Leider sage ich den Satz immer wieder zu meiner 3 jährigen Tochter. Es fühlt sich falsch an aber es nervt mich einfach so sehr. Ständig jammert sie wenn etwas nicht funktioniert oder sie etwas will. Ich sag dann immer hör auf zu jammern oder weinen, du kannst sprechen und mir über solche Dinge reden.
Wascht mir das Gehirn, was kann ich mit solchen Sätzen anrichten?
Ich liebe mein Kind, beschäftige mich sehr viel mit ihr und sie ist im Grunde ein rücksichtsvolles, fröhliches sehr soziales Kleinkind. Wenn dieses Gejammer nur nicht wäre 🙈
Hör auf zu jammern
Jammert deine Tochter immer, wenn sie etwas will/braucht oder vielleicht, wenn sie den Eindruck hat, nur so bekommt sie genug Aufmerksamkeit für ihre Wünsche/Bedürfnisse? Geht es beim Jammern um Wünsche oder um Bedürfnisse? Oder um sich beklagen, weil etwas doof ist? Was sind es konkret für Situationen? Also... hast du für dich überprüft, ob das Jammern wirklich viel zu viel ist, oder ist ihr Jammern deine persönliche Schwachstelle und du weißt einfach nicht, wie du damit umgehen kannst?
Bei meinem Sohn, als er noch kleiner war, war ich lange sehr geduldig, aber als er 4 war, war meine Grenze definitiv erreicht. Von heute auf morgen hat mich sein Jammern einfach nur wahnsinnig gemacht.
Immer wenn es mit dem Jammern losging, habe ich erklärt, dass wir "darüber" reden können, wenn er sein Anliegen in einem ruhigen Tonfall erklärt. Hab dann auch immer versucht jedes Jammern ernst zu nehmen und eben vorzuleben, wie es aussehen kann, eine Beschwerde, eine Unzufriedenheit oder ein Wunsch "nicht-jammernd" vorzutragen. Und dann auch, wenn es wirklich ein Problem ist, lösungsorientiert darüber zu reden :D Es hat bisschen gedauert. Keine Ahnung, warum. Weil gewisse Reife im Kopf notwenig war oder weil er nicht geglaubt hat, dass ich es ernst meine und sich ja auch erst umgewöhnen musste. Aber irgendwann war es wirklich viel viel besser!
:D Ah ja, mein Sohn ist inzwischen 9 und jammert immer noch regelmäßig :D (Zu viele Hausis, zu wenig Spielzeit, zu wenig Süßigkeiten, Zimmer aufräumen nervt, etc.) Wenn er etwas will, reicht eine kurze Nachfrage "Können wir etwas entspannter darüber reden, was du willst?" Wenn Jammern aus einer Situation kommt, die ihn nervt, dann entscheide ich situativ. Jammern lassen oder eingreifen: "So... jetzt bist du unzufrieden, magst du da was ändern, oder suchst du einen Weg, besser damit umzugehen"? Aber manchmal muss das Jammern einfach sein :) Auch wir Erwachsene wollen ab und zu mal Dampf ablassen oder das was nervt einmal laut aussprechen.
Halte dir vor Augen, dass wenn die Frustrationsgrenze noch niedrig ist, deine Kleine einfach keinen anderen Ventil hat, als zu jammern. Das hat mir damals sehr geholfen. Auch kann es hilfreich sein, die Welt aus ihrer Perspektive zu sehen. Was für dich eine Kleinigkeit ist, nicht der Rede wert, ist für sie ein Riesenproblem ("Ich wollte dieses eine Eis, und jetzt ist es ausverkauft").
Und beobachte, ob ihre Wünsch ohne Jammern auch Beachtung finden. Nicht dass sie zufällig gelernt hat, nur Jammern bringt Aufmerksamkeit (Ah ja, Kinder unterscheiden nicht zw positiver und negativer Aufmerksam - es geht darüber überhaupt, Aufmerksamkeit zu bekommen). Es heißt ja nicht, dass jeder Wunsch sofort erfüllt wird. Wenn jammern daher kommt reicht ja auch ein "Ja - ich verstehe wirklich was du willst, aber im Moment ist das nicht möglich weil ..."
Kurz zusammen gefasst: bis zu einem gewissen Grad ist jammern doch ok, arbeite an dir, ändere deine Perspektive, werde ein tick gelassener. So kleine Kinder können manchmal einfach nicht anders. Und da, wo deine Grenze erreicht ist, zeige deiner Tochter, wie die Kommunikation, Zielerreichung, Umgang mit Frust anders aussehen können und lasse ihr Zeit, es auch zu lernen. Gleichzeitig beobachte genau, woher das Jammern kommt, wenn man die Ursache versteht, kommt man meist von alleine auf die Lösung.
Liebe Grüße
Ach, etwas gut dosierte Härte tut all den kleinen Wundern gar nichts an. Du wirst ja eine Verletzung, echten Kummer u. ä. nicht abtun. Frust über Dinge, die nicht klappen, darf jeder fühlen, aber man muss auch lernen, in die Hände zu spucken und es erneut zu versuchen statt heulend liegen zu bleiben. Letztlich muss man auch die Grenzen seines Talents und seiner Fähigkeiten kennenlernen.
Jeder kennt die Geschichten über Azubis, denen alles zu anstrengend, zu viel, zu wenig selbsterledigend ist. Ich frage mich oft, was in ihrer Erziehung passiert ist; vor 40 Jahren gab es das nicht. Und das hier "hör auf zu jammern oder weinen" war in meiner Generation Standard, wenn das Bein nicht im rechten Winkel abstand, nicht gerade ein echtes Herzensprojekt scheiterte und nichts blutete. Es hat uns nicht geschadet; nur wenn es ernst wurde, griffen unsere Eltern ein. "Aufstehen, Krönchen richten, weiterschreiten" ist das, was wir gelernt haben. Ich glaube, uns hat gestärkt, dass wir Frust aushalten mussten, weil wir dadurch Bewältigungsstrategien lernen konnten bzw mussten.
"...du kannst sprechen und mir über solche Dinge reden." - So habe ich es mit meinen Kindern gemacht. Oft habe ich auch gesagt, dass ich die weinerliche Stimme so schwer verstehe. Und ich habe auch gesagt, dass mich das Weinerliche nervt (wohlgemerkt: NICHT bei echtem Kummer!). Ihr jungen Mütter nennt das heute wohl "bedürfnisorientierte Erziehung".
Für mich klingt es so, wie du es machst, nicht, als müsste man dir den Kopf waschen.
LG, Kate
SO sehe ich das auch.
Dass man bei echtem Kummer da ist - außer Frage.
Aber dieses ewige Gejammer macht mich auch wahnsinnig... Und wir reden bei der TE ja auch nicht von einem Säugling, der sich halt noch nicht anders zu helfen weiß als durch weinen... Bei meinem Sohn (inzwischen schon 16) ist es die Männergrippe, die ganz offensichtlich gut eingeübt werden muss, ehe man später die Ehefrau damit beglückt...
Aber auch sonst neigt Sohnemann (lustigerweise im Gegensatz zu seiner Schwester) teilweise zum Jammern... Die Hausaufgaben dauern zu lang - die Arbeit war viel schwerer als erwartet - und (mein persönliches Highlight) - die mündliche Prüfung in Englisch ging daneben, weil er völlig unerwartet als erstes dran kam - und eigentlich die Zeit, als die anderen dran waren, noch nutzen wollte, um das Ding fertig vorzubereiten... Sorry - aber mein Mitleid hielt sich in Grenzen! Und ja - da gibt es auch ein "Hör auf zu Jammern" in der seichten Form - oder ob des jugendlichen Alter meines Sohnes auch schon mal ein "Chantal - heul leise!"
Ganz anders übrigens als bei echten Problemen - als er gemobbt wurde, kamen ganz bestimmt keine blöden Sprüche - da waren wir da - uneingeschränkt.
Sohnemann hat den Unterschied inzwischen übrigens begriffen - er jammert bei der Männergrippe immer noch - muss aber selbst grinsen, wenn dann ein Spruch kommt... Der Kompromis lautet, er kann gerne in seinem Zimmer leiden - dann sagt auch keiner was - ich befürchte nur, dass es da nur halb so viel Spaß macht...
"Nach außen" ist er übrigens ganz anders - seinen Nebenjob und auch Praktika zieht er klaglos durch - auch wenn es Gegenwind gibt. Da holt er sich u.U. Rat, wie er mit Situationen umgehen soll - aber das ist ja auch völlig ok. Im Sommer geht er für ein Jahr nach Amerika - ich bin gespannt, wie es sich da entwickelt - ob er bei der Familie auch so rumleidet und eher tough ist - wir werden sehen.,, Immerhin ist er tough genug, den Schritt zu gehen - davor habe ich durchaus Respekt.
LG
Frauke
Witzig, bei uns war es auch einer meiner Söhne. Er konnte gefühlt von einem Gejammer ins nächste Geheul wechseln. Aber es wurde tatsächlich besser, als ich nicht mehr immer Mitleid, Trost und Verständnis hatte. Er ist inzwischen Anfang 30 und hält Enttäuschungen und Niederlagen aus. Wenn jetzt noch jemand was gegen Männergrippe erfindet, wird alles gut 😁
Bei meinem Sohn wurde vieles besser, als er zum Studium auszog. Ich könnte mir vorstellen, dass das Austauschjahr deinem Sohn gut tut.
LG, Kate
macht sie das bei allen oder nur bei dir?
Das ist normal.
Wenn mein Kind ab einem Alter von 3/4 Jahren, weint weil es Dinge haben will, es aber nicht umsetzbar ist. Sag ich auch "hör auf zu heulen - das ist kein Grund zu heulen!" Und füge hinzu "man kann halt nicht immer alles im Leben zur gewünschten Zeit haben. Geht halt nicht!"
Hilft zwar nix, Kind heult beim nächsten mal trotzdem. Aber bei sowas hab ich kein schlechtes Gewissen sowas zu sagen, weil ein Kind durchaus spüren darf wo eine solche Reaktion vielleicht unverhältnismäßig übertrieben ist. Es darf frustriert sein und bocken. Das ist für mich genauso wie jammern, ne angemessene Reaktion auf Frustration. Aber auch jammern ist nach ner gewissen Zeit irgendwo unverhältnismäßig dramatisch, und es macht ein Unterschied ob das Kind 5 Minuten Drama macht. Das ist mit 3 oder 4 Jahren völlig legitim. Oder ob es mich auch noch ne Stunde später anfängt deswegen vollzunölen. Irgendwann is auch mal gut. Negative Gefühle gehören zum Leben. Aber sie müssen ja auch Verhältnismäßigkeit von Reaktionen lernen. Wann ist etwas völlig menschlich, normal und auch gemessen am Alter, das muss man berücksichtigen. Kinder unter 3 oder 4 Jahren würde ich zb gar kein "hör auf zu jammern sagen" weil die gänzlich emotional reagieren und rational gar nicht umsetzungsfähig. Aber ab 3/4 Jahren darf man langsam auch üben dass nicht jedes Unbehagen immer mit literweise Tränen und 5 Stunden volljammern verbunden sein muss. Hat was mit üben von Frustrationstoleranz zu tun. Das muss man üben, das entwickelt kein Mensch automatisch wie laufen lernen. Sondern man muss lernen bestimmte Frustrationen ohne emotionaler Vollentgleisung, auszuhalten. So wie sie auch lernen müssen, dass Dinge zum Leben dazu gehören auf die man kein bock hat. Zähne putzen... Geschirr wegräumen, Zimmer aufräumen, lernen, ins Bett gehen ... die kleinen Dramen der Kindheit... später ist es Haushalt muss halt... Bock hat da kein Mensch drauf! Oder ich arbeite im kaufmännischen Bereich. Nichts langweilt mich mehr, als Ablage... etwas was ich ewig vor mir hinschiebe... aber egal wie lange ich es schiebe... irgendwann muss ich den Papierkram wegsortieren und ggf entsorgen.
Also meine Jungs sind 10. Und der eine ist ein Jammerer. Mit weinerlicher Stimme, bei Sachen die wirklich kein Grund zum Jammern sind und es macht mich manchmal wahnsinnig.
Du merkst: es wird nicht zwingend besser 🙈
Hat es ihm geschadet? Vermutlich nicht. Aus Kleinkindzeiten muss ich mir immer mal wieder die Bedürfnissbefriedigunstypen ins Gedächtnis rufen, er ist eindeutig jemand, der sein "Ich werde geliebt" Konto durch "sich helfen lassen" auffüllt, je mehr ich das verweigere umso jammeriger wird er. Aber es ist manchmal schwer...
Ich sage meistens "Bitte nicht so viel jammern", statt "hör auf ".
Und gestern sagt er doch tatsächlich "Du jammerst doch selber" 😂