Wann fängt Erziehung an

Guten Morgen,
Der letzte Post hat mich zu Nachdenken angeregt. Ich habe ein Baby und frage mich, bzw euch mit älteren Kindern, wann sollte man denn anfangen die Kinder zu erziehen?
Ist jetzt eine komische Frage, ab wann sollte ich mein Kind Frustration lehren? Ab wann muss es lernen zu warten?
Babys soll man nicht schreien lassen, soll ich eine einjährige aber auf der Spieldecke quengeln lassen und nicht sofort hin gehen und sie hoch nehmen? Soll ich mit 1 Jahr anfangen mit 2, oder direkt ab der Geburt??
Ich finde Kinder brauchen auf jede Fall Grenzen und sollten nicht sofort jeden Wunsch erfüllt bekommen, aber ab wann?
Ich bedanke mich für jeden Input!

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Ich bin im Team: Erziehung beginnt ab Geburt, allerdings bitte "nach Augenmaß". Natürlich kann man ein Baby nicht vollumfänglich erziehen, weil es nun mal nicht planmäßig handelt und denkt, sondern seine Bedürfnisse einfach im Vordergrund stehen.
Aber selbst mein Baby hat ein deutliches Nein bekommen, wenn er an etwas ging, was ich nicht toleriert habe - Blumen, Deko, Technik. Mit dem Ergebnis, dass es in unserem Haushalt weder Schranksicherungen gab, noch Deko oder gar die Klobürste weggeräumt werden musste.

Quengeln lassen habe ich auch. Quengeln ist nicht schreien oder weinen. Wobei mein Prachtexemplar im Babyjahr nur schreien kannte. Das quengeln kam erst ab 1 Jahr. 😜 Also musste mein Junior im Babyjahr auch mal schreien, weil ich einfach irgendwann mal aufs Klo oder ihm eine Flasche machen musste. 🤷🏼‍♀️

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"Mit dem Ergebnis, dass es in unserem Haushalt weder Schranksicherungen gab, noch Deko oder gar die Klobürste weggeräumt werden musste."

Geh mal davon aus, dass die meisten Kleinkinder, die an die Deko und die Klobürste gehen, genau wissen, dass das verboten. Deshalb gehen sie ja dran. Hatte dein Kind nie die Phase, in der die verbotenen Sachen die Interessantesten waren?

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Nein, nicht wirklich. 🤔 Was wirklich verboten war, da war ich sehr authentisch und nachdrücklich im Verbot.
Wo es mir egal war, durfte mein Kind mehr oder weniger machen. Steckdosen waren kurz interessant, da war eine Sicherung drin also durfte er da dran. Das Interesse war nach 2-3 mal daran rum fummeln verschwunden.
So ab 2,5 Jahren steckte er dann nur mit großer Begeisterung die Sicherungen selbst wieder rein, wenn ich zum Beispiel staubgesaugt hatte. 😁 Da das aber tatsächlich sehr gut und auf Anhieb klappt und er auch nicht spielt, darf er das.

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Ich würde sagen "Frustration" muss man nicht lehren. Das kommt doch von ganz allein, das ganze Baby- und Kinderleben ist voll von Dingen die nicht (alleine/so wie gewünscht) klappen, Sachen die man nicht darf, etc.

Ob 6 Monate, 1,5 oder 4 Jahre...wenn etwas ärgert, traurig oder wütend macht, dann begleite ich das. Verbalisiere Emotionen und biete Nähe und meine Anwesenheit zur Sicherheit. Ich finde da nicht so den riesen Unterschied, ob ich das Baby im Arm halten und wiege, wenn es schreit und überlege, wie ich ihm gerade helfen kann. Oder ob ich mit dem 4-Jährigen überlege wie wir die blöde Situation lösen können, sobald die Emotionen sich ein bisschen beruhigt haben. Nur den Anteil den das Kind an der Problemlösung übernimmt wächst. Bis es immer mehr Situationen gibt, in denen es meine Unterstützung gar nicht mehr braucht, weil es sie allein lösen kann.

Es wird nicht jeder Wunsch erfüllt, weder beim Einjährigen noch beim 4-Jährigen. Die Emotionen die die Grenzsetzung durch uns Eltern mit sich bringen werden aber begleitet, egal in welchem Alter.

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"Es wird nicht jeder Wunsch erfüllt, weder beim Einjährigen noch beim 4-Jährigen. Die Emotionen die die Grenzsetzung durch uns Eltern mit sich bringen werden aber begleitet, egal in welchem Alter. "

Genauso habe ich es auch gehandhabt! Es gab Grenzen und die Emotionen wurden begleitet. Was ich auch nie gemacht habe, ist, mein Kind absichtlich gewinnen zu lassen. Mit etwa 2,5 Jahren haben wir die ersten Würfelspiele gespielt. Es war so ein Stapelspiel mit unterschiedlich großen Ringen und Farben. Die ersten paar Male, in denen er verlor, wurde er sauer, hat auch mal das Spiel umgeworfen oder mal hat mal kurz geweint. Ich habe jedes Mal geduldig gewartet, bis er alles aufsammelte und sich beruhigte, bis wir ein neues Spiel beginnen konnten. Es hat nicht lange gedauert, bis er das Verlieren auch akzeptiert hat.

Mein Kind ist inzwischen über 16 und gehört zu den ausgeglichensten Kindern/Jugendlichen, die ich kenne. Auch wenn ich sicher bin, das Eine oder Andere richtig gemacht zu haben, bin ich dennoch sicher, dass vieles auch eine Charaktersache ist. Was mir aber in all den Jahren bei den meisten Kindern aufgefallen ist, ist, dass sie viel besser mit Grenzen/Regeln klarkommen als ohne Grenzen!
Zu viel (Entscheidungs‑)Freiraum führt eher zu Unsicherheit. Klassisches Beispiel ist die 3-jährige, die aus ihrem gesamten Kleiderschrank entscheiden "darf", was sie anziehen soll. Das ist für sie eine totale Überforderung die mit unnötigen Frust endet.

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Gut geschrieben, aber Frustration in einer reinen Ja Umgebung zu lernen (wie es ja oft vorgeschlagen wird im Forum) ist schon eine Herausforderung für sich ;)

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Es gibt kein Alter, das fängt doch einfach fließend im Alltag an. Wenn das Kind z.B. immer zum Fernseher krabbelt, aber nicht dahin darf, sagt man Nein und lenkt es ab oder hindert es daran, dorthinzukommen (Gitter etc.) Das ist auch schon Erziehung.

Und später geht es eben weiter, je nach Verständnis des Kindes. Frustration kommt ganz von alleine und spätestens in der Trotzphase dann in vollem Umfang. Danach klappt es meist besser dann auch bei Spielen etc. Wobei auch das ein langsamer Prozess ist.
Mein Sohn kann inzwischen (er ist 9) problemlos Mensch Ärger dich nicht spielen ohne auszuflippen, wenn er rausgeworfen wird oder nicht gewinnt. Mit 3 Jahren war das noch ein größeres Problem, wenn er nicht gewinnen konnte. Daher haben wir oft Kooperationsspiele gespielt, wo wir als Team gewonnen oder verloren haben. Einfach dass er an uns sieht, wir finden das gar nicht schlimm, Verlieren gehört dazu. Er wurde dann natürlich getröstet, aber eben auch immer wieder erklärt, verlieren gehört dazu, es macht dann auch viel mehr Spaß zu gewinnen, als wenn man immer gewinnt.
Wir haben dann auch oft geschaut, dass er zum Schluss nochmal gewinnt, einfach für ein gutes Gefühl am Ende. Und das verbesserte sich so über die Jahre. Mit 4 waren Kooperationsspiele dann gar kein Problem, wenn wir als Team verloren haben. Einzel war es da noch anders :D Aber auch das legte sich mit der Zeit und wurde besser.
Unser Tochter war da anders, sie hatte von Anfang an eine höhere Frustrationstoleranz und hat Dinge einfach nochmal und nochmal probiert, wenn es nicht klappte. Sie spielte auch mit 5 schon problemlos und konnte dabei verlieren. Das ist jetzt mit 6 eher schlechter geworden :D Aber allgemein versucht sie im Moment alles perfekt zu machen und ist in der Schule bei den Besten dabei und bekommt auch so die Rückmeldung, ist wohl ein kleiner Höhenflug, aber das legt sich auch wieder, wenn die anderen aufholen. Aber es ist immer noch in einem guten Rahmen, sie ist dann kurz genervt, wenn der Buchstabe nicht so wurde wie sie wollte, radiert dann aber und macht ihn neu. :D

Das Warten sollte im Alltag auch ganz von alleine kommen. Das war auch ein fließender Übergang, wo wir damit einfach angefangen haben, dass ich nicht sofort zu ihm bin, sondern einfach gesagt habe, einen Moment bitte ich komme gleich. Diese Zeit wurde dann einfach von alleine länger in dem er aushalten konnte. Ich hab da einfach auf ihn geachtet. So mit 2 hat er ja schon gut verstanden, wenn ich gesagt habe, ich trockne noch diese 2 Gläser ab und dann spiele ich mit dir. Jetzt habe ich noch nasse Hände das geht das nicht.

Mit 3 Jahren wurde er großer Bruder und es war dann auch für ihn überhaupt kein Problem kurz Rücksicht auf das Baby zu nehmen, wenn gewickelt wurde oder wir das spielen für eine Stillpause unterbrechen musste. Wobei wir dann Memory etc. auch einfach weitergespielt haben, während ich gestillt habe. Aber wenn ich ihn ins Bett brachte und die Kleine Hunger bekam, musst er eben kurz warten, Papa wollte er nicht als Einschlafbegleitung, also war das die Konsequenz und kein Problem für ihn. Er hat so dann gelernt alleine einzuschlafen und war dann super stolz (und wurde auch super dolle dafür gelobt :D )

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Mit "richtiger" Erziehung haben wir so mit 1,5 angefangen, denke ich.
Natürlich gab es vorher im Babyalter schon ein Nein zu bestimmten Sachen.
In der Krabbelgruppe hab ich natürlich schon gesagt: "Das kannst du nicht wegnehmen. Das hat jetzt XY. Der ist traurig, wenn du es wegnimmst. Schau mal, willst du das hier haben?"
Aber ich hab nicht erwartet dass das Baby davon irgendwas umsetzt. Es ist eher ein Vorbild sein und dann ablenken. Für mich ist das eher eine Vorstufe zur Erziehung. Ein Ausblick für das Baby: Schau mal, da kommen Regeln auf dich zu.

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Schreien lassen würde ich gar niemanden, auch nicht Erwachsene. Wir Erwachsenen haben solche Momente sehr viel seltener und vielleicht auch aus anderen Gründen, aber du bist doch sicher auch dankbar, wenn dich jemand in den Arm nimmt, wenn du in einer schwierigen Lebenssituation bist. Wenn z.B. deine geliebte Katze oder der Familienhund stirbt, wird auch keiner sagen, dass man dich nun ein bisschen schreien lassen solle, weil es gut für deine Lunge sei, bzw. dich auf keinen Fall in den Arm nehmen solle, weil du sonst verwöhnt werdest.

Und was Wünsche erfüllen betrifft: Es gibt Wünsche, die ich immer erfüllen würde, bzw. so lange, bis das Kind sie selbst befriedigen kann. Aufs Klo gehen, etwas zu Trinken zu kriegen usw. Und es gibt Wünsche, die ich ablehne oder nicht unlimitiert erfülle. Z.B. kriegt unsere Tochter (6) pro Woche 20-40 Minuten Zeit für Videos, Zeug auf Youtube u.ä. Sie hätte gerne mehr oder täglich, da sagen wir dann nein. Oder der Wunsch nach dem 47. Kuscheltier, wo von 46 anderen etwa 40 nur in einer Box rumstehen und nicht gebraucht werden. In den Arm nehmen würde ich das Kind aber immer, wenn es dies wünscht. Es kommt halt auf den Wunsch an. Und auch auf das Kind. Unsere Tochter hat unlimitiert Süssigkeiten zur Verfügung, sie isst davon kaum etwas, es braucht entsprechend keine Regeln. Bzw. sie hat halt das, was sie zur Einschulung von der Verwandtschaft gekriegt hat noch da. Bei anderen Kindern mag dies anders sein. Andere Kinder können vielleicht diszipliniert täglich genau einen Videoclip schauen und dann von selbst aufhören, ohne danach aufgekratzt und überdreht zu sein. Wo du erzieherisch eingreifen musst, ist halt bei jedem Kind anders.

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Die Frage ist ja, was du unter Erziehung verstehst. Wenn du das vermitteln authentischer Grenzen und das Vorleben von erwünschten Verhaltensweisen meinst, dann fängt das natürlich ab Geburt an.

Es wäre total kontraproduktiv, künstlich Grenzen zu erzeugen. Es gibt mehr als genug reale Grenzen und Kinder spüren den Unterschied ganz genau, wie wichtig eine Grenze dem anderen Menschen ist. Wenn du nicht dahinter stehst, klappt es eh nicht. Und bei zu viel Frustration ist das Kind ja auch überfordert und resigniert.

Es gibt auch kein genaues Alter, ab wann welches Kind wie viel aushalten oder leisten können muss. Es ergibt sich mit etwas Feingefühl von alleine, dass man nach und nach die Erwartungen an das Kind erhöht, weil man merkt, dass das zumutbar ist.

Wenn ich im Babyalter wusste "mein Baby kann morgens problemlos 15min liegen und sich alleine beschäftigen, solange ich im Raum bleibe", dann konnte ich das Baby um diese Tageszeit auf eine Matte im Bad legen und die Zeit zum Duschen nutzen. Und natürlich gab es dann Tage, an denen das Kind doch sehr schnell meckrig wurde und ich noch mitten beim Duschen war. Dann habe ich verbal versucht mein Baby zu begleiten, aber trotzdem zu Ende geduscht. Und schon hat es warten müssen. Ganz von alleine.

Aber wie gemein wäre es, wenn man neben dem Kind sitzt und es meckert und will Hilfe und man schaut in die andere Richtung, weil das Kleine ja "lernen muss zu warten". Das ist doch eine ganz andere Botschaft an das Kind.

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Ab der Geburt. Aber sie verändert sich.

Wenn das Baby weint und ich grad auf dem Klo sitze, dann rufe ich halt: "Mama hört dich! Mama kommt sofort!" und rede mit ihm, bis ich es zu ihm geschafft habe.
Auch das ist schon Erziehung.
Wenn es mir in die Nase beißt (ja, hat unsere Tochter sehr gern gemacht), dann sage ich deutlich: "Aua, das tut weh. Du darfst mir nicht wehtun" o. ä.
Das hat sie zwar schnell wieder vergessen, aber durch Wiederholungen prägt es sich doch ein.

Ich war fasziniert, wie die Kinder schon um den 1. Geburtstag herum bestimmte Rituale eingeübt hatten: An der Tür hinterherwinken, Hände "falten" zum Gebet ...
Auch das ist ja Erziehung.

Und ehrlich gesagt ist es auch für uns Erwachsene hilfreich, mit bestimmten Erziehungspunkten schon früh anzufangen, auch wenn es erst mal nicht klappt, weil wir uns dann schon daran gewöhnt haben, diese Dinge zu machen und anzusprechen.

Frustration muss ein Kind nicht lernen - die kommt automatisch. Es muss lernen, mit Frustration umzugehen.
Das und Warten lernen sie eigentlich von Anfang an, nur in unterschiedlichem Maß und unterschiedlich nachhaltig. Einem heulenden Baby kann ich nicht sagen: "Essen gibt es aber erst in einer halben Stunde." einem Zweijährigen schon. Aber das Baby "muss" Warten, wenn ich gerade auf dem Klo bin und es im Wohnzimmer liegt. Oder ich lasse es einfach mal quengeln und gucke, ob es selbst wieder einschläft, anstatt direkt hinzuspringen.

Wir haben da ganz viel nach Bauchgefühl gemacht. Ausprobiert, auch im Gespräch mit anderen Eltern (auch den eigenen), die wir schätzen und respektieren (nicht mit jedem Hinz, das stresst nur).

Zur Frage, ab wann nicht jeder Wunsch erfüllt wird: Von Anfang an.
Entscheidend sind die Bedürfnisse, die sollten erfüllt werden, nicht die Wünsche. Großer Unterschied. Ein Baby wird aber die Bedürfnisse äußern, keine Wünsche.

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Das merkst du an der Entwicklung. Du wirst merken, ob dein Baby etwas versehentlich fallen lässt oder bewusst auf den Boden donnert. Mit 9 Monaten verstehen sie schon ein nein, zumindest am Tonfall. Mit 7 Monaten, beim üben fürs krabbeln, da schauen sie schon genau auf deine Reaktion, wenn sie umkippen. Reagierst du schon bei einem sanften umkippen, dann bist du brüllen sie los, sobald du reagierst. Reagierst du nicht, dann gibt es kein Gebrüll und sie versuchen es nochmal. Aber jedes Kind ist anders. Du kennst dein Kind am besten. Du musst dir aber auch klar sein was du möchtest bzw was du nicht möchtest. Je früher man damit anfängt umso besser, aber immer mit Augenmaß. An der Straße an der Hand laufen ist ein Muss, aber Kleidung muss nicht unbedingt zusammen passen.

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du pauschalierst.
Es kommt ja auch drauf an "was" es gerade zu erziehen gibt.
Sobald ein Kind aktive Handlungen ausführen kann (mit 6 monaten der Katze am schwanz ziehen oder das Geschwiste rhauen und lachen+reaktion beobachten zum Beispiel) kann Erziehung schon anfangen. Oder mit 8 Monaten mutwillig mit dem vollen Löffel rumschleudern, weil man es lustig findet etc....

Alles Situationsbedingt.
Ein "nein" müssen Kinder schon lernen, sobald sie bewusst bestimmte Aktionen ausführen. -- das entwickelt sich ja... von bewusst Haare ziehen beim Stillen mit 4 monaten bis eben die FOlgemonate bewusstere andere Dinge.
Erziehen hat ja auch nicht unbedingt was mit Frust-Toleranz zu tun. die ersten Dinge, die man erzieht, sind schmerzhafter natur oder eben aus Schutzgedanken.