Zu kritisch bei Freundschaften?

Ich bin Mitte 30 und habe momentan leider eher wenig soziale Kontakte.
Ich hatte immer wieder Freundschaften, die sich dann aber entweder im Sand verlaufen haben oder mit einem großen Streit geendet haben.
Mein Lebensgefährte hat kürzlich gemeint, dass ich die mega hohen Ansprüche an Menschen generell und daher eben auch bei Freunden habe, wie sie zu sein haben, usw.
Das ist natürlich nicht ganz falsch, was er da sagt, aber ich möchte eben Freundschaften, wo ich mich wirklich auch während des Treffens wohl fühle und das Gefühl habe, ich kann gänzlich ich sein.

Ich habe aktuell eine Bekannte, mit der ich mich seit rund 1 Jahr immer wieder treffe oder telefonisch Kontakt habe. Ich kann ihr Verhalten teilweise schlecht einordnen, finde sie offen gesagt manchmal "komisch" oder aufdringlich und beginne mich langsam wieder zu distanzieren. Ich bemerke, dass ich ihr Verhalten bei jedem Treffen genau beobachte, analysiere und dann zu einem Schluss kommen muss.

Ich selbst bin ein eher introvertierter Mensch, durchaus auch sehr emotionaler Mensch. Ich versuche diese Emotionen aber eher unter 4 Wänden auszuleben und mich draußen eher "zusammen zu reißen".

Es gab da einpaar Situationen, die ich vermutlich überbewerte, die bei mir aber Unbehagen auslösen.
zb: Wir sind letztens zu viert (also incl. meinem und ihrem Freund) zu einem Konzert gegangen. Draußen - es war recht kalt - stand eine lange Schlange an wegen der Corona-Eintritttests. Ich habe, absolut im Scherz, gesagt "Ich bin schwanger, lasst mich vor!". Ich bin jemand der ungern in der Menge auffällt, das sollte sie mittlerweile auch wissen. Es war einfach ein Scherz. Sie marschiert daraufhin allen ernstes zum Ticketmenschen, spricht mit ihm und winkt mich dann vor. Ich dachte mir, ok, nett, aber jetzt muss ich halt drinnen ne halbe Stunde auf die anderen alleine warten. Nichts da: Sie ist selbst als definitiv nicht schwangere Person als Erste wie selbstverständlich reingegangen!
Ich war absolut paff von dieser Aktion und würde sowieso nie selbst machen. Dass sie wegen mir fragt, ok, das kann man als freundliche Geste auslegen, sollte man aber vielleicht auch unterlassen, wenn man weiß, dass es beim anderen eher Unbehagen auslöst. Aber dass sie sich dann selbst da vordrängt, das fand ich mega unverschämt!

Ein halbes Jahr davor gab es eine ähnliche Situation, wo sie beim City Marathon Leute aus der ersten Reihe vertrieben hat mit den Worten "Ihr Freund läuft da gleich, wir wollen was sehen!". Auch da hätte ich niemals von igendjemanden verlangt, mir Platz machen. Ich meine, wer bin ich denn, um das einzufordern?

Neben diesen offenkundigen Situationen gibt es etliche andere, die ich auch sehr ambivalent finde.
An jenem Konzertabend war sie hauptsächlich mit ihrem Freund beschäftigt und hat eher wenig mit mir gesprochen. Plötzlich, als wir dann zu zweit am WC waren, umarmt sie mich aus dem Nichts und erklärt mir, sie hätte mich ja soooo vermisst .... nur um mich dann wieder danach quasi zu ignorieren!?

Ich werde aus diesem Verhalten einfach nicht schlau.
Was würdet ihr euch da denken?

Es macht wohl wenig Sinn, diese Verhaltensweisen ihr gegenüber zu thematisieren.
Mein Psychologe meinte, er würde das ganze langsam "auslaufen" lassen, da wir wohl scheinbar charakterlich zu verschieden wären.

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Du könntest grade mich beschrieben haben 😆

Ich bin auch eher zurückhaltend und habe lieber wenig aber dafür zuverlässige Freunde bei denen ich mich wohl fühle.

Ich hatte ein wenig gehofft, durch Kindergarten und Krippe etwas mehr Kontakt zu anderen zu bekommen. War leider nicht so. Aber meine Kinder sind momentan noch sehr zufrieden, auch wenn wir nachmittags unter uns verbringen.

Mir fehlt es manchmal schon, jemanden zum quatschen zu haben. Auf der anderen Seite kenn ich mich und versuche einfach das beste daraus zu machen.

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Deine Freundin gefällt mir :-) Ich bin auch eher introvertiert, mag aber eher offene Menschen, bei denen fühle ich mich wohl weil die mich ein bisschen aus meiner Schneckenhöhle fordern. Für dich passt das offenbar GAR nicht wenn du diese Aktionen als dermassen negativ empfindest. ich finde sie super :-) Aber ja, dann lass es auslaufen. Wäre ja auch schade für sie, wenn sie ihre Zeit mit dir verbringt und du das gar nicht schätzt.

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Ich mag grundsätzlich auch extrovertiertere Menschen, genau aus dem selben Grund wie du. Trotzdem sollte man grundsätzlich auf der gleichen Wellenlänge sein. Wenn das Verhalten der anderen bei mir eher "Fremdschäm-Gefühle" auslöst oder teilweise überhaupt nicht zuordenbar ist, dann macht das denke ich wenig Sinn.
Es spricht ja nichts dagegen, aus sich raus zu gehen und Leute direkt anzusprechen. Es sollte aber dennoch freundlich formuliert sein. In diesen beiden Situationen fand ich ihr Auftreten einfach recht harsch und offen gesagt auch "eingebildet".

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Mir geht es gerade ähnlich, siehe mein Thread hier im Freundschaftsforum.

Früher war ich lockerer, habe alles nicht so eng gesehen. Heute schaue ich genauer hin. Ich habe wenig Zeit, bin mit Beziehung und Vollzeitjob mehr als ausgelastet und da möchte ich meine wenige Freizeit nicht mit Menschen verbringen, die mich nerven.

Da breche ich Kontakte mittlerweile auch schnell ab.