Hallo zusammen!
Ich bin 30, verlobt und eigentlich war eine Hochzeit und dann Kinder geplant.
Nach einigen gescheiterten Beziehungen dachte ich dieses Mal er ist der richtige.
Naja irgendwie glaube ich das immer noch, aber seit kurzem fühle ich so eine Unruhe. Ich würde gerne nochmal in einer Großstadt leben und einfach mal was ganz anderes machen. Er ist sehr ländlich aufgewachsen und will hier auch nicht weg.
Auf der einen Seite habe ich Angst das alles jetzt aufzugeben (tolle Beziehung, sicherer Job) für eine unsichere Zukunft und auf der anderen Seite denke ich mir man bereut meist die Dinge, die man nicht getan hat.
Ich habe mich früher immer darüber definiert ein bisschen anders als die anderen zu sein, war schon immer freiheitsliebend und wollte nicht unbedingt Heirat und Kinder und ich glaube insgeheim haben mich alle darum bewundert. (Ich komme ebenfalls aus einem sehr ländlichen Raum und stabilen Familienverhältnissen) Nun gab diese Beziehung mir so viel Stabilität und Halt, dass ich es mir tatsächlich gut vorstellen kann. Aber ich fühle mich dann etwas spießig und denke mir das kann es einfach noch nicht gewesen sein…
Irgendwie hab ich das Gefühl ich muss mir und anderen noch was beweisen, dass ich eben immer noch so unabhängig und “cool” bin. Aber mit 30 nochmal komplett allein anzufangen ist ja auch nicht einfach.
Kennt jemand das Gefühl, dass man zwischen Stadt und Land so hin und hergerissen ist? oder dass man einfach nicht weiß was man will?
Torschlusspanik oder Neuanfang?
Ich liebe die Stadt und könnte nie aufs Land ziehen. Daran ist auch schon mal eine Beziehung gescheitert. Ich habe dann im Endeffekt auch einen „Stadtliebhaber“ geheiratet. Du solltest mit deinem Verlobten vor der Hochzeit klären, was euer Kompromiss sein kann. Das Landleben hat sicher auch seine Reize, aber wenn du die gar nicht sehen kannst, wird das Zusammenleben irgendwann schwierig. Und eine Ehe ist so schon Arbeit und hat meist auch mal schwierigere Zeiten, die man besser durchsteht, wenn man grundsätzlich gleite Vorstellungen vom Leben hat.
Hallo,
ja, das kenne ich sehr gut. Ich bin eine, die vielseitig ist. Die immer von Mann und Kindern und Familie geträumt hat, aber nicht nur. Die auch sehr freiheitsliebend und individualistisch ist. Und immer auch einen interessanten Beruf wollte und reisen, leben in der Großstadt, in verschiedene Lokale zu gehen, die verschiedenen Facetten des Lebens spüren und genießen, Erfahrungen zu machen, Leute aus unterschiedlichen Ländern kennen lernen usw. Ich hab auch von 21 bis 28 in einer Millionenstadt gewohnt und es sehr geliebt.
Dann sind wir aufs Land gezogen, hauptsächlich auf Wunsch von meinem Freund (jetzt Mann). Da war ich 28. Wir haben hier ein Haus gekauft, in einer Kleinstadt, fast schon ein Dorf, ca. 15 Zug- oder Autominuten von der Bezirkshauptstadt entfernt und ca. 45 Autominuten von der Millionenstadt entfernt.
Und hab ich mich komplett geändert? Nein, natürlich nicht. Ich liebe die Großstadt immer noch. Solange wir keine Kinder hatten, war ich auch oft dort und mit meinem Leben diesbezüglich sehr zufrieden. Wir leben zwar ländlich, aber in einer Entfernung, aus der man jeden Tag in die Großstadt pendeln kann, wenn man will. Mein Mann hat das damals tatsächlich 4 Tage in der Woche gemacht (freitags war Homeoffice) und ich zwei bis drei Tage in der Woche (ich bin selbständig und habe teils in der Großstadt, teils von zu Hause aus oder mobil gearbeitet). Ich hatte das Gefühl, ich habe das Beste aus beiden Welten: die Ruhe und den größeren Wohnraum und die geringeren Kosten des Landlebens und trotzdem war ich oft genug in der Großstadt, um meine Freunde dort zu sehen, nett essen zu gehen, ins Theater oder Musical usw.
Die letzten zwei Jahre war das alles ein bisschen schwieriger, bekanntlich war Corona und da hatte vieles zu, auch in der Großstadt. Da war ich übrigens oft sehr froh, am Land zu sein, wo es gerade in dieser Zeit doch deutlich mehr Freiräume gab. Und fast alles, was ich an der Großstadt so geliebt hatte (Lokale, Restaurants, Theater, Kinos, Museen,...) hatte eh ständig monatelang aufgrund der Lockdowns geschlossen oder war nur unter Bedingungen besuchbar, die für mich nicht attraktiv waren (Gästeregistrierung, 2- oder 3G, Masken,...).
Außerdem hab ich letztes Jahr ein Kind bekommen, unser erstes, mit Mitte 30. Jetzt bin ich also mehr hier am Land. Und ich merke, ich brauche wieder einen Ausgleich und mehr von dem, was ich auch an der Großstadt liebe. Das bin ich gerade dabei, mir zu suchen, bin wieder öfters in der Großstadt, zum Glück hab ich ein Baby, das gerne unterwegs ist, da geht das. Und einen Partner, der ein aktiver Vater ist und auch mir somit Freiräume ermöglicht.
Vielleicht gibt es also Facetten, Verschiedenes von dem, was dir wichtig ist, in deinem Leben unterzubringen, zumindest zu Teilen.
Wie ist es denn sonst mit deinem Partner? Ist er ein liebevoller Partner, der sonst gut zu dir passt? Liebst du ihn?
Du kannst auch am Land leben, ohne komplett spießig werden zu müssen. Du musst dann nicht unbedingt der freiwilligen Feuerwehr und dem Blasmusikverein beitreten. Du kannst dir auch am Land Leute suchen, die so sind wie du, oder weiterhin öfters in städtischen Umgebungen sein, wenn möglich.
Aus meiner Sicht das Wichtigste ist der Charakter von deinem Partner und dass ihr euch liebt und kompromissbereit seid und an einem Strang zieht. Dann ist vieles möglich, auch mit Kindern, egal ob in der Stadt oder am Land.
Gibt es bestimmte Erfahrungen, die du noch machen möchtest, bevor du Kinder möchtest? Weißt du, welche das sind? Und geht das mit deinem Verlobten oder ist es zumindest kompatibel mit der Beziehung mit ihm?
Ich hab zwischen 30 und 35 noch einige tolle Reisen gemacht, einige mit meinem Mann, einige mit anderen (mit einer Freundin, mit meinen Schwestern), ich hab eine spannende Weiterbildung im kreativen Bereich gemacht und viel gemacht, erfahren und gelebt. In der Großstadt und im Ausland, selbst, wenn ich eigentlich schon am Land gelebt habe. Das ging, solange ich keine Kinder hatte. Und jetzt mit Kind werde ich auch meinen Weg finden, meines zu leben, wenn auch vorerst ein bisschen eingeschränkter.
Noch zum Thema: "man bereut meist die Dinge, die man nicht getan hat". Ja. Eh. Aber so gesehen kannst du beides bereuen. Du kannst es bereuen, nicht in der Großstadt gelebt zu haben. Du kannst es bereuen, diesen Mann nicht geheiratet zu haben. Du kannst es bereuen, nicht oder nicht früher Kinder bekommen zu haben (ich bin jetzt 37 und habe einige kinderlose Freundinnen in meinem Alter, die da mittlerweile ziemlich die Panik bekommen, weil sie doch sehr gerne Kinder gehabt hätten). So simpel ist es eben nicht, wie manche Bücher oder Influencer das manchmal darstellen, dass man das eine sicher nicht bereuen würde und das andere nicht... fast alles im Leben hat Vorteile und bringt aber auch Kosten mit sich.
Alles Gute dir und ich wünsche dir, dass du die richtige Entscheidung triffst! Du kannst mir auch gerne privat schreiben, wenn du dich austauschen möchtest.
Danke für eure ausführlichen Antworten!
Ich bin einfach so hin- und hergerissen, da ich vom Dorf komme, dachte ich, dass ich das irgendwann mal wieder will und jetzt wo ich hier wohne und wir Geld rein gesteckt haben, fühle ich mich wie im Gefängnis.
Kinder will ich aber habe jetzt auch festgestellt, dass mir das mit Mitte 30 reicht (klar, kann es zu spät sein). Das Problem ist, dass mein Partner schon Ende 30 ist und jetzt Kinder will, sonst fühlt er sich zu alt.
Früher dachte ich immer, wenn ich mal einen Partner und Haus habe bin ich endlich glücklich, jetzt merke ich, dass dem nicht so ist und ich mir wieder was neues suche… es hört wahrscheinlich nie auf und ich muss das Zufriedensein in mir selber finden.
Wahrscheinlich hätten wir vor der Verlobung über das alles reden sollen, haben wir teilweise auch, aber irgendwie hat sich seit dem Leben auf dem Dorf bei mir einiges geändert.
Wie viel hast du dich denn schon damit beschäftigt, wer du bist, was du magst, was dir wichtig ist, was dich ausmacht? Was du im Leben unbedingt machen, erleben, erreichen möchtest? Was deine Werte sind, deine Hoffnungen, deine Sehnsüchte?
Vielleicht ist DAS gerade dran für dich, um herauszufinden, welches Leben dir entspricht. Und ich finde es sehr gut, dass du dir diese Gedanken machst, bevor ihr ein Kind habt.