürlich hab ich die Aufregung der Erwachsenen und die Rachedrohungen der Amerikaner mitbekommen. Und in meinem Kinderhirn dachte ich, Deutsche hätten diesen Anschlag verübt, die Amerikaner oder die Terroristen fallen hier ein um sich zu rächen und deswegen sind alle so aufgeregt. Mir hätte eine gute Einordnung total geholfen.

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Habt ihr mit euren Kindern über Assads Sturz geredet? Gab es bei euch Feiern? Ich hätte es nicht richtig gefunden so zu tun, als hätte ich keine Ahnung, warum diese Leute feiern?

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Das mit dem Feiern hab ich so bei uns auf den Land gar nicht so gesehen. Aber meine Schwester in Berlin definitiv schon.

Aber Thema war es hier natürlich auch.

Bearbeitet von sweetdreams0308
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Also ja, ich rede mit meinem Kind schon immer über solche Dinge. Er schaut auch täglich Logo, das ist natürlich nicht mit "ich setz ihn mal davor wenn gerade was passiert ist" getan, politisch Bildung ist ein weites Feld und muss eigentlich dauernd aufgefrischt werden. Und superwichtig, denn ein Grossteil des Leides, das auf unserer Erde immer wieder geschieht, passiert genau deswegen, weil wir die Augen zumachen und murmeln, das ginge uns alles nichts an. Doch, wir sind so verwoben in dieser Welt, dass selbst unsere Entscheidung, welchen Kakao wir morgens trinken und welche Kleidung wir tragen mitentscheidet, wie gross das Leid und politisches Unrecht auf dieser Erde sein werden

Problematisch finde ich bei Euch beiden die Einstellung. Wie willst Du Kinder politisch gut erziehen, wenn Du selber keine Ahnung und kein Interesse hast? und Kinder da gar nicht erziehen ist genauso falsch.

Deine Erklärung halte ich für zu einfach und daher gefährlich. Also ja, wenn man nichts davon versteht, sind ein paar Worte dazu wirklich verkehrt, vielleicht kannst Du Dir ja angewöhnen mit Deinen Kindern Logo zu schauen oder einmal die Woche Dir ein Thema rauszupicken und mal einen Artikel eines möglichst neutralen Formates zu lesen. Wenn so ne Frage kommt, einfach mal sagen "ich hab da keine Ahnung, lasst uns heute abend mal ne Viertel Stunde dazu gemeinsam recherchieren".

Syrien befand und befindet sich in einem Bürgerkrieg, da geht noch viel mehr ab, als nur ein Machthaber der sein Volk unterdrückt hat.

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Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass meine Entscheidungen für einen bestimmten Kakao einen Einfluss auf die Geschehnisse in Syrien haben.

Wir kaufen oft fair gehandelten Kaffee und Kakao, aber darum geht es hier nicht.

Auch dass in Syrien Bürgerkrieg herrscht weiß ich. Bei den Demos aber ging es um das Ende der Herrschaft von Assad beziehungsweise vom Assad Clan, denn auch sein Vater hat schon das Volk unterdrückt.

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Mein Mann und ich sind beide in politischen Gremien aktiv und besprechen Landes- und Kommunalpolitik immer schon am Esstisch. Die Kinder sind das immer gewohnt gewesen, haben natürlich auch nachgefragt und altersgerechte Erklärungen erhalten.

Ab Schulalter dann natürlich auch internationale Themen, die dann zumehmend komplexer und kontroverser diskutiert wurden - mit allen.

Uns war wichtig, dass die Kinder Themen einordnen, verschiedene Sichtweisen kennenlernen und auch z.B, geschichtliche Themen im Kontext einsortieren können.

Wie sollen sie denn sonst die Welt verstehen, wenn sie sich mit den Themen nicht nach und nach beschäftigen?

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Politik ist hier regelmäßig Thema, egal um welches Land es geht. Hier werden alle Fragen kindgerecht erklärt und beantwortet. Uns ist politische Bildung wichtig und deswegen gibt es hier auch keine Frage, die nicht beantwortet wird.

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Bzgl. Assad würde es ja vielleicht reichen, hinzuzufügen, dass nicht jeder sich sorgfältig informiert und es daher auch Menschen gibt, die für Assads Politik stimmen bzw. ihn als Menschen verteidigen, weil sie nicht vollständig über Gewalt gegenüber Menschen informiert sind, die von Assad geduldet wurde.

Das wäre ja eine sehr vorsichtige Formulierung.

Man könnte hinzufügen, dass es mit einigen Gleichaltrigen zum Streit kommen könnte, wenn man bestimmte Formulierungen nutzt oder auch nur bestimmte Themen anspricht und dass deswegen Erwachsene sich oft einigen, in bestimmten Situationen nicht über Politik zu reden.

Bzgl. KZs in der weiteren Diskussion hier muss ich sagen, dass mir das auch mal knapp als älteres Kind erzählt wurde (so ca. mit 8) und das komplett über meinen Kopf ging. Das Wort Gaskammer kam sogar vor, aber ich habe mir nicht vorgestellt, was das im Detail bedeuten könnte. Es kommt vielleicht darauf an, womit sich das Kind schon befasst hat und wie die derzeitige Verfassung ist, ob man eher zu Angst neigt oder nicht. Bei mir war das damals ein Gespräch in der Küche beim Kochen und Krieg lag als Thema komplett fern, Tod ebenso. Das kann natürlich gerade heute bei einzelnen Kindern komplett anders sein. Es muss aber nicht zwingend sein, dass so ein Thema so extrem belastet, wenn man damit erst mal gar nichts verbindet.

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Wir sprechen mit unserem Sohn, inzwischen 11, schon lange viel über Politik.
Ich hatte ursprünglich auch gedacht, ich halte bedrohliche Ereignisse lieber von ihm fern, aber ich habe schnell gemerkt, dass ich dann den teilweise sehr abstrusen Deutungen, die auf dem Schulhof kursieren, das Feld überlasse.
Er kriegt diese Dinge in der Schule mit und mir ist wichtig, dass er sie zumindest ansatzweise einordnen/beurteilen kann. Nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine kam da alles Mögliche von „morgen sind russische Soldaten auch hier“ bis hin zu „wir sollten alle in die Ukraine gehen und kämpfen!“ (ein Haufen Achtjähriger, prima Idee!)
Mittelfristig finde ich es aber auch unabhängig davon wichtig, in einer globalisierten Welt zumindest eine grobe Idee zu haben, was so passiert