Aufenthalt der Kinder nach Trennung

Hallo,
ich lese hier immer wieder von Fällen, in denen die Kinder beim Vater in der gewohnten Umgebung bleiben und die Mutter ohne die Kinder in einen anderen Ort zieht.

Jetzt frage ich mich, wie ich das zu verstehen habe. Im Falle einer Trennung gibt es ja immer ein Elternteil, dass ausziehen wird. Hat die Mutter denn immer den schwarzen Peter, wenn sie aus der gemeinsamen Wohnung auszieht? Nur, weil die Kinder ihr gewohntes Umfeld verlieren?

Mir geht es nicht um das Sorgerecht - das ist ja eine andere Sache. Mir geht es nur um den hauptsächlichen Wohnsitz der Kinder.

Ich war vor kurzem bei einem Anwalt und habe mich beraten lassen. Er hat ganz klar gesagt, dass aus seiner Erfahrung in 99,9 % der Fälle die Kinder mit der Mutter gehen. Ganz einfach, weil sie in der Regel ist, die die Kinder bisher hauptsächlich versorgt hat und sie die Hauptbezugsperson ist. In der Regel arbeiten die Väter doch Vollzeit und können sich nicht in dem Umfang um die Kinder kümmern. Da spielt es auch keine Rolle, ob es im gleichen Ort oder ein paar Ortschaften weiter ist.

Würde mich interessieren, warum es dazu so unterschiedliche Aussagen gibt #kratz

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Hallo.

Bei uns ist damals mein Ex-Mann ausgezogen, sodass ich mit den Kindern weiter in der Wohnung bleiben konnte.

Aber generell muss derjenige, der am bisherigen Hauptwohnsitz der Kinder verbleibt, einem Wegzug der Kinder zustimmen. Ansonsten könnten schnell große Distanzen zwischen Kindern und dem nicht betreuenden Elternteil geschaffen werden, was dem Umgang und damit der Bindung im Wege stehen kann.
Wenn der Vater oder die Mutter alleine zum Beispiel einge hundert Kilometer weg zieht und damit den Umgang erschwert, ist das betreuende Elternteil nicht bindungsintolerant, sondern kann nichts dafür.
Außerdem muss auch grundsätzlich derjenige die Kosten für den Umgang tragen, der die Entfernung schafft.

Alles etwas kompliziert, wie ich persönlich finde.
Theoretisch könnten beide Eltern aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen (die Kinder bleiben in der bisherigen Wohnung) und dann abwechselnd dort wohnen. Das ist das Nestmodell dann. Da könnten die Eltern jeweils ans entgegengesetzte Ende der Welt ziehen ohne irgendwelche Zustimmung. Müssen halt dann beim Wechsel zur ursprünglichen Wohnung und dort die vereinbarte Zeit leben und die Kinder betreuen.

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Danke, das beruhigt mich etwas.

Die Zustimmung zum Wegzug kann scheinbar auch vor Gericht eingeklagt werden - so hat es mir der Anwalt erklärt.

Ich kann mir vorstellen, dass es wohl doch immer wieder auf den Einzelfall ankommt.

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Dein Anwalt hat grundsätzlich Recht. Aber die Hürden, die Zustimmung bei Uneinigkeit zu bekommen, sind leider nicht wirklich niedrig.
Hatte da schon vieles gehört. Eine individuelle Einigung ist da immer das beste.
Da zählte nämlich in einigen Fällen noch nicht einmal die Tatsache, dass die betreuende Mutter an dem bisherigen Wohnort keine Jobperspektive hatte und auf staatliche Unterstützung angewiesen war, im Falle des Umzugs auf eigenen finanziellen Beinen hätte stehen können, weil sie einen Job in Aussicht hatte.

Deswegen kommt ja auch hier im Forum oft der Ratschlag "Trenn dich und schaff eine möglichst große Distanz solange du noch schwanger bist."
Einer Schwangeren kann ein Ortswechsel nicht verboten werden.

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Ich bin ausgezogen und die Kinder, damals 14 und 8 sind beim Vater geblieben.
Beide haben sofort gesagt, dass sie beim Vater im Haus bleiben.
Es war sein Haus und ich bin dann 500 m weiter in eine Wohnung gezogen.
Wäre ich sofort weiter weg gezogen wären beide aber auch beim Vater geblieben bzw erst Recht, da sie ihre Freunde hatten und die Schule nicht wechseln wollten.
Gut zwei Jahre später bin ich dann 50 km weiter weg gezogen und zumindest die Kleine hab ich alle zwei Wochen am Wochenende zu mir geholt.
Der Große war da schon 16 und hatte seine eigenen Interessen am Wochenende und ist außerdem für eine Ausbildung selbst weiter weg gezogen.
Dass immer die Mutter die Hauptbezugsperson ist, ist vielleicht im Dunstkreis deines Anwaltes so, und dass die Mutter zu Hause ist während der Vater Vollzeit arbeitet und keine Zeit hat genau so.
Mein Ex und ich haben immer beide Vollzeit gearbeitet, ich war unter der Woche von Sonntag bis Freitag weg, er konnte auch öfter Homeoffice machen und hat so die Kinder mehr gesehen als ich.
Wir hatten Au pairs und die Großeltern die im Alltag für die Kinder gesorgt haben.
Mittlerweile wird das Wechselmodell eher als Standard angesehen und dann spielt es keine Rolle wer auszieht da beide die Kinder zu gleichen Teilen haben.
Alle Freunde wo es zurTrennung kam, haben zumindest bei jungen Kindern bis 12 das Wechselmodell gehabt, wenn nicht einer rgendwann weiter weg gezogen ist aufgrund neuer Partnerschaft.
Bei Jugendlichen geht das dann oft nicht mehr weil die andere Vorstehaben.
Ich denke nicht dass die Erfahrung deines Anwalts auch der Realität entsprechen muss.
Insbesondere Wenn es vor Gericht geht, haben Väter oft gute Chancen das Wechselmodell durchzusetzen.

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Danke für Dein Input #blume
Bei Euch war es dann aber auch tatsächlich so, dass ihr beide Vollzeit gearbeitet habt und die Kinder tatsächlich von beiden Elternteilen betreut wurden.
Und Du hast Recht: den "Standard" (Vater Vollzeit, Mutter zuhause bzw. Teilzeit) gibt es immer weniger.

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Weil es verschiedene Menschen und damit verschiedene Möglichkeiten gibt.

Ich empfinde die Aussage deines Anwaltes als ziemlichen Quatsch, auch deine Wahrnehmung teile ich nicht.

Bei uns zB war es so, dass wir beide ausgezogen sind, da die Wohnung für einen allein zu teuer war. Zudem haben wir das Wechselmodell, weil wir beide Jobs haben, die das ermöglichen.
Ich habe auch in meinem Umfeld diese Art der Betreuung. Wie das mit dem Wohnraum lief, weiß ich nicht. Ist auch unerheblich. Ich definiere die Wohnung auch nicht allein als "gewohntes Umfeld". Denn das ist für mich die Stadt, die Kita oder die Schule, die Freunde.

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Bei uns stellte sich die Frage nicht, es war klar das ich mit meiner Tochter in der ehelichen Wohnung bleibe und der Papa auszieht. Wir haben aber auch ein sehr freundschaftliches Verhältnis miteinander. Von der Arbeit mal ganz abgesehen wäre ihr papa auch gar nicht in der Lage das sie komplett bei ihm wohnt;-) Er ist viel präsent bei uns und hat sie alle 2 Wochen aber auch zwischendurch. Aber die machen dann halt ihren Spaß.... Einen Alltag mit Schule, Freizeit Arzttermine usw. würde er nicht auf die Kette kriegen

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Erstmal dürfen die Kinder die aktuelle Wohnung nicht ohne Erlaubnis beider Elternteile verlassen. Wer auch immer auszieht, darf sie nicht einfach mitnehmen.

Sollte ein Elternteil ausziehen und die Kinder mitnehmen (und das andere Elternteil merkt es erst, wenn die Kinder weg sind), dann wird es vor Gericht gehen.

Alternativ würde ich das Thema vor Gericht bringen, bevor ich ausziehe, wenn der andere Elternteil dem Auszug nicht zustimmt.

Dann wird in erster Linie geguckt, zu wem die Kinder die enge Bindung haben. Wenn ein Elternteil die hauptsächliche Care Arbeit gemacht hat, hat er/sie die besseren Chancen, dass die Kinder zu ihm/ihr kommen. Voraussetzung ist, dass der Umgang normal stattfinden kann.
Da häufig die Mütter die hauptsächliche Care Arbeit leisten, haben sie die besseren Karten.

Ab einem gewissen Alter dürfen die Kinder natürlich auch ihre Meinung äußern. Sie bekommen (ab einem gewissen Alter) bei Gericht einen Verfahrensbeistand, der allein ihre Interessen vertreten soll.

Am Ende ist es echt auch eine Frage des Richters. Der Anwalt weiß vielleicht, wie die Entscheidungen an dem Gericht üblicherweise ausgehen.

Sollte ein Elternteil das WM haben wollen, hat er/sie, bei ausreichendem Alter der Kinder (ich würde sagen, mind. 3 Jahre, besser mehr) auch ganz gute Chancen, das zu bekommen, sofern er/sie nachweisen kann, dass die Bindung ebenfalls sehr gut ist und er/sie die Betreuung ähnlich gut ausüben kann. Außerdem müssen die Eltern miteinander auf Elternebene arbeiten können, da die Kinder sonst in einem massiven Loyalitätskonflikt landen können.
Das WM ist nicht dazu da, Besitzdenken einzelner Elternteile zu unterstützen.

Generell sind Jugendämter / Gerichte neuerdings tendenziell vaterfreundlich, da historisch gesehen Mütter oft als Umgangsverhinderer angesehen werden. Väter können natürlich genauso sein, aber werden bisher nicht so wahrgenommen.