Kind (7) provoziert gerne - wie abgewöhnen?

Hallo!

Mein Kind (7 Jahre/Junge) provoziert sehr gern. Vor allem seine große Schwester (10 Jahre). Es freut ihn unglaublich, wenn sie darauf anspringt und es bereitet ihm richtig Freude, sie wütend zu machen.

Ich finde das eine nervige Unart und würde gern wissen, wie man ihm das vielleicht abgewöhnen kann? Vor allem fangen die beiden dann auch an, sich gegenseitig zu hauen. Beide hauen sonst nicht, aber sie ist dann wütend, er haut zurück. Super anstrengend.

Habt ihr vielleicht Tips? Und woran kann es liegen, dass er es witzig findet, wenn sie wütend wird?

Außerdem hat er noch eine kleine Unart, die ich ihm gern etwas abgewöhnen würde. Er erfindet gern Ausreden, statt einfach zu sagen, wie es ist/passiert ist. Teils um sich etwas rauszureden und keinen Ärger zu bekommen, teils aber auch als Rechtfertigung, dass es so ok war und so passieren musste. Ich habe ihm schon gesagt, dass ich nicht böse bin, wenn er einen Fehler macht, sondern wenn er sich rausredet oder auch flunkert. Also er weiß, dass er mit der Wahrheit eigentlich besser fahren würde, kann da aber auch nicht so aus seinem Muster. Gibt es dazu evtl. auch Tips?

Ich freue mich über Tips!🙂
Viele Grüße
Mamavon3K

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Es gibt so kleine Sadisten, die früh die Schwachstellen der anderen herausfinden und gerne diese ausnutzen. Und es liegt an euch Eltern dem Jungen schnell Grenzen beizubringen. Klare Ansagen, klare Konsequenzen. Sobald er wieder anfängt seine Schwester zu ärgern, ab in sein Zimmer. Er lügt - wegschicken. Er muss merken, dass sein Verhalten ihn eher isoliert als Aufmerksamkeit bringt. Wenn er die Wahrheit sagt, bestärke ihn dabei.

Bearbeitet von lachkeller1
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Hallo!

Danke! Das werde ich auf jeden Fall mehr probieren.

Viele Grüße

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Ich würde mit der Schwester reden und ihr Strategien an die Hand geben, die sie anwenden kann, wenn der Bruder sie bewusst ärgert.
Dadurch hätte der Bruder keinen Erfolg mehr mit seinen Aktionen.


Bezüglich der Ausreden:

Was passiert wenn du direkt sagst
" Tolles Märchen - kannst du auch die Wahrheit erzählen?"
" Das glaube ich dir so nicht - komm wieder, wenn du die Wahrheit erzählen kannst"

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Also soll deiner Meinung nach sich das "Opfer" mal wieder nicht so anstellen und resilienter werden statt den "Täter" in seine Schranken zu weisen?

Sorry, aber wenn sich ein Kind wie ein kleines ... verhält, ist nicht das andere Kind in der Pflicht die Situation zu entschärfen.

Ich würde dem insofern entgegenwirken, dass ich - sobald ich merke, dass das Kind mal wieder absichtlich provoziert - das Kind direkt darauf ansprechen würde und ihm signalisieren, dass ich sehe, was gerade läuft und nicht gut finde: "Kai-Julius, ich sehe, dass du deine Schwester gerade wieder bewusst provozierst. Hör damit sofort auf, das ist eine unangenehme Eigenschaft. Du möchtest sicher nicht, dass dich jemand so behandelt. "

indem du es ganz klar benennst und ansprichst, merk dein Kind dass sein Verhalten von anderen bemerkt und bewertet wird. Dann hört es vielleicht auf mit der Zeit.

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Das" Opfer" lernt so, sich selbst rauszuziehen und "Angriffe" ins Leere laufen zu lassen....

Außerdem habe ich es so verstanden, dass das stattfindet ohne das die Eltern daneben stehen ...

Und wer soll dann eingreifen, wenn das Kind nicht selbst?

Und das Mädchen kann die Strategien dann später auch in der Schule anwenden.


Im Grunde ist es " mobben" und da ist sehr selten ein Erwachsener dabei - und selbst wenn- es geht dann in Zukunft weiter, wenn eben kein Erwachsener dabei ist ...

Von daher kommt man eher weiter, wenn man die Situation alleine lösen kann.

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Aus meiner Sicht gibt es für dieses Verhalten zwei Gründe:

Der kleine Bruder ist insgeheim eifersüchtig auf die Schwester, weil sie mehr kann und mehr darf oder etwas anderes hat, das er auch gern hätte (nicht zwingend materiell - Freundeskreis, Erfolge etc.).

Auf der anderen Seite erlebt er Selbstwirksamkeit und ein "Machtgefühl", wenn er merkt, dass er trotz des geringeren Alters die Knöpfe seiner Schwester drücken kann.

Ich kenne auch als ältere Schwester den Tipp "lass es dir nicht anmerken". Aber ohne weitere Instruktionen. Alternativ auch "er ärgert dich, weil du dich so schön ärgern lässt". Das hat alles außer einem geringerem Selbstwertgefühl und einem Gefühl der Ohnmacht ("ich bin halt ein Opfer und er merkt das, deshalb ärgert er mich!") nichts gebracht.

Ich würde erst mal die Lage analysieren: Was genau passiert? Wie provoziert er? Wann (Situationen)? Was triggert sie daran?

Und dann würde ich, je nach Lage, Lösungen überlegen. Kann man die beiden räumlich trennen? Ihr den Zimmerschlüssel geben? Ihn jedes Mal wegschicken (in sein Zimmer, ins Wohnzimmer - je nachdem, wo er ärgert)?
Kann man sie verbal unterstützen? Wenn er am Esstisch ärgert, kann man ihm den Mund verbieten (Jan-Klaas, du hast jetzt erst mal Pause! Wenn du nicht ruhig sein kannst, darfst du in deinem Zimmer weiteressen! Julia, was wolltest du gerade erzählen?")?
So, dass er immer wieder merkt, dass er nicht weiterkommt?

Dann Strategien für sie.
Das finde ich schwierig. Selbst als Erwachsener hat man oft keine wirklichen Strategien, wenn jemand einen permanent provoziert, herabwürdigt, beleidigt etc. Man kann natürlich googeln.
Als Erstes wäre es wichtig, mit ihr, wenn man mit ihr alleine ist, mal Entspannungsübungen zu machen. Tief durchatmen, bis 10 zählen im Kopf. Mental einen Schritt zurücktreten. Sich z.B. vorstellen, man wäre jemand anderer, den das gar nicht tangiert. Sich vorstellen, er wäre 3 Jahre alt und insgeheim einfach frustriert, weil sie so viel mehr kann, weiß, darf. Sich vorstellen, man wäre erwachsen und so ein kleiner Pups KÖNNTE einen gar nicht ärgern.
Gelassenheit üben - wirklich täglich 2 min alleine mit ihr üben, sich zu entspannen und das Gefühl der Gelassenheit zu spüren. Das "alles ist gut, es passiert hier gar nichts, was mich aufregt"-Gefühl. Das "alles schei x -egal!"-Gefühl. Dafür auch in Situationen, in denen sie bewusst entspannt ist (nach dem Sport, vor dem Einschlafen, bei sehr entspannten Hobbys etc.) dieses Gefühl sehr bewusst wahrnehmen und später zu reproduzieren zu versuchen).

Bedenke bitte, es gab dieses Experiment, bei dem ein Proband, der WUSSTE, dass es ein Experiment ist, in der Mitte eine Kreises saß, aus dem heraus er beleidigt wurde. Er wusste, dass keiner der anderen Teilnehmer das ernst meinte und es nur zu Versuchtszwecken geschah. Trotzdem stiegen sein Puls, Körperspannung, Stresshormone etc. an. Es gab für ihn in der Lage keinen Weg, selbst, indem er sich ständig sagte "die meinen das nicht ernst, es ist nur ein Experiment", die körperlichen und mentalen Folgen komplett zu negieren.

Also, bedenke das bitte, wenn du ihr sagst, sie solle das nicht an sich heranlassen - das KANN sie nicht 100%ig und schon gar nicht ohne Übung.

Ich würde ihr tatsächlich auch sagen, dass sie wortlos in ihr Zimmer gehen und das abschließen kann. Das wäre keine "Flucht", sondern Selbstschutz und Demonstration, dass sie ihre Grenzen wahrt. Ggf. kann sie, wenn ihr das liegt, dazu gelassen sagen "ich merke, dass du auf meine Gegenwart gerade gar keinen Wert legst - ich brauche jetzt Zeit für mich, tschüss!"

Dann könntet ihr Eltern ihr tatsächlich mal ein paar Schwachpunkte des Bruders nennen, die sie in dem Fall als Replik anwenden dürfte!
Oft fällt einem nämlich da gar nichts ein oder man hat das Gefühl, es würde ja sowieso nicht wirken.
Wo ist er unsicher? Wofür schämt er sich? Was kann er nicht so gut? Was frustriert ihn?

Sagt ihr, dass sie das im Notfall auch mal anbringen darf! "Wenigstens habe ich mit 4 nicht mehr in die Windel gemacht! Wenigstens weiß ich, wie man multipliziert, bei dir klappt das offenbar immer noch nicht? Tja weißt du, darüber denke ich nach, wenn ich meine Freundinnen im Nachbarort besuche - da kannst du mir ja nicht folgen, weil du noch gar nicht so weit fahren kannst, oder?"

Wichtig wäre zu vermitteln, dass so etwas nur im Notfall und nur als "Notwehr" angewendet wird, nicht, um das Blatt jetzt zu wenden.

Wenn ich das als Elternteil mitbekäme, würde ich auf jeden Fall jedes Mal sofort erstens die Schwester verteidigen - "nein, Julia, du bist nicht dumm/ hässlich" (was auch immer er sagt) - und dann sofort den Bruder nehmen und mit ihm in sein Zimmer oder ins WZ gehen und sagen "du kommst jetzt mal mit, so verhältst du dich nicht deiner Schwester gegenüber! Offenbar kannst du gerade nicht im gleichen Raum sein wie sie!" Und das dann auch durchsetzen.
Wirklich auch räumlich dazwischen gehen, dich zwischen sie stellen, sie anschauen, ihr Mut zusprechen, ihn ignorieren.

Aus meiner Sicht muss das Erfolgserlebnis bei ihm wegfallen durch sehr viele Unterbrechungen und sie muss parallel merken, dass sie so eine Behandlung nicht verdient hat und isch nicht bieten lassen muss!
Und beides so lange, bis diese Situationen nicht mehr für beide normal sind.

Vermutlich denkt er übrigens, dass ihr das alles nichts ausmacht, weil sie ja schon viel älter ist. Er kann sich vermutlich nicht vorstellen, dass er sie wirklich treffen kann. Zum jetzigen Zeitpunkt sollte man ihm das nicht auf die Nase binden, aber ihn mal anregen, zu überlegen, wie es ihm ginge, wen seine Freunde sich ihm gegenüber so verhalten würden.

Edit: Ihn in einer ruhigen Minute aber auch mal zur Seite nehmen und ernsthaft besprechen, was er empfindet, wenn er sie ärgert, warum das seiner Meinung nach nötig ist, was passieren müsste, damit das nicht mehr nötig oder spannend ist. Ob er "nur" Spaß daran hat oder sie insgeheim um etwas beneidet.

Bearbeitet von Toschkalee
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Danke für die ausführliche Antwort!

Er bewundert sie tatsächlich sehr. Ihm ist manchmal nicht so bewusst, dass er einfach noch 3 Jahre jünger ist und ebenfalls viele tolle Eigenschaften hat.
Er beleidigt sie nicht, sondern macht eher nervige Sachen, die sie dann wütend machen, z.B. immer wieder das gleiche nervige Geräusch.

Ich werde das mal in Angriff nehmen, ihm sagen, dass man sich in der Familie füreinander freut und unterstützt und nicht ärgert.
Ich möchte auf keinen Fall, dass meine Tochter dass hinnehmen muss, wenn er diese Unart an den Tag legt, sondern dass wir die Lösung bei ihm suchen. Natürlich kann ich versuchen sie zu schützen dann.

Danke nochmal!

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Geschwisterdynamiken sind immer schwierig, und dass mal einer ärgert gehört dazu. ABER wenn sich das so einbürgert, dass er es oft und gezielt tut und sich drüber freut wenn sie sich ärgert, dann würde ich hier ganz konsequent rangehen. Führt ein Gespräch mit ihm, dass Familie für alle ein sicherer Ort sein muss, und dass man daher niemanden absichtlich wütend machen darf. Dass das ärgern seine Schwester verletzt. Lasst ihn versprechen, dass er es nicht mehr macht, zeigt aber Verständnis wenn er es am Anfang "vergisst". Führt ein System mit 1. und 2. Warnung ein, später dann nur noch 1 Warnung mehr oder keine. Die passende Konsequenz findet ihr sicherlich für euch raus.
Ich wurde meine ganze Kindheit hindurch von einem (älteren) Geschwisterkind gepiesackt, und es wurde nie unterbunden, bloß "lass dich doch nicht ärgern" durfte ich mir anhören. Ich habe das weder meinem Geschwistern noch meinen Eltern verziehen.

Die kleinen Ausflüchte finde ich viel weniger problematisch....

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Hallo!

Ja, das ist wirklich ein guter Tip, danke.

Ich werde das mit ihm angehen und auch die Schwester schützen.

Ich finde das Verhalten sollte so nicht weitergehen und ich muss da einschreiten, nicht dass er auch außerhalb noch Freude daran findet. Er ist das mittlere Kind, weshalb die große Schwester schon viel kann und der kleine Bruder noch mehr Aufmerksamkeit benötigt (ist erst 1 Jahr). Ich werde auch versuchen, ihn mehr in seinen positiven Verhaltensweisen zu bestärken, damit er merkt, dass diese Art der Aufmerksamkeit doch die schönere ist.

Viele Grüße

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Das Problem ist, wenn er schon so anfängt, lernt er irgendwann die richtig miese Tour, nämlich sie so zu provozieren, dass es für Außenstehende nicht ohne weiteres erkennbar ist.

Ich würde ihn auch radikal in sein Zimmer schicken, wenn er so anfängt, selbst wenn es bei Tisch ist. Das bringt weniger Aufmerksamkeit als Reden, Schimpfen oder Strafen (was ihn womöglich auch auf den Gedanken bringt, ihr mögt die Schwester lieber).

Bei den Ausreden das gleiche, er bleibt dann so lange, bis er die Wahrheit sagt, dass eben KEIN rosa Einhorn die Schokolade gegessen hat, sondern er selbst.

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Stänker du ihn doch mal mit seinen Schwächen an.

Spiegeln kann auch sehr heilsam sein.

Bearbeitet von Noone8
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Da muss man aber aufpassen. Angenommen, er provoziert seine Schwester ständig verbal damit, dass sie dumm sei: sagen die Eltern ihm dann, dass ER dumm sei, hält er das am Ende für die Realität. Was die Eltern sagen, gilt mehr als die Aussagen der Geschwister.

Da böte sich eher ein ungeliebter Spitzname an. Meine Schwester wurde von meinem Onkel ständig damit auf diePalme gebracht: immer "der Melan" statt "die Melanie" (Name ein Beispiel). Oder ihr nennt ihn statt Kevin auf einmal ständig Fabian oder Herr Müller. Das könnte völlig ausreichen.

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Ich bin Selbstbehauptungs-und Resilienztrainerin und gebe Mobbingpräventionskurse für Kinder.

Das erste, was ich mit den Kindern erarbeite:

-Kinder, die andere ärgern, provozieren, verletzen, denen geht es in der Regel selbst nicht wirklich gut. Und sie wollen im Normalfall immer eins: Aufmerksamkeit und Beachtung.

-Das Kind, welches geärgert wird, entscheidet selbst, ob es dem anderen Kind diese Aufmerksamkeit und Beachtung gibt. Wenn ja: es steigert sich hoch, es entsteht ein Wortgefecht, und irgendwann gibts eine Klopperei. Wenn nein: ich dreh mich um und gehe weg!!! Ohne Kommentar, ohne Emotion. Ich geh dahin, wo Leute sind, die es gut mit mir meinen. In eurem Fall: eure Tochter könnte sich kommentarlos wegdrehen, zu dir gehen, und ihr spielt ohne großes Trara eine Runde Schere-Stein-Papier

-Weggehen ist KEINE Schwäche. Im Gegenteil. Es ist eine wahnsinnige Stärke, NICHT zu reagieren. Wir vergleichen das in unseren Trainings mit Kackhaufen. Provokationen und Beleidigungen sind so, als wenn uns jemand einen Kackhaufen überreichen will (ich übe das auch mit einem Fake-Kackhaufen mit den Kindern). Nehmen wir den an? Kein Mensch macht das. Warum nehmen wir dann Provokationen an und reagieren darauf? Wir können diese auch ablehnen, wenn wir einfach kommentarlos weggehen. Für die Kinder sehr eindrücklich: Wo bleibt der Kackhaufen oder die Provokation, wenn ich es NICHT annehme? Bei dem, der den Mist überreichen will.

Ich würde das, wenn ich du wäre, mit der Tochter üben. Es kommt eine Beleidigung? Geh SOFORT, nach kurzem Blickkontakt in die Augen des Bruders weg und reagiere NICHT. Komm zu mir. Und DU spielst dann ein kurzes Spiel mit ihr. Schere Stein Papier eignet sich da super, außer euren Händen braucht ihr nix. Der Sohn kriegt in dem Moment null Aufmerksamkeit von dir. Kein Blickkontakt, kein Schimpfen, keine Ermahnung. Die liegt voll bei deiner Tochter.

Ich sag den Kindern immer, dass es etwas dauert, bis diese STtrategie wirkt. Wenn jemand 100 mal geschafft hat, euch eine Reaktion zu entlocken, dauert es garantiert nochmal 100 mal, wo ihr euch umdreht und weggeht, bis das andere Kind checkt, dass es so nicht mehr funktioniert und die Provokationen ins Leere laufen.

Probier es aus. Das hilft immer. Deine Tochter braucht deine Hilfe, das durchzuziehen, es ist am Anfang zäh und anstrengend. Aber es lohnt sich.

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Darf ich dir eine off-topic-Frage stellen?

Ich las einmal einen Artikel, in dem geraten wurde, das Mobbingopfer solle laut und deutlich Nein, Hör auf, Stopp oder ähnliches sagen. Wie soll ein Kind reagieren, das gerade nicht weglaufen kann (in der Schule zum Beispiel), wenn das mobbende Kind die Ansage nicht befolgt oder sogar ins Lächerliche zieht und nachäfft?

Die Nachbarskinder hatten damals so eine Aktion von der Schule aus, die hiess "Stoppt die Prügel", was ich damals im Provinzblättchen las. Drei Tage später schrieb auf der Straße tatsächlich ein Junge "Stoppt die Prügel, stoppt die Prügel", während sich zwei andere ungerührt weiter verkloppten....

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Meiner Erfahrung nach ist dieses "Stopp" komplett ausgelutscht. Jemand, der total Bock hat, andere zu nerven und zu ärgern, wird darauf unter Garantie nicht reagieren. Im Kindergartenalter funktioniert das vielleicht noch, ältere Kinder stachelt das eher noch mehr an, weil sie ja merken, dass sie einen Nerv beim anderen treffen.

Auch in der Schule hat ein Kind die Möglichkeit, dem Mobber seine Aufmerksamkeit zu entziehen. Ganz ganz wichtig: man darf dem Kind nicht einfach sagen: dreh doch halt weg und lass dich nicht ärgern. Bei so lapidaren Aussagen fühlen sich die Kinder nicht ernstgenommen, das Problem wird kleingeredet.

Meine Kernaussage ist zwar die gleiche, ABER es wird von Grundauf erarbeitet, warum das Sinn macht. Die Kinder lernen, dass SIE soviel Stärke in sich haben, dass sie es nicht nötig haben, auf irgendwelchen Mist zu reagieren. Du kannst gerne mal googeln. Ich hab die Ausbildung bei Daniel Duddek nach dem Konzept von Stark auch ohne Muckis gemacht. Er erklärt das in seinen Videos ganz wunderbar.

Und, was auch wichtig ist: ich möchte den Kindern zwar beibringen, dass sie selbst mit solchen Situationen klar kommen, aber diese Selbstständigkeit hat Grenzen. Wenn es um die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit geht, müssen die Kinder Hilfe holen. Auch das ist eine Einheit meines Kurses. Hilfe holen, aber richtig. Das üben wir ganz intensiv, damit sie diese Hilfe durch eine richtige Wortwahl auch wirklich bekommen und der Lehrer nicht abwimmelt (passiert leider sehr sehr oft, und sehr häufig, weil Kinder sich nicht richtig ausdrücken können und "rumjammern", wie 20 andere an dem Tag vor ihm schon, und die Lehrer das dann nicht ernstnehmen).

Übrigens: auch wenn ein Kind pöbelnd hinter einem anderen herrennt, kann das ignoeriert werden. Auch das üben wir. Es ist schwer für die Kinder, ganz klar. Aber dem Mobber wird es ganz schnell zu doof. Der zieht sich seine Energie daraus, dass der andere sich aufregt, weint, betroffen ist. Wenn er dieses Ziel nicht erreicht, wird er es zwar noch ein paar Mal probieren, aber recht schnell aufgeben. Die Kinder brauchen einfach jemanden, der das stetig mit ihnen übt und sie stärkt, damit sie das schaffen. Die richtige innere Einstellung zählt, und dann ist das machbar. Und genau das bringe ich ihnen bei.

Bei Prügeleien ist die Hilfe von Erwachsenen unabdingbar. Das ist klar. Zu 99% werden diese durch das "Starke Haltung, kurzer Blickkontakt, umdrehen und weggehen" aber vermieden. Ja, Ausnahmen gibt es immer. Es wird immer Kinder geben, die wahllos draufhauen. Wenn ich aber von 10 Prügeleien 8 oder 9 durch Stärkung der Resilienz der "Opfer" vermeiden kann, nehme ich das als eine sehr gute Quote wahr.

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