Ehe vor dem Aus?

Hallo liebe Mitglieder,

Mein Mann und ich sind seit 15 Jahren zusammen, seit 12 Jahren verheiratet. Es war größtenteils eine tolle Partnerschaft, ich war seine Traumfrau, er mein Traummann. Wir waren immer ein Team und sind auch von außen als solches wahrgenommen worden. Jeder von uns hat ein erwachsenes Kind aus früheren Partnerschaften, das Patchwork funktionierte eigentlich immer gut.
Wenn es mal Streit oder Schwierigkeiten gab, dann hatte das meistens damit zu tun, dass mein Mann ein Workaholic ist. Ich habe im Grunde Verständnis für lange Arbeitszeiten, habe selbst mein Leben lang Vollzeit gearbeitet und tu das immer noch. Dass er regelmäßig nicht so viel Zeit für die Beziehung hatte, war für mich normal, bis er es dann wieder mal auf die Spitze trieb und wir deswegen stritten.

Zusätzlich kann und macht er grundsätzlich alles für jeden, und das jederzeit. Ob jetzt ein Freund, ein Arbeitskollege oder seine Mutter bzw. Geschwister etwas brauchen, er ist immer zur Stelle. Auch und besonders an Wochenenden und Feiertagen. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass das die Paarzeit massiv reduziert. Ich hatte meistens Verständnis, habe mich aber auch schonmal beschwert, wenn er unsere gemeinsame Zeit wieder mal opferte.

So weit so gut, doch dann kam das, was jetzt unsere Ehe gefährdet: Er erbte ein Haus. Ja, es war unsere gemeinsame Entscheidung, es zu renovieren und gemeinsam einzurichten. Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung, es ist sein Elternhaus und ich wollte ihm die Möglichkeit nicht verbauen, es zu behalten. Habe auch alles versucht, mich so gut wie möglich einzubringen, meine Ideen und Vorschläge wurden berücksichtigt und langsam wird es wirklich schön. Aber er hat sich dort von Anfang an immer in jede anfallende Arbeit regelrecht verbissen. Konnte nicht Feierabend machen solange nicht alles erledigt war. Ich hab ihn kaum noch zu Gesicht bekommen, und das führte dann natürlich wieder zu Streit.
Ich wollte das Haus nach und nach, also schön langsam renovieren, wir hatten ja keinen Stress. Also ich zumindest nicht. Er hat sich dafür wahnsinnig abgerackert, so wie er es auch in seinem Job und für seine Freunde und Familie tut. Natürlich weiß ich das einerseits zu schätzen, weil er es ja "auch für mich macht". Aber andererseits existiert unsere Ehe praktisch nicht mehr. Ich sehe ihn nur noch am Abend bzw. eher in der Nacht, vielleicht für 30 Minuten. Am Morgen ist er meistens schon weg, wenn ich wach werde.

Jetzt am letzten Feiertag ist das irgendwie alles eskaliert. Er weiß, dass er praktisch alles tun kann, was er will, vorausgesetzt, er stimmt sich vorher mit mir ab. Jetzt war es aber so, dass er mir am Tag davor, ich war gerade am Weg ins Bett, nebenbei mitteilte, dass er am freien Tag seiner Familie helfen müsse. Ich habe ihn wohl nur ungläubig angeschaut und bin dann ins Bett. Am nächsten Tag, dem Feiertag, war er wie immer schon weg als ich wach wurde. Hatte noch gehofft, dass er vielleicht im Laufe des Tages sich meldet oder irgendwann heimkommt, damit wir noch einen Teil des Tages gemeinsam nutzen können. Er tat weder das eine noch das andere. Am späten Abend kam er heim, als wäre nichts gewesen. Bei mir hatte sich etwas Wut angestaut und ich hab ihn angeschnauzt, weil wieder mal alles andere wichtiger war als ich. Wichtiger als unsere Beziehung. Daraufhin haben wir 3 Tage nicht miteinander geredet. Als ich dann wissen wollte, was an dem Tag so wichtig gewesen war, warf er mir vor, dass er sich mir gegenüber immer rechtfertigen müsse. Er will sich nicht immer erklären müssen mir gegenüber. Er teilte mir auch mit, dass er die nächsten Tage allein im Haus verbringen werde, um nachzudenken. (Wir hatten bisher gemeinsam in meiner alten Wohnung gewohnt, die ich auch behalten werde.)

Ich mache ihm keine Vorschriften, jeder kann tun und lassen was er will, solange es irgendwie kommuniziert wird. Das dürfte ihm jetzt aber nicht mehr passen. Ich fragte mich dann, wie das mit uns weitergehen soll, wenn diese grundsätzliche Vereinbarung nicht mehr gelten soll. Der ganze aufgestaute Frust bei mir und die aktuelle Respektlosigkeit meines Mannes (so hab ich es jedenfalls empfunden) haben mich dann dazu hingerissen, die Trennung auszusprechen. Ich wusste, dass ich es eigentlich nicht wollte, aber ich hatte in dem Moment keine andere Wahl. Das alles war erst gestern und ist noch ganz frisch. Er hat noch nicht groß darauf reagiert, wir sehen uns ja auch die nächsten Tage nicht. Ich weiß natürlich gerade nicht, was in ihm vorgeht und wie das mit uns weitergeht. Ob das überhaupt noch weitergeht.

Weiß auch gar nicht, was ich jetzt von euch erwarte. Vielleicht helfen mir ja ein paar Meinungen von außen, die Situation besser zu beurteilen? Was hättet ihr an meiner Stelle gemacht? Hattet ihr schon Beziehungen, in denen alles andere wichtiger war als ihr?

Danke und LG
anonym11

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Du beschreibst deinen Mann als Workaholic, was für dich die langen Jahre eurer Partnerschaft in Ordnung ging, solange er seine "Arbeitseinsätze" dir gegenüber kommuniziert hat. Jetzt hat er es aber arbeitsmäßig auf die Spitze getrieben und das mit dir nicht abgesprochen was einen schweren Ehestreit mit im Raum stehender Trennung provoziert hat.

Wie der Name "....aholic" schon sagt, läuft eine Arbeitswut eines Menschen meist irgendwann aus dem Ruder. Entweder der Betreffende fährt selbst innerlich gegen den Baum oder Angehörige schmeißen irgendwann das Handtuch.
Dein Mann hält offenbar noch durch, aber du kannst und willst nicht mehr so mit ihm zusammenleben.

Ich sehe das eigentlich als gut lösbare Konstellation an, wenn ein paar Voraussetzungen stimmen.
Deine Schilderung klingt für mich so, als ob ihr das Thema eurer viel zu geringen Paarzeit nie ehrlich und offen angegangen habt.
Könntest ihr nicht einen Versuch machen, konstruktiv darüber zu reden und das in einem festen Rahmen, z.B. wöchentlich zu einem festen Termin, damit es keine Ausreden gibt?
Ggf. mit einer professionellen Begleitung etwa in einer Eheberatung?

Ich wäre das ziemlich hoffnungsvoll, dass ihr euch wieder einander annähern könnt, wenn ihr beide erkennt, dass die Entwicklung wohl langsam und unmerklich aus dem Ruder gelaufen ist. Das dürfte nicht unwesentlich an einem Kommunikationsdefizit gelegen haben.

Ihr könntet euch auch feste gemeinsame Aktivitäten suche:

-Hobbies
-Sport
-Ehrenamt
-Ausgehen, Kultur
-Pflege des Liebeslebens bzw. Sexlebens

Habt ihr schon mal darüber geredet, was euch persönlich fehlt oder was euch beiden gut tun würde?

Bearbeitet von Christoph61
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Vielen Dank für deine Antwort, Christoph!
Du hast da vieles richtig eingeschätzt, denke ich.
Er ist gestern Abend nach Hause gekommen, hat sich bei mir entschuldigt für sein Verhalten am Feiertag und danach. Wir haben dann endlich einmal sehr ehrlich und ausführlich miteinander gesprochen.
Er liebt mich und ich liebe ihn. Sein Verhalten war wohl eine Trotzreaktion auf ein Verhalten von mir davor, das er falsch gedeutet hat. Ich bin aktuell weniger im neuen Haus, um nicht selbst verrückt zu werden. Er glaubte dann, ich hätte etwas gegen das Haus an sich.
Über seine Arbeitssucht sprechen wir leider nicht mehr wirklich. Er erkennt diese bei sich selbst leider nicht und lässt sich den Schuh daher auch nicht anziehen. Mir ist schon klar, dass das vermutlich noch schlimmer werden wird. Er ist vor ein paar Jahren knapp am Burnout vorbeigeschrammt, hat sich aber wieder erholt.

Naja, mal schauen. Wir haben jetzt vereinbart, mehr miteinander zu sprechen und auch mehr Rücksicht aufeinander zu nehmen. Die „Trennung“ war für meinen Mann auf jeden Fall ein ziemlicher Schock. Hoffe, es wirkt längerfristig nach..

LG
anonym


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Ist eventuell eine andere Frau im Spiel ?

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Hm, natürlich denke ich hin und wieder darüber nach. Aber nach dem Gespräch gestern (siehe Antwort oben) glaube ich ihm eigentlich, dass er mich liebt und nicht verlieren möchte.
Wenn, dann wäre es wohl eine Affäre in der Firma, aber es gibt darauf jetzt zumindest keine Hinweise.

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Es tut mir irgendwie leid, aber ich denke, eure Ehe ist vorbei.

Ich sehe deiner Beschreibung nach bei ihm nicht den Willen an irgendwas zu arbeiten.

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Blödsinn.

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Warum Blödsinn?

Wie würdest du dich mit einem Partner fühlen, der keine Lust hat, Zeit mit dir alleine zu verbringen?

Bitte sprich es so klar an, wie hier im Forum. Und dann kann er sich entscheiden.