Nicht offen die Meinung sagen

Mich würde interessieren, wie ihr das so handhabt mit dem offen und oft ungeschönt die Meinung sagen.

Ich habe das im Bereich "Freundschaften" angesiedelt, aber eigentlich betrifft es auch die Familie.
Ich ertappe mich öfters dabei, dass mir Leute Dinge erzählen, wo ich anderer Meinung bin oder dass ich das Verhalten von XY unmöglich finde ... und ich sage dann nichts dazu.

Letztens hat mir eine Freundin von einer Situation erzählt, wo sie meiner Meinung nach total überreagiert hat. Ich habe aber brav gelauscht und "hmhm" gesagt, ohne meine Meinung dazu kund zu tun. Sie geht also vermutlich davon aus, dass ich mit ihr d'accord gehe.

Eine engere Freundschaft ist mal nach knappen 4 Jahren zerbrochen, weil wir uns erst da gegenseitig gesagt haben, was uns eigentlich am anderen stört. Auch da wurden diverse Verhaltensweisen jahrelang abgenickt und dann ist es plötzlich aus uns beiden herausgebrochen.

Warum macht man das so oft? Dass man einfach nichts sagt? Oder mache nur ich das so extrem?
Ich möchte wohl meistens unangenehmen Gesprächen aus dem Weg gehen.
Es sind oft keine wirklich extrem wichtigen Dinge, aber manchmal habe ich dadurch den Eindruck unauthentisch zu sein.

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Ich bin der Typ, der sich so wie Du verhält. Aber eigentlich eher aus dem Grund, weil ich denke, dass jeder das Recht auf seine Art, mit bestimmten Dingen umzugehen, hat.

Wenn Du schreibst, dass Deine Freundin total überreagiert hat (in Deinen Augen), was nützt es Dir, wenn Du ihr das sagst? Letztendlich entsteht daraus vielleicht noch ein Streit, weil sie das ganz anders sieht.

Das Verhalten anderer Leute zu bewerten, finde ich nicht gut. Das hat auch nichts mit authentisch sein zu tun.

Aber eine andere Meinung zu haben in Diskussionen oder zu irgendwelchen Themen finde ich in Ordnung und dann sage ich das auch.

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Auf Arbeit: Manche sind so dermassen überzeugt von ihrem Handeln und erzählen dies lautstark und mit dem grössten Selbstbewusstsein, dass es mir meistens die Sprache verschlägt und ich mich in dem Moment nur noch fasziniert frage, wie man zu so wenig Selbstreflektion kommen mag! In dem Moment kann ich keine Worte dafür finden, wie total dämlich ich das Erzählte finde und nicke und lächle nur noch.
Denn wer so dumpf-überzeugt erzählt, der will kein kritisches Feedback, sondern Zustimmung. Ich gehe bei solchen nicht auf Konfrontation, da es unnötige Unruhe bringen würde.
In der Freizeit, bei Leuten, die ich besser kenne, ziehe ich ab und zu eine Augenbraue hoch und frage nach. Da besteht meiner Meinung nach auch die entsprechende „Chemie“.

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Ich sehe das wie die Userin "emotional". Jeder hat das Recht auf sein Empfinden, manchmal muss man ja auch nur rauslassen und braucht jemanden, der einem zuhört. Ich bin selten 100% gleicher Meinung wie mein Gegenüber, wenn ich das jedesmal offen kund tun würde, wären wir ja nur noch am diskutieren.

Werde ich aber nach meiner Meinung gefragt, antworte ich ehrlich auch wenn es dem widerspricht, was mein Gegenüber empfindet.

Man kann ja auch diplomatisch antworten mit "oh das tut mir leid, dass dich das so gestresst hat" o.ä. Wenn dann kommt "findest du nicht auch?" DANN kann man ja sagen "Ich persönlich hätte ich soundso reagiert weil.."