Job & Kinderwunsch > Soll ichs wirklich machen oder lass ichs lieber sein?

Hallo Forum,

Seit einiger Zeit beschäftigt mich der Wunsch, eine Familie zu gründen, und in den letzten Monaten hat dieser Wunsch noch einmal stark zugenommen.

Ich bin seit acht Monaten in einem neuen, unbefristeten Arbeitsverhältnis. Ende August habe ich die Probezeit abgeschlossen. Zuvor war ich fast zehn Jahre in meiner vorherigen Firma tätig, war dort jedoch zunehmend unzufrieden, unterbezahlt und das Arbeitsumfeld war nicht besonders familienfreundlich. Deshalb war es mir wichtig, vor der Familienplanung den Job zu wechseln. Der Bewerbungsprozess hat sich länger hingezogen, und inzwischen ist über ein Jahr vergangen zwischen meiner Bewerbung und dem tatsächlichen Arbeitsbeginn (inklusive Kündigungsfrist etc.).

Nun möchten mein Partner und ich eigentlich nicht mehr länger mit der Familienplanung warten. In diesem Zyklus haben wir es gestern darauf ankommen lassen zum Zeitpunkt der Fruchtbarkeit.

Während ich gestern noch Vorfreude empfand, habe ich heute ein sehr schlechtes Gewissen :( So sehr ich mir ein Kind wünsche, habe ich gleichzeitig das Gefühl, meinen Kollegen gegenüber rücksichtslos zu handeln. Zudem mache ich mir Sorgen um meinen Ruf – auch wenn ich davon ausgehe, dass alle professionell reagieren würden, denken sich die Leute natürlich ihren Teil, wenn man direkt nach der Probezeit schwanger wird. Mir ist es wichtig, wie andere mich wahrnehmen, und meine Arbeit bedeutet mir viel. Mein Team hat viel Zeit und Mühe in meine Einarbeitung investiert und es hat eine Weile gedauert, die Stelle zu besetzen.

Ob es jetzt beim ersten Mal bereits geklappt hat, weiß ich natürlich nicht. Falls doch, würde ich es etwa nach zwölf Wochen bekannt geben – also schon Anfang Januar, womit ich noch nicht einmal ein Jahr in der Firma wäre.

Ich frage mich jetzt, wie ich weiter verfahren soll. Sollte ich den Kinderwunsch vielleicht doch noch einmal aufschieben?

Auf der anderen Seite weiß ich nicht, wie lange es dauern könnte, bis es klappt. Die Vorstellung, noch länger zu warten und es dann möglicherweise ein Jahr oder länger ohne Erfolg zu versuchen, macht mir Angst. Ich merke schon jetzt, dass jede Schwangerschaft in meinem Umfeld mir mittlerweile leider einen kleinen Stich versetzt, weshalb ich eigentlich keine Zeit mehr verschenken möchte. Ich bin 33, mein Partner 35, und wenn es klappt, wünschen wir uns auch mehr als ein Kind. Ich arbeite bei einem großen Technikkonzern und hätte vor, nicht so lange in Elternzeit zu gehen.

Ich weiß, letztlich müssen mein Partner und ich die Entscheidung selbst treffen, aber im Moment bin ich sehr ratlos. Ich würde mich freuen, wenn jemand seine Gedanken dazu teilen mag. Danke 😌

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Hey du,
ich verstehe deine Gedanken wirklich total, aber möchte dir trotzdem versuchen eine andere Sicht auf die Dinge zu geben: Die erste Frage ist, ob du wirklich deine Familienplanung nach Menschen richten möchtest, bei denen du möglicherweise sogar denkst, sie würden sich gar nicht ehrlich mit dir mitfreuen, sondern möglicherweise denken "War ja klar..."
Der Partner und die Familie sind diejenigen, die in allen Lebenslagen da sind und da bleiben, im Job hingegen ist man immer irgendwie ersetzbar. Ich denke, dass es durchaus Sinn machen kann, einen Zeitpunkt für die Familienplanung zu wählen, an dem man sich im Job gefestigt, finanziell stabil etc. fühlt und die Entscheidung nicht völlig vom Job zu entkoppeln, aber bei dir scheint das ja alles zu passen.
Abgesehen davon, sehe ich sogar einen positiven Punkt in dem Ganzen: Während andere sich mit jedem Monat mehr stressen, in dem es nicht klappt, könntest du dem sogar etwas Positives abgewinnen, weil du noch etwas mehr Zeit im Unternehmen sammelst. Gleichzeitig aber sammelst du auch Chancen auf ein Kind, denn jeder Monat ist nunmal eine Chance. Du musst dich also nicht jeden Monat fragen, ob du wohl eine Chance vorbeiziehen lassen hast, bist aber auch noch nicht so verzweifelt, dass es lieber gestern als heute geklappt haben muss.
Ich würde versuchen, das als wirklich guten Zeitpunkt anzusehen, um das Thema entspannt und ohne Druck angehen zu lassen. Und sobald du schwanger bist, ist dir schnell sicherlich alles andere egal, weil du dich einfach so sehr freust und deine Prioritäten sich schlagartig verschieben. Ich spreche hier zwar nicht aus Erfahrung, weil ich selbst erst in der Planung stecke, erlebe das aber so sehr häufig bei anderen.

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Wirklich vielen Dank für all eure Gedanken und den Zuspruch ❤️ Eure Perspektiven und Erfahrungen helfen mir gerade sehr in meinem Gedankenkarusell und dabei, bei mir zu bleiben.

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Ganz ehrlich: Mach dir keine Gedanken darüber was andere denken. Du bist seit 8 Mobaten im Unternehmen. Sollte es sofort klappen bist du immerhin 1,5 Jahre dort am Arbeiten. Ich war in mehreren Unternehmen, wo es gefeiert wurde wenn Mitarbeiter zwei Jahre durchhalten. Da wechselten die meisten nach 1-1,5 Jahren wieder weg.

Also lieber jetzt schon probieren. Wenn es gleich klappt, ist halt so. Und ansonsten kann es auch länger dauern. Dann denkt sowieso niemand daran, dass du erst seit kurzem dabei bist.

Alles Gute!

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Vielen Dank für deine Antwort @Schneeflock-88. Das tut mir grade gut, das zu lesen.

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Ich habe am 01.03.23 bei meinem Arbeitgeber neu angefangen. Letztes Jahr um die Zeit hatte ich einen positiven Test in der Hand. Haben mit dem Kinderwunsch schon abgeschlossen gehabt, weil es vorher lange nicht klappen wollte.
Klar, waren alle froh, dass ich da war, gut ins Team gepasst habe und wusste was ich tue, aber es haben sich trotzdem alle für uns gefreut. Jetzt 3 Monate nach der Geburt treffe ich mich noch immer regelmäßig mit meinen Kolleginnen und alle freuen sich, wenn ich wieder komme. Meine Stelle wurde auch nicht neu besetzt, sodass ich problemlos da weiter machen kann, wo ich aufgehört habe.

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Danke für das Teilen. Wie schön, dass es final mit dem Kinderwunsch geklappt hat 😀 Und schön, dass du sich mitgefreut wurde. Nach wie viel Wochen hast du es erzählt?

Wir sind ein sehr männerlastiges Team und Unternehmer und eher konservativ von der Arbeitskultur her. Sicher werden sich viele denken "War ja klar, wenn man eine Frau einstellt, dass so was passiert" 🙄 aber da muss ich mir dann wohl eine dicke Haut wachsen lassen

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Das glaube ich dir und sicherlich werden viele genau das denken. Aber weißt du was, das werden die auch denken, wenn du 3, 5 oder 10 Jahre dort bist und dann schwanger wirst. Das ist einfach so. Die Zeit spielt dabei keine Rolle. Häufig ist es sogar etwas schwieriger, wenn man erst nach mehreren Jahren schwanger wird, da man immer mehr Verantwortung bekommt und der Ausfall dann doch etwas mehr schmerzt.

Von daher, lass dich nicht verunsichern und ganz ehrlich, schon gar nicht von Männern, die eben nicht wissen, wie es für eine Frau ist. Wir stehen nämlich immer vor der Entscheidung und vor diesem "Dilemma". Die Männern nicht, die können nicht schwanger werden. Also, mach dir keinen Kopf, machen die auch nicht, und bekommt eure Kinder.

Ich drücke dir die Daumen, dass du schnell schwanger wirst und eine angenehme Schwangerschaft haben wirst. 🍀

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Go for it!

Erstens kann's noch länger dauern bis es klappt, zweitens wird dir dein AG später zur Rente keinen Blumenstrauß geben und sagen "Mensch toll, dass Sie ihren Kinderwunsch aufgeschoben haben." Denen ist es letzten Endes auch egal ob du jetzt in Elternzeit gehst oder später. Je nach Stelle kannst du ja gucken wie es mit Unterstützung aussieht, um in geringem Stundenrahmen schnell wieder zu kommen. Signalisieren, dass du dir darüber Gedanken machst. Ggf sagen sie dann selbst "ach ne, komm, nimm das Jahr".

Bei uns haben welche in der Probezeit in der Firma offenbart dass sie schwanger sind, und eine kurz vor Unterschrift des Arbeitsvertrages. So What. Hat keinen interessiert. Beide arbeiten seit längerem bei uns nach Rückkehr.

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Ich hatte zwei Monate vor meiner Schwangerschaft bei einem neuen AG angefangen und ich habe es bis heute (2 Jahre später) nicht bereut! Go for it!

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Mir war auch der Job immer wichtig und hab über 3 Jahre gewartet, bis wir den KiWu angegangen sind. Nach 10 ÜZs und 2 Pausenzyklen, also 1 Jahr wurde ich dann schwanger. Das erste Trimester war vom Job her sehr stressig, aber ich wollte unbedingt bis nach der 12. Woche warten mit der Verkündung. Leider hab ich unser Baby durch missed Abort in der 12. Woche verloren.

Also, schei** auf die Kollegen, wenn es um EUER Kind geht! Und man weiß nie wann es klappt, ich bin 26 und mein Mann 27, beide Nichtraucher und trotzdem hat es so lange gedauert und leider viel zu schnell geendet.

Ich wünsche euch ganz viel Glück und dass ihr ein gesundes Kind bekommt! 🍀 Und versuch das schlechte Gewissen abzustellen - versuche ich auch.

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Danke!

Es tut mir leid, dass ihr das erleben müsst. Ich wünsche euch alles Gute und viel Kraft🍀

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Absolut niemand wird die in 10 Jahren danken, dass du für den Job deinen Kinderwunsch geschoben hast. Und wie du schon sagst, wer weiß wann es klappt. Bis zu einem Jahr ist keine Seltenheit.

Mit #2 bin ich ziemlich genau ein Jahr nach meinem ersten Tag in Mutterschutz gegangen. Zum Ende der Probezeit war ich also schon schwanger. Ich hatte den gleichen Gedanken und für mich entschieden, dass - auch wenn es sich in dem Moment ungut anfühlt - ich in 30 Jahren nur bereuen würde, wenn es mit einem zweiten Kind nicht klappt. Dass es dann auch beim zweiten Mal sofort geklappt hat, noch bevor wir richtig probieren wollte ... Ja gut, damit hätte ich nicht gerechnet.

Aber für den Arbeitgeber ist ein Mutterschutz und Elternzeit nie optimal, egal ob nach einem Monat oder 10 Jahren. Von daher, wenn der Kinderwunsch da ist, dann verschieb ihn nicht aus Pflichtgefühl einem Arbeitgeber gegenüber.

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mach dir wegen der Arbeit keine sorgen! ich hab gerade eine Mitarbeiterin, die hat am 1.10. gestartet und jetzt ihre Schwangerschaft bekanntgegeben. sie ist schon in der 19. SSW. klar, fürs Unternehmen blöd gelaufen, aber hey,bis sie in den Mutterschutz geht dauert es noch was. bei dir wäre es ja noch länger von der zeit. und am ende kommt man idR nach der Elternzeit wieder.... ich habe lieber Mitarbeitende in Elternzeit bzw rückkehr nach der Elternzeit statt kündigungen. am ende ist die Schwangerschaft bzw geburt doch was tolles, kinder sind die zukunft!

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Wir haben mit der aktiven Familienplanung begonnen, als ich grade 10 Monate in meinem neuen Job war. Geschlagene 2 Jahre (und eine künstliche Befruchtung) später war ich endlich schwanger. Wenn ich da am Anfang den Kinderwunsch noch länger aufgeschoben hätte, hätte ich mich später sehr darüber geärgert. Es dankt dir auch keiner dafür wenn du erst ein paar Monate später schwanger wirst als ursprünglich geplant.
Und dein Arbeitgeber wird das auch schon als Möglichkeit bedacht haben, als er dich eingestellt hat. Klar hat nicht jede kinderlose Frau Anfang 30 einen Kinderwunsch, aber überraschend ist es auch nicht, das weiß man als Chef und trotzdem wurdest du ausgewählt! Mein Chef meinte mal, dass Mitarbeiter mit Kindern die loyalsten Mitarbeiter wären, wenn man ihnen einen familienfreundlichen Arbeitsplatz bietet. Wenn du jetzt ein Jahr ausfällst, aber danach 10 Jahre motiviert arbeitest, dann ist die Rechnung für den Arbeitgeber aufgegangen. Da hat der AG mehr davon, als von (meist kinderlosen) Mitarbeitern, die alle zwei Jahre den Job wechseln…